Normen
§ 68 BewG
§ 99 BewG
Tatbestand:
Die Klägerin (eine Brauerei) hat im Jahre 1980 auf ihrem Betriebsgrundstück drei Kühlzellen mit insgesamt 18 Gär- und Lagertanks errichtet. Jeweils sechs Tanks sind mit Isolierblechen umschlossen. Bei diesen Umschließungen handelt es sich um ein Stahlskelettbauwerk, dessen äußere Umwandungen in Sandwichbauweise hergestellt worden sind. Isolierung und Profilblech bilden ein einheitliches Wandelement. Die Außenhaut besteht aus Isoliertrapezblechen von 18 cm Dicke; die Zwischenwände zwischen den Zellen bestehen aus Isoliertrapezblechen von 10 cm Dicke. Das Dach ist ein Trapezblechdach aus verzinktem Blech zuzüglich einer Dachisolierung, die darüber liegt. Die gesamte Kühlanlage ist durch eine Außentür zugänglich; die Kühlzellen sind durch Zwischentüren verbunden. Unter den Kühlzellen befindet sich ein knapp 3,5 m hoher sog. Konusraum. Von hier aus wird der gesamte Betriebsablauf (Befüllen, Entleeren, Reinigung und Überwachung der Behälter) gesteuert. Der einzelne Tank hat keine Kühlummantelung, er wird durch die herabgekühlte Raumluft gekühlt. In den Kühlzellen herrscht eine Temperatur von minus 1 bis minus 5 Grad. Die kalte Luft wird durch Kältemaschinen oberhalb der Tanks erzeugt und durch Ventilatoren nach unten geblasen. An den Tanks sind Temperaturfühler angebracht, die bei Übersteigen einer bestimmten Temperatur das Einsetzen der Ventilatorkühlung auslösen. Nach den unbestrittenen Angaben der Klägerin beträgt die Austrittsgeschwindigkeit der Gebläsekaltluft bis zu 5 m/sek bei einem Lärmpegel von 90 bis 100 Dezibel. Über den Tanks ist eine Bühne angebracht, die über eine Treppe außerhalb des Bauwerks betretbar ist. Es handelt sich um einen Gitterrostboden. Die Kühlzellen werden aus Sicherheitsgründen in einem Turnus von etwa zwei Wochen durch einen Angestellten zur Kontrolle der Instrumente, Ventilatoren, Temperaturfühler usw. betreten. Die Inspektion dauert insgesamt 5 bis 10 Minuten. Auch der Raum zwischen Arbeitsbühne und Dach wird etwa alle zwei Wochen einer Kurzinspektion unterzogen. Weitere Besuche in den Kühlzellen sind nicht notwendig, weil sich alle sonstigen Vorrichtungen zur automatischen Steuerung des Betriebsablaufs im Konuskeller befinden. Bei einer größeren Reparatur müssen der Lagertank geleert und die Kühlung außer Betrieb gesetzt werden.
In der Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens vom 27. Dezember 1982 hat die Klägerin die Kühlzellen als Betriebsvorrichtungen behandelt. Das Finanzamt (FA) hat die Kühlzellen dagegen als Gebäude angesehen und durch Bescheid vom 28. März 1985 den Einheitswert des Geschäftsgrundstücks zum 1. Januar 1981 auf 8 469 200 DM fortgeschrieben (Einheitswert bisher: 8 303 900 DM).
Mit der nach erfolgloser Durchführung des Einspruchsverfahrens erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des Wertfortschreibungsbescheids sowie der ihn bestätigenden Einspruchsentscheidung. Sie ist der Auffassung, nur der Konuskeller stelle ein Gebäude dar, bei den Kühlzellen hingegen handle es sich um Betriebsvorrichtungen. Da sich der Einheitswert des Geschäftsgrundstückes zum 1. Januar 1981 folglich nur auf 8 331 400 DM erhöhe, sei die Wertfortschreibungsgrenze des § 22 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) nicht erreicht. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision beantragt die Klägerin, unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils der Klage stattzugeben. Sie rügt Verletzung von § 68 i. V. m. § 99 BewG.
Entscheidungsgründe
Das Betriebsgrundstück der Klägerin ist gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BewG wie Grundvermögen zu bewerten. Nach § 68 Abs. 1 BewG gehören zum Grundvermögen außer dem Grund und Boden auch die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör. Nicht in das Grundvermögen einzubeziehen sind nach § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), und zwar auch dann, wenn sie wesentliche Bestandteile sind.
1. Zutreffend ist das FG für die Abgrenzung zwischen Gebäuden und Betriebsvorrichtungen vom Gebäudebegriff ausgegangen, weil Gebäude grundsätzlich zum Grundvermögen gehören und demgemäß ein Bauwerk, das als Gebäude zu betrachten ist, nicht Betriebsvorrichtung sein kann (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. März 1977 III R 5/75, BFHE 122, 150, BStBl II 1977, 594, mit weiteren Nachweisen). Das FG hat jedoch den Gebäudebegriff verkannt, indem es darauf abstellte, ob in den Kühlzellen der Aufenthalt von Menschen schlechthin unmöglich ist.
Ein Bauwerk ist als Gebäude anzusehen, wenn es nicht nur fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und ausreichend standfest ist, sondern es muß auch Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewähren und den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestatten (vgl. die Urteile des BFH vom 13. Juni 1969 III 17/65, BFHE 96, 57, BStBl II 1969, 517, und in BFHE 122, 150, BStBl II 1977, 594). Nicht erforderlich ist, daß ein Bauwerk zum Aufenthalt von Menschen bestimmt ist. Der Gebäudeeigenschaft steht auch nicht entgegen, wenn sich Menschen beispielsweise nur in entsprechender Schutzkleidung darin aufhalten können, um sich gegen gesundheitliche Schäden zu schützen (vgl. BFH-Urteil vom 14. November 1975 III R 150/74, BFHE 117, 492, BStBl II 1976, 198). Unerheblich ist schließlich auch, ob der Aufenthalt von Menschen während eines Betriebsvorgangs vorübergehend nicht möglich ist (so zutreffend der gemeinsame Ländererlaß vom 31. März 1967, BStBl II 1967, 127, unter Abschn. B 6 Abs. 2). Ist andererseits der Aufenthalt von Menschen in dem Bauwerk nur möglich, wenn ein automatisch laufender Betriebsvorgang abgeschaltet ist, so ist das Bauwerk nicht als Gebäude anzusehen (BFH-Urteil vom 18. März 1987 II R 222/84, BFHE 150, 62, BStBl II 1987, 551).
Sofern wegen extremer Bedingungen während des automatisch gesteuerten stetig laufenden Betriebsvorgangs der Aufenthalt von Menschen in einem Bauwerk auch in Schutzkleidung nur vorübergehend während weniger Minuten möglich ist, so gestattet das Bauwerk nicht den mehr als nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen. Dieselben Grundsätze gelten, wenn während des stetigen Betriebsablaufs wegen des Lärmpegels der Aufenthalt von Menschen in dem Bauwerk höchstens während weniger Minuten möglich ist. Das ist auch der Fall, wenn der Schallpegel den arbeitsrechtlich zulässigen Beurteilungspegel für Arbeitsplätze in Arbeitsräumen (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung über Arbeitsstätten vom 20. März 1975, BGBl I 1975, 729) übersteigt. Herrschen in dem Bauwerk sowohl unter dem Gefrierpunkt liegende Temperaturen als auch ein extremer Lärmpegel, die durch Kaltluftventilatoren erzeugt werden, so kann auch das Zusammenwirken dieser Faktoren einen mehr als vorübergehenden Aufenthalt von Menschen ausschließen und das Bauwerk demgemäß nicht als Gebäude anzusehen sein.
2. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen; seine Entscheidung ist deshalb aufzuheben.
Die Sache ist spruchreif, der Senat entscheidet in der Sache selbst. Die Kühlzellen stellen eine Betriebsvorrichtung dar. Sie bilden eine technisch-funktionale Einheit, die infolge des Zusammenwirkens mehrerer Faktoren einen mehr als nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen während des Betriebsablaufs nicht gestattet. Dem entspricht es, daß die gesamte Steuerungsanlage sich unterhalb der Kühlzellen in dem sog. Konuskeller befindet, der horizontal von den Kühlzellen abgetrennt ist. Ein nicht nur vorübergehender Aufenthalt - beispielsweise zu Reparaturzwecken - setzt nach den Feststellungen des FG anläßlich der Ortsbesichtigung voraus, daß die Kältemaschinen (Kaltluftventilatoren) abgeschaltet werden. Der Umstand, daß der Aufenthalt zu Kontrollgängen jeweils wenige Minuten möglich ist, steht diesem Ergebnis nicht entgegen, denn dabei handelt es sich eindeutig um nur vorübergehende Aufenthalte.
Da somit nur der horizontal abgegrenzte Konuskeller als Gebäude in die wirtschaftliche Einheit des Geschäftsgrundstücks einzubeziehen ist, sind die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 BewG nicht erfüllt, weil die Wertabweichung nach oben weder den zehnten Teil des Einheitswerts des letzten Feststellungszeitpunkts übersteigt noch die absolute Grenze von 100 000 DM erreicht.