BFH III B 66/93

BFHIII B 66/937.11.1995

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) errichtete ein Wohn- und Geschäftszentrum mit Eigentumswohnungen, die er verkaufte, sowie mit Läden, Kino, Gaststätten, Bowlingbahn und anderen nicht Wohnzwecken dienenden Räumlichkeiten, die er vermietete oder verpachtete. Für diesen Teil beantragte er eine Investitionszulage nach § 4 b des Investitionszulagengesetzes 1982. Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt -- FA --) lehnte den Antrag ab; auch die Klage blieb ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen folgendes aus: Es fehle an den Begünstigungsvoraussetzungen, weil die Einkünfte des Klägers aus dem Investitionsobjekt nicht gewerblich, sondern Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung seien. Die Vermietung von Grundbesitz sei Vermögensverwaltung, auch wenn der vermietete Grundbesitz sehr umfangreich sei und erhebliche Verwaltungsarbeit mit sich bringe. Der Kläger entfalte keine über das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß hinausgehende Tätigkeit und erbringe keine ins Gewicht fallenden Sonderleistungen, die seiner Tätigkeit gewerblichen Charakter gäben. Seine Tätigkeit könne auch nicht deshalb als gewerblich eingestuft werden, weil beim Verkauf der Eigentumswohnungen gewerbliche Einkünfte erzielt worden seien. Bei einer gemischten Tätigkeit seien die einzelnen Tätigkeitsbereiche weitgehend getrennt zu erfassen, wenn nicht die Gesamttätigkeit nach der Verkehrsanschauung als eine einheitliche angesehen werden müsse. Zwischen den Eigentumswohnungen und der Vermietung und Verpachtung der gewerblichen Räume könne getrennt werden. Die unternehmerische Tätigkeit des Klägers in seinen anderen Firmen führe nicht zu einer Umqualifizierung der Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers, mit der grundsätzliche Bedeutung, Abweichung von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) und Verfahrensmängel gerügt werden.

Aus dem Beschwerdevorbringen ist der Antrag zu entnehmen, die Revision gegen das Urteil des FG zuzulassen.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vorliegt.

1.

Soweit die Beschwerde Gründe für die Zulassung aus den Fragen herleiten will, die mit der Bildung und Begünstigung von gewillkürtem Betriebsvermögen in Zusammenhang stehen, insbesondere eine Abweichung des Urteils des FG von Entscheidungen des BFH geltend macht, bleibt offen, ob Zulassungsgründe den Anforderungen des § 115 Abs. 3 FGO entsprechend dargelegt sind. Sie liegen jedenfalls nicht vor.

Ein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt nur vor, wenn das FG in dem angefochtenen Urteil einen die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem -- ebenfalls tragenden -- Rechtssatz in einer Entscheidung des BFH abweicht (BFH-Beschluß vom 23. April 1992 VIII B 49/90, BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671 m. w. N.). Das angefochtene Urteil äußert sich nicht zu der Frage, ob das Investitionsobjekt gewillkürtes Betriebsvermögen eines der Gewerbebetriebe des Klägers ist; das FG hat dazu keine abstrakten Rechtssätze in dem vorgenannten Sinne formuliert. Allerdings kann eine Abweichung auch vorliegen, ohne daß der vom FG der Entscheidung zugrunde gelegte abstrakte Rechtssatz gleichsam als Leitsatz in den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten ist; er kann sich auch aus dem gedanklichen Zusammenhang der Entscheidungsgründe und fallbezogenen Ausführungen ergeben (vgl. BFH-Beschluß in BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671). An einer zur Zulassung der Revision führenden Abweichung fehlt es aber, wenn das FG nicht einmal unausgesprochen einen solchen Rechtssatz gebildet hat, sondern sein Schweigen darauf zurückzuführen ist, daß es sich eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage nicht gestellt hat (BFH-Beschluß in BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671).

Letztlich kann jedoch die Frage, ob in diesem Sinne ein entsprechender abstrakter Rechtssatz der Entscheidung des FG zugrunde liegt, offenbleiben. Denn sollte dem angefochtenen Urteil die Würdigung des FG zu entnehmen sein, das Investitionsobjekt sei nicht gewillkürtes Betriebsvermögen eines der Gewerbebetriebe des Klägers, so entspräche eine solche Würdigung der Rechtsprechung des BFH.

Zum gewillkürten Betriebsvermögen gehören die Wirtschaftsgüter, die weder objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind noch der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen und seiner Angehörigen dienen, also weder notwendiges Betriebsvermögen noch notwendiges Privatvermögen sind (BFH-Urteil vom 30. April 1975 I R 111/73, BFHE 115, 500, BStBl II 1975, 582), die jedoch ihrer Art nach objektiv geeignet sind, dem Betrieb zu dienen und ihn zu fördern, und von ihrem Eigentümer bestimmt sind, dem Betrieb zu dienen und ihn zu fördern (BFH- Urteil vom 19. März 1981 IV R 39/78, BFHE 133, 513, BStBl II 1981, 731). Die Rechtsprechung des BFH hat als Merkmal des gewillkürten Betriebsvermögens herausgestellt, daß dessen Nutzung in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen müsse (z. B. BFH-Urteil vom 15. April 1981 IV R 129/78, BFHE 133, 282, BStBl II 1981, 618). Gewillkürtes Betriebsvermögen kann also nicht allein kraft einer Willensentscheidung des Steuerpflichtigen gebildet werden (vgl. BFH-Beschluß vom 4. Juli 1990 GrS 2--3/88, BFHE 161, 290, 304, BStBl II 1990, 817, 824), sondern setzt einen durch die tatsächliche Nutzung des Wirtschaftsgutes vermittelten objektiven Zurechnungszusammenhang mit dem Betrieb voraus.

Der BFH hat allerdings einem gewerblich tätigen Steuerpflichtigen grundsätzlich einen weiten Spielraum zugestanden, aus wirtschaftlich verständlichen Gründen Wirtschaftsgüter dem (gewillkürten) Betriebsvermögen zuzuordnen (BFH-Urteile vom 15. Juli 1960 VI 10/60 S, BFHE 71, 625, BStBl III 1960, 484; vom 10. Dezember 1964 IV 167/64 U, BFHE 82, 356, BStBl III 1965, 377; vom 26. Juni 1963 I 401/60, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1963, 394). Das gilt insbesondere bei Wirtschaftsgütern wie Grundstücken (vgl. BFH-Urteil vom 1. Dezember 1976 I R 73/74, BFHE 121, 135, BStBl II 1977, 315), die eine von besonderen Risiken freie Vermögensanlage darstellen (Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 4 Rz. 15). Denn solche Wirtschaftsgüter sind geeignet, die Wirtschaftskraft eines Gewerbebetriebes z. B. durch Zuführung von Miet- und Pachterträgen als flüssige Mittel oder Liquiditätsreserve zu stärken (BFH-Urteile vom 22. Juli 1964 I 353/61 U, BFHE 80, 215, BStBl III 1964, 552; in BFHE 82, 356, BStBl III 1965, 377; in BFHE 115, 500, BStBl II 1975, 582; vom 23. Juli 1975 I R 210/73, BFHE 117, 144, BStBl II 1976, 180; in BFHE 121, 135, BStBl II 1977, 315). Die Widmung von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen darf jedoch auch bei einem Gewerbebetreibenden den Charakter seiner gewerblichen Betätigung nicht entscheidend verändern (BFH-Urteil in BFHE 82, 356, BStBl III 1965, 377). Der Gegenstand des Betriebes zieht den Rahmen, innerhalb dessen Wirtschaftsgüter dem Betrieb objektiv dienen und damit in den für die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens erforderlichen Funktionszusammenhang treten können. Die von Grundvermögen ausgehende Stärkung der Wirtschaftskraft des Betriebes steht deshalb nur dann in einem solchen Funktionszusammenhang, wenn die Erträge dem Betrieb seiner Art nach, insbesondere unter Berücksichtigung seines tatsächlichen Bedarfs nach einer zusätzlichen Liquiditätsstützung, objektiv zu dienen geeignet sind und nicht infolge ihres Umfanges ihrerseits den Charakter des Betriebes prägen und verändern (BFH-Urteil in BFHE 82, 356, BStBl III 1965, 377).

Das streitige Investitionsobjekt kann nach diesen Rechtsgrundsätzen nicht gewillkürtes Betriebsvermögen des vom Kläger betriebenen gewerblichen Grundstückshandels sein. Denn es fehlt insofern an einem Funktionszusammenhang. Der gewerbliche Grundstückshandel war, wie sich aus den Feststellungen des FG und dem eigenen Vorbringen des Klägers entnehmen läßt, darauf angelegt, die errichteten Eigentumswohnungen nach Fertigstellung zu veräußern; hingegen war die Vermietung und Verpachtung auf Dauer angelegt. Deshalb konnte dem Gewerbebetrieb Grundstückshandel die Liquiditätssteigerung, die von der Vermietung und Verpachtung des Investitionsobjekts ausgeht, allenfalls kurzfristig zugute kommen. Die Stärkung der Wirtschaftskraft des Grundstückshandels konnte daher kein wirtschaftlich verständlicher Grund dafür sein, das Investitionsobjekt trotzdem diesem Betrieb zuzuordnen, dessen baldige Einstellung nach dem Verkauf der Eigentumswohnungen gerade dem Konzept des Klägers entsprach.

Ob das Investitionsobjekt gewillkürtes Betriebsvermögen der vom Kläger außer dem Grundstückshandel unterhaltenen Gewerbebetriebe, etwa seines Baubetreuungsbüros, hätte sein können, bedarf keiner Entscheidung. Denn der Kläger hat vorgetragen, er habe es bei der von ihm durch geführten Gewinnermittlung als Betriebsvermögen seines Grundstückshandels behandelt; das schließt einen Widmungsakt zugunsten eines anderen Betriebes aus, den das FG auch nicht festgestellt hat.

2.

Die Darlegungen der Beschwerde zum Umfang des vom Kläger angeblich betriebenen " ... -Management" richten sich gegen die sachlich-rechtliche Richtigkeit des Urteils des FG, ohne eine Abweichung von der Rechtsprechung des BFH zu bezeichnen oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufzuzeigen.

Von dem in der Beschwerde unter Berufung auf die BFH-Urteile vom 17. Januar 1961 I 53/60 X (BFHE 72, 637, BStBl III 1961, 233) und vom 30. Juli 1985 VIII R 263/81 (BFHE 145, 129, BStBl II 1986, 359) herausgestellten Rechtssatz, zu der bloßen Überlassung der Nutzung eines Gebäudes hinzutretende, fortgesetzte Sonderleistungen könnten einen gewerblichen Betrieb begründen, ist das FG ausgegangen. Seine Auffassung, die Nutzung des Investitionsobjekts sei nicht als gewerblich anzusehen, beruht auf einer Würdigung des tatsächlichen Vorbringens des Klägers in der Vorinstanz und der Feststellungen, die das FG zu Art und Umfang der vom Kläger im Rahmen des " ... -Management" erbrachten Leistungen getroffen hat. Zulässige und begründete Verfahrensrügen sind gegen diese Feststellungen nicht erhoben worden; die Beschwerde trägt insbesondere nicht vor, daß zu Art und Umfang des " ... -Management" Beweisanträge gestellt worden sind oder aus welchen Gründen sich dem FG diesbezüglich aufgrund des Vorbringens des Klägers die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen.

Das Vorbringen der Beschwerde, die Rechtssache habe im Hinblick auf die Qualität der Einkünfte aus einem Wohn- und Geschäftszentrum grundsätzliche Bedeutung, läßt die für eine Rüge nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO erforderliche Bezeichnung einer abstrakten, für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung und die Fortentwicklung des Rechts bedeutsamen Rechtsfrage vermissen, die sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG stellt und daher in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnte.

3.

Der Senat sieht im übrigen gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 20. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2236) von einer weiteren Begründung der Entscheidung ab.

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