BFH

BFHX R 91/903.6.1992

Amtlicher Leitsatz:

Werbungskosten sind bei den Einkünften aus einmaligen (sonstigen) Leistungen (§ 22 Nr. 3 EStG) auch dann im Jahr des Zuflusses der Einnahme abziehbar, wenn sie vor diesem Jahr angefallen sind oder nach diesem Jahr mit Sicherheit anfallen werden. Entstehen künftig Werbungskosten, die im Zuflußjahr noch nicht sicher vorhersehbar waren, ist die Veranlagung des Zuflußjahres gemäß § 175 Ans. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 zu ändern.

Normen

§ 9 EStG
§ 11 Abs. 2 EStG
§ 22 Nr. 3 EStG
§ 23 Abs. 4 EStG
§ 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO 1977

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand:

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) vermittelte im Streitjahr 1985 den Bau einer Tennishalle an eine ... KG (KG). Für die Vermittlung erhielt sie von der KG eine Vergütung von 200 000 DM zuzüglich 28 000 DM Umsatzsteuer, insgesamt 228 000 DM.

Die Klägerin erklärte den Betrag von 228 000 DM als Einnahme aus einer von ihr erbrachten sonstigen Leistung gemäß § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie machte andererseits Werbungskosten in Höhe von 153 356,83 DM geltend. Darin war ein Betrag von 10 744,55 DM enthalten, der den Überschuß der der KG in Rechnung gestellten Umsatzsteuer (28 000 DM) gegenüber den im Streitjahr aufgewandten Vorsteuern (17 255,45 DM) darstellte und von der Klägerin entsprechend der 1987 durchgeführten Umsatzsteuerveranlagung 1985 erst im Jahre 1987 beglichen wurde.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) vertrat die Auffassung, die Umsatzsteuer von 10 744,55 DM stelle im Jahre 1987 "nachträgliche Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte gem. § 22 Nr. 3 EStG" dar. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1990, 467 veröffentlicht ist, wies die Klage u. a. mit der Begründung ab, die einmalige Vermittlungstätigkeit der Klägerin führe zu sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 3 EStG. Nach dem Zu- und Abflußprinzip, das hier Anwendung finde (§ 11 EStG), könne die 1987 gezahlte Umsatzsteuer nicht schon im Streitjahr 1985 zum Werbungskostenabzug zugelassen werden. Einem Abzug im Abflußjahr 1987 stehe möglicherweise das Verlustausgleichsverbot des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG entgegen. Im Schrifttum und in der Rechtsprechung der FG werde nach Wegen gesucht, dieses als unbillig empfundene Ergebnis zu vermeiden (Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -, Gewährung eines Verlustrücktrags, Erfassung der Werbungskosten unabhängig vom Abfluß im Jahr des Zuflusses der Einnahme). Es könne dahingestellt bleiben, ob eine dieser Lösungen in Betracht komme. Es handle sich dabei in jedem Fall um eine Billigkeitsmaßnahme (§ 163 AO 1977), die nicht im Steuerfestsetzungsverfahren gewährt werden könne.

Die Klägerin macht mit der Revision geltend: Ihre Aufwendungen seien sämtlich im Streitjahr abziehbar. Das Abflußprinzip trete zurück. Es müsse Gleichbehandlung mit einem bilanzierenden Steuerpflichtigen hergestellt werden. Auch sei es geboten, das einmalige Vermittlungsgeschäft mit sämtlichen Einnahmen und Ausgaben in einem Kalenderjahr zu erfassen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Umsatzsteuerzahlung von 10 744,55 DM zum Werbungskostenabzug zuzulassen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es weist darauf hin, daß die Klägerin den streitigen Umsatzsteuerbetrag schon im Streitjahr hätte voranmelden und abführen können.

Entscheidungsgründe

1. Das FG geht wie die Beteiligten davon aus, daß die Klägerin mit ihrer Vermittlungsleistung der Umsatzsteuer unterlag (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes - UStG -) und wegen der in Anspruch genommenen Leistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt war (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Diese Auffassung ist bedenklich. Eine einmalige Vermittlungsleistung ist regelmäßig keine nachhaltige Unternehmertätigkeit (§ 2 Abs. 1 UStG). Eine Wiederholungsabsicht ist nicht ersichtlich.

Diesen Bedenken braucht nicht nachgegangen zu werden. Sollte die Klägerin nicht Unternehmer gewesen sein, würde sie dennoch die Umsatzsteuer von 28 000 DM schulden, weil sie den Umsatzsteuerbetrag gegenüber der KG offen ausgewiesen hatte (§ 14 Abs. 3 UStG). Ihr würde allerdings in diesem Fall kein Vorsteuerabzug zustehen, weil sie die empfangenen Leistungen nicht für ihr Unternehmen in Anspruch genommen hätte. Einkommensteuerrechtlich ist es indessen unerheblich, ob die von der Klägerin aufgewandten "Vorsteuern" von 17 255,45 DM umsatzsteuerrechtlich abziehbar sind oder nicht. Sie wären auch dann Werbungskosten, wenn sie Preisbestandteile der vom FA als Werbungskosten anerkannten Aufwendungen, insbesondere für Beratungen und eine Unterprovision, wären. Die Möglichkeit einer Zurechnung der "Vorsteuern" zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 9 b Abs. 1 EStG) scheidet hier aus (dazu Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. Juni 1982 VIII R 6/79, BFHE 136, 238, BStBl II 1982, 755).

2. Die der Klägerin 1985 zugeflossene Vermittlungsprovision von 228 000 DM (einschließlich Umsatzsteuer) ist eine Einnahme aus (sonstigen) Leistungen i. S. des § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG. Als Einkünfte nach dieser Vorschrift sind auch Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen zu erfassen. Von der Provisionseinnahme sind zur Ermittlung der Einkünfte die Werbungskosten (§ 9 EStG) abzusetzen. Zu den Werbungskosten gehört auch der erst 1987 gezahlte Umsatzsteuerbetrag von 10 744,55 DM, gleichviel, ob dieser Betrag als Umsatzsteuerschuld zutreffend aus der Differenz zwischen 28 000 DM und einem Vorsteuerabzug von 17 255,45 DM errechnet worden ist oder ob der Vorsteuerabzug zu Unrecht gewährt worden sein sollte (s. oben 1., unten 6.).

3. Der Umsatzsteuerbetrag von 10 744,55 DM ist schon im Streitjahr 1985 als Werbungskosten abzuziehen. § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG, wonach Ausgaben in dem Kalenderjahr ihrer Leistung (des Abflusses) anzusetzen sind, tritt zurück. Eines Rückgriffs auf Bilanzierungsvorschriften bedarf es nicht. Die Klägerin hat einen Rechtsanspruch auf den Werbungskostenabzug. Sie darf entgegen der Auffassung des FG nicht auf Billigkeitsmaßnahmen verwiesen werden.

a) Der erkennende Senat hat für Spekulationsgeschäfte entschieden, daß die durch solche Geschäfte veranlaßten Werbungskosten - unabhängig von § 11 Abs. 2 EStG - in dem Kalenderjahr zu berücksichtigen sind, in dem der Veräußerungserlös zufließt (Urteil vom 17. Juli 1991 X R 6/91, BFHE 165, 85, BStBl II 1991, 916). § 23 Abs. 4 EStG durchbricht das Abflußprinzip. Für die Einkünfte aus (sonstigen) Leistungen fehlt zwar eine dem § 23 Abs. 4 EStG entsprechende Vorschrift. Gleichwohl sind auch bei ihnen, soweit sie einmalig sind, die Werbungskosten im Kalenderjahr des Zuflusses der Einnahme zu berücksichtigen.

b) § 22 Nr. 3 EStG geht - ebenso wie die Vorschriften über Spekulationsgeschäfte (§ 22 Nr. 2, § 23 EStG) - auf § 41 EStG 1925 zurück. § 41 Abs. 1 EStG 1925 erfaßte unter dem übergeordneten Begriff der "sonstigen Leistungsgewinne" die "Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften" (Abs. 1 Nr. 1, Spekulationsgeschäfte gemäß §§ 42, 43 EStG 1925) und "Einkünfte, soweit sie infolge einer anderen Tätigkeit anfallen" (Abs. 1 Nr. 2). § 41 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1925 (i. V. m. §§ 42, 43 EStG 1925) wurde nach § 22 Nr. 2 EStG 1934 (i. V. m. § 23 EStG 1934), § 21 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1925 nach § 22 Nr. 3 EStG 1934 überführt, ohne daß hiermit eine sachliche Änderung verbunden sein sollte (Begründung zum EStG 1934, RStBl 1935, 33, 44).

Der Reichsfinanzhof (RFH) hat zu § 41 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1925 ausgeführt, es sei zweifelhaft, ob "§ 11 ausschließlich anwendbar ist, ob nicht vielmehr diese Gewinne in einem gewissen Sinne als eine Art Gewerbebetrieb behandelt werden müßten" (Urteil vom 22. Juli 1931 VI A 1403/31, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1931 II Nr. 963). Andererseits hat er es in dem Urteil vom 16. Dezember 1931 VI A 942/31 (StuW 1932 II Nr. 267) für den Verkauf einer Zufallserfindung, der als Gelegenheitsgeschäft nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1925 beurteilt wurde, abgelehnt, die in den Vorjahren getätigten Aufwendungen für die Entwicklung der Erfindung zum Werbungskostenabzug zuzulassen, da "nicht der Gewinn, sondern der Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben zu versteuern sei, eine Aktivierung der früher gemachten Aufwendungen daher nicht in Frage komme". Von dieser Äußerung ist der RFH in dem Urteil vom 17. Oktober 1935 VI A 273/35 (RFHE 38, 287, 291, RStBl 1936, 123) wieder abgerückt. Er hat zu § 41 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1925, § 22 Nr. 3 EStG 1934 dargelegt, steuerpflichtig sei "nur der Überschuß ... über das hingegebene Kapital hinaus ..., nach Abzug der Werbungskosten"; ziehe sich die Abwicklung über mehrere Jahre hin, sei "ein steuerpflichtiger Gewinn erst dann entstanden, wenn die Summe sämtlicher Ausgaben (Kapitalhingabe, Werbungskosten) durch die Summe der Einnahmen überschritten werde". Diese Entscheidung war durch eine Stellungnahme E. Beckers zu den erstgenannten Entscheidungen vorbereitet worden (Kommentar zum Einkommensteuergesetz 1925, 3. Teil 1933, § 41 Anm. 13 c), in der dieser zu bedenken gegeben hatte, ob Werbungskosten insoweit zum Abzug zuzulassen seien, als sie mit "bestimmten" Einnahmen aus § 41 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1925 in Beziehung stünden.

c) Der erkennende Senat folgt der Auffassung des RFH in dem Urteil in RFHE 38, 287, RStBl 1936, 123 mit den folgenden Maßgaben. Auch Werbungskosten, die im Zuflußjahr der Einnahme noch nicht getätigt sind, deren Abfluß in den Folgejahren aber sicher ist, sind zu berücksichtigen. Das Abflußprinzip tritt indessen lediglich gegenüber Werbungskosten aus einmaligen Leistungen i. S. des § 22 Nr. 3 EStG zurück. Kommt es im Rahmen des § 22 Nr. 3 EStG zu regelmäßigen Leistungen, verbleibt es bei der Anwendung des § 11 Abs. 2 EStG. Es sind wie bei anderen Überschußeinkünften mit Quellencharakter jährlich Einnahmen-Überschußrechnungen zu erstellen. Das Schleswig-Holsteinische FG hat bei der Vermietung einer beweglichen Sache (Segelyacht) angenommen, daß für jedes Jahr der Vermietungstätigkeit eine Einkünfteermittlung stattfindet und ein so ermittelter Verlust dem Verlustausgleichsverbot des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG unterliegt (Urteil vom 28. Juni 1989 IV 285/87, EFG 1989, 635). Der Senat hat dieses Urteil mit Beschluß vom 2. Oktober 1991 X R 63/89 gemäß Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) bestätigt (vgl. EFG 1992, 50).

d) Die einmalige (sonstige) Leistung ist - ebenso wie ein Spekulationsgeschäft - dadurch gekennzeichnet, daß sie nicht auf Wiederholung angelegt ist. Es soll nur ein positiver Überschuß von einigem Gewicht erfaßt werden. Dem dienen die Freigrenze des § 22 Nr. 3 Satz 2 EStG und das Verlustausgleichs- und Verlustabzugsverbot des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG. Zuvor müssen jedoch die auf die Leistung bezogenen "Einkünfte" i. S. des § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG ermittelt werden. Die Einkünfteermittlung muß dem Charakter dieser Einkünfte als einmalige Einkünfte folgen und zeitraumübergreifend alle Werbungskosten im Zeitpunkt der Vereinnahmung des Erlöses aus der einmaligen Leistung bündeln, mögen sie im Jahr der Vereinnahmung oder vorher angefallen sein oder mit Sicherheit in künftigen Jahren anfallen.

e) Es tritt sonach für einmalige sonstige Leistungen das ein, was § 23 Abs. 4 EStG für Spekulationsgeschäfte ausdrücklich anordnet. Eine solche Gleichbehandlung ist nach der Eigenart und der Entstehungsgeschichte der genannten Teileinkünfte aus § 22 Nrn. 2 und 3 EStG auch gerechtfertigt. § 41 Abs. 1 EStG 1925 kennzeichnete sie gemeinsam als "Leistungsgewinne". Es kann dahingestellt bleiben, ob der Begriff "Gewinn" seit dem EStG 1934 den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit vorbehalten ist (§ 2 Abs. 4 Nr. 1 EStG 1934, § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG), so daß der Begriff "Gewinn" in § 23 Abs. 4 EStG versehentlich aus § 43 EStG 1925 übernommen worden sein könnte, oder ob er auch für andere Einkunftsarten von Bedeutung sein kann. Jedenfalls ist der Überschuß bei Spekulationsgeschäften und einmaligen Leistungseinkünften nach überkommenen Grundsätzen in der Weise zu ermitteln, daß der Ansatz der Einnahmen und der Abzug der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und der Werbungskosten zusammengefaßt wird. Ein Verlustausweis kommt nicht in Betracht (§ 22 Nr. 3 Satz 3, § 23 Abs. 4 Satz 3 EStG).

f) Der sich danach ergebenden Folgerung, die zeitliche Zuordnung der abziehbaren Aufwendungen richte sich nach dem Zufluß der Einnahme, steht das Abflußprinzip des § 11 Abs. 2 EStG mit den dort geregelten Ausnahmen nur scheinbar entgegen. Einnahmen und Ausgaben bestimmen als gegenläufige Komponenten die steuerliche Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen. Sie müssen jedoch - wie schon die in § 11 EStG geregelten Ausnahmen erkennen lassen - nicht durchgängig nach einem strengen Zu- und Abflußprinzip erfaßt werden. Die in § 11 Abs. 2 EStG genannten Durchbrechungen des strengen Abflußprinzips sind nicht abschließend. Weitere Ausnahmen können sich aus der besonderen Strukturierung einzelner Einkunftsarten und Einkünfte ergeben. Dies zeigt die Einkünfteermittlungsregel, die in § 23 Abs. 4 Satz 1 EStG zum Ausdruck kommt. Für den Abfluß von Aufwendungen bei einmaligen sonstigen Leistungen kann - wie dargelegt - nichts anderes gelten. Die Durchbrechung des Abflußprinzips muß im aufgezeigten Rahmen erweitert werden, um Wertungswidersprüche zwischen mehreren Vorschriften zu vermeiden.

4. Aus diesen Grundsätzen ist zu folgern:

a) Fließt die Einnahme aus einem einmaligen Leistungsgeschäft in mehreren Veranlagungszeiträumen zu, ist nach dem Urteil in RFHE 38, 287, RStBl 1936, 123 zu verfahren. Sämtliche Ausgaben sind - soweit bereits angefallen oder sicher voraussehbar - schon im ersten Zuflußjahr mit dem erhaltenen Teilerlös zu verrechnen; ein etwa verbleibender Ausgabenüberschuß ist in den Folgejahren von den weiteren Teilerlösen abzusetzen. Das BFH-Urteil vom 13. April 1962 VI 194/61 U (BFHE 75, 102, BStBl III 1962, 306) hat sich bei Spekulationsgeschäften dafür ausgesprochen, den Gesamtüberschuß (Gewinn) entsprechend dem Zufluß der Teilveräußerungserlöse zu verteilen. Der erkennende Senat hält es demgegenüber für angebracht, auch auf Spekulationsgeschäfte die Grundsätze in RFHE 38, 287, RStBl 1936, 123 anzuwenden.

b) Werden in späteren Jahren vereinnahmte Erlöse zurückgezahlt, sind diese negativen Einnahmen wie künftige Werbungskosten schon in den Zuflußjahren von den Einnahmen abzusetzen, sofern eine Rückzahlung sicher zu erwarten ist. Der Senat folgt nicht der Auffassung, daß die negativen Einnahmen erst im Rückflußjahr unbeschadet der Verlustklausel des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG abzuziehen seien (Keuk, Der Betrieb - DB - 1972, 1130, 1133 f.; FG Hamburg, Urteil vom 27. Februar 1981 I 62/79, EFG 1981, 562). Der Senat neigt - abweichend von dem BFH-Urteil vom 2. April 1974 VIII R 76/69 (BFHE 112, 348, BStBl II 1974, 540) - dazu, auch bei Spekulationsgeschäften eine sichere Rückzahlung von Veräußerungserlösen schon im Zuflußjahr zu berücksichtigen.

c) Fallen nicht sicher feststehende Erlösminderungen oder Werbungskosten - unerwartet - in späteren Jahren an, so gilt das Folgende: Sollte die Veranlagung des Zuflußjahres vorläufig durchgeführt worden sein, können die genannten Umstände einkünftemindernd gemäß § 165 Abs. 2 AO 1977 berücksichtigt werden. Falls die Veranlagung bereits bestandskräftig durchgeführt worden ist, muß der Bescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 geändert werden. Die angeführten Umstände sind Ereignisse, die auf den Zeitpunkt der Erbringung der Leistung zurückwirken. Die einmalige sonstige Leistung und das Spekulationsgeschäft sind einmalige, punktuelle Besteuerungstatbestände, die erst abgeschlossen sind, wenn endgültig feststeht, daß der Steuerpflichtige den Erlös behalten darf und keine weiteren Werbungskosten anfallen (zur Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 auf den punktuellen Tatbestand der Betriebsveräußerung vgl. BFH-Beschluß vom 26. März 1991 VIII R 55/86, BFHE 166, 21, 34 f., BStBl II 1992, 479).

5. Die hier vertretene Auffassung teilen im Schrifttum und in der Rechtsprechung der FG: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, Lfg. 6/1974, § 22 EStG Anm. 73; Blümich/Stuhrmann, Einkommensteuergesetz, § 22 Anm. 160; Gerard in Lademann/Söffing/Brockhoff, Einkommensteuergesetz, § 22 Anm. 77; im Ergebnis auch FG Düsseldorf, Beschluß vom 4. Dezember 1986 II 133/86 A (E), EFG 1987, 116: "Verlustrücktrag".

Demgegenüber sprechen sich für eine uneingeschränkte Geltung des § 11 Abs. 2 EStG aus, dies allerdings mit der Einschränkung, daß Werbungskosten außerhalb des Zuflußjahres nicht dem Verlustausgleichs- und Verlustabzugsverbot des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG unterstehen: Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 22 Anm. 34; v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 9 RdNr. B 863; Trzaskalik in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 11 RdNr. A 22; Kuhlmann in Frotscher, Einkommensteuergesetz, § 22 Anm. 37; FG Düsseldorf, Beschluß vom 14. September 1977 XIII 373/77 A, EFG 1978, 78. Einige Autoren möchten mit "vorweggenommenen" Werbungskosten nach RFHE 38, 287, RStBl 1936, 123 und mit später entrichteten Werbungskosten nach EFG 1978, 78 verfahren (Scholtz in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Einkommensteuergesetz, § 22 Anm. 94; Stephan in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, § 22 EStG Anm. 118 c).

Die Gegenmeinung und auch die vermittelnde Meinung berücksichtigen nicht ausreichend den Charakter der hier zu beurteilenden sonstigen Leistung als "Einmaltatbestand" (vgl. Becker/Riewald/Koch, Reichsabgabenordnung, 5. Aufl., § 4 StAnpG Abschn. 4 Abs. 3), der eine zusammenfassende Einkünfteermittlung gebietet. Es wird nicht überzeugend dargelegt, daß die Verlustklauseln des § 22 Nr. 3 Satz 3, § 23 Abs. 4 Satz 3 EStG nicht anzuwenden sind, wenn Werbungskosten außerhalb des Zuflußjahres anfallen.

6. Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, ist aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Klage ist stattzugeben. Die Anforderung der erst 1987 veranlagten und gezahlten Umsatzsteuer von 10 744,55 DM war schon aus der Sicht des Streitjahres 1985 sicher. Diese Sicht ist anhand der Umstände zu beurteilen, die bis spätestens zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem FG eintreten und bekannt werden. Im Streitfall war indessen schon früher - bei Erlaß des Umsatzsteuerbescheids im Jahr 1987 - sicher, daß die Umsatzsteuer zu zahlen war.

Unbeachtet bleibt die Möglichkeit, daß der Klägerin kein Vorsteuerabzug zustehen könnte (s. o. 1.) und infolgedessen eine weitere Umsatzsteuerforderung des FA nicht auszuschließen ist. Einmal erstreckt sich der Revisionsantrag der Klägerin nicht auf diesen Betrag. Zum anderen war nach den Erkenntnissen am Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem FG keinesfalls sicher damit zu rechnen, daß das FA diesen Betrag fordern könnte. Das FA hat der Klägerin den Vorsteuerabzug - wahrscheinlich bestandskräftig - zugebilligt. Noch in der Revisionserwiderung geht es von der Rechtmäßigkeit des Vorsteuerabzugs aus. Sollte sich dennoch eine Umsatzsteuernachzahlung ergeben, ist der angegriffene Steuerbescheid gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 zu ändern (oben 4. c).

Es ergibt sich folgende Neuberechnung der Einkommensteuer 1985:...

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