BFH IV B 9/02

BFHIV B 9/0223.12.2002

§ 56 FGO
§ 56 Abs. 1 FGO
§ 56 Abs. 2 FGO
§ 56 Abs. 2 S. 1 FGO
§ 56 Abs. 2 S. 2 FGO
§ 116 Abs. 2 S. 1 FGO
§ 116 Abs. 3 S. 1 FGO
§ 116 Abs. 3 S. 4 FGO

 

Gründe

Das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts (FG), gegen das die Revision nicht zugelassen wurde, ist dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) mit Postzustellungsurkunde am 14. November 2001 zugestellt worden. Am 13. Dezember 2001 ging die vom 11. Dezember 2001 datierende Nichtzulassungsbeschwerde per Telefax beim Bundesfinanzhof (BFH) ein. Nachdem die Begründungsfrist durch den Vorsitzenden des Senats um einen Monat verlängert und dem Kläger nach Ablauf der Begründungsfrist ein Hinweis auf § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugestellt worden war, gingen die Begründung der Beschwerde am 27. Februar 2002 und ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand am 7. März 2002 per Telefax beim BFH ein. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags trug der Kläger unter Vorlage eines Fax-Sendeprotokolls vor, die Überprüfung der Angelegenheit habe ergeben, dass die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zusammen mit anderen Schriftsätzen per Telefax an den BFH übermittelt worden sei; es könne nicht geklärt werden, weshalb die Beschwerdebegründung vom 8. Februar 2002 nicht beim BFH eingegangen sei.

Der Sendebericht weist am 14. Februar 2002, dem Tag, an dem die verlängerte Begründungsfrist ablief, insgesamt 10 Sendungen aus, die jeweils mit 5 Blatt dem Telefaxanschluss des BFH in der Zeit von 18. 23 bis 19. 41 Uhr übermittelt wurden.

Der Kläger beantragt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist und in der Sache die Zulassung der Revision insbesondere wegen des Verfahrensmangels der Verletzung rechtlichen Gehörs.

Das Rechtsmittel ist unzulässig. Die Beschwerde wurde verspätet begründet.

1.

Nach § 116 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO ist eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des angegriffenen Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des Urteils oder innerhalb der vom Vorsitzenden um einen weiteren Monat verlängerten Frist zu begründen. Wird die Frist versäumt, so ist die Beschwerde unzulässig. Dies gilt nicht, wenn dem Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO zu gewähren ist, weil er ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten.

Im Streitfall wurde die fristgerecht erhobene Beschwerde verspätet begründet. Das finanzgerichtliche Urteil wurde dem Kläger am 14. November 2001 zugestellt, so dass die Beschwerde am 13. Dezember 2001 zwar fristgerecht eingelegt wurde. Ihre Begründung ist jedoch innerhalb der vom Vorsitzenden des beschließenden Senats bis zum 14. Februar 2002 verlängerten Frist dem BFH nicht zugegangen.

2.

Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis der Beschwerdebegründungsfrist kann nicht gewährt werden.

Nach § 56 Abs. 1 FGO ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Voraussetzung hierfür ist nach § 56 Abs. 2 FGO, dass die zur Beurteilung der unverschuldeten Verhinderung erheblichen Tatsachen gemäß § 56 Abs. 2 Sätze 1 und 2 FGO innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses substantiiert, vollständig und in ausreichender Form dargetan werden (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Beschlüsse vom 9. Dezember 1998 IV B 51/98, BFH/NV 1999, 663, 664; vom 23. August 1996 VIII B 26/95, BFH/NV 1997, 240, 241; vom 12. Februar 1997 X B 297/95, BFH/NV 1997, 592, 593, und vom 12. November 1996 III R 13/96, BFH/NV 1997, 420, jeweils m. w. N. ).

Dem Kläger wurde der Hinweis auf § 56 FGO am 21. Februar 2002 zugestellt, so dass er innerhalb der Zweiwochenfrist, bis zum 7. März 2002, eine genaue und vollständige Schilderung des Absendevorgangs --unter Vorlage des Sendeprotokolls und ggf. einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung-- hätte vortragen müssen, sofern die Wiedereinsetzungsgründe nicht ausnahmsweise für das Gericht nach den Umständen des Streitfalles offensichtlich gewesen wären und deshalb keiner Darlegung bedurft hätten (vgl. BFH-Beschlüsse vom 20. Oktober 1993 IX S 6/93, BFH/NV 1994, 331; vom 22. Dezember 1994 X R 236/93, BFH/NV 1995, 702; vom 18. März 1996 I R 103/95, BFH/NV 1996, 630; in BFH/NV 1997, 240, 241, und in BFH/NV 1997, 420).

Diesen Erfordernissen war mit dem Hinweis auf die Übermittlung der Beschwerdebegründung "zusammen mit anderen Schriftsätzen per Telefax" und der Vorlage des Sendeprotokolls ohne nähere Erläuterungen in dem den Wiedereinsetzungsantrag enthaltenden Schreiben vom 4. März 2002 nicht genügt. Dem Vortrag in diesem Schreiben ist jedenfalls nicht zu entnehmen, welche Person mit der Übermittlung der Beschwerdebegründung im Streitfall betraut und wie sichergestellt war, dass zu jedem der 16 weiteren anhängigen Parallelfälle die jeweilige Beschwerdebegründung auch tatsächlich fristgerecht versandt wurde. Das vorgelegte Sendeprotokoll weist zum 14. Februar 2002 insgesamt 10 Sendungen zu jeweils 5 Blatt aus, die dem Telefaxanschluss des BFH erfolgreich übermittelt worden sind. Welche Verfahren diese Sendungen betrafen, lässt sich dem Sendebericht jedoch nicht entnehmen, zumal sich auch der Seitenumfang der nahezu gleich lautenden Beschwerdebegründungen in allen Verfahren nicht unterscheidet. Unabhängig von der umstrittenen Frage nach dem Beweiswert eines Sendeprotokolls für den Nachweis des Zugangs fristgebundener Schreiben (s. nur Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. Dezember 1994 VIII ZR 153/93, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1995, 665, m. w. N. ), kann der beschließende Senat bei dieser Sachlage dem Sendeprotokoll nicht einmal eine Indizwirkung für den Nachweis des Zugangs gerade der Beschwerdebegründung im Streitfall zumessen, wie dies bei Übermittlung einer einzigen Sendung denkbar wäre (Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 17. Dezember 1992 9 O 170/92, NJW 1993, 2448).

Zur Glaubhaftmachung der rechtzeitigen Übermittlung der Beschwerdebegründung hätte es im vorliegenden Fall der Vorlage einer Kopie des Fristenkontrollbuchs (BFH-Beschluss vom 26. November 1986 IX R 64/86, BFH/NV 1988, 33) oder des Postausgangsbuchs (Senatsbeschluss vom 17. September 1993 IV R 35/93, BFH/NV 1994, 328) und der eidesstattlichen Versicherung der Person bedurft, die mit der Übermittlung der Beschwerdebegründung befasst war (Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Oktober 1995 7 B 163/95, Betriebs-Berater 1996, 132).

Der Kläger hat stattdessen nur vorgetragen "von hier aus" könne "nicht geklärt werden, weshalb die Beschwerdebegründung vom 8. Februar 2002 nicht beim Bundesfinanzhof eingegangen ist". Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt daher nicht in Betracht.

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