BFH

BFHVIII R 80/7726.2.1980

Amtlicher Leitsatz:

Beteiligt sich ein Baustoffgroßhändler und Fuhrunternehmer an den Kosten des Ausbaus der zu seinem Betriebsgrundstück führenden öffentlichen Straße wegen der starken Beanspruchung durch seine Fahrzeuge, so sind die Aufwendungen sofort abziehbare Betriebsausgaben.

Normen

§ 4 Abs. 4 EStG
§ 5 Abs. 2 EStG

 

Tatbestand:

Der verstorbene Ehemann der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb ein Transportunternehmen mit einem Baustoffgroßhandel auf seinem Grundstück. Das Grundstück liegt an einer öffentlichen Straße, die als landwirtschaftlicher Wirtschaftsweg ausgebaut war. Da aber der Weg nicht nur von landwirtschaftlichen Fahrzeugen, sondern auch von den Fahrzeugen des Ehemannes der Klägerin und sonstigen Verkehrsteilnehmern befahren wurde, sollte die Stadt den Weg zusätzlich stabilisieren. Sie machte gegen den Ehemann der Klägerin wegen der verursachten Straßenschäden Schadensersatzansprüche geltend. Es kam jedoch zu einer Einigung, in der vereinbart wurde, daß die Fahrbahn des Wirtschaftswegs entsprechend den Betriebsbedürfnissen des Unternehmens des Ehemannes der Klägerin verbreitert und im Unterbau verstärkt werden sollte. Die Stadt übernahm einen Teil der Kosten, der Ehemann der Klägerin den anderen Teil für den verstärkten Ausbau. Die vom Ehemann der Klägerin zu tragenden Kosten betrugen rd. 50 000 DM.

Die Klägerin behandelte diesen Betrag als laufende Betriebsausgaben. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ließ dagegen lediglich eine Absetzung für Abnutzung (AfA) zu und erkannte auch diese in der Einspruchsentscheidung nicht an, weil die Aufwendungen nachträgliche Anschaffungskosten des Grund und Bodens darstellten.

Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die fraglichen Aufwendungen seien wie Anliegerbeiträge zu behandeln, die höchstrichterliche Finanzrechtsprechung zufolge der Wertsteigerung des Grund und Bodens dienten (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Februar 1974 VIII R 65/72, BFHE 111, 496, BStBl II 1974, 337).

Hiergegen richtet sich die Revision, zu deren Begründung die Klägerin vorträgt, daß Aufwendungen für eine bestimmte Nutzung des Grundstücks - wie in ihrem Falle - nicht als Aufwendungen für den Grund und Boden zu behandeln seien (Hinweis auf BFH-Urteil vom 11. März 1976 VIII R 212/73, BFHE 118, 437, BStBl II 1976, 449). Der durch die Aufwendungen erlangte Vorteil sei auch kein aktivierungsfähiges immaterielles Wirtschaftsgut i. S. des § 153 Abs. 3 des Aktiengesetzes (AktG) und § 5 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), weil der Ehemann der Klägerin ein solches Wirtschaftsgut nicht erworben habe.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und Aufwendungen von rd. 50 000 DM zusätzlich als Betriebsausgaben abzuziehen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Bei seiner Entscheidung hat sich das FG nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 19. Februar 1974 VIII R 65/72 (BFHE 111, 496, BStBl II 1974, 337) gerichtet, wonach ein vom Grundstückseigentümer an die Gemeinde zu zahlender Anliegerbeitrag zur nachhaltigen Verbesserung einer Ortsstraße den Aufwendungen für den Grund und Boden angehört. Das FG hat jedoch übersehen, daß in dem zu entscheidenden Falle der Steuerpflichtige als Grundeigentümer in Anspruch genommen worden war, der Beitrag sich also nicht auf eine bestimmte Nutzung des Grundstücks bezog. Demgegenüber hat der erkennende Senat in den Urteilen vom 11. März 1976 VIII R 212/73 (BFHE 118, 437, BStBl II 1976, 449) und vom 24. Oktober 1979 VIII R 92/77 (BFHE 129, 254, BStBl II 1980, 187) zum Ausdruck gebracht, daß Aufwendungen, die sich auf eine besondere Nutzung des Grundstücks beziehen, nicht als Anschaffungskosten des Grund und Bodens behandelt werden können.

Auch die vom Ehemann der Klägerin für die Verbesserung der Straße getragenen Aufwendungen beziehen sich auf eine besondere Nutzung des Grundstücks, nämlich auf den Gewerbebetrieb, der auf dem Grundstück unterhalten wurde. Ohne die betriebliche Nutzung der Straße durch die Lastwagen des Betriebes wäre der Aufwand nicht entstanden. Der Betrieb war ursächlich für den Aufwand. Damit steht fest, daß der Aufwand nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten des Grund und Bodens gehören kann.

Die Aufwendungen des Ehemannes der Klägerin sind auch keine Anschaffungskosten eines immateriellen Wirtschaftsguts (§ 5 Abs. 2 EStG). Wohl hat die Klägerin mit dem Ausbau der Straße einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt, der als immaterielles Wirtschaftsgut angesehen werden könnte. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Denn nach § 5 Abs. 2 EStG ist für ein immaterielles Wirtschaftsgut ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn es entgeltlich erworben wurde. Durch diese Vorschrift, vorher bereits durch § 5 Abs. 1 EStG, § 153 Abs. 3 AktG, ist das BFH-Urteil vom 29. April 1965 IV 403/62 U (BFHE 82, 461, BStBl III 1965, 414) über die Aktivierung eines einmaligen Wegebeitrags überholt. Wie dem BFH-Urteil vom 26. Februar 1975 I R 32/73 (BFHE 115, 238, BStBl II 1975, 443) zu entnehmen ist, liegt ein entgeltlicher Erwerb nicht schon dann vor, wenn im Zusammenhang mit dem Erwerb des immateriellen Wirtschaftsguts Aufwendungen entstanden sind. Das Entgelt muß vielmehr auf den Vorgang des abgeleiteten Erwerbs des immateriellen Wirtschaftsguts als solchen bezogen sein. Kein entgeltlicher Erwerb liegt daher vor, wenn der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut selber schafft, sondern nur dann, wenn er es von einem anderen erwirbt.

Der Ehemann der Klägerin hat allerdings den Ausbau der Straße nicht selbst ausführen lassen, sondern sich nur an den Kosten des durch die Stadt vorgenommenen Ausbaus beteiligt. Diese Kostenbeteiligung kann aber nicht wie die Zuschüsse einer Brauerei zur Erlangung von Bierlieferungsrechten behandelt werden, die der BFH im Urteil vom 26. Februar 1975 I R 72/73 (BFHE 115, 243, BStBl II 1976, 13) als aktivierungspflichtige Anschaffungskosten der Bierlieferungsrechte behandelt hat. Von einem entgeltlichen Erwerb ist der I. Senat des BFH in dem fraglichen Fall ausgegangen, weil die Zuschüsse nach dem Inhalt des Vertrags oder jedenfalls nach den Vorstellungen beider Vertragsteile sich als Gegenleistung für die erlangten Vorteile erwiesen. In gleicher oder ähnlicher Weise hat aber die Stadt, die allein als Vertragspartner des Ehemannes der Klägerin in Betracht kommt, dem Ehemann der Klägerin keinen Vorteil eingeräumt, für den eine Gegenleistung zu zahlen war. Der Vorteil des Ehemannes der Klägerin bestand darin, daß er eine für seine Lastwagen geeignete öffentliche Straße befahren konnte. Diesen Vorteil hat ihm aber die Stadt nicht eingeräumt, wie er andererseits der Stadt keine entsprechende Gegenleistung erbracht hat. Die Beteiligung des Ehemannes der Klägerin an den Kosten des Straßenausbaus hat lediglich dazu beigetragen, den erforderlichen Zustand der öffentlichen Straße zu schaffen. Sie gehört daher zu den Aufwendungen für einen originären Erwerb, nicht zu den Aufwendungen für einen abgeleiteten Erwerb des Vorteils der Benutzung der Straße.

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