Normen
§ 33 EStG
Gründe
I.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr 1997 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Jahre 1983 hatten sie ein eigengenutztes Einfamilienhaus der Firma X errichtet. Bereits im Jahre 1989 waren an der Außenfassade des Hauses Risse aufgetreten und durch die Firma X teilweise geschlossen worden. In diesem Zusammenhang erfuhr der Kläger von einem Mitarbeiter der Firma, dass die Außenfassade Asbest enthalte. Im März 1997 ließ er die gesamte Außenfassade entfernen und eine neue Fassade mit Vollwärmedämmung anbringen, wobei insgesamt Kosten in Höhe von 35.676,00 DM entstanden, die die Kläger neben weiteren Aufwendungen in Höhe von 10.276,00 DM in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend machten. Mit der Einkommensteuererklärung reichten sie ein privatärztliches Attest vom 30. April 1998 ein, wonach der Kläger an einer chronisch asthmatoiden Bronchitis leide, deretwegen er seit 1996 wiederholt in Behandlung gewesen sei. Aus gesundheitlichen Gründen sei die Asbestsanierung notwendig.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte eine Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen ab, weil es an einem vor Erneuerung der Fassade erstellten Gutachten zum Nachweis der Zwangsläufigkeit der durchgeführten Maßnahme fehle.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden am selbstgenutzten Wohnhaus könnten nur als zwangsläufig anzusehen sein, wenn ein existenziell wichtiger Bereich betroffen sei (Hinweis auf die Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. Mai 1994 III R 27/92, BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104, und vom 19. Mai 1995 III R 12/92, BFHE 178, 207, BStBl II 1995, 774). Dies könne der Fall sein, wenn gesundheitsgefährdende Stoffe in einer Weise verarbeitet worden seien, dass sie ins Hausinnere gelangten und so die Gesundheit der Bewohner gefährdeten. Wie im Falle von Maßnahmen im Gesundheitsbereich, die nach der Lebenserfahrung nicht ausschließlich von Kranken aufgrund einer medizinischen Indikation unmittelbar zur Behandlung oder Linderung einer Krankheit ergriffen werden (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 9. August 1991 III R 54/90, BFHE 165, 272, BStBl II 1991, 920; vom 29. Oktober 1992 III R 232/90, BFH/NV 1993, 231, und vom 30. Juni 1995 III R 52/93, BFHE 178, 81, BStBl II 1995, 614), sei der Nachweis durch ein im Vorhinein eingeholtes amtliches Gutachten zu führen. Die Kläger, die insoweit die Feststellungslast treffe, hätten diesen Nachweis nicht erbracht. Ein amtliches Gutachten könne auch nicht nachträglich eingeholt werden, da ein vor Durchführung der Maßnahme erstelltes Gutachten als unabdingbare Voraussetzung für die Berücksichtigung der Aufwendungen anzusehen sei und die Sanierungsmaßnahmen längst abgeschlossen seien.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision machen die Kläger geltend, aufgrund des in der Außenfassade vorhandenen Asbests seien sie gezwungen gewesen, diese zu erneuern. Einer konkreten Gefährdung dergestalt, dass bereits Asbestfasern ins Hausinnere gelangt seien, bedürfe es nicht, da aus der bestehenden abstrakten Gefährdung jederzeit eine konkrete Gefahr entstehen könne. Dies abzuwarten sei den Klägern nicht zuzumuten gewesen. Die zu Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge aufgestellten Erfordernisse seien auf den Streitfall nicht zu übertragen, da die durch Asbest verursachte Gesundheitsgefährdung allgemein bekannt sei. Das vom FG aufgestellte Erfordernis einer amtlichen Begutachtung vor Durchführung der Maßnahme entspreche nicht dem Gesetz und widerspreche dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Schließlich beruhe das Urteil des FG auf einem Verfahrensfehler, da es den in der Klagebegründung gestellten Beweisantrag der Kläger abgelehnt habe, ein Gutachten einzuholen, mit dem die Asbestfreisetzung auch nachträglich bewiesen werden könne, weil eine Begutachtung angesichts des bereits erfolgten Abschlusses der Sanierungsmaßnahmen nicht mehr möglich sei. Damit habe das FG das Ergebnis der Beweisaufnahme vorweggenommen.
Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Senat hält grundsätzlich ein vor Durchführung der Maßnahme erstelltes Gutachten zum Nachweis der Zwangsläufigkeit der Sanierung einer asbesthaltigen Außenfassade nicht für entbehrlich. Im Streitfall ist es jedoch vertretbar, ausnahmsweise dessen nachträgliche Beibringung zuzulassen.
1.
Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen (außergewöhnliche Belastung). Aufwendungen sind in diesem Sinne zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit sie den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die vorstehend aufgezählten Gründe von außen derart auf die Entschließung des Steuerpflichtigen einwirken, dass er ihnen nicht auszuweichen vermag. Entscheidend ist, ob das Ereignis, dessen Folge die Aufwendungen oder die Verpflichtung zum Bestreiten dieser Aufwendungen sind, für den Steuerpflichtigen zwangsläufig war (vgl. BFH-Urteil in BFHE 178, 207, BStBl II 1995, 774). So erwachsen dem Steuerpflichtigen nach ständiger Rechtsprechung des BFH beispielsweise Krankheitskosten regelmäßig zwangsläufig, weil er sich ihnen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen kann (vgl. BFH-Urteil vom 2. April 1998 III R 67/97, BFHE 186, 79, BStBl II 1998, 613).
2.
Aufwendungen zur Beseitigung von Umweltbelastungen, die Gegenstände des existenznotwendigen Bedarfs betreffen und von denen zumindest eine konkrete Gefahr für die Gesundheit von Menschen ausgeht, lassen sich allerdings weder dem in ständiger Rechtsprechung entwickelten Begriff der nach § 33 EStG zu berücksichtigenden Krankheitskosten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 165, 272, BStBl II 1991, 920) noch den Aufwendungen zur Wiederbeschaffung von existenznotwendigen Gegenständen oder zur Beseitigung von Schäden an diesen aufgrund unabwendbarer Ereignisse (vgl. BFH-Urteil in BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104) zuordnen.
a)
Krankheitskosten betreffen nur solche Aufwendungen, die durch Maßnahmen zur Heilung von Krankheiten oder zumindest zu deren Linderung veranlasst sind. Im Streitfall hat das FG unter Berücksichtigung des nachträglich erstellten privatärztlichen Attests vom 30. April 1998 weder eine konkret auf eine Asbestbelastung zurückzuführende Erkrankung festgestellt noch haben die Kläger dies mit der Revisionsbegründung dargetan.
b)
Gleichfalls sind sie nicht in die Fallgruppe der Aufwendungen zur Wiederbeschaffung von existenznotwendigen Gegenständen oder zur Beseitigung von Schäden an diesen einzuordnen, die im Rahmen des Notwendigen und Angemessenen unter der Voraussetzung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können, dass der Verlust oder die Beschädigung durch ein unabwendbares Ereignis wie Brand, Hochwasser, Kriegseinwirkung, Vertreibung oder politische Verfolgung verursacht worden ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104, und vom 30. Juni 1999 III R 8/95, BFHE 189, 371, BStBl II 1999, 766; Amtliches Einkommensteuer-Handbuch 2000 --EStH 2000-- R 187). Denn die Anschaffung von schadstoffbelasteten Gegenständen ist kein von außen kommendes, willentlich nicht beeinflussbares Ereignis, wie beispielsweise Naturkatastrophen und die genannten politischen Einflüsse.
c)
Über die in der Rechtsprechung bereits anerkannten Fallgruppen hinaus sieht der Senat es jedoch als geboten an, Aufwendungen nach § 33 EStG auch dann steuermindernd zu berücksichtigen, wenn sie einem Steuerpflichtigen erwachsen, weil er gezwungen ist, eine konkrete, von einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs ausgehende Gesundheitsgefährdung zu beseitigen. Derartigen Aufwendungen kann der Steuerpflichtige aus tatsächlichen Gründen nicht ausweichen, wenn anderenfalls mit einem Schaden für seine Gesundheit oder die Gesundheit seiner Familie zu rechnen ist. Danach können die notwendigen Aufwendungen zur Beseitigung einer von der Außenfassade eines Wohnhauses ausgehenden konkreten Gesundheitsgefährdung grundsätzlich als aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig angesehen werden. Der Senat hält nicht schon allein wegen der allgemein bekannten Schädlichkeit von Asbestfasern eine --abstrakte-- Gesundheitsgefährdung für ausreichend. Vielmehr müssen mindestens konkret zu befürchtende Gesundheitsschäden anzunehmen sein (so auch Oberfinanzdirektion --OFD-- Nürnberg in der Verfügung vom 14. Mai 1990, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1990, 639; Verfügungen der OFD München vom 17. Juli 1992, Der Betrieb --DB-- 1992, 2063, und vom 9. Dezember 1993, DB 1994, 119; ferner OFD Hannover vom 8. November 1996, Finanz-Rundschau --FR-- 1997, 192; OFD Saarbrücken vom 18. Juli 1997, DStR 1997, 1536, und Erlass des Bremer Senators für Finanzen vom 24. Februar 2000, DB 2000, 799; ebenfalls Fitsch in Lademann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 33 Anm. 78 "Gesundheitsgefährdende Schadstoffe"; a. A. FG Düsseldorf im Urteil vom 22. Juli 1999 10 K 3923/96 E, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1999, 1075; FG Niedersachsen im Urteil vom 26. August 1999 XIV 34/96, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst --DStRE-- 2000, 634, jeweils rechtskräftig, und Hollatz, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- Fach 2, S. 11715).
d)
Eine Gesundheitsgefährdung in diesem Sinne ist in Übereinstimmung mit den vorgenannten Verwaltungsregelungen erst dann gegeben, wenn Asbestfasern in das Innere des Hauses gelangen, denn eine konkrete Gesundheitsgefährdung durch Asbest besteht nur, wenn es dazu kommt, dass Asbestfasern eingeamtet werden können (vgl. Bossenmayer, Asbest-Handbuch, ergänzbarer Leitfaden für die Sanierungspraxis --AsH--, 11. Lfg. II/97, Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden --Asbest-Richtlinie-- 3. 1). Ob die Notwendigkeit einer Sanierung besteht, hängt wesentlich von der verwendeten Asbestart und den baulichen Gegebenheiten ab. So haben Asbestzementprodukte einen vergleichsweise hohen Anteil an mineralischen Bindemitteln, weshalb die Asbestfasern relativ fest gebunden sind. Bei schwach gebundenen Asbestprodukten wie Spritzasbest ist die Gefahr einer Freisetzung aufgrund äußerer Einflüsse wie Erschütterungen und Alterung der Produkte hingegen höher (vgl. Umweltberatung Bayern, Zentrale Informationsstelle, Asbest, unter 2. ). Danach kann es nicht für die in § 33 EStG geforderte Zwangsläufigkeit ausreichen, dass der Steuerpflichtige möglicherweise in der Zukunft einer Sanierung nicht mehr ausweichen kann. Vielmehr muss die Sanierung im Zeitpunkt ihrer Durchführung unerlässlich sein. Fehlt es an der Gefahr einer Freisetzung von Asbestfasern, so ist eine dennoch durchgeführte Sanierung als eine steuerlich nicht zu berücksichtigende Gesundheitsvorsorge zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juli 1981 VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711, und den BFH-Beschluss vom 15. November 1999 III B 76/99, BFH/NV 2000, 697). Dann geht es nämlich allenfalls darum, möglicherweise später drohende Gesundheitsgefahren zu vermeiden.
e)
Der Steuerpflichtige muss eine derartige konkrete Gesundheitsgefährdung durch ein vor Durchführung der Asbestsanierung von einer zuständigen amtlichen technischen Stelle erstelltes Gutachten nachweisen. In diesem Gutachten sind die Quellen der Freisetzung von Asbestfasern genau zu beschreiben und es ist zu den notwendigen Sanierungsmaßnahmen Stellung zu nehmen. Da es den Steuergerichten und Finanzbehörden nicht möglich ist, ohne sachkundige und Unvoreingenommenheit verbürgende Unterstützung anhand objektiver Kriterien über die Notwendigkeit und damit die Zwangsläufigkeit einer Sanierungsmaßnahme zu entscheiden, sieht der Senat ein vor der Durchführung der Maßnahme erstelltes technisches Gutachten der zuständigen amtlichen Stellen, aus dem sich ergibt, dass eine Sanierung zur Beseitigung einer konkreten Gesundheitsgefährdung infolge der drohenden Freisetzung von Asbestfasern unverzüglich erforderlich ist (vgl. 3. 2 Abs. 1 Asbest-Richtlinie), als unentbehrlich an. Den Nachweis in dieser qualifizierten Weise zu führen, ist unverzichtbar, um die Inanspruchnahme ungerechtfertigter Steuervorteile zu Lasten der Allgemeinheit zu verhindern, mit der in besonderem Maße bei Aufwendungen zu rechnen ist, die ihrer Art nach auch deshalb getätigt werden, um Krankheiten lediglich vorzubeugen (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juni 2000 III R 54/98, BFHE 193, 79, BStBl II 2001, 94).
Entgegen der Auffassung der Kläger widerspricht das Erfordernis eines vor Durchführung der Sanierungsmaßnahme erstellten amtlichen Gutachtens auch nicht dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO. Denn wenn über gleichartige Sachverhalte in einer Vielzahl von Fällen zu entscheiden ist, unter welchen Voraussetzungen im Rahmen des Zumutbaren der Nachweispflicht genügt ist, geht es auch um rechtliche Wertungen, so dass es der Rechtsprechung nicht verwehrt ist, allgemeingültige Kriterien zur Konkretisierung der Nachweispflicht aufzustellen (vgl. BFH-Urteile vom 3. Juni 1987 III R 205/81, BFHE 150, 151, BStBl II 1987, 675; vom 8. Juli 1994 III R 48/93, BFH/NV 1995, 24, und in BFHE 186, 79, BStBl II 1998, 613). Dagegen erachtet der Senat jedenfalls in den Fällen einer notwendigen Asbestsanierung ein zusätzliches amtsärztliches oder zumindest ärztliches Attest als entbehrlich (so neuerdings auch der Erlass des Bremer Senators für Finanzen in DB 2000, 799), weil insoweit durch die festgestellte Freisetzung von Asbestfasern die Gesundheitsgefährdung hinreichend konkretisiert wird (vgl. auch Pel, DB 1995, 1001, zu den Schwierigkeiten einen medizinischen Ursachenzusammenhang zu belegen).
f)
Der erkennende Senat hat bereits verschiedentlich ausnahmsweise die Beibringung erst nachträglich erstellter Nachweise in der Erwägung zugelassen, dass von dem Steuerpflichtigen nicht erwartet werden konnte, dass er die Notwendigkeit erkennt, im Vorhinein eine Begutachtung vornehmen zu lassen, weil ein solches Erfordernis für bestimmte Aufwendungen erstmals später aufgestellt wird (vgl. BFH-Urteile vom 13. Februar 1987 III R 208/81, BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427; vom 12. Juni 1991 III R 102/89, BFHE 164, 414, BStBl II 1991, 763; in BFHE 165, 272, BStBl II 1991, 920, und vom 30. Juni 1998 III R 110/93, BFH/NV 1998, 1480). Im Streitfall hat der Senat erstmals über Grundsätze für die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen der vorliegenden Art und die Anforderungen an den Nachweis der Zwangsläufigkeit entschieden. Er hält es daher für vertretbar, ein nachträglich erstelltes Gutachten genügen zu lassen, das ggf. unter Auswertung der über die bereits vorgenommene Sanierung vorhandenen Unterlagen angefertigt werden kann. Die durch den Zeitablauf erschwerte Beweismittelbeschaffung mindert die Anforderungen an den den Klägern obliegenden Nachweis der Notwendigkeit der durchgeführten Maßnahme im Übrigen nicht (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1998, 1480). In dem Gutachten muss --wie ausgeführt-- die Schadstoffquelle genannt und dargelegt werden, dass bereits Asbestfasern freigesetzt wurden, die ins Innere des Hauses gelangt sind, oder dass ein solcher Vorgang jedenfalls konkret und unmittelbar bevorstand.
Um eine mehrfache Belastung der Allgemeinheit mit der Beseitigung von Gefahrstoffen zu vermeiden, ist zusätzlich die ordnungsgemäße Entsorgung des durch die Sanierungsmaßnahme freigesetzten Schadstoffs nachzuweisen (vgl. § 39 der Verordnung zum Schutz vor gefährlichen Stoffen i. d. F. vom 15. November 1999, Gefahrstoffverordnung --GefStoffV--, BGBl I 1999, 2233). Als neutrale und fachkundige Instanz auf diesem Gebiet kommen die Technischen Überwachungsvereine --TÜV-- in Betracht (vgl. OFD Koblenz, Einkommensteuer-Gruppenbesprechung vom 4. Oktober 1994 S 2319 A - St 31 1, Abschn. 2 Punkt 18: der Technische Überwachungsverein Pfalz e. V. , Fachbereich Umweltschutz, Postfach 1360, 67603 Kaiserslautern). Ergibt sich aus dem Gutachten die Zwangsläufigkeit der durchgeführten Maßnahme, so können sowohl die Kosten für die eigentliche Asbestsanierung als auch die durch die Sanierung veranlassten Aufwendungen für die Entsorgung gemäߧ 33 EStG berücksichtigt werden.
3.
Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG wird den Klägern Gelegenheit geben, das nachgelassene Gutachten der amtlichen technischen Stelle beizubringen. Zur gebotenen fachmännischen Entsorgung des kontaminierten Bauschutts nimmt der Senat auf die im Einspruchsverfahren eingereichten Rechnungen der Gesellschaft zur Beseitigung von Sonderabfällen und der Firma Borrmann Städtereinigung und Abfallwirtschaft Bezug. Sollte das FG aufgrund eines amtlichen Gutachtens die Zwangsläufigkeit der geltend gemachten Aufwendungen dem Grunde nach feststellen können, so weist der Senat auf Folgendes hin:
a)
Wird eine Gesundheitsgefährdung durch einen Gegenstand des existenziellen Bedarfs nachgewiesen, ist regelmäßig auch die Außergewöhnlichkeit der Aufwendungen gegeben, da es sich insoweit um eine atypische Folge der Anschaffung des betreffenden Gegenstandes handelt. Indes kann es an der Außergewöhnlichkeit fehlen, wenn die Asbestsanierung infolge von Baumängeln notwendig wird, denn Schadensbeseitigungskosten, die durch Baumängel verursacht worden sind, sind keineswegs unüblich, da es sich hierbei erfahrungsgemäß nicht um ein ungewöhnliches Ereignis handelt, das etwa mit einem Hochwasserschaden vergleichbar wäre (vgl. die Urteile des FG München vom 31. Mai 1999 13 K 4105/97, DStRE 2000, 22, und des FG Hamburg vom 14. März 2000 II 262/99, EFG 2000, 871, jeweils rechtskräftig). Aufgrund der Tatsache, dass die Verbauung asbesthaltiger Materialien noch bis in die 90er Jahre hin zulässig war (vgl. Umweltberatung Bayern, Zentrale Informationsstelle, Asbest, unter 2. ; Anhang 4 Nr. 1 der Verordnung zur Novellierung der Gefahrstoffverordnung, zur Aufhebung der Gefährlichkeitsmerkmaleverordnung und zur Änderung der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz vom 26. Oktober 1993, BGBl I 1993, 1782, die erstmals ein von einem Grenzwert unabhängiges Asbestverbot enthält), ist jedoch davon auszugehen, dass die Verbauung von Asbest jedenfalls im Jahr der Errichtung des Gebäudes keinen Baumangel darstellte.
b)
Einer Berücksichtigung von Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen durch eine als zwangsläufig anzusehende Sanierungsmaßnahme erwachsen, steht nicht entgegen, dass er mit der erneuerten Außenfassade einen marktfähigen Gegenstand als Gegenwert erhält. Denn nach der Rechtsprechung des Senats fehlt es nicht --wie bei der reinen Vermögensumschichtung-- an einer Belastung des Steuerpflichtigen, soweit Werte endgültig abgeflossen sind (vgl. BFH-Urteile in BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104; vom 10. Oktober 1996 III R 209/94, BFHE 182, 333, BStBl II 1997, 491, und in BFHE 189, 371, BStBl II 1999, 766). Entsprechend haben Rechtsprechung und Verwaltung die Anwendbarkeit des § 33 EStG im Falle des Verlusts von Gegenständen des lebensnotwendigen Bedarfs infolge eines unabwendbaren Ereignisses oder der schweren Beeinträchtigung des Wohnens unter dem Gesichtspunkt des verlorenen Aufwands im Rahmen des Notwendigen und Angemessenen bejaht, wenn weder Anhaltspunkte für ein Verschulden vorliegen noch von anderer Seite Ersatz zu erlangen ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104, und in BFHE 189, 371, BStBl II 1999, 766; EStH 2000, R 187).
Auch im Fall der konkreten Gesundheitsgefährdung durch Asbest ist von einem endgültigen Wertverlust auszugehen (so auch das Urteil des Niedersächsischen FG vom 26. August 1999 14 K 34/96, DATEV, zur Schadensbeseitigung bei asbestkontaminierter Dacheindeckung), da eine infolge einer von ihr ausgehenden Gesundheitsgefährdung sanierungsbedürftige Fassade wertlos ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger im Streitfall ein Verschulden am Entstehen der Aufwendungen trifft, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist ihnen nicht vorzuwerfen, dass sie sich im Jahre 1983, also zu einem Zeitpunkt, in dem die Gesundheitsgefährdung durch Asbest noch nicht allgemein bekannt und die Verwendung dieses Materials im Hochbau uneingeschränkt zulässig und üblich war, die Asbestfreiheit der Fassade nicht haben zusichern lassen. An realisierbaren Ersatzansprüchen gegen die Firma X dürfte es schon deshalb fehlen, weil die Errichtung von Bauten mit asbesthaltigen Materialien damals zulässig war. Jedenfalls wären solche kaum mehr durchzusetzen, weil insoweit bereits Verjährung eingetreten sein dürfte, denn die für Mängel an Bauwerken maßgebliche Verjährungsfrist beträgt nach § 638 des Bürgerlichen Gesetzbuchs 5 Jahre ab Abnahme des Werks; nach der ggf. anzuwendenden Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB/B) beträgt sie sogar nur 2 Jahre (vgl. § 13 Nr. 4 VOB/B). Dass der Kläger die Verjährungsfrist hat verstreichen lassen, ist ihm nicht im Sinne eines Verschuldens zuzurechnen, denn angesichts der damals üblichen Verwendung von asbesthaltigen Materialien im Hochbau war es ihm nicht zuzumuten, es insoweit auf einen Prozess ankommen zu lassen.
c)
Im Rahmen der Ermittlung des abzugsfähigen Betrags wird das FG des Weiteren zu beachten haben, dass den Klägern mit der Sanierung zugeflossene Werterhöhungen --hier der auf die Vollwärmedämmung entfallende Anteil der Kosten-- unberücksichtigt bleiben müssen. Soweit ferner die Erneuerung der Fassade nicht ohne Werterhöhung vorgenommen werden konnte (neu für alt), muss eine Anrechnung im Wege des Vorteilsausgleichs erfolgen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104). Für die dem FG als Tatsacheninstanz obliegende Ermittlung kann die Berechnungsmethode im Urteil des FG Düsseldorf vom 22. Juli 1999 10 K 3923/96 E (EFG 1999, 1075) Anhaltspunkte bieten, wobei die Nutzungsdauer der Fassade durch das FG im Rahmen seiner Sachaufklärung, ggf. mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens, zu bestimmen ist.