BFH

BFHV R 37/8422.6.1989

Amtlicher Leitsatz:

1. Der Annahme eines Leistungsaustausches (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980) steht nicht entgegen, daß der Leistende die gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung, das Entgelt, nicht oder nicht in dem erwarteten Umfang erhält, sei es, daß sich die begründete Entgeltserwartung nicht erfüllt, daß das Entgelt uneinbringlich wird oder daß es sich nachträglich mindert. Hierdurch wird lediglich die Bemessungsgrundlage i. S. des § 10 Abs. 1 UStG 1980 berührt.

2. Im Verhältnis zwischen nahen Angehörigen ist ein Leistungsaustausch nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 nicht bereits dann zu verneinen, wenn über Leistung und Gegenleistung zwar Vereinbarungen vorliegen, diese aber nicht vertragsgemäß vollzogen werden, oder wenn die Vereinbarungen nicht dem entsprechen, was unter Fremden üblich ist.

3. Bei der Prüfung von Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen kann allerdings die Frage, ob die Vereinbarung und ihre Durchführung dem entspricht, was unter Fremden üblich ist, für die Beurteilung Bedeutung erlangen, ob der Leistende ernsthaft damit gerechnet hat, ein Entgelt für seine Leistung zu erhalten.

Normen

§ 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG 1980
§ 10 Abs. 1 UStG 1980
§ 12 Nr. 1 S. 2 EStG

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand:

Gerhard A und H B hatten als Gesellschafter der A-B Hotel X Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) das zum Gesellschaftsvermögen gehörende Hotelgrundstück Hotel X mit Wirkung ab 1. Januar 1980 für zehn Jahre an die Hotel X Betriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) vermietet; als Mietpreis waren monatlich 50 000 DM zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart. Gesellschafter der GmbH waren Maria A, Franz A, I B und T B je zu 1/4 gewesen. Zum 1. Januar 1981 übernahm - im Rahmen einer auch andere Gesellschaften erfassenden Auseinandersetzung - Maria A, die Ehefrau von Gerhard A, den Anteil des H B an der GbR; die Gesellschaft bezeichnete sich nunmehr als A GdbR Hotel X. Gesellschafter der GmbH wurden je zur Hälfte die beiden Söhne der Eheleute A, Willi und Franz A.

Im Jahr 1980 hatte die GmbH an die GbR statt der vereinbarten Miete von 678 000 DM (einschließlich 13 v. H. Umsatzsteuer) nur eine Abschlagszahlung von 270 000 DM geleistet. Im Jahr 1981 (dem Streitjahr) war das Hotel wegen Renovierungsarbeiten mehrere Monate geschlossen. Als einzige Zahlung der GmbH floß der A GdbR Hotel X, der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), in diesem Jahr im Juni eine Abschlagszahlung von 20 000 DM zu; nach dem Vorbringen der Klägerin war mit der GmbH für das Jahr 1981 mündlich eine Miete von 240 000 DM vereinbart. In einem Schreiben vom 26. Juni 1981 "bestätigte" die Klägerin der GmbH "vereinbarungsgemäß", daß aufgrund der derzeitigen Umsatzentwicklung sowie der zu erfolgenden Reparaturarbeiten der zwischen der GmbH und der A-B GdbR geschlossene Mietvertrag ausgesetzt werde. Nach Abschluß der Arbeiten und sobald die GmbH einen Überblick über ihre Geschäftsentwicklung habe, werde ein neuer Mietvertrag ausgehandelt werden. Nach einer vom darauffolgenden Tag, dem 27. Juni 1981, datierten schriftlichen Vereinbarung zwischen der Klägerin und der GmbH wurde der mit der Renovierung verbundene durch Belegungs- und Einnahmeausfälle der GmbH entstehende Gesamtschaden auf 400 000 DM geschätzt und vereinbart, daß diese Forderung der GmbH mit der Mietzahlung des Jahres 1981 in Höhe von 240 000 DM verrechnet werde. Die übrigen 160 000 DM sollten der GmbH ersetzt, ggf. durch Verrechnung mit der Miete für das Jahr 1982 ausgeglichen werden. Ab 1. Januar 1982 wurde eine Miete von monatlich 40 000 DM vereinbart.

In den Monaten Juli und August 1981 erhielt die GmbH von der Klägerin Darlehen in Höhe von 110 000 DM, im September 1981 von der Gesellschafterin Maria A ein Darlehen von 200 000 DM.

Die Klägerin gab für die Monate Juni bis Dezember 1981 Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Die vorangemeldeten Umsätze betrugen 17 699 DM (erklärt für Juni), die - auf Grund der Renovierungsarbeiten - angefallenen Vorsteuern erklärte die Klägerin mit insgesamt 235 308,84 DM (erklärt für Juli bis Dezember). Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Umsatzsteuer durch vorläufigen Umsatzsteuerbescheid (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -) auf null DM fest.

Nach Auffassung des FA ist die Klägerin bei der Überlassung des Hotelgrundstücks an die GmbH nicht als Unternehmer i. S. des § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) tätig geworden. Der zwischen der A-B GdbR und der GmbH vereinbarte und von der A GdbR übernommene Mietvertrag sei nicht wie zwischen Fremden vollzogen worden. Laufende Mietzahlungen habe die GmbH nicht geleistet; die Abschlagszahlungen seien in Form von Darlehen wieder an die GmbH zurückgeflossen. Im Ergebnis sei das Hotel unentgeltlich überlassen worden. Es fehle somit an einem Leistungsaustausch und damit an der Unternehmereigenschaft der Klägerin; eine Überlassung ohne Entgelt sei kein Umsatz i. S. des § 1 Abs. 1 UStG. Umsatzsteuer sei daher nicht zu erheben, der beantragte Vorsteuerabzug sei zu versagen, weil die Umbau- und Reparaturleistungen nicht für das Unternehmen der GdbR ausgeführt worden seien.

Die gegen den Umsatzsteuerbescheid vom 29. Juni 1982 erhobene Sprungklage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, daß der Klägerin insbesondere deshalb kein Vorsteuerabzug zustehe, weil sie im Zeitpunkt des Leistungsbezuges nicht Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts gewesen sei; sie habe das Grundstück der GmbH planmäßig unentgeltlich überlassen. Die den Leistungsaustausch kennzeichnende Wechselbeziehung von Leistung und Gegenleistung spiegle sich zwar regelmäßig in gegenseitigen Verträgen zwischen den Beteiligten wider. Die Beteiligten begründeten diese Wechselbeziehung aber nicht dadurch, daß sie entsprechende Verträge schließen, sondern allein dadurch, daß sie einander die gegenseitigen Leistungen gewähren. Da es bei der Umsatzsteuer weniger auf die schriftlichen Vereinbarungen der am Leistungsaustausch Beteiligten, als auf den tatsächlichen Vollzug ankomme, müßten Vereinbarungen unter Familienangehörigen bei der Umsatzsteuer noch mehr als bei der Einkommensteuer darauf untersucht werden, ob sie tatsächlich vollzogen wurden.

Von dem nach dem Mietvertrag zwischen der GdbR A-B und der GmbH vereinbarten Mietzins von 678 000 DM seien 1980 lediglich 270 000 DM bezahlt worden. Obwohl seitens der Familie A bereits in einem Schreiben vom 11. November 1980 Bedenken gegen die Durchführbarkeit des Mietvertrages erhoben worden seien, habe man es auch nach dem 31. Dezember 1980 nicht für notwendig gehalten, den Mietvertrag so zu gestalten, wie es unter fremden Dritten üblich gewesen wäre, insbesondere einen realistischen Mietzins zu vereinbaren. Für eine mündliche Vereinbarung dergestalt, daß ab 1. Januar 1981 nur noch 20 000 DM monatlich gezahlt werden sollten, fehle es zumindest bis Juni 1981 an nachvollziehbaren Anhaltspunkten. Bei mündlicher Änderung schriftlicher Verträge sei wenigstens zu erwarten, daß die Parteien danach lebten. Da die GmbH bis Juni 1981 auch keine einzige Zahlung geleistet habe, sei zu schließen, daß die Klägerin und die GmbH entsprechend der tatsächlichen Handhabung darüber einig gewesen seien, daß die GmbH das Hotel zunächst ohne Entgelt habe nutzen dürfen. Dies sei, so führt das FG weiter aus, unter fremden Dritten kaum möglich; die GmbH sei aber, obwohl juristische Person, im Verhältnis zur Klägerin kein fremder Dritter, da die Gesellschafter der GmbH die Söhne der Gesellschafter der Klägerin seien.

Auch die einzige Zahlung im Jahr 1981, die Abschlagszahlung von 20 000 DM im Juni, spreche nicht für einen Leistungsaustausch innerhalb eines ernst zu nehmenden Mietverhältnisses. Angesichts der Mietschulden sowohl laut Mietvertrag als auch laut der angeblichen mündlichen Vereinbarung habe die einmalige Zahlung in Höhe der Mietschuld eines Monats vermutlich nur dazu gedient, den Schein eines Mietverhältnisses zu wahren. Dies werde dadurch bestärkt, daß die Klägerin der finanzschwachen GmbH bereits einen Monat später ein ungesichertes Darlehen über 80 000 DM gegeben habe; insgesamt habe die GmbH von der Klägerin bzw. von der Gesellschafterin Maria A in den Monaten Juli bis September 1981 Darlehen von 310 000 DM erhalten.

Die Tatsache, daß die Klägerin der GmbH das Hotel bis zur Renovierung nicht vermietet, sondern verliehen habe, begründe aber allein nicht die Versagung des Vorsteuerabzugs aus den durch den Umbau bedingten Handwerkerrechnungen. Entscheidend sei vielmehr, daß die Klägerin auch während des Umbaus nicht beabsichtigt habe, von der GmbH nach erfolgter Renovierung ein Entgelt für die Nutzung des Hotels zu verlangen. Hierfür spreche zum einen die Tatsache, daß auch nach Wiedereröffnung des Hotels im September 1981 die GmbH keine Zahlungen an die Klägerin geleistet habe, obwohl neben den "Mietrückständen" inzwischen hohe Darlehensschulden bestanden hätten; zum anderen spreche die Vereinbarung vom 27. Juni 1981 für die beabsichtigte unentgeltliche Nutzungsüberlassung. Gerade diese Vereinbarung habe nur dazu dienen sollen, einen fiktiven Gegenanspruch der GmbH zu begründen, um so den angeblichen Mietrückstand und die ersten Mietschulden des Folgejahres auf dem Papier zu kompensieren. Die Ernsthaftigkeit dieser Vereinbarung müsse daran gemessen werden, ob sie unter fremden Dritten denkbar wäre; das halte der Senat jedoch nicht für möglich.

Nach alledem sei die planmäßige, auch nach der Renovierung einstweilen fortdauernde unentgeltliche Grundstücksüberlassung keine unternehmerische Tätigkeit. Es sei zwar einzuräumen, daß die Klägerin nicht davon ausgegangen sei, der GmbH das Hotel auf Dauer unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, da ansonsten die Konstruktion Besitz-GdbR und Betriebs-GmbH keinen Sinn hätte. Solange jedoch Leistung und Gegenleistung nicht in Wechselbeziehung stünden, fehle es an der unternehmerischen Tätigkeit.

Mit der Revision rügt die Klägerin mangelnde Sachaufklärung, Verletzung von Denkgesetzen und Erfahrungssätzen sowie unrichtige Anwendung der §§ 1, 2, 15 UStG.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und - wie schon mit der Klage - unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheides 1981 die Umsatzsteuer auf ./. 173 003, 18 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das angefochtene Urteil ist wegen Rechtsverstoßes gegen § 15 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 aufzuheben.

a) Das FG hat den entscheidungserheblichen Begriff des Unternehmers in § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 zunächst insofern verkannt, als es den Tatbestand der Erbringung von Leistungen gegen Entgelt nur dann als erfüllt ansieht, wenn sich die Beteiligten die gegenseitigen Leistungen "gewähren", wenn also insbesondere das Entgelt tatsächlich gezahlt wird; dieser Auffassung des FG kann nicht gefolgt werden.

Unternehmer i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 ist, wovon auch das FG ausgeht, wer Leistungen gegen Entgelt i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 erbringt (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Mai 1988 V R 115/83, BFHE 154, 173, BStBl II 1988, 916, m. w. N., und vom 28. September 1988 X R 6/82, BFHE 155, 204, BStBl II 1989, 122). Die Annahme einer Leistung gegen Entgelt erfordert eine zum Zweck der Entgeltserzielung erbrachte Leistung (Leistungsaustausch); es muß ein zweckgerichtetes Handeln des Leistenden gegeben sein, das sich auf eine gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung richtet (BFH-Urteile vom 7. Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495, und vom 28. Januar 1988 V R 112/86, BFHE 152, 360, BStBl II 1988, 473). Der Tatbestand des Leistungsaustausches setzt danach zwar voraus, daß eine Leistung, nicht aber auch, daß das Entgelt tatsächlich erbracht wird. Letzteres ist zwar der Regelfall; wie § 17 UStG 1980 aber erweist, steht es der Annahme eines Leistungsaustausches nicht entgegen, daß der Leistende die gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung, das Entgelt, nicht oder nicht in dem erwarteten Umfang erhält, sei es, daß sich die begründete Entgeltserwartung nicht erfüllt, daß das Entgelt uneinbringlich wird oder sich nachträglich mindert. Hierdurch wird nicht die Entgeltlichkeit der Leistungsbewirkung i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980, sondern die Bemessungsgrundlage des steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatzes i. S. des § 10 Abs. 1 UStG 1980 berührt (vgl. hierzu auch die Ausführungen in BFHE 152, 360, BStBl II 1988, 473, zu II. 1. d).

b) Darüber hinaus hat das FG nicht beachtet, daß der Klägerin möglicherweise deshalb Unternehmereigenschaft auch für das Streitjahr zukommt, weil sie bereits - als A-B GdbR - vor diesem Zeitraum unternehmerisch durch Verpachtung des Hotelgrundstücks ab 1. Januar 1980 tätig gewesen ist. Das FG hat weder hierzu Ausführungen gemacht noch geprüft, ob durch das Ausscheiden des Gesellschafters B und das Eintreten der Gesellschafterin Maria A die A-B GdbR aufgelöst und wegen Wegfalls des Unternehmers auch das Unternehmen beendet worden ist, oder ob - was näher liegt - die Gesellschaft bürgerlichen Rechts und damit auch das Unternehmen fortgeführt worden ist.

c) Unzutreffend wäre es auch, wenn das FG - stillschweigend - davon ausgegangen wäre, ein evtl. Unternehmen der Klägerin sei deshalb beendet gewesen, weil sie aus der Überlassung des Hotelgrundstücks an die GmbH keine Einnahmen (mehr) erzielt habe. Die Unternehmereigenschaft endet zwar mit der Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit. Dies kann in der Regel aber nicht bereits dann angenommen werden, wenn der Unternehmer vorübergehend keine Umsätze bewirkt, also keine auf Entgeltserzielung gerichteten Leistungen erbringt. Es müssen vielmehr Anhaltspunkte vorliegen, daß der Unternehmer die Tätigkeit aufgeben wollte (vgl. BFH-Urteil vom 13. Dezember 1963 V 77/61 U, BFHE 78, 231, BStBl III 1964, 90).

Es entspricht allerdings dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung, für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Abs. 1 Satz 2 UStG 1980) zu prüfen, ob der Steuerpflichtige die Voraussetzungen erfüllt, unter denen eine unternehmerische Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 UStG 1980 gegeben ist. Unzutreffend wäre es aber, wenn sich die Prüfung lediglich auf die tatsächlichen Verhältnisse des jeweiligen Besteuerungszeitraums beschränken würde. Dies würde dem Wesen der unternehmerischen Tätigkeit nicht gerecht, das durch ein nachhaltiges Tätigwerden (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG 1980) gekennzeichnet wird, nämlich eine auf Dauer berechnete Tätigkeit (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juli 1980 V R 5/72, BFHE 131, 114, BStBl II 1980, 622, zu 2.). In die Prüfung der für die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des Unternehmerbegriffs erforderlichen tatsächlichen Verhältnisse sind danach auch die Verhältnisse in den Zeiträumen vor und nach dem jeweiligen Besteuerungszeitraum einzubeziehen (vgl. auch Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Februar 1985, Rs. 268/83, Umsatzsteuer-Rundschau 1985, 199, zur Berücksichtigung der künftigen Entwicklung beim Beginn der unternehmerischen Tätigkeit).

Im Streitfall hätte die Einbeziehung der künftigen Entwicklung schon im Hinblick auf die vom FG angestellte Vermutung nahegelegen, es könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Klägerin der GmbH das Hotel auf Dauer unentgeltlich zur Verfügung stellen werde.

2. Die Sache ist nicht entscheidungsreif und deshalb an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Die vom FG vorgenommene Würdigung des Streitstoffes kann einer abschließenden Beurteilung durch den BFH (§ 126 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 FGO) nicht zugrunde gelegt werden. Sie beruht auf der unzutreffenden Rechtsauffassung, daß sich die Sachverhaltsermittlung auf die Untersuchung beschränken könne, ob das zwischen der Klägerin und der GmbH vereinbarte Pachtverhältnis und seine Abwicklung dem entspreche, was zwischen Fremden üblich sei. Offenbleiben kann daher, ob im Streitfall schon deshalb etwas anderes gelten könnte, weil lediglich die Gesellschafter der an den Leistungsbeziehungen beteiligten Gesellschaften zueinander nahe Angehörige sind (vgl. BFH-Urteil vom 14. April 1983 IV R 198/80, BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555).

a) Ertragsteuerrechtlich werden im Verhältnis zu nahen Angehörigen Aufwendungen nur dann als Betriebsausgaben i. S. des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anerkannt, wenn sie auf klaren und eindeutigen Vereinbarungen vor Beginn des Leistungsaustausches beruhen und sie nach Inhalt und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (BFH-Urteil vom 10. März 1988 IV R 214/85, BFHE 153, 520, BStBl II 1988, 877, m. w. N.); so müssen z. B. Arbeitsvergütungen bei Arbeitsverhältnissen zwischen Eltern und Kindern angemessen sein und dem entsprechen, was ein fremder Dritter im Fall vergleichbarer Qualifikation und Kenntnisse und bei gleichem Einsatz insgesamt als Gegenleistung erhalten würde (Urteil in BFHE 153, 520, BStBl II 1988, 877, m. w. N.). Diese Grundsätze werden auch auf Pachtverträge zwischen Eltern und erwachsenen Kindern angewendet (BFH-Urteil vom 5. Februar 1988 III R 216/84, BFH/NV 1988, 553). In der zuletzt genannten Entscheidung hat der BFH ein Pachtverhältnis ertragsteuerrechtlich wegen des fehlenden Vollzuges der getroffenen Vereinbarung deshalb nicht anerkannt, weil die Pacht nicht regelmäßig gezahlt worden ist; selbst ausnahmsweise zeitgerecht geleistete Zahlungen könnten in einem solchen Fall nicht als betriebliche Aufwendungen berücksichtigt werden.

b) Der bisherigen Rechtsprechung zum Umsatzsteuerrecht kann eine Abgrenzung von Leistungen, die unternehmerischen Zwecken dienen, von nichtunternehmerischen (auf privaten Gründen beruhenden) Leistungen an nahe Angehörige mit Hilfe des sog. "Fremdvergleichs" nicht entnommen werden.

Der erkennende Senat hat im Urteil vom 26. November 1987 V R 85/83 (BFHE 151, 479, BStBl II 1988, 158) ausgeführt, daß bei Erwerb, Bebauung und Nutzung von Grundstücken, die im Miteigentum von Ehegatten stehen, die Einschaltung eines der Ehegatten zur Erreichung bestimmter umsatzsteuerrechtlicher Gestaltungen nur anerkannt werden könne, wenn klare Vereinbarungen und deren erkennbare Durchführung vorliegen. Zu beurteilen war, ob beide Ehegatten in Gemeinschaft oder einer der Ehegatten Leistungsempfänger war. Im Urteil vom 19. Mai 1988 V R 115/83 (BFHE 154, 173, BStBl II 1988, 916), in dem über die Frage zu entscheiden war, ob die Ehefrau an ihren Ehemann Leistungen gegen Entgelt erbracht hatte, hat der Senat diesen Grundsatz aufgegriffen; er hat aber weiter geprüft, ob sich, obwohl keine klare und erkennbar durchgeführte Vereinbarung der Ehegatten bestanden hatte, aus der tatsächlichen Abwicklung ergebe, daß die Ehefrau im eigenen Namen Umsätze an ihren Ehemann ausgeführt habe. Dies wurde verneint, weil keine Umstände erkennbar waren, daß die Ehefrau einen Anspruch gegen ihren Ehemann auf Entgelt hatte oder damit rechnen konnte, von ihrem Ehemann eine Vergütung zu erhalten. Hierfür hat der Senat nicht darauf abgestellt, daß zwischen Fremden üblicherweise für die Überlassung eines Flugzeuges ein Entgelt vereinbart und entrichtet werde, vielmehr hat der Senat auf die Vermögensverhältnisse und deren Abwicklung zwischen den Ehegatten abgehoben, also auf die Umstände des konkreten Einzelfalles.

Hieran ist auch im Streitfall anzuknüpfen. Jedenfalls bei der Prüfung des Steuertatbestandes nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 ist im Verhältnis zwischen nahen Angehörigen ein Leistungsaustausch nicht bereits dann zu verneinen, wenn über Leistung und Gegenleistung zwar Vereinbarungen vorliegen, diese aber nicht vertragsgemäß vollzogen werden, oder wenn die Vereinbarungen nicht dem entsprechen, was unter Fremden üblich ist. Der im Ertragsteuerrecht für die Anwendung dieser Grundsätze bei der Beurteilung von Beziehungen zwischen nahen Angehörigen angeführte Grund, daß nichts zu Lasten des Betriebsvermögens verschenkt werden dürfe (§ 12 EStG), daß aber Vermögensbewegungen, die unter Fremden in der Regel nicht unentgeltlich seien, zwischen nahen Angehörigen häufig aufgrund familiärer Erwägungen unentgeltlich seien (vgl. BFH-Urteil vom 7. September 1972 IV R 197/68, BFHE 107, 35, BStBl II 1972, 944; s. auch Wolff-Diepenbrock in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., §§ 4, 5 Rdnrn. 1846 ff.), trifft auf die Voraussetzungen des umsatzsteuerrechtlichen Leistungsaustausches nicht in gleichem Maße zu.

c) Die umsatzsteuerrechtlichen Besonderheiten, wie sie auch im Streitfall zutage treten, lassen es geboten erscheinen, von einer der ertragsteuerrechtlichen Beurteilung entsprechenden Typisierung abzusehen. Das Umsatzsteuerrecht besteuert nicht gegenseitige Leistungspflichten, sondern tatsächliche Vorgänge (i. d. R. zur Erfüllung der Leistungspflichten); Gegenstand des umsatzsteuerrechtlichen Leistungsaustausches ist, was der Leistende tatsächlich erbracht hat (vgl. BFH-Urteil vom 24. September 1987 V R 152/78, BFHE 151, 90, BStBl II 1988, 29).

Da der Leistungsaustausch i. S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 (lediglich) ein Handeln des Leistenden voraussetzt, das sich auf eine gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung richtet (Urteile in BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495, und in BFHE 152, 360, BStBl II 1988, 473), berührt die Minderung oder (teilweise) Uneinbringlichkeit des Entgelts die Steuerbarkeit der Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 nicht (s. auch oben zu 1. a), ebenso ist die Angemessenheit des Entgelts im Hinblick auf den objektiven Wert von Leistung und Gegenleistung ohne Belang (BFH-Urteile vom 26. Februar 1976 V R 167/70, BFHE 118, 261, BStBl II 1976, 443, und vom 25. November 1987 X R 12/81, BFHE 151, 492, BStBl II 1988, 210), solange nur feststeht, daß Leistung und Gegenleistung miteinander innerlich verbunden sind (BFH-Urteile in BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495, und vom 10. Februar 1988 X R 16/82, BFHE 153, 150, BStBl II 1988, 640).

Eine dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG vergleichbare Regelung kennt das UStG nicht (BFH-Urteil vom 12. Dezember 1985 V R 25/78, BFHE 145, 255, BStBl II 1986, 216; vgl. auch BFH-Urteil vom 18. Dezember 1986 V R 176/75, BFHE 149, 78, BStBl II 1987, 350), so daß auch eine Leistung gegen ein (aus nichtunternehmerischen Gründen, z. B. schenkungshalber) unangemessen niedriges Entgelt der Annahme eines Leistungsaustausches nicht entgegensteht. Jede Leistung eines Unternehmers gegen Entgelt wird vom Umsatzsteuerrecht als eine Leistung aus unternehmerischen Gründen angesehen (vgl. BFH-Urteil vom 5. April 1984 V R 51/82, BFHE 140, 393, BStBl II 1984, 499). § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 trifft erst dann nicht (mehr) zu, wenn die Leistung durch den Unternehmer unentgeltlich erfolgt; erst an diesem Punkt ist zu entscheiden, ob - in der Person des Leistenden (vgl. BFH-Urteil vom 4. Juli 1985 V R 82/77, BFHE 144, 81, BStBl II 1985, 538) - mit der Leistung betriebliche Zwecke verfolgt werden oder Zwecke, die außerhalb der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Leistenden liegen. Wird eine Leistung unentgeltlich für unternehmensfremde Zwecke erbracht, so liegt Eigenverbrauch vor (s. auch BFH-Urteil vom 11. März 1988 V R 30/84, BFHE 153, 155, BStBl II 1988, 643, zu II. 2. d, und Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, § 1 Bem. 193).

d) Die dem FG obliegende Ermittlung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) kann sich danach im Umsatzsteuerrecht, auch wenn es sich um die Beurteilung von Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen handelt, nicht ohne weiteres auf die Prüfung beschränken, ob inhaltlich angemessene Vereinbarungen vorliegen, die vereinbarungsgemäß vollzogen worden sind. Vielmehr hat die Ermittlung des Sachverhalts in einer dem jeweils zu prüfenden Tatbestand des UStG entsprechenden Weise unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls zu erfolgen. Einzubeziehen ist dabei auch die Prüfung, ob die Vereinbarung und ihre Durchführung dem entspricht, was unter Fremden üblich ist. Dies kann in Fällen der vorliegenden Art für die Beurteilung Bedeutung erlangen, ob der Leistende ernsthaft damit gerechnet hat, ein Entgelt für seine Leistung zu erhalten, ob insbesondere die bürgerlich-rechtlichen Rechtsfolgen ernsthaft vereinbart sind oder ob Scheingeschäfte vorliegen (vgl. Urteil in BFHE 153, 150, BStBl II 1988, 640).

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