Normen
§ 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO
Tatbestand:
Die Klägerin trat zum 1. Juni 1964 als persönlich haftende Gesellschafterin ohne Kapitalbeteiligung in die A-KG ein. Die bisherigen persönlich haftenden Gesellschafter wurden Kommanditisten. Nach § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags wurden die Kommanditeinlagen auf insgesamt ... DM festgesetzt. Sie waren "aus den per 31. Mai 1964 vorhandenen Guthaben der Gesellschafter auf deren Kapitalkonten I-III durch Umbuchung zu bilden."
Das beklagte Finanzamt (FA) setzte aus Anlaß des Eintritts der Klägerin in die KG gemäß § 2 Nr. 1 und § 6 Abs. 1 Nr. 4 des Kapitalverkehrsteuergesetzes 1959 (KVStG 1959) Gesellschaftsteuer fest.
Mit ihrer Klage wandte sich die Klägerin gegen den Ansatz eines Firmenwerts bei der Schätzung des Werts der Kommanditanteile. Die guten Gewinne der KG seien ausschließlich der Tätigkeit des bisherigen persönlich haftenden Gesellschafters und jetzigen Kommanditisten B zu verdanken. Ein (objektiver) Firmenwert sei daher nicht vorhanden.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Nach seinen Schätzungen betrage der Wert der Kommanditanteile zum 1. Juni 1964 selbst dann noch X DM, wenn man berücksichtige, daß die Klägerin später zu 10 % am Gewinn der KG beteiligt worden sei und man daher den Firmenwert nur zu 9/10 den Kommanditeinlagen zurechne. Gehe man davon aus, daß der Klägerin zunächst nur ein Gewinn in Höhe ihrer Auslagen als Geschäftsführerin der KG eingeräumt worden sei und rechne man daher den Firmenwert ausschließlich den Kommanditeinlagen zu, dann sei der Wert der Kommanditeinlagen noch höher. Er liege daher jedenfalls über den vom FA geschätzten Y DM.
Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin erneut gegen den Ansatz eines Firmenwerts.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das FG hat die Steuer nach dem Wert der Gesellschaftsrechte (am 1. Juni 1964) berechnet (§ 8 Nr. 1 Buchst. c KVStG 1959). Dieser Steuermaßstab gilt jedoch nur dann uneingeschränkt, wenn die Kommanditisten über die bisher geleisteten Einlagen hinaus anläßlich des Eintritts der Klägerin in die KG keine weiteren Einlagen erbracht haben. Dabei ist es entgegen der Ansicht der Klägerin unerheblich, ob die Gesellschafter schon vorher Kommanditisten waren oder anläßlich des Eintritts der Klägerin aus der Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters in diejenige eines Kommanditisten überwechselten. Die Klausel in § 5 des Gesellschaftsvertrags, daß "die bisherigen Komplementare ... als persönlich haftende Gesellschafter ausscheiden, um als Kommanditisten zum gleichen Tag wieder einzutreten", kann nur dahin verstanden werden, daß die genannten Personen Gesellschafter der KG blieben und sich lediglich der Charakter ihrer Beteiligung änderte (vgl. dazu das Urteil vom 27. Januar 1972 II R 148/70, BFHE 105, 68, BStBl II 1972, 431).
Haben dagegen die Kommanditisten im Zusammenhang mit dem Eintritt der Klägerin in die KG weitere Einlagen erbracht, etwa durch Verrechnung von Forderungen gegen die KG mit einer Einlageverpflichtung, so kann insoweit der Steuermaßstab nicht aus § 8 Nr. 1 Buchst. c KVStG 1959 zu entnehmen sein.
Der bisher festgestellte Sachverhalt gibt in dieser Hinsicht keinen Aufschluß. Nach dem bereits genannten § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags waren die Kommanditeinlagen durch Umbuchung aus den Kapitalkonten I bis III zu bilden. Irgendwelche Tatsachen, welche die rechtliche Einordnung (Beteiligung an der Gesellschaft oder Forderungen gegen die Gesellschaft) dieser "Guthaben" ermöglichen, sind nicht festgestellt. Demnach ist nicht ausgeschlossen, daß einige oder alle Kommanditisten teilweise durch Verrechnung mit Forderungen gegen die KG Einlageverpflichtungen erfüllt haben.
Das FG hat dies nicht verkannt. Es meint jedoch, daß sich letztlich der Steuermaßstab nicht ändere. Insoweit verletzt das angefochtene Urteil geltendes Recht. Zwar ist eine alternative Urteilsbegründung möglich (vgl. dazu das BFH-Urteil vom 23. April 1975 II R 71/71, BFHE 116, 57, BStBl II 1975, 719). Sie setzt jedoch voraus, daß sämtliche möglichen Alternativen im Urteil in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vollständig dargestellt werden, so daß sie von den Beteiligten und dem Revisionsgericht nachvollzogen werden können. Andernfalls wäre eine Nachprüfung des angefochtenen Urteils durch das Revisionsgericht nicht möglich. Im vorliegenden Fall erfüllt das FG-Urteil nicht diese Voraussetzungen. Ihm ist nicht zu entnehmen welche Beträge sich für die einzelnen Steuermaßstäbe und die daraus folgende Steuer ergeben würden, wenn diese nur teilweise vom Wert der Gesellschaftsrechte zu berechnen wäre. Es ist insbesondere zu berücksichtigen, daß hier für die verschiedenen Steuermaßstäbe auch unterschiedliche Bewertungsgrundsätze gelten würden. Die "Berechnung" des Werts der Gesellschaftsrechte unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten ist eine Schätzung, während eine Verrechnung von Forderungen gegen die KG mit dem Nennwert dieser Forderungen zu bemessen wäre (§ 14 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes a. F.). Unter diesen Umständen genügt nicht der bloße Hinweis in dem FG-Urteil, daß sich "der Wert der Gesellschaftsrechte ... um die gleichzeitige Erhöhung der Kommanditeinlagen vermindern würde".
Die nicht spruchreife Sache war daher an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).