BFH

BFHVIII R 284/838.10.1985

Amtlicher Leitsatz:

Zahlungen einer Kapitalgesellschaft für private Zwecke ihres Gesellschafters sind Kreditgewährung und nicht verdeckte Gewinnausschüttung, wenn sie von vornherein auf einem bei der Gesellschaft für den Gesellschafter geführten Verrechnungskonto festgehalten werden und von Anfang an Darlehensrückzahlung gewollt ist.

Normen

§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1971
§ 11 Abs. 2 EStG 1971
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1971
§ 6 Abs. 1 S. 2 KStG 1969

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand:

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden.

Die Klägerin - Ehefrau - ist Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin einer im Jahr 1959 gegründeten GmbH. Ihr Sohn ist als Angestellter bei der GmbH beschäftigt.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) setzte mit bestandskräftigen Einkommensteuerbescheiden vom 28. Mai 1975 und 26. Juli 1976 die Einkommensteuerschuld der Kläger für die Streitjahre 1973 und 1974 fest. Dabei berücksichtigte das FA für 1973 Schuldzinsen in Höhe von 17 515 DM, die der GmbH zu Lasten der Klägerin gutgebracht worden waren, gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes 1971 (EStG) als Sonderausgaben.

Anläßlich einer bei der GmbH 1975 durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 1971 bis 1973 wurde festgestellt, daß die GmbH in ihren Steuerbilanzen folgende Darlehensforderungen ausgewiesen hatte:

1971 1972 1973

DM DM DM

gegen die Klägerin 170 609,13 212 809,56 251 952,23

gegen den Sohn der Klägerin 52 710,37 66 366,18 84 785,08

zusammen 223 319,50 279 175,74 336 737,31

Nach den Feststellungen des Prüfers sind die Darlehensforderungen dadurch entstanden, daß Lebenshaltungskosten - Versicherungsbeiträge, Kosten für Heizung, Strom, Wasser, Mietwert der Wohnung, Privatanteil an den Kfz-Kosten - der Klägerin und ihres Sohnes sowie die Zinsen für diese Darlehen seit Jahren auf ein Verrechnungskonto gebucht wurden. Die Darlehen wurden im Prüfungszeitraum mit 8 v. H. verzinst. Gewinne wurden seit Bestehen der GmbH nicht ausgeschüttet. Vereinbarungen über die endgültige Darlehenshöhe, die Rückzahlung oder die Kündigung wurden zwischen der GmbH und der Gesellschafterin nicht getroffen.

Für die Darlehensforderungen der GmbH wurden keine Sicherheiten geleistet, auch nicht an einem von der Klägerin im Jahr 1972 in Österreich errichteten Landhaus.

Der Prüfer behandelte die Darlehenshingaben an die Klägerin und deren Sohn in Höhe von 336 737,31 DM als verdeckte Gewinnausschüttungen im Jahr 1973 und buchte die Darlehen in der Bilanz der GmbH für 1973 aus. Dieser Betrag wurde als verdeckte Gewinnausschüttungen dem Bilanzverlust außerhalb der Bilanz zugerechnet, so daß bei der GmbH die Ausbuchung im Jahr 1973 erfolgsneutral blieb.

Den als verdeckte Gewinnausschüttungen angesehenen Betrag von 336 737,31 DM erfaßte das FA bei der Klägerin als Einkünfte aus Kapitalvermögen und setzte mit gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsabgabenordnung (AO) geändertem Einkommensteuerbescheid für 1973 vom 29. November 1976 die Einkommensteuerschuld auf ... DM fest. Die Schuldzinsen in Höhe von 17 515 DM wurden bei den Sonderausgaben berücksichtigt. Nach den Feststellungen des Prüfers behandelte das FA auch die im Jahr 1974 von der GmbH für die Klägerin und deren Sohn verauslagten und auf Darlehenskonten gebuchten Aufwendungen für private Lebenshaltungskosten in Höhe von 42 422,80 DM als verdeckte Gewinnausschüttungen. Dementsprechend erging am 26. November 1976 ein berichtigter Einkommensteuerbescheid für 1974.

Der Einspruch, mit dem die Klägerin vorbrachte, das Darlehen sei teilweise dadurch entstanden, daß sie nach dem Tode des früheren Mitgesellschafters im Jahr 1961 dessen Anteile an der GmbH zu 145 000 DM von den Erben übernommen habe und dieser Betrag ihr von der GmbH darlehensweise zur Verfügung gestellt worden sei, hatte für das Streitjahr 1973 teilweise Erfolg.

Das FA war nunmehr der Ansicht, die GmbH habe 1972 auf das ursprüngliche Darlehen in Höhe von 145 000 DM, das einschließlich Zinsen bis zum 31. Dezember 1972 auf 207 100 DM angewachsen sei, verzichtet. Es sah darin eine verdeckte Gewinnausschüttung, die 1972 zugeflossen und zu versteuern sei. Als verdeckte Gewinnausschüttung im Jahr 1973 erfaßte das FA nur noch die von der GmbH zur Verfügung gestellten Mittel für Lebenshaltungskosten in Höhe von 34 338 DM, da für diese Zwecke üblicherweise keine Darlehen gewährt würden. Die der GmbH für das Jahr 1973 gutgebrachten Zinsen in Höhe von 17 515 DM berücksichtigte es nicht mehr als Schuldzinsen bei den Sonderausgaben.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es führte aus: Bei den von der GmbH für die Klägerin und ihren Sohn verauslagten Lebenshaltungskosten handele es sich nicht um verdeckte Gewinnausschüttungen. Die Anwendung der Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. Juni 1981 VIII R 102/80 (BFHE 134, 541, BStBl II 1982, 245) auf den Streitfall ergebe, daß eine Kreditgewährung an die Klägerin und deren Sohn vorliege, da die Ausgaben für private Zwecke in Verrechnungskonten festgehalten und angemessen mit 8 v. H. verzinst worden seien. Damit sei von vornherein festgelegt worden, daß eine spätere Rückzahlung erfolgen sollte. Die getrennte Führung von Gehalts- und Verrechnungskonten sei nicht von entscheidender Bedeutung, wenn von vornherein klar und eindeutig feststehe, daß keine Vorteilszuwendung in verdeckter Form erfolgen sollte. Zu Recht hätten die Kläger für 1973 den Abzug von 17 515 DM Schuldzinsen als Sonderausgaben geltend gemacht, da zwischen der GmbH und der Klägerin 1961 bzw. 1962 ein Darlehen begründet worden sei, das auch noch im Jahr 1972 bestanden habe. Die GmbH habe auch nicht im Jahr 1972 auf die Darlehensrückzahlung dadurch verzichtet, daß sie keine Sicherheit verlangt habe. Durch die Errichtung des Hauses in Österreich sei die Darlehensforderung nicht uneinbringlich geworden.

Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1969 (KStG) sowie unrichtige Anwendung von § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 11 Abs. 2 EStG. Es macht geltend: Die vom FG angeführte BFH-Entscheidung, wonach durch die Buchung auf einem Verrechnungskonto die Rückzahlungsverpflichtung zum Ausdruck gebracht werde und somit keine Zuwendung eines Vermögensvorteils vorliege, sei hier deshalb nicht anwendbar, weil Gehalts- und Verrechnungskonten getrennt geführt worden seien. Gegen das Vorliegen eines Darlehens sprächen auch die fehlenden Vereinbarungen über die endgültige Höhe des Darlehens, über Rückzahlung, Sicherheiten und Kündigung. Eine Rückzahlungsabsicht sei von Anfang an nicht gegeben. Auch der Verwendungszweck der Mittel spreche gegen den Darlehenscharakter. Die Hingabe von Darlehen zur Bestreitung der laufenden Lebenshaltungskosten sowie der Kosten von Wohnung und Auto zur privaten Nutzung sei im gewöhnlichen Geschäftsverkehr unüblich. Etwas anderes sei nur dann anzunehmen, wenn es sich um Zahlungen im Rahmen eines Kontokorrentverhältnisses handele, bei dem auf dem für den Gesellschafter geführten Verrechnungskonto der Gesellschaft den Lastschriften auch Gutschriften gegenüberstünden. Das FG habe fälschlicherweise angenommen, daß die auf dem Darlehenskonto der GmbH für 1973 belasteten Zinsen in Höhe von 17 515 DM auch bei der Klägerin abgeflossen seien. Der Begriff Abfließen setze voraus, daß beim Steuerpflichtigen wirtschaftlich eine Vermögensminderung eintrete. Eine solche Vermögensminderung entstehe bei kontenmäßiger Belastung der Zinsen durch den Gläubiger nur dann, wenn Vereinbarungen über die Umwandlung der fälligen Zinsen in Darlehen getroffen worden seien und wenn der Schuldner erkennbar im Zeitpunkt der Belastung zur Bezahlung der Zinsen imstande sei.

Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Vorentscheidung ist ohne Rechtsfehler, soweit das FG in den von der GmbH für private Zwecke der Klägerin (und ihres Sohnes) verausgabten Beträgen von 34 338 DM (1973) und 42 422 DM (1974) keine Einkünfte aus Kapitalvermögen der Klägerin gesehen hat (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG).

Zu den sonstigen Bezügen aus GmbH-Anteilen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören verdeckte Gewinnausschüttungen im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setzt eine verdeckte Gewinnausschüttung voraus, daß eine Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter oder einer ihm nahestehenden Person außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat (vgl. Urteile vom 3. Februar 1971 I R 51/66, BFHE 101, 501, BStBl II 1971, 408, vom 21. Juli 1982 I R 56/78, BFHE 136, 386, BStBl II 1982, 761, und vom 27. März 1984 VIII R 69/80, BFHE 141, 304, BStBl II 1984, 717). Die Ursächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses ist im allgemeinen gegeben, wenn die Kapitalgesellschaft bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters den Vermögensvorteil einem Nichtgesellschafter unter sonst gleichen Umständen nicht gewähren würde (vgl. BFH-Urteile vom 24. August 1983 I R 16/79, BFHE 140, 167, BStBl II 1984, 273, vom 23. Mai 1984 I R 294/81, BFHE 141, 266, BStBl II 1984, 673, und vom 17. Oktober 1984 I R 22/79, BFHE 142, 276, BStBl II 1985, 69). Im Verhältnis der Kapitalgesellschaft und einem beherrschenden Gesellschafter wird die Ursächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses bereits angenommen, wenn es für die Leistungen der Kapitalgesellschaft an einer im voraus getroffenen klaren und eindeutigen Vereinbarung fehlt (vgl. BFH-Urteile vom 10. Juli 1974 I R 205/72, BFHE 113, 218, BStBl II 1974, 719, und vom 26. Juli 1978 I R 138/76, BFHE 125, 557, BStBl II 1978, 659).

Im Streitfall ist eine verdeckte Gewinnausschüttung deshalb nicht gegeben, weil die GmbH der Klägerin keinen Vermögensvorteil zugewandt hat. An der für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung erforderlichen Vorteilszuwendung fehlt es, wenn die Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person etwas leistet und dabei von vornherein feststeht, daß es sich um eine Kreditgewährung seitens der Gesellschaft handelt. Wie der Senat in seinem Urteil vom 23. Juni 1981 in BFHE 134, 541, BStBl II 1982, 245 ausgeführt hat, ist in der Regel eine Darlehensgewährung der Kapitalgesellschaft anzunehmen, wenn sie Verrechnungskonten für ihre Gesellschafter, die bei ihr angestellt sind, führt, von denen sie nach Einbuchung der Gehälter Auszahlungen für private Zwecke der Gesellschafter abbucht und dabei höhere Auszahlungen als Gehaltseinbuchungen vornimmt. In Höhe der die Gehälter übersteigenden Sollbuchungen auf den Verrechnungskonten entstehen Forderungen der Kapitalgesellschaft gegen die Gesellschafter. Für den Darlehenscharakter dieser Forderungen spricht, daß sie von vornherein auf Verrechnungskonten festgehalten werden und damit die Rückzahlungsverpflichtung zum Ausdruck gebracht wird.

Nach diesen Grundsätzen stellen die (wiederkehrenden) Zahlungen der GmbH zur Deckung des laufenden privaten Verbrauchs der Klägerin und ihres Sohnes keine Vorteilsgewährung an die Klägerin oder ihren Sohn dar. Die aus diesen Zahlungen entstandenen Forderungen der GmbH gegen die Klägerin und ihren Sohn wurden durch die Verbuchung auf den Verrechnungskonten als Darlehen ausgewiesen. Dies bringt die Rückzahlungsverpflichtung zum Ausdruck und spricht dafür, daß die von der GmbH zugunsten der Klägerin und ihres Sohnes aufgewandten Beträge diesen nicht endgültig zugewendet werden sollten.

Voraussetzung für die Annahme einer Kreditgewährung in Fällen dieser Art ist allerdings auch, daß der Gesellschafter von Anfang an ernstlich bestrebt ist, die erhaltenen Mittel in absehbarer Zeit wieder zurückzuzahlen, eine Rückzahlungsabsicht also offensichtlich ernsthaft besteht. Im Streitfall sind keine Umstände ersichtlich, die dafür sprechen, daß - entgegen der die Rückzahlungsverpflichtung zum Ausdruck bringenden buchmäßigen Behandlung des Darlehens - eine Rückführung der hingegebenen Beträge von Anfang an nicht gewollt war. Für die Ernsthaftigkeit der Rückzahlungsabsicht spricht vielmehr, daß die Klägerin nach ihrem - vom FA nicht widersprochenen - Vorbringen in den Jahren 1978 bis 1980 insgesamt 430 000 DM an die GmbH zurückgezahlt hat.

Gegen die Annahme eines Darlehens spricht nicht - wie das FA meint -, daß auf den für die Klägerin und ihren Sohn geführten Verrechnungskonten weder Löhne noch Gehälter eingebucht wurden. Allein daraus kann nicht auf eine fehlende Rückzahlungsabsicht geschlossen werden, weil die erhaltenen Kredite auch mit anderen Mitteln zurückgeführt werden können.

Da es an einem zugewendeten Vermögensvorteil fehlt, stellt sich die weitere Frage, ob die Gewährung eines Vermögensvorteils ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat, nicht mehr. Es ist auch nicht zu prüfen, wie sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter verhalten hätte und ob der Kredit, den die GmbH der Klägerin gewährt hat, auf einem Vertrag beruht, der in jeder Beziehung den Anforderungen genügt, welche die Rechtsprechung an im voraus getroffene klare und eindeutige Vereinbarungen zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter stellt.

2. Die Vorentscheidung ist hinsichtlich des umstrittenen Sonderausgabenabzugs insoweit frei von Rechtsirrtum, als sie das Vorliegen von Schuldzinsen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG bejaht hat. Es fehlen jedoch ausreichende Feststellungen dafür, daß der umstrittene Betrag von 17 515 DM im Streitjahr 1973 verausgabt wurde (§ 11 Abs. 2 EStG).

a) Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen, die weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind, als Sonderausgaben abziehbar. Schuldzinsen sind nach der ständigen Rechtsprechung einmalige oder laufende Leistungen, die ein Schuldner an den Gläubiger für die Überlassung eines bestimmten Kapitals zur Nutzung zu entrichten hat (BFH-Urteile vom 6. Juli 1973 VI R 379/70, BFHE 110, 336, BStBl II 1973, 868, und vom 18. Oktober 1974 VI R 175/72, BFHE 114, 205, BStBl II 1975, 502).

Das FG hat den Sachverhalt ohne Rechtsverstoß dahin gewürdigt, daß die GmbH der Klägerin "im Jahre 1961 bzw. 1962" ein Darlehen über 145 000 DM - das bis zum 31. Dezember 1972 nebst Zinsen auf 207 100 DM angewachsen war - gewährt hat. Der Senat ist an diese Feststellungen gebunden, da das FA hiergegen keine Revisionsgründe vorgebracht hat (§ 118 Abs. 2 FGO). Der Senat folgt dem FG auch darin, daß die GmbH im Jahr 1972 nicht auf dieses Darlehen verzichtet hat und das Darlehen somit im Streitjahr 1973 noch fortbestanden hat. Ebenso wie die Hingabe eines von Anfang an uneinbringlichen Darlehens als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen ist, kann auch in einem späteren ausdrücklichen oder stillschweigenden Verzicht auf Rückzahlung der Darlehensvaluta eine verdeckte Gewinnausschüttung zu sehen sein. Wird das Darlehen nach seiner Hingabe uneinbringlich und hat es die Gesellschaft unterlassen, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um das Darlehen zu sichern und zurückzuerhalten, kommt dies einem Verzicht auf die Rückzahlung gleich (Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 6 KStG a. F. Anm. 172, m. w. N.).

Im Streitfall bestehen, wie das FG zutreffend ausführt, keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß die Darlehensforderung der GmbH wertlos geworden wäre. Es ist nicht ersichtlich, weshalb sich allein durch die Erstellung eines Hauses in Österreich die wirtschaftliche Lage der Klägerin so verschlechtert haben sollte, daß mit dem Ausfall der Darlehensforderung ernsthaft gerechnet werden mußte.

b) Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Sonderausgaben innerhalb des Kalenderjahres abgeflossen, in dem sie vom Steuerpflichtigen geleistet worden sind (BFH-Urteil vom 30. Juli 1982 VI R 62/79, BFHE 136, 396, BStBl II 1982, 744). Dabei ist der Begriff Leistung in § 11 Abs. 2 EStG wie der Begriff Zufließen in § 11 Abs. 1 EStG wirtschaftlich auszulegen. Entscheidend dafür, in welchem Veranlagungszeitraum Einnahmen anzusetzen und Ausgaben abzusetzen sind, ist deshalb der Zufluß oder der Abfluß, also die Erlangung oder der Verlust der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ein Wirtschaftsgut (BFH-Urteile vom 26. Juli 1983 VIII R 30/82, BFHE 139, 171, BStBl II 1983, 755, und vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480). Für den Zeitpunkt der Leistung im Sinne des § 11 Abs. 2 EStG ist die Leistungshandlung entscheidend (BFH-Urteil vom 8. November 1968 VI R 81/67, BFHE 94, 140, BStBl II 1969, 76).

Ob bei der Darlehensgewährung einer Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter und der buchmäßigen Abwicklung dieser Kreditgewährung über ein Verrechnungskonto bei der Gesellschaft in der Lastschrift der Zinszahlungsschulden auf diesem Konto eine Leistungshandlung des Gesellschafters, wie sie § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG erfordert, gesehen werden kann, ist in entsprechender Anwendung der Grundsätze des Urteils in BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480 zu beurteilen. Was dort hinsichtlich des Zuflusses nicht ausgezahlter Zinszahlungsschulden einer Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter ausgeführt ist, gilt entsprechend für den Abfluß nicht ausgezahlter Zinszahlungsschulden des Gesellschafters an die Gesellschaft. Für die Frage des Abflusses ist zu prüfen, ob die Lastschrift auf dem Verrechnungskonto einen solchen Inhalt hat, daß mit ihr der Verlust der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gesellschafters über ein Wirtschaftsgut eintritt. Dies kann der Fall sein, wenn in der Lastschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Forderung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, daß der Betrag dem Berechtigten von nun an, z. B. infolge einer Aufrechnung oder einer Novation, zur Verfügung steht.

Außerdem ist für die Frage des Abflusses der Zeitpunkt der Kontenbelastung von Bedeutung.

Wie der Senat in seinem Urteil vom 22. November 1983 VIII R 37/79 (BFHE 140, 63) entschieden hat, kommt es für den Zeitpunkt des Abflusses auf den Zeitpunkt der Kontenbelastung an, wenn Aufwendungen mit Werbungskostencharakter dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft von seiner Gesellschaft kontokorrentmäßig belastet werden. Maßgebend ist nicht der Zeitpunkt, für den belastet wird, sondern der Zeitpunkt, an dem dies geschieht, denn erst dann kann für den Steuerpflichtigen der Verlust der wirtschaftlichen Verfügungsmacht eintreten. Nichts anderes gilt, wenn - wie im Streitfall - Schuldzinsen, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft von der Gesellschaft auf einem Verrechnungskonto belastet wurden, als Sonderausgaben geltend gemacht werden.

Nach den vorerwähnten Grundsätzen können die Schuldzinsen in Höhe von 17 515 DM bei den Sonderausgaben im Streitjahr 1973 nur dann und nur insoweit abgezogen werden, als die Klägerin und ihr Sohn in diesem Jahr von der GmbH kontokorrentmäßig mit der Folge eines Abflusses belastet wurden, nicht jedoch, wenn oder soweit dies erst nach Ablauf des Streitjahres 1973 geschah. Die Vorentscheidung enthält keine eindeutigen Feststellungen hinsichtlich des Inhalts und der Zeitpunkte der Kontenbelastungen.

3. Die Vorentscheidung, die hinsichtlich des Abzugs von Schuldzinsen als Sonderausgaben keine ausreichenden Feststellungen zum Abfluß der Aufwendungen enthält, war insoweit aufzuheben. Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen. Das FG wird die erforderlichen Feststellungen nachholen und erneut entscheiden.

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