BFH

BFHVIII R 63/8810.4.1990

Amtlicher Leitsatz:

Schließt ein Kommanditist eine Versicherung auf den Lebens- oder Todesfall ab, so sind weder die Versicherungsprämien Betriebsausgaben noch führen die Versicherungsleistungen zu Betriebseinnahmen, und zwar selbst dann nicht, wenn die Versicherung zur Absicherung betrieblicher Schulden der KG dient und die KG bezugsberechtigt ist.

Normen

§ 4 Abs. 4 EStG

FG Münster

 

Tatbestand:

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine KG. Sie handelt mit Möbeln und Teppichen. Außerdem betreibt sie eine Polsterei und Dekorationsschneiderei. Persönlich haftender Gesellschafter war in den Streitjahren (1974 bis 1976) W. Kommanditist war u. a. H. Die Liquidität der Klägerin war angespannt. Ihre Verbindlichkeiten beliefen sich auf über 1 Mio DM. Ende 1974 erfolgte eine Umfinanzierung. Die Klägerin erhielt von der Sparkasse in N einen Kredit in Höhe von 510 000 DM. Neben der Gewährung von anderen Sicherheiten verpflichtete sie sich, bei einer Versicherungsanstalt eine Lebensversicherung mit einer Laufzeit von 12 Jahren abzuschließen und die Rechte hieraus an die Sparkasse abzutreten. In Erfüllung dieser Verpflichtung schloß H am 1. Dezember 1974 eine Lebensversicherung über 1 Mio DM für die Dauer von 15 Jahren ab. Die monatlichen Versicherungsprämien betrugen 5 360 DM. Bezugsberechtigt war die Klägerin. Gleichzeitig mit dem Abschluß des Versicherungsvertrags trat H seine Ansprüche aus diesem Vertrag an die Sparkasse N ab. Die Bezugsberechtigung der Klägerin wurde widerrufen, soweit sie der Abtretung an die Sparkasse entgegenstand.

Die Klägerin wies in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1974 eine Forderung in Höhe der von ihr in 1974 gezahlten Versicherungsprämie gegen ihren Gesellschafter H aus. Sie wollte die Prämienzahlungen als Privatentnahmen des H behandelt wissen.

H ist am 19. Mai 1976 verstorben. Die Versicherungsanstalt zahlte 1 Mio DM Versicherungssumme zuzüglich 100 000 DM Todesunfall-Zusatzversicherung aus. Diesen Betrag schrieb die Sparkasse dem Darlehenskonto der Klägerin gut und überwies den Überschuß von 598 559,55 DM auf das Privatkonto der verbliebenen Gesellschafter.

In ihren Bilanzen zum 31. Dezember 1975 und 31. Dezember 1976 wies die Klägerin keine Forderungen gegen ihre Gesellschafter aus. Sie aktivierte das Deckungskapital der zu ihren Gunsten abgeschlossenen Lebensversicherung nicht. Die Versicherungsleistungen wurden als Einlagen behandelt.

Nach einer Betriebsprüfung behandelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Lebensversicherung als notwendiges Betriebsvermögen der Klägerin. Er änderte die Gewinnfeststellungsbescheide 1974 bis 1976 entsprechend (1974: Gewinnminderung um 5 360 DM Prämienzahlung; 1975: Gewinnminderung um die Differenz zwischen 64 320 DM Prämienzahlungen und 24 760 DM aktiviertes Deckungskapital; 1976: Gewinnerhöhung um 988 092 DM Versicherungsleistung).

Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Mit ihrer Revision macht die Klägerin Verletzung materiellen Rechts geltend.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und den Gewinn 1974 um 5 360 DM höher, den Verlust 1975 um 39 560 DM niedriger und den Gewinn 1976 um 988 092 DM niedriger festzustellen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Der IV. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 11. Mai 1989 IV R 56/87 (BFHE 157, 152, BStBl II 1989, 657) entschieden, daß beim Abschluß einer Risikolebensversicherung durch eine Personenhandelsgesellschaft auf das Leben eines ihrer Gesellschafter die Prämienzahlungen auch dann keine Betriebsausgaben sind, wenn die Versicherung der Absicherung eines Bankkredits der Personenhandelsgesellschaft dient.

Der IV. Senat hat diese Entscheidung damit begründet, daß die Abgrenzung zwischen betrieblich veranlaßten und privat veranlaßten Versicherungsbeiträgen danach erfolge, ob durch die Versicherung berufliche oder private Risiken abgedeckt würden. Risiken, die in der Person des Betriebsinhabers begründet seien, führten deshalb nur ausnahmsweise zum Betriebsausgabenabzug der Prämienzahlungen, nämlich nur dann, wenn durch die Ausübung des Berufs ein erhöhtes Risiko geschaffen werde und der Abschluß des Versicherungsvertrags entscheidend der Abwendung dieses Risikos diene. Aus diesem Grund komme ein Abzug von Prämien für Lebensversicherungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten regelmäßig nicht in Betracht. Das gelte selbst dann, wenn die Versicherungsleistungen für den Betrieb verwendet würden.

2. Diese Grundsätze gelten auch für den Streitfall.

Allerdings unterscheidet sich der Streitfall von dem dem Urteil in BFHE 157, 152, BStBl II 1989, 657 zugrunde liegenden Sachverhalt darin, daß es sich im Streitfall nicht um eine Risikolebensversicherung, sondern um eine Versicherung auf den Lebens- oder Todesfall handelt, und ferner darin, daß der Versicherungsvertrag nicht von der Personengesellschaft selbst, sondern von einem ihrer Gesellschafter abgeschlossen worden ist. Diese Abweichungen können jedoch nicht zu einer anderen Beurteilung führen.

a) Der Senat ist der Auffassung, daß hinsichtlich der Zuordnung einer Risikolebensversicherung zum Privatvermögen noch eher Bedenken bestehen können als bei der Zuordnung einer Versicherung auf den Lebens- oder Todesfall. Denn bei einer solchen Versicherung wird die Versicherungsleistung in jedem Fall erbracht, während dies bei einer Risikolebensversicherung nicht der Fall ist.

b) Die Ausführungen in BFHE 157, 152, BStBl II 1989, 657 gelten in vollem Umfang auch dann, wenn - wie im Streitfall - der Versicherungsvertrag noch nicht einmal von der Personengesellschaft, sondern von einem ihrer Gesellschafter selbst abgeschlossen ist. Denn dadurch steht der Versicherungsvertrag der persönlichen Sphäre des Gesellschafters noch näher als in dem Fall, in dem der Versicherungsvertrag durch die Personengesellschaft abgeschlossen wurde.

3. Gehört nach alldem der Versicherungsvertrag im Streitfall nicht zum Betriebsvermögen der Klägerin, so können die Versicherungsleistungen auch bei ihr keine Betriebseinnahmen sein.

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