§ 17 Abs. 1 S. 2 ZG
§ 76 Abs. 1 FGO
§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO
§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO
Gründe
I.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) meldete am . . . unter Position 1 der Ausfuhranmeldung 8 160 kg Schmelzkäse der Marktordnungs-Warenlistennummer 0406 3039 9500 und unter Position 2 der Ausfuhranmeldung 4 804 kg Schmelzkäse der Marktordnungs-Warenlistennummer 0406 3039 9300 zur Ausfuhr nach Russland an und legte entsprechende Ausfuhrlizenzen vor. Das Zollamt beschaute die Ausfuhrsendung und entnahm jeder Position zwei Dosen als Probe, die der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) zur Untersuchung übersandt wurden. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) gewährte der Klägerin antragsgemäß die Ausfuhrerstattung als Vorschuss.
Nach den Untersuchungszeugnissen der ZPLA war aber wegen eines zu niedrigen Fettgehalts in der Trockenmasse der unter der Position 1 angemeldete Schmelzkäse in die Marktordnungs-Warenlistennummer 0406 3039 9300 und der unter der Position 2 angemeldete Schmelzkäse in die Marktordnungs-Warenlistennummer 0406 3031 9500 einzureihen. Das HZA setzte deshalb mit dem angefochtenen Bescheid die Ausfuhrerstattung für den unter der Position 1 angemeldeten Schmelzkäse in Anwendung eines niedrigeren Erstattungssatzes neu fest und forderte die Differenz zuzüglich u. a. eines Zuschlags von 15 % zurück. Für den unter der Position 2 angemeldeten Schmelzkäse setzte es die Ausfuhrerstattung auf 0 DM fest, weil für das tatsächlich ausgeführte Erzeugnis keine Ausfuhrlizenz vorgelegt worden war. Insoweit forderte das HZA die als Vorschuss gewährte Ausfuhrerstattung vollständig zuzüglich eines Zuschlags von 15 % zurück. Einspruch und Klage dagegen hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) führte im Einzelnen aus, dass auf Grund der von der ZPLA erteilten Untersuchungszeugnisse in Anwendung der Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1, Art. 70 Abs. 2 und Art. 71 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex --ZK--) des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 302/1) davon auszugehen sei, dass die angemeldeten Erzeugnisse vom HZA in dem angefochtenen Änderungsbescheid zutreffend in die jeweils andere Marktordnungs-Warenlistennummer eingereiht worden seien. Das HZA habe deshalb die vorschussweise gewährte Ausfuhrerstattung einschließlich des Zuschlags von 15 % zu Recht in der hier streitigen Höhe zurückgefordert.
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision. Sie macht geltend, der Rechtsstreit werfe --wie näher begründet wird-- drei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Außerdem liege ein Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz vor.
Nach Meinung des HZA ist die für die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde erforderliche grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht erkennbar.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen von angeblich grundsätzlicher Bedeutung wären entweder in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig oder nicht klärungsbedürftig. Die gerügte Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes ist nicht hinreichend dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1.
a)
Die von der Klägerin gestellte Frage, ob die gesetzliche Fiktion des Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK "in Verbindung mit Art. 3 Abs. 6" (gemeint ist wohl Art. 3 Abs. 5) der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 (VO Nr. 3665/87) der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABlEG Nr. L 351/1) auch dann ausgelöst wird, wenn das Ergebnis der Teilbeschau nicht auf einer repräsentativen Teilmenge der angemeldeten Erzeugnisse beruht, lässt sich, so wie sie gestellt ist, in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klären. Denn das FG hat eingehend ausgeführt, dass im Streitfall die vorgenommene Beschaffenheitsbeschau repräsentativ war.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auch die Frage grundsätzlich geklärt wissen möchte, ob die gemeinschaftsrechtliche Vorschrift des Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK im Lichte einer alten nationalen Vorschrift, nämlich des § 17 Abs. 1 des Zollgesetzes (ZG) ausgelegt werden darf, ist diese Frage so allgemein, wie sie gestellt ist, in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht zu beantworten. Vielmehr wäre bezogen auf den Einzelfall zu fragen, inwieweit die Gedanken der Rechtsprechung zur Auslegung des § 17 Abs. 1 ZG auch für die Auslegung des Art. 70 Abs. 1 ZK hilfreich sein können, wenn und soweit beide Vorschriften inhaltlich übereinstimmen. Gegebenfalls wären keine Gründe ersichtlich, die dagegen sprechen könnten, Vorschriften, soweit sie übereinstimmen, gleich auszulegen. Dies ist jedenfalls in Bezug auf § 17 Abs. 1 Satz 2 ZG und Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK der Fall. Dass die durch § 17 Abs. 1 Satz 2 ZG begründete Vermutung nur gilt, wenn in der Zollanmeldung nicht angegeben ist, dass die Ware unterschiedlich beschaffen ist, versteht sich bei einer stichprobenweisen Beschaffenheitsbeschau von selbst. Deshalb konnte der Gemeinschaftsgesetzgeber in der entsprechenden Vorschrift des Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK für die darin begründete Fiktion auf eine entsprechende ausdrückliche Regelung verzichten. Die Verpflichtung, die unterschiedliche Beschaffenheit der Waren gegebenenfalls anzumelden, folgt für das Zollrecht allgemein bereits aus Art. 62 Abs. 1 ZK und den näheren Vorschriften über die Ausfüllung der Ausfuhranmeldung im Merkblatt zum Einheitspapier (Anhang 37 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 (ZKDVO) der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 253/1) sowie speziell für die marktordnungsrechtliche Ausfuhranmeldung aus Art. 3 Abs. 5 VO Nr. 3665/87.
Daraus, dass es sich nach der Formulierung des § 17 Abs. 1 Satz 2 ZG um eine gesetzliche Vermutung handelte, während in Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK eine gesetzliche Fiktion aufgestellt wird, lässt sich für den Streitfall nichts herleiten. Eine etwa darauf abzielende Fragestellung wäre daher nicht entscheidungserheblich.
Ohne dass die Klägerin eine solche Frage ausdrücklich gestellt hätte, lässt sich aus dem Zusammenhang ihres Beschwerdevortrages aber auch die Frage entnehmen, ob es sich bei der im Streitfall bezüglich jeder Anmeldeposition untersuchten Probe jeweils um eine "repräsentative" Probe gehandelt hat. Das FG hat im Einzelnen ausgeführt, nach den maßgebenden Vorschriften, insbesondere des Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2221/95 der Kommission vom 20. September 1995 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 386/90 des Rates hinsichtlich der Warenkontrolle bei der Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse, für die eine Erstattung gewährt wird (ABlEG Nr. L 224/13) seien der Sendung zum Zwecke einer anrechenbaren Beschau gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 386/90 des Rates vom 12. Februar 1990 (ABlEG Nr. L 42/6) repräsentative Proben zu entnehmen; im Streitfall sei dies geschehen. Die Klägerin bezweifelt, dass die genommenen Proben repräsentativ gewesen sind.
Eine grundsätzliche Klärung der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine gezogene Probe für die beschaute Ware repräsentativ ist --unterstellt, dass dies überhaupt im Hinblick auf Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK von Bedeutung ist (vgl. Bundesfinanzhof --BFH--, Urteil vom 24. Juli 1979 VII R 4/78, BFHE 128, 434, 437)--, ist jedoch nicht möglich. Denn die Beurteilung, ob eine Probe repräsentativ ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Damit ist eine von der Klägerin in dieser Richtung etwa beabsichtigte Fragestellung einer über den Einzelfall hinausgehenden grundsätzlichen Beantwortung entzogen und rechtfertigt daher ebenfalls nicht die Zulassung der Revision (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. , § 115 Rz. 24). Auch die nach Meinung der Klägerin unrichtige Auffassung des FG zu dieser Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Zur hinreichenden Darlegung (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) eines darauf gestützten Zulassungsgrundes wäre es erforderlich gewesen, auszuführen, inwiefern die angebliche Rechtswidrigkeit der Rechtsauffassung des Gerichts von so erheblichem Gewicht ist, dass sie das Vertrauen in die Rechtsprechung schädigen könnte (vgl. BFH, Beschluss vom 7. Januar 2002 III B 61/01, BFH/NV 2002, 666). Solche Ausführungen enthält die Beschwerde indes nicht.
Den Ausführungen der Klägerin in diesem Zusammenhang ist auch nicht deutlich zu entnehmen, inwieweit die Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu Zweifeln Anlass gibt, zu deren Klärung die Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in einem zu diesem Zweck zuzulassenden Revisionsverfahren in Betracht käme.
b)
Für von grundsätzlicher Bedeutung hält die Klägerin weiter die Frage, wonach zu beurteilen ist, ob Waren i. S. von Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK i. V. m. Art. 3 Abs. 6 (gemeint ist wohl Abs. 5) VO Nr. 3665/87 in sich unterschiedlich beschaffen sind. Außerdem meint sie, die Frage sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob auch dann Warenpositionen i. S. von Art. 70 Abs. 2 ZK "in Verbindung mit Art. 3 Abs. 6 VO Nr. 3665/87" vorliegen, wenn einzelne Waren zwar spezifiziert angemeldet werden, diese Warenanmeldungen aber nicht mit unterschiedlichen Positions-Nummern besonders gekennzeichnet würden. Diese Fragen sind vor dem Hintergrund zu beurteilen, dass die Klägerin jeweils zu einer Anmeldeposition der der Ausfuhranmeldung angefügten Ladeliste mehrere jeweils unterschiedlich beschaffene Erzeugnisse aufgeführt hat. Die Klägerin meint, im Hinblick auf Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK sei jede unter einer der beiden Anmeldepositionen gesondert angemeldete Ware gemäß Art. 70 Abs. 2 ZK für sich mit der Folge zu sehen, dass das aus der Untersuchung der Probe gewonnene Beschauergebnis nur für die Warensorte von Bedeutung sein könne, von der die Probe genommen worden sei.
Die so verstandenen Fragen haben ebenfalls nicht die von der Klägerin behauptete grundsätzliche Bedeutung, die zur Zulassung der Revision führt, weil sie nach dem Wortlaut der einschlägigen Rechtsvorschriften ohne weiteres eindeutig zu beantworten sind (vgl. Gräber/Ruban, a. a. O. , § 115 Rz. 28).
Werden mit einem Anmeldevordruck (nach dem Muster des Einheitspapiers - Anhang 31 ff. ZKDVO) mehrere Warenpositionen angemeldet, so gelten die Angaben für jede Warenposition gemäß Art. 70 Abs. 2 ZK als gesonderte Anmeldung i. S. von Art. 70 Abs. 1 ZK. Was unter dem Begriff der "Warenposition" zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Vordruck des Einheitspapiers in Verbindung mit dem Merkblatt dazu (Anhang 37 ZKDVO). Danach ist die Positions-Nummer der Anmeldung in Feld 32 des Einheitspapiers anzugeben. Wird die Anmeldung durch eine Ladeliste ergänzt, so sind dort jeweils --wie auch im Streitfall geschehen-- die Positions-Nummern der Anmeldung anzugeben. Durch diese Angabe wird jeweils die "Warenposition" i. S. des Art. 70 Abs. 2 ZK formal bestimmt. Der Begriff der "Warenposition" bezieht sich somit nicht, wie die Klägerin meint, auf die unter einer Positions-Nummer aufgeführten verschiedenen Erzeugnisse. Allein diese Auslegung wird dem Sinn und Zweck der Regelung gerecht. Denn auch die übrigen in der Ausfuhranmeldung geforderten Angaben (z. B. Angabe der zutreffenden Marktordnungs-Warenlistennummer) beziehen sich jeweils insgesamt auf die unter einer Positions-Nummer aufgeführten Erzeugnisse, ohne dass eine Aufgliederung dieser Angaben auf einzelne unter der jeweiligen Positions-Nummer aufgeführte Erzeugnisse möglich wäre. Damit wird für die jeweils unter einer Positions-Nummer aufgeführten Erzeugnisse, soweit marktordnungsrechtlich relevant, eine einheitliche Beschaffenheit angemeldet. Es ist somit systemgerecht, dass gemäß Art. 70 Abs. 2 ZK die Fiktion des Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK jeweils für die zu einer Positions-Nummer angemeldeten Erzeugnisse insgesamt und nicht bezogen auf einzelne unter einer Positions-Nummer aufgeführte Erzeugnisse gilt.
2.
Einen Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz des § 76 Abs. 1 FGO sieht die Klägerin in Folgendem: Mit ihrem Beweisangebot in Bezug auf die im eigenen Betrieb durchgeführten Fettanalysen habe die Klägerin die Richtigkeit der amtlich durchgeführten Fettanalysen bestritten. Das FG sei daher verpflichtet gewesen, auch die Rückstellproben der untersuchten Proben untersuchen zu lassen, damit die Richtigkeit der Erstuntersuchungen geprüft werde. Das sei aber nicht mehr möglich gewesen, weil das HZA die Rückstellproben habe vernichten lassen. Damit sei die sachgerechte Feststellung des Teilbeschauergebnisses verhindert worden.
Mit diesem Vorbringen hat die Klägerin indes keinen Verfahrensfehler des Gerichts, der in einer Verletzung der Verpflichtung zur Sachaufklärung liegen könnte, dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Denn das FG war, wie die Klägerin selbst ausgeführt hat, nicht in der Lage, die Untersuchung der Rückstellproben durchführen zu lassen, weil diese bereits vernichtet waren. Insoweit kam daher eine Sachaufklärung nicht mehr in Betracht. Die unterlassene Anordnung der Untersuchung der Rückstellproben kann daher keinen Verfahrensfehler des FG darstellen. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang allein stellt, ist, ob ohne Untersuchung der Rückstellprobe die in Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK geregelte Fiktion eingreift. Dies ist aber keine Verfahrens- sondern eine materiell-rechtliche Frage, die allenfalls dann zur Zulassung der Revision führen könnte, wenn die Klägerin in Bezug darauf einen der in § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO benannten Zulassungsgründe dargelegt hätte (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Daran fehlt es jedoch.