Normen
§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG 1981
§ 12 Nr. 1 EStG 1981
Tatbestand:
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei einem Forschungsinstitut für Luft- und Raumfahrt (A) angestellt. Er bearbeitet Fragen der Flugmechanik an vergleichenden Untersuchungen zwischen Flug- und Modellversuchen. Außerdem ist er Mitglied der Fluggruppe des Instituts A und hat seit dem 5. Juli 1973 eine Privatpilotenlizenz. Er führte im Streitjahr 1982 fünf Einweisungsflüge, fünf Checkflüge, vier Fotoflüge, einen Werkstattflug, 19 Reiseflüge und zwei Instrumentenflüge, insgesamt also 55 Starts und Landungen mit einer Gesamtflugdauer von 48 Stunden und 22 Minuten durch. Hierzu gehört auch eine Flugrundreise vom 29. Mai bis zum 12. Juni 1982 mit einer Gesamtflugdauer von rd. 16 Stunden, bei welcher der Kläger von seiner Ehefrau begleitet wurde und in deren Verlauf Flughäfen in Frankreich und Österreich angeflogen wurden.
In der Einkommensteuererklärung 1982 machten die Eheleute (Kläger) 3 172 DM dem Kläger von seinem Arbeitgeber in Rechnung gestellte Kosten für die Benutzung von Motorflugzeugen der Fluggruppe sowie 275 DM Start- und Landegebühren auf fremden Flughäfen als Fortbildungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit geltend. In einer der Steuererklärung beigefügten Bescheinigung erklärte der Arbeitgeber, daß diese Kosten für die Erhaltung des Pilotenscheins sowie für fliegerische Inübunghaltung des Klägers im Hinblick auf seine dienstlichen Aufgaben erforderlich gewesen seien.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte die Aufwendungen nicht, weil ihre ausschließliche berufliche Veranlassung nicht nachgewiesen sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte aus, das Gericht habe sich von der ausschließlichen oder zumindest weitaus überwiegenden beruflichen Veranlassung der in Rede stehenden Motorflüge des Klägers nicht überzeugen können.
Gegen diese Entscheidung haben die Kläger Revision eingelegt. Sie rügen sinngemäß die Verletzung des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und bringen u. a. vor:
Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß er, der Kläger, bei der Privatfliegerei seiner persönlichen Neigung zum Flugsport nachgegangen sei und die hierdurch entstandenen Kosten daher seiner privaten Lebensführung zuzuordnen seien. Er habe die Flüge unternehmen müssen, um seine Privatpilotenlizenz zu erhalten. Dabei habe es ihm im wesentlichen freigestanden, welche Ziele er zur Erfüllung der Mindestflugstundenzahl ansteuere. Den Flugzielen sei daher keine Bedeutung beizumessen. Durch die fliegerische Praxis habe er seine Erfahrungen vergrößert und seine berufliche Tätigkeit gefördert. Das FG hätte daher zumindest die Werbungskosten berücksichtigen müssen, die sich im Verhältnis der Mindestfluganforderungen zu den Gesamtkosten ergeben hätten.
Auf Spekulation beruhten die Feststellungen des Gerichts, seine berufliche Stellung oder sein berufliches Fortkommen würde von der Erhaltung seiner Privatpilotenlizenz nicht abhängen. Darauf komme es nicht an. Denn es sei anerkannt, daß z. B. Mathematiklehrer im Rahmen des heutigen Mathematikunterrichts für Unterrichtsvorbereitungen sich Privatcomputer anschaffen und diese als Arbeitsmittel absetzen könnten. Schaffe sich ein Lehrer einen solchen Computer nicht an, würde er sicherlich nicht aus dem Schuldienst entlassen oder einer Beförderungsbeschränkung unterworfen.
Die Kläger beantragen, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Einspruchsentscheidung des FA vom 8. November 1983 und den Einkommensteuerbescheid 1982 vom 17. August 1983 aufzuheben und weitere Werbungskosten in Höhe von 3 447 DM bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Dem Abzug der dem Kläger entstandenen Kosten als Werbungskosten steht § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG 1981 entgegen. Nach dieser Vorschrift können Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung mit sich bringen, nicht als Werbungskosten abgezogen werden, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Das FG hat sich zutreffend von der Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70 (BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17) leiten lassen, nach der eine Aufteilung in nicht abziehbare Aufwendungen für die Lebensführung und in Betriebsausgaben oder Werbungskosten nur zulässig ist, wenn objektive Merkmale und Unterlagen eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung ermöglichen und wenn der berufliche Nutzungsanteil nicht von untergeordneter Bedeutung ist.
Das FG konnte entsprechend der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgehen, daß bei der Privatfliegerei eine persönliche Neigung zum Flugsport im Vordergrund steht und deshalb als Teil der allgemeinen Lebensführung anzusehen ist. Wie das FG ferner ohne Rechtsverstoß ausgeführt hat, hat der Kläger nicht dartun können, daß zur Ausübung seines Berufs eine umfangreiche Flugerfahrung unerläßlich sei. Er hat überwiegend an Flugmodellen im Windkanal gearbeitet. Die dort gewonnenen Erkenntnisse werden dann mit den in Testflügen ermittelten Ergebnissen verglichen. Diese Flüge werden aber vom Testpiloten durchgeführt; der Kläger nimmt hieran lediglich teil. Das FG folgerte hieraus zu Recht, daß die beim Fliegen gewonnenen Erfahrungen zwar für die Ausübung des Berufs des Klägers zweckdienlich sind, weil er bei eigener fliegerischer Erfahrung einen besseren Eindruck des Flugverhaltens bei neuen oder geänderten Konstruktionen erhält und aufgrund solcher Eindrücke besser in der Lage ist, die Bedienung am Windkanal genauer anzupassen. Das FG hat andererseits aber festgestellt, daß die Erhaltung der Privatfluglizenz und die Durchführung von Flügen für den Kläger keine unmittelbare Voraussetzung für die Berufsausübung waren. Der Kläger hat insbesondere für seinen Arbeitgeber auch keine dienstlichen Flüge unternommen.
Das FG konnte aus diesem Sachverhalt rechtsirrtumsfrei den Schluß ziehen, daß es an objektiven Merkmalen und Unterlagen für eine Trennung der Aufwendungen in als Werbungskosten abziehbare Ausgaben und in nicht berücksichtigungsfähige Kosten der allgemeinen Lebensführung fehlt.
Die Ausführungen des FG entsprechen der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung. Dort wird jeweils nach den Umständen des Einzelfalles gewürdigt, ob und inwieweit Aufwendungen in Zusammenhang mit der Pilotenlizenz als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbare Werbungskosten sind (vgl. v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 9 Rdnr. B 302). So hat das Niedersächsische FG durch Urteil vom 21. Mai 1982 IX 349/80 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1983, 62) bei einem ähnlich liegenden Sachverhalt Aufwendungen für die Erhaltung von Lizenzen zum Segel- und Motorflug bei einem leitenden Ingenieur im Entwicklungssektor einer Flugzeugbaufirma grundsätzlich als Aufwendungen der allgemeinen Lebensführung gewürdigt. Im gleichen Sinne hat das Hessische FG im Urteil vom 2. Oktober 1986 13 K 510 b/83 (EFG 1987, 550) Aufwendungen eines Flugingenieurs für den Erwerb der privaten Pilotenlizenz weder als Fortbildungskosten noch als vorweggenommene Werbungskosten anerkannt. Von gleichen Erwägungen ist auch das Hessische FG im Urteil vom 23. September 1988 9 K 70/87 (EFG 1989, 172) ausgegangen. Dort wurden Aufwendungen eines Flugzeugführers für einen Segelfluglehrgang den Kosten der allgemeinen Lebensführung zugeordnet, da die Teilnahme an dem Segelfluglehrgang nicht unmittelbare Voraussetzung für die Berufsausübung als Flugzeugführer war. Dem stand nicht entgegen, daß die Arbeitgeberin des Klägers derartige Freizeitaktivitäten ihres fliegerischen Personals begrüßt hat und nach Auffassung des Gerichts Segelflugkenntnisse und Segelflugerfahrungen im Einzelfall beruflich dienlich sein können.
Die vom Kläger erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Es trifft zu, daß Werbungskosten auch dann gegeben sein können, wenn die berufliche Stellung und das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht davon abhängen, ob der Arbeitnehmer bestimmte Aufwendungen für seine berufliche Fortbildung tätigt. Das hat auch das FG nicht in Frage gestellt. Es hat solche Erwägungen nur angestellt, um entscheiden zu können, ob die vom Kläger getätigten Aufwendungen trotz ihres gemischten Charakters ausnahmsweise dem beruflichen Bereich ausschließlich zuzuordnen sind. Dies hat es - wie dargelegt - ohne Rechtsverstoß verneint. Das FG hat sich auch mit dem Begehren des Klägers auseinandergesetzt, ob es möglich sei, die Aufwendungen jedenfalls insoweit als Werbungskosten zu berücksichtigen, als sie die für die Verlängerung der Fluglizenz notwendigen Mindestflugleistungen betreffen. Es hat dies ohne Rechtsverstoß abgelehnt, weil die Kosten zur Erhaltung der Lizenz in gleichem Maße wie die übrigen Aufwendungen der privaten Lebensführung zuzuordnen sind.