Normen
§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO
§ 4 Abs. 4 EStG
§ 12 Nr. 1 EStG
Tatbestand:
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger betreibt eine Zahnarztpraxis, die Klägerin arbeitet bei ihm als angestellte Zahnärztin. Beide nahmen im Februar 1986 in Davos an einem "Europäischen Zahnärztlichen Fortbildungskongreß" teil. Der Kongreß begann am Sonntag und endete knapp zwei Wochen später an einem Freitag. Das auf die Werktage beschränkte Tagungsprogramm begann jeweils um 9.00 Uhr und sah für den Zeitraum von 12.00 Uhr bis 16.30 Uhr eine Mittagspause vor. Danach wurden bis 19.30 Uhr weitere Veranstaltungen angeboten. Die Kläger reisten per Autoreisezug zur zweiten Hälfte des Kongresses in der Nacht von Freitag auf Samstag an. Die Abreise traten sie einen Samstag später mit dem Autoreisezug von Chur um 22.45 Uhr an. Die Testate ihrer mit Lichtbild versehenen Teilnehmerausweise enthalten Stempeleintragungen für den Besuch der Vormittagsveranstaltungen. Darüber hinaus haben die Kläger ausweislich der Testate an den Tagen Montag bis Donnerstag auch an den Nachmittagsveranstaltungen teilgenommen.
Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung 1986 Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwendungen, Unterbringungs- und Telefonkosten in Höhe von 3 953 DM geltend. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte diese Positionen nicht. Die hiergegen nach erfolglosem Einspruch eingelegte Klage wies das Finanzgericht (FG) zurück.
Nach Auffassung des FG sprachen für eine nicht unwesentliche private Mitveranlassung zum einen die Wahl des Kongreßortes und der Zeitpunkt während der besten Skisaison. Zum anderen maß das FG dem Umstand Bedeutung zu, daß die außergewöhnlich lange Mittagspause von 4 1/2 Stunden den Teilnehmern ausreichend Zeit und Möglichkeit gelassen habe, sich zur besten Tageszeit dem Skifahren, Sonnen oder Spazierengehen zu widmen. Schließlich wertete es das FG auch als Indiz für eine nicht unwesentliche private Mitveranlassung, daß die Kläger den Samstag und Sonntag zu Beginn ihres Aufenthaltes sowie den Freitagnachmittag und den Samstag am Ende des Kongresses zur freien Verfügung hatten. Die Beschwerde gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu.
Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Beschwerde, mit der sie grundsätzliche Bedeutung der für den Streitfall maßgeblichen Rechtsfrage (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) geltend machen.
Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung, ob Kosten für eine Kongreßreise berufsbedingte Aufwendungen darstellen und die Befriedigung privater Interessen ausgeschlossen ist, kann nur aufgrund der Würdigung aller Umstände des einzelnen Falles getroffen werden (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 14. Juli 1988 IV R 57/87, BFHE 154, 312, BStBl II 1989, 19). Von einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung kann daher allenfalls die Frage sein, welche Umstände als Anzeichen für oder gegen eine private Mitveranlassung der Reise in Betracht kommen. Aber auch insoweit kann das Revisionsgericht nicht alle denkbaren Umstände auf ihr Gewicht bei der vom FG vorzunehmenden Gesamtwürdigung hin überprüfen.
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt folgendes:
Die Bedeutung der viereinhalbstündigen Mittagspause bei einem Ärztekongreß in einem Skiort während der Skisaison ist in der Vergangenheit von verschiedenen FG unterschiedlich bewertet worden. So sind das FG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 8. Oktober 1980 I K 167/80 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1981, 333) und das FG Hamburg im Urteil vom 1. Februar 1983 II 9/81 (EFG 1983, 494) davon ausgegangen, daß eine vierstündige Mittagspause nicht für eine nennenswerte private Mitveranlassung der Reise spreche. Das FG Köln (Urteil vom 31. Juli 1986 V K 164/85, EFG 1986, 296) und das FG Baden-Württemberg (Urteil vom 24. Februar 1988 XIII K 209/87, EFG 1988, 276) haben im umgekehrten Sinne entschieden.
Wird eine streitige Rechtsfrage von verschiedenen FG unterschiedlich behandelt, so wird in der Regel ein Fall grundsätzlicher Bedeutung vorliegen (Klein/Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, Rdnr. 157). Im Streitfall ist die maßgebliche Rechtsfrage jedoch nach Ergehen der unterschiedlichen FG-Urteile durch den BFH entschieden worden. Der beschließende Senat hat es in seinem Urteil in BFHE 154, 312, BStBl II 1989, 19 als Indiz für eine nicht unerhebliche private Mitveranlassung einer auf einem Fährschiff stattfindenden Kongreßreise angesehen, daß Tagungsteilnehmer angesichts des zeitlichen Umfangs des Fachprogramms ausreichend Gelegenheit hatten, von den an Bord gebotenen Freizeitmöglichkeiten Gebrauch zu machen. Es liegt auf der Hand, daß Gleiches gelten muß, wenn das Fachprogramm eines an einem Skiort während der Skisaison stattfindenden Kongresses eine viereinhalbstündige Mittagspause vorsieht. Hierdurch wird den Teilnehmern gezielt die Möglichkeit geboten, das Angebot dieses Ortes an Winterurlaubsaktivitäten zu nutzen.