BFH

BFHI R 78/9414.9.1994

Amtlicher Leitsatz:

1. Die Erbschaftsteuer ist eine sonstige Personensteuer i. S. des § 10 Nr. 2 KStG. Dies gilt auch für die gem. § 24 ErbStG in Jahresbeträgen erhobene Erbersatzsteuer. § 10 Nr. 2 KStG ist auch insoweit anzuwenden, als die Jahresbeträge einen Zinsanteil enthalten.

2. § 35 EStG ist im Bereich der Körperschaftsteuer unanwendbar.

Normen

§ 10 Nr. 2 KStG
§ 27 KStG
§ 35 EStG

 

Tatbestand:

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine inländische rechtsfähige Stiftung, die in den Streitjahren 1984 bis 1988 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Sie unterlag außerdem der Erbersatzbesteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG). Sie nahm die ihr in § 24 ErbStG eingeräumte Möglichkeit wahr, die Erbersatzsteuer in 30 gleichen jährlichen Teilbeträgen zu entrichten. Die entsprechende Erbschaftsteuer wurde mit Bescheid vom 12. Oktober 1984 auf 295 812 DM und die jährlich zu entrichtenden Teilbeträge auf 19 296,20 DM festgesetzt.

Die Klägerin setzte in ihren Körperschaftsteuer-Erklärungen 1984 bis 1988 die von ihr jährlich gezahlten Erbschaftsteuerbeträge (19 296 DM) als dauernde Last gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) vom Gesamtbetrag der Einkünfte ab. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) folgte dem nicht. Er nahm nichtabziehbare Aufwendungen i. S. des § 10 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) an.

Die Einsprüche blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage überwiegend statt. Es teilte die jährlich zu entrichtenden Teilbeträge in einen Tilgungs- und in einen Zinsanteil auf und ließ den Zinsanteil zum Betriebsausgabenabzug zu.

Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung von § 10 Nr. 2 KStG.

Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben, soweit der Klage stattgegeben worden sei, und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit der Klage der Klägerin stattgegeben wurde, und zur Abweisung der Klage insgesamt (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß sich nach § 8 Abs. 1 KStG in Verbindung mit den Vorschriften des EStG und des KStG bestimmt, was als Einkommen der Klägerin gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist. Die Klägerin erzielte deshalb in den Streitjahren Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i. S. des § 13 EStG, Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 EStG und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i. S. des § 21 EStG. Ob die auf die genannten Vermögen entfallende Erbersatzsteuer i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG dem Grunde nach durch die genannten Einkunftsquellen der Klägerin i. S. des § 4 Abs. 4 bzw. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG veranlaßt ist, kann letztlich unentschieden bleiben. Jedenfalls greift gegenüber einem zugunsten der Klägerin unterstellten Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug das Abzugsverbot des § 10 Nr. 2 KStG ein.

2. Nach § 10 Nr. 2 KStG sind u. a. sonstige Personensteuern steuerlich nicht abziehbar. Das Abzugsverbot gilt sowohl für die Einkünfte- als auch für die Einkommensermittlung. Die Erbschaftsteuer ist eine sonstige Personensteuer im Sinne dieser Vorschrift. Sie ist auf die Person des Erben (Erwerbers) zugeschnitten. Besteuert wird das durch die Erbschaft (Schenkung) unentgeltlich Erworbene, weil es die steuerliche Leistungsfähigkeit des Erben (Beschenkten) erhöht (vgl. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 1993, Bd. II, S. 746; Crezelius, Erbschaft- und Schenkungsteuer in zivilrechtlicher Sicht, 1979, S. 24). Die Behandlung der Erbschaftsteuer als Personensteuer i. S. des § 12 Nr. 3 EStG bzw. des § 10 Nr. 2 KStG entspricht der in Rechtsprechung und Schrifttum ganz einheitlich vertretenen Auffassung, der sich der erkennende Senat anschließt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. August 1983 VIII R 35/80, BFHE 139, 253, BStBl II 1984, 27; vom 7. Dezember 1990 X R 72/89, BFHE 163, 137, BStBl II 1991, 350; vom 23. Februar 1994 X R 123/92, BFHE 174, 73 , BStBl II 1994, 690; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 10 KStG Rz. 41, § 2 EStG Rz. 34 und § 12 EStG Rz. 100; Janzen in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 10 KStG Rz. 22; Lademann/Boochs, Körperschaftsteuergesetz, § 10 Rz. 10; Blümich/Freericks, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 10 Rz. 21; Kläschen/Bader, Körperschaftsteuergesetz, § 10 Rz. 58; Lange in Gail/Goutier/Grützner, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 10 Rz. 18; Streck, Körperschaftsteuergesetz, 3. Aufl., § 10 Anm. 9; Gericke in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 12 Rz. 45; Blümich/Lindberg, § 12 EStG Rz. 137; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 13. Aufl., § 4 Anm. 99 "Steuern"; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 13. Aufl., § 12 Rz. 12). Dies gilt auch für die gemäß § 24 ErbStG in Jahresbeträgen erhobene Erbersatzsteuer.

3. Die vom FG vertretene Auffassung, daß die nach § 24 ErbStG erhobene Erbersatzsteuer sowohl Personensteuer i. S. des § 10 Nr. 2 KStG als auch abziehbarer Stundungszinsaufwand sei und daß die Abziehbarkeit als Stundungszinsaufwand die Anwendung des § 10 Nr. 2 KStG verdränge, steht weder mit dem Wortlaut der Vorschrift noch mit dem Urteil des erkennenden Senats vom 23. November 1988 I R 180/85 (BFHE 154, 552, BStBl II 1989, 116) in Einklang. Nach § 10 Nr. 2 KStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind die sonstigen Personensteuern ohne Einschränkung nicht abziehbar. Daraus kann nur geschlossen werden, daß jeder Aufwand, der sich als Personensteuer im Sinne der Vorschrift darstellt, bei der Einkünfte- und Einkommensermittlung nicht abgesetzt werden darf. Entsprechend hat auch der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 154, 552, BStBl II 1989, 116 darauf abgestellt, daß Stundungszinsen i. S. des § 234 der Abgabenordnung (AO 1977) keine Personensteuern i. S. des § 10 Nr. 2 KStG, sondern steuerliche Nebenleistungen i. S. des § 1 Abs. 3 AO 1977 sind. Nur deshalb stand § 10 Nr. 2 KStG 1984 dem Abzug der Stundungszinsen nicht entgegen. Für den Streitfall ist das FG jedoch zutreffend davon ausgegangen, daß die nach § 24 ErbStG zu erhebende Erbersatzsteuer eine Personensteuer ist. Dies gilt nicht nur für den in Höhe von 295 812 DM festgesetzten Steuerbetrag, sondern auch für die in Höhe von 19 296,20 DM festgesetzten Jahresbeträge. Die Anwendung des § 24 ErbStG führt insoweit zu einer originären Erhöhung der Steuerschuld. Mag dieser Erhöhung auch eine gedankliche Verzinsung zugrunde liegen, so ist die Verzinsung doch nur ein Berechnungselement für die festzusetzende Steuer. Dies zwingt dazu, auch die Jahresbeträge als Steuerschuld und nicht als eine eigenständige Zinsschuld zu verstehen und auf sie § 10 Nr. 2 KStG 1984 anzuwenden.

4. Zwar hat der X. Senat des BFH in BFHE 163, 137, BStBl II 1991, 350, und in BFHE 174, 73 , BStBl II 1994, 690 angenommen, daß das Abzugsverbot des § 12 Nr. 3 EStG durch § 35 Satz 3 i. V. m. § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG durchbrochen werde. Diese Rechtsüberlegung schlägt indes auf § 10 Nr. 2 KStG 1984 nicht durch. § 35 EStG ist seiner Stellung und seinem Inhalt nach eine Steuerermäßigungsvorschrift i. S. des § 2 Abs. 6 EStG. Als solche steht sie auf einer Stufe mit §§ 34 c, 34e, 34f und 34g EStG. Das KStG 1984 verweist jedoch in seinen §§ 8 Abs. 1 und 49 nicht auf die Steuerermäßigungsvorschriften des EStG. Es enthält nur vereinzelte Bezugnahmen auf Steuerermäßigungen des EStG (vgl. die Verweisung in § 26 Abs. 6 KStG 1984 auf einzelne AbSätze des § 34c EStG). Im übrigen enthält das KStG in §§ 23 und 26 eigene Ermäßigungsvorschriften, von denen jedoch keine dem § 35 EStG nachgebildet ist. Daraus muß die Schlußfolgerung gezogen werden, daß § 35 EStG im Bereich des Körperschaftsteuerrechts keine Anwendung findet.

5. Schließlich sind die Aufwendungen der Klägerin für Erbschaftsteuer auch nicht gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG absetzbar. Schon das FG hat zutreffend darauf hingewiesen, daß auch insoweit § 10 Nr. 2 KStG vorrangige Anwendung findet.

6. Die Vorentscheidung entspricht nicht den hier wiedergegebenen Rechtsgrundsätzen. Sie kann deshalb keinen Bestand haben und war aufzuheben, soweit der Klage der Klägerin stattgegeben wurde. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Klage war insgesamt abzuweisen.

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