BFH

BFHVIII R 221/8014.2.1984

Amtlicher Leitsatz:

Zum Zufluß nicht ausgezahlter Zinszahlungsschulden einer GmbH an die Gesellschafter der GmbH.

Normen

§ 11 Abs. 1 S. 1 EStG
§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG

 

Tatbestand:

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war zusammen mit seinen Neffen F und H Gesellschafter der 1970 gegründeten ...-GmbH (GmbH) in X. Die Gesellschafter hielten Beteiligungen von je 17 000 DM an dem Stammkapital von insgesamt 51 000 DM. Sie waren außerdem Gesellschafter einer seit längerem bestehenden OHG. Gegenstand des Unternehmens der OHG waren die Fertigung und der Vertrieb von Bauzubehörteilen, insbesondere von Normfenstern und Kleintüren. Die Gesellschafter wollten über die GmbH als Anbieter von Fenstern und Türen auf dem ... Markt auftreten.

Die GmbH erwarb in X ein Grundstück für ca. 200 000 DM und errichtete dort bis Ende 1973 eine Fertigungshalle mit Nebenanlagen. Die GmbH arbeitete mit Verlusten.

Der Kläger und die beiden anderen Gesellschafter stellten der GmbH nach und nach erhebliche Darlehen zur Verfügung. Die Darlehen wurden mit 8 v. H. verzinst. Die Zinsen wurden jeweils zum Jahresende nach der Zinsstaffelmethode errechnet und der Darlehensschuld hinzugerechnet.

Die Zinsen betrugen

1970 1 820 DM

1971 6 574 DM

1972 15 370 DM

1973 22 837 DM

1974 27 811 DM

In einem geänderten Jahresabschluß für 1975 buchte die GmbH die auf den Darlehenskonten der Gesellschafter enthaltenen Zinsbeträge auf ein Konto Zinsrückstellungen um. Am 14. April 1976 verzichteten die Gesellschafter auf die rückständigen Zinsen 1970 bis 1974.

Der Kläger hatte die Zinsen für 1971 bis 1973 als Einnahmen aus Kapitalvermögen erklärt (für 1971 auch die Zinsen aus 1970). Für 1974 hatte er die Zinsen nicht mehr erklärt, weil sie nach seiner Ansicht nicht zugeflossen waren. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) veranlagte den Kläger entsprechend den Erklärungen vorläufig nach § 100 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) zur Einkommensteuer 1971 bis 1974. Der Kläger bat, auch bei den endgültigen Veranlagungen für 1971 bis 1973 von einem Ansatz der Zinsen abzusehen. Das FA lehnte es in den vorbehaltlosen Bescheiden für 1971 bis 1973 ab, die Zinseinnahmen außer Ansatz zu lassen, und erfaßte in dem vorbehaltlosen Bescheid für 1974 Zinsen von 27 811 DM als zusätzliche Einnahmen aus Kapitalvermögen. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage im wesentlichen ab und führte aus: Die Zinsen seien dem Kläger zugeflossen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Sie seien vereinbarungsgemäß nach Fälligkeit der Darlehenssumme zugeschlagen worden (Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 7. August 1935 VI A 111/35, RStBl 1936, 551). Die GmbH sei im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. Mai 1973 VIII R 97/70 (BFHE 109, 573, BStBl II 1973, 815) zur Zahlung imstande gewesen. Sie hätte sich die zur Zinszahlung erforderlichen Mittel jederzeit am Kreditmarkt beschaffen können, zumal die Gesellschafterdarlehen nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte wie haftendes Stammkapital zu behandeln gewesen seien. Das Grundstück habe eine ausreichende Sicherheit für Fremdkredite geboten. Der Zinsverzicht im Jahre 1976 erlaube keinen Rückschluß auf die Situation in den Streitjahren. Die GmbH habe sich seinerzeit im Aufbau befunden; die Verluste seien zu erwarten gewesen. Allerdings seien in 1971 die Zinsen für 1970 von 1 820 DM auszuscheiden.

Der Kläger macht mit der Revision geltend: Das FG habe zu Unrecht angenommen, daß eine Darlehensverzinsung von 8 v. H. vereinbart worden sei und die Schuldsumme vereinbarungsgemäß um fällige Zinsen habe erhöht werden sollen. Wenn die GmbH die Darlehensverbindlichkeiten unrichtigerweise um die Zinsen erhöht und die Zinsschulden nicht gesondert ausgewiesen oder zurückgestellt habe, könne ihm dies nicht entgegengehalten werden. Die Zinsschulden seien Eventualverpflichtungen, die nur zum Zuge gekommen wären, falls die GmbH jemals mit Gewinn gearbeitet hätte. Ihm seien jedenfalls keine Zinsen ausgezahlt worden. Er sei auch kein beherrschender Gesellschafter gewesen. Das Urteil in BFHE 109, 573, BStBl II 1973, 815 befasse sich mit einem Alleingesellschafter, der gleichzeitig Geschäftsführer gewesen sei. Die GmbH habe hingegen drei Gesellschafter gehabt, von denen nur zwei gemeinsam zur Geschäftsführung befugt gewesen seien. Die laufenden Geschäfte seien überdies von dem Gesellschafter H geführt worden, der später auch in X seinen Wohnsitz begründet habe. F und H würden niemals einer Auszahlung von Zinsen an ihn zugestimmt haben. Er habe dies durch die Benennung von F und H als Zeugen unter Beweis gestellt. Das FG habe den Beweisantrag verfahrensfehlerhaft übergangen. Die Ausführungen des FG zur Liquidität der GmbH seien abwegig. Die GmbH sei am 31. Dezember 1974 stark überschuldet gewesen, obwohl in der Vergangenheit lediglich die Mindestabschreibungen vorgenommen worden seien.

Die Bankkredite hätten zum 31. Dezember 1974 nur deswegen ausgedehnt werden können, weil er sich für die Rückzahlung der Kredite verbürgt habe. Die schlechte Lage sei bereits früher erkennbar gewesen. Das Bauvorhaben sei überzogen gewesen. Die geschäftlichen Erwartungen hätten sich nicht erfüllt.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 1971 bis 1974 dahin gehend zu berichtigen, daß die Zinsbeträge den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht zugerechnet werden.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Es erwidert: Die Revision sei unzulässig, weil nicht die verletzte Rechtsnorm bezeichnet worden sei. Die unterlassene Einvernahme der Zeugen F und H sei kein Verfahrensmangel. Das FG habe die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Behauptung unterstellt. Das Urteil in BFHE 109, 573, BStBl II 1973, 815 sei auf jeden beherrschenden Gesellschafter anwendbar. Der Kläger, F und H hätten eine solche beherrschende Stellung eingenommen.

Entscheidungsgründe

1. Der Zulässigkeit der Revision steht nicht entgegen, daß die für verletzt gehaltene Rechtsnorm nicht ausdrücklich bezeichnet worden ist (§ 120 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Es genügt, daß eindeutig zu erkennen ist, welche Rechtsnorm verletzt sein soll (BFH-Urteile vom 5. November 1968 II R 118/67, BFHE 94, 116, BStBl II 1969, 84; vom 18. Dezember 1970 III R 32/70, BFHE 101, 349, BStBl II 1971, 329). Dem ist hier noch genügt. Die Revisionsbegründungsschrift erwähnt, daß der BFH im Urteil in BFHE 109, 573, BStBl II 1973, 815 ein "Zufließen" von zurückgestellten Zinszahlungsverpflichtungen an die Gesellschafter einer GmbH bei "Illiquidität" der GmbH verneine. Hiermit vergleicht der Kläger seinen Fall und gibt zu erkennen, daß er die Vorschrift des § 11 Abs. 1 EStG über den Zufluß von Einnahmen für verletzt hält.

2. Das FG hat den Begriff des Zuflusses verkannt.

a) Die von der GmbH jeweils zum Jahresende errechneten und passivierten Zinsen sind Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG in der bis 1974 geltenden Fassung). Solche Einnahmen sind in dem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG).

Einnahmen sind zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann. Geldbeträge fließen in der Regel dadurch zu, daß sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Aber auch eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten kann einen Zufluß bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, daß der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht (BFH-Urteile vom 9. April 1968 IV 267/64, BFHE 92, 221, BStBl II 1968, 525; vom 14. Mai 1982 VI R 124/77, BFHE 135, 542, BStBl II 1982, 469).

Der Revision ist zuzugeben, daß der Gläubiger aus der Art und Weise der Bilanzierung von Verbindlichkeiten durch den Schuldner keine Ansprüche herleiten kann. Darum geht es hier nicht. Ist die Zahlungsverpflichtung, wie das FG angenommen hat, unbestritten und eindeutig, sind unabhängig von einer Zahlung bestimmte Verhaltensweisen des Schuldners wirtschaftlich so zu beurteilen, als ob der Schuldner gezahlt hätte. Der Gläubiger muß nur, wie der BFH für die Scheckhingabe ausgesprochen hat, in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im übrigen leistungsbereiten und -fähigen Schuldners herbeizuführen (Urteil vom 30. Oktober 1980 IV R 97/78, BFHE 132, 410, BStBl II 1981, 305). Diese Lage kann auch durch eine Gutschrift des leistungsbereiten und -fähigen Schuldners eintreten, der den für die Zahlung vorgesehenen Betrag von seinem Vermögen so separiert, daß der Gläubiger den Betrag ohne weiteres abholen, abrufen oder verrechnen kann. Eine derartige Separation wird regelmäßig dadurch vollzogen, daß der Schuldner den Betrag auf einem für den Gläubiger gesondert geführten Konto gutschreibt (Geschäftsfreundekonto, Verrechnungskonto, Kontokorrentkonto usw.). So pflegen Gesellschaften für ihre Gesellschafter private Verrechnungskonten zu unterhalten, die satzungsgemäß oder kraft gesonderter Vereinbarung so ausgestaltet sind, daß der Gesellschafter über gutgeschriebene Beträge verfügen kann (vgl. für die stille Gesellschaft BFH-Urteil vom 2. November 1962 VI 284/61 S, BFHE 76, 270, BStBl III 1963, 96; für die Genossenschaft Urteil vom 21. Juli 1976 I R 147/74, BFHE 120, 173, BStBl II 1977, 46; für die GmbH Urteil vom 1. März 1977 VIII R 106/74, BFHE 122, 60, BStBl II 1977, 545).

b) Besonderheiten gelten für den Alleingesellschafter oder den beherrschenden Gesellschafter einer GmbH. Ihm fließen Beträge, die ihm die GmbH schuldet, bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit zu (BFH-Urteile vom 11. Februar 1965 IV 213/64 U, BFHE 82, 440, BStBl III 1965, 407; in BFHE 109, 573, BStBl II 1973, 815; vom 21. Oktober 1981 I R 230/78, BFHE 134, 315, 317, BStBl II 1982, 139). Der Gutschrift auf einem Verrechnungskonto bedarf es nicht. Denn der beherrschende Gesellschafter hat es kraft seiner Stellung in der GmbH in der Hand, sich fällige Beträge auszahlen zu lassen. Aber auch in diesem Falle ist, wie in der angeführten Rechtsprechung betont ist, darauf abzustellen, ob die GmbH leistungsfähig ist. Die unmittelbare Zugriffsmöglichkeit des beherrschenden Gesellschafters auf die Zahlungsmittel der GmbH ist bedeutungslos, wenn die erforderlichen Zahlungsmittel fehlen.

c) Aber auch wenn der Gläubiger nicht beherrschender GmbH-Gesellschafter ist und Zugriff auf die Zahlungsmittel der GmbH nehmen kann (Alternative b) und auch nicht vom Schuldner - insbesondere durch Gutschrift - so gestellt wird, daß er den geschuldeten Betrag ohne weiteres für sich verwenden kann (Alternative a), ist der Zufluß eines Forderungsbetrags ohne Zahlung denkbar. Der Zufluß kann schließlich durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger bewirkt werden, daß der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll. In der Schuldumschaffung (Novation) kann eine Verfügung des Gläubigers über seine bisherige Forderung liegen, die einkommensteuerrechtlich so anzusehen ist, als ob der Schuldner die Altschuld begleicht und zugleich eine Neuverpflichtung für die Rückzahlung desselben Betrags durch den Gläubiger eingeht. Ist beispielsweise der Gläubiger bereit, dem Schuldner den geschuldeten Betrag als verzinsliches Darlehen zur Verfügung zu stellen, wird der Umweg vermieden, daß sich der Gläubiger zunächst den Forderungsbetrag auszahlen läßt und ihn anschließend als Darlehen wieder dem Schuldner aushändigt. Der Vorgang wird durch die Auswechslung des Rechtsgrundes abgekürzt, ohne daß Geld bewegt wird. Für § 11 EStG kommt ein Zufluß des Betrags aus der Altforderung und gleichzeitig ein Abfluß der Darlehenssumme in Betracht.

Andererseits ist eine Vereinbarung der genannten Art auch als modifizierte Stundungsvereinbarung denkbar. Der Gläubiger erklärt sich - zumeist auf Wunsch des in Liquiditätsschwierigkeiten befindlichen Schuldners - bereit, auf sofortige Zahlung zu verzichten, bedingt sich jedoch aus, daß das Geld rentierlich - z. B. als verzinsliches Darlehen oder als Gewinnbeteiligung - im Betrieb des Schuldners verbleibt. Eine solche Vereinbarung hat, selbst wenn sie den Schuldgrund auswechselt, lediglich den Sinn, für die Zeit bis zur tatsächlichen Zahlung eine Rentierlichkeit des blockierten Geldes zu erreichen, und bewirkt keinen Zufluß.

Die Frage, ob ein Zufluß gegeben ist, läßt sich in diesem Fall nicht allein anhand der äußeren Vertragsgestaltung beurteilen. Die Rechtsprechung hat daher darauf abgestellt, ob die Schuldumschaffung im Interesse des Schuldners oder des Gläubigers liegt (BFH-Urteile vom 19. Juni 1952 IV 86/52 U, BFHE 57, 436, BStBl III 1953, 170; in BFHE 134, 315, 317, BStBl II 1982, 139; in BFHE 135, 542, 548 f., BStBl II 1982, 469). Bleibt die Schuld im Interesse des Schuldners bestehen, liegt wirtschaftlich gesehen trotz Novation lediglich eine Stundung der ursprünglichen Schuld vor. Dem Gläubiger, dem eher an einer Auszahlung gelegen wäre, ist nichts zugeflossen. Hieran ändert selbst eine vereinbarte Verzinsung nichts, in der allenfalls ein Ersatz für sonst anfallende Verzugszinsen gesehen werden kann (BFHE 135, 542, 548, BStBl II 1982, 469). Wird aber die ursprüngliche Schuld im Interesse des Gläubigers auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt, weil er von sich aus eine Anlage im Betrieb des Schuldners sucht, verfügt er mit der Folge des Zuflusses über seine Forderung. Der Zufluß ist im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Novation bewirkt, unabhängig von einem Buchungsakt des Schuldners.

Ist der Schuldner im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Novation nicht zahlungsfähig, wird nur ausnahmsweise ein Zufluß angenommen werden können. So mag dem Gläubiger daran gelegen sein, Einfluß auf das Unternehmen des Schuldners zu gewinnen, auch wenn das eingesetzte Kapital verlorenzugehen droht. Im übrigen liegt ein Stehenbleiben der Schuld bei Zahlungsschwierigkeiten und erst recht bei Zahlungsunfähigkeit des Schuldners in dessen Interesse.

3. Das FG hat festgestellt, daß die GmbH die vom Kläger hingegebenen Darlehen mit 8 v. H. verzinsen sollte und die Zinsen jeweils zum Jahresende die Darlehenssumme erhöhen sollten. Der Kläger stellt in der Revisionsbegründung eine solche Vereinbarung in Abrede und trägt demgegenüber vor, von einer Verzinsung habe abgesehen werden sollen, solange die GmbH mit Verlusten gearbeitet habe. Dieser Vortrag muß unberücksichtigt bleiben, da er neu ist und nicht in der Form einer zulässigen Verfahrensrüge vorgebracht worden ist (§ 118 Abs. 2, § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Aber selbst auf der Grundlage der Feststellungen des FG kann nicht ein Zufluß der Zinsen bejaht werden. Dem FG ist zuzugeben, daß die Abrede, Zinsen der Darlehenssumme hinzuzuschlagen, die Zinszahlungsschuld bei Fälligkeit in eine Darlehensschuld umwandelt und sonach geeignet sein kann, einen Zufluß der Zinsen zu bewirken (Alternative c). Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem vom FG angezogenen Urteil in RStBl 1936, 551, das sich mit dem Abfluß von Zinsen befaßt. Der RFH hat jedoch den Zufluß von Zinsen, die dem Kapital zugeschlagen werden, nach den gleichen Grundsätzen beurteilt (Urteil vom 7. November 1934 VI A 40/33, RStBl 1935, 697). Sollte diesen Urteilen zu entnehmen sein, daß das einvernehmliche Zuschlagen von Zinsen zu einer Darlehensschuld stets einen Zufluß der Zinsen beim Darlehensgeber und einen Abfluß der Zinsen beim Darlehensnehmer bewirkt, könnte ihnen nicht gefolgt werden. Nach den unter c) dargelegten Grundsätzen ist zusätzlich zu prüfen, in wessen Interesse diese einvernehmliche Handhabung liegt. Zu- und Abfluß wären zu verneinen, wenn das Zuschlagen der Zinsen im Interesse der GmbH gelegen haben sollte. Diese Prüfung wird das FG im zweiten Rechtsgang nachholen. Für ein Interesse der GmbH an der vom FG angenommenen Vereinbarung könnte sprechen, daß sich die GmbH in den Streitjahren in der Aufbauphase befand. Das FG bezeichnet das von den Beteiligten praktizierte Verfahren selbst als "Stundung der Darlehenszinsen".

Sollte das FG zu dem Ergebnis kommen, daß ein Zufluß nach der Alternative c) entfällt, wird es prüfen, ob ein Zufluß nach den Alternativen a) und b) in Betracht kommt. Die Bezugnahme des FG auf das Urteil in BFHE 109, 573, BStBl II 1973, 815 enthält eine solche Prüfung nicht; die Bezugnahme beschränkt sich darauf, die Grundsätze dieses Urteils zur Illiquidität heranzuziehen.

Nach den Feststellungen des FG wurden die Zinsen nicht einem privaten Verrechnungskonto des Klägers gutgebracht, so daß ein Zufluß nach der Alternative a) entfallen dürfte; die Umbuchung der Darlehenszinsen im Rahmen des Jahresabschlusses 1975 bleibt, wie auch immer diese Umbuchung gewertet werden mag, auf den Streitzeitraum ohne Einfluß. Das FG wird jedoch entsprechend dem Vorbringen des FA dazu Stellung nehmen müssen, ob der Kläger beherrschender Gesellschafter war und ihm aus diesem Grunde die Zinsen bei Fälligkeit zuflossen (Alternative b). Eine beherrschende Gesellschafterstellung des Klägers ist nicht schon deswegen auszuschließen, weil der Kläger lediglich eine Beteiligung von einem Drittel des Stammkapitals hielt. Der Kläger war mit den beiden anderen Gesellschaftern verwandt. Alle Gesellschafter hatten der GmbH Darlehen gegeben. Es ist möglich, daß die Gesellschafter seinerzeit bei der Bestimmung der Darlehenskonditionen aus einer gemeinsamen Interessenlage handelten (dazu BFHE 134, 315, 317, BStBl II 1982, 139). Bei Bejahung dieser Voraussetzung ist jedoch der Zufluß auch im Rahmen der Alternative b) davon abhängig, daß die GmbH zu den einzelnen Zinszahlungsterminen zahlungsfähig war. Das FG wird, wenn es hierauf ankommt, das Vorbringen des Klägers zu diesem Punkt berücksichtigen. Das FG wird sich nicht wie im ersten Rechtsgang damit begnügen können, die Zahlungsfähigkeit lediglich anhand der Verhältnisse eines Fälligkeitszeitpunkts (31. Dezember 1973) zu prüfen. Dabei ist zu beachten, daß die Möglichkeit einer Kreditaufnahme im allgemeinen geeignet ist, den Mangel an Zahlungsmitteln zu beheben (BFHE 109, 573, BStBl II 1973, 815). Dies gilt aber nicht, wenn es betriebswirtschaftlich sinnlos wäre, den Kredit aufzunehmen.

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