BFH

BFHVIII R 94/7718.7.1978

Amtlicher Leitsatz:

Ist in einem Gebiet die Errichtung von baulichen Anlagen zur Nutzung als Ferienwohnung oder Wochenendhaus zulässig und von den Behörden die Errichtung einer solchen Anlage genehmigt, ist dieses Gebäude "rechtlich" nicht zur Dauernutzung geeignet und damit nicht gemäß § 7 b EStG steuerbegünstigt.

Normen

§ 7b EStG

 

Tatbestand:

1. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) beantragte die Eintragung eines Freibetrages nach § 7 b i. V. m. § 39 a Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf der Lohnsteuerkarte 1976, und zwar für sein in S errichtetes Wochenendhaus. Das Haus (ein Bungalow) liegt in einem Sondergebiet i. S. des § 11 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) i. d. F. vom 26. November 1968. Die Art der im Sondergebiet zulässigen Nutzung ist in der Satzung der Gemeinde N über den Bebauungsplan Nr. 4 in Teil B unter A 2 geregelt. Dort heißt es u. a. :

"In dem SO-Gebiet Laden - Ferienwohnungen sind It. § 11 Abs. 2 BauNVO bauliche Anlagen für folgende Nutzungen zulässig:

a) Läden ...

b) Ferienwohnungen."

Das Haus darf nach Auskunft des Landrats, die das Finanzgericht (FG) eingeholt hat, nicht zum Daueraufenthalt dienen.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) war unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. April 1972 VIII R 59/69 (BFHE 106, 53, BStBl II 1972, 670) der Auffassung, die Begünstigung gemäß § 7 b EStG komme nicht in Betracht, weil das Haus nach den dortigen Bauvorschriften nicht zum dauernden Bewohnen zur Verfügung stehe.

Nach erfolglosem Einspruch gegen den die Eintragung eines steuerfreien Betrages auf der Lohnsteuerkarte 1976 ablehnenden Bescheid des FA entschied das FG (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte 1977 S. 470 - EFG 1977, 470 -):

"Es wird festgestellt, daß der Bescheid des Beklagten vom 13. April 1976 und die Eintragung auf der Lohnsteuerkarte 1976 vom 19. Januar 1976 insoweit rechtswidrig sind, als die Eintragung eines Lohnsteuerfreibetrags von 7 643 DM versagt worden ist ..." Das FG ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zu. Ein rechtliches Hindernis zur dauernden Nutzung eines Ferienhauses schließe nicht aus, daß das in § 7 b EStG enthaltene gesetzliche Tatbestandsmerkmal, das förderungswürdige Wohnraumeigentum müsse "zu Wohnzwecken dienen", erfüllt sei, wenn das Gebäude tatsächlich ganzjährig nutzbar sei.

2. Im Laufe des Verfahrens hatte sich der Kläger außerdem darauf berufen, ihm müsse die Begünstigung aus Gründen des Vertrauensschutzes gewährt werden.

Der Betreuungsvertrag sei It. Bescheinigung der Bauträgerfirma am 10. August/19. August 1974, der notarielle Kaufvertrag am 15. Oktober 1974 abgeschlossen worden. Die Baugenehmigung sei am 29. Oktober 1974 beantragt und am 5. März 1975 - It. Schreiben des Landrats des Kreises O vom 16. Januar 1976 am 7. November 1974 - erteilt worden. Das Haus sei am 13. Oktober 1975 bezugsfertig geworden.

Der Kläger trug vor, Ziff. 10 des Bauscheines vom 31. Januar 1975 habe gelautet: "Die Ferienwohnungen dürfen nicht dem dauernden Aufenthalt einer Familie dienen." Dem habe die Bauträgerfirma widersprochen, weil durch die gewählte Formulierung bei der Finanzierungsbearbeitung durch Bausparkassen der Eindruck entstehe, daß es sich um ein Ferienhaus handelt, das einer beschränkten Nutzung unterliege, so daß eine Auslegung der steuerschädlichen Verwendung von Bausparverträgen entstehen könne.

Daraufhin sei die Formulierung in Ziff. 10 des Bauscheines gestrichen und wie folgt geändert worden: "Auf die Ausweisung des Grundstücks im Bebauungsplan Nr. 4 der Gemeinde N als SO-Feriengebiet wird besonders hingewiesen." Daraus habe der Kläger nur den Schluß ziehen können, die Einschränkung im Bauplan sei entfallen.

Mit seiner Revision beantragt das FA, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet.

1. Das Begehren des Klägers, auf der Lohnsteuerkarte 1976 den Betrag der negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einzutragen, der sich bei Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen gemäß § 7 b EStG voraussichtlich ergeben werde, und die Feststellung des FG, daß der Bescheid des FA, mit dem dieses Begehren abgelehnt wurde, und die Eintragung auf der Lohnsteuerkarte 1976 insoweit rechtswidrig seien, als die Eintragung eines dem Begehren des Klägers entsprechenden Lohnsteuerfreibetrages versagt wurde, entsprechen nicht der Gesetzeslage.

Bei Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen, bei denen der Antrag auf Baugenehmigung nach dem 31. Dezember 1964 gestellt worden ist und die zu mehr als 66 2/3 v. H. Wohnzwecken dienen, können abweichend von § 7 Abs. 4 und 5 EStG im Jahr der Fertigstellung und in den sieben folgenden Jahren jeweils bis zu 5 v. H. der Herstellungskosten abgesetzt werden (§ 7 b EStG). Dem Kläger stehen die erhöhten Absetzungen gemäß § 7 b EStG nicht zu, weil sein Wochenendhaus kein Einfamilienhaus i. S. des § 7 b Abs. 1 EStG darstellt. Einfamilienhäuser sind Wohngrundstücke, die nur eine Wohnung enthalten (vgl. § 75 Abs. 5 des Bewertungsgesetzes - BewG - 1965 und BFH-Urteil vom 16. Dezember 1975 VIII R 119/72, BFHE 117, 561, BStBl II 1976, 285). Wie der Senat im Urteil VIII R 59/69 - wenn auch bei der Bestimmung des Begriffs "Eigenheim" - ausgesprochen hat, ist eine Wohnung nur dann zum Bewohnen bestimmt, wenn sie zum dauernden Aufenthalt geeignet ist. Der BFH hat bei Anwendung des § 7 b EStG - mögen die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift im einzelnen auch immer wieder gewechselt haben - stets für erforderlich erachtet, daß Wohnräume nur dann Wohnräume i. S. dieser Vorschrift sind, wenn sie ständig für Wohnzwecke zur Verfügung stehen (vgl. die im Urteil VIII R 59/69 zitierte Rechtsprechung). Die Wohnung muß aber tatsächlich und rechtlich zur Dauernutzung geeignet sein. Das Gebäude enthält, wie der Vorentscheidung zu entnehmen ist, eine Wohnung, und diese ist auch nach der Verkehrsauffassung als Wohnung anzusehen. Über die tatsächliche Eignung zur Dauernutzung besteht also kein Streit. Der Wohnung fehlt aber die rechtliche Eignung zur Dauernutzung, die zur tatsächlichen Eignung hinzutreten muß (vgl. hierzu Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 3. Dezember 1975 VIII Z 20.75, BVerwGE 50, 29, mag diese Rechtsprechung auch zum steuerbegünstigten Wohnungsbau ergangen sein).

a) Einem Gebäude (und einer in ihm befindlichen Wohnung) fehlt die rechtliche Eignung zu dauernder Benutzung, wenn das Gebäude nur zur Benutzung als Wochenendhaus (Wochenendwohnung), das heißt zur Benutzung an den Wochenenden oder in den Ferien, genehmigt ist (vgl. BVerwG-Urteile vom 30. Januar 1974 VIII C 144.72, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 454.4 II. WoBauG § 82 Nr. 9; vom 17. März 1976 VIII C 48.75, Buchholz, a. a. O., 454.4 II. WoBauG § 1 Nr. 1; vom 27. April 1977 VIII C 43.76, Buchholz, a. a. O., 454.4 II. WoBauG § 82 Nr. 17).

b) Gleiches gilt für ein Ferienhaus (Ferienwohnung). Ebenso wie beim Wochenendhaus ist beim Ferienhaus zu beurteilen, ob das Gebäude zur Dauernutzung bestimmt und zugelassen ist; denn nur in diesem Falle kann es ein Einfamilienhaus i. S. von § 7 b EStG sein.

Ein Ferienhaus ist nur zur Benutzung in den Ferien oder an den Wochenenden bestimmt und zugelassen (BVerwG-Urteile VIII C 43.76 und vom 3. August 1977 VIII C 59.76, Buchholz, a. a. O., 454.4 II. WoBauG § 82 Nr. 19). Ob es in dieser Weise durch gewerbliche Vermietung genutzt wird, ist hierbei ohne Bedeutung. Auch wenn man davon ausgeht, daß die Nutzung als Ferienhaus die ununterbrochene ganzjährige Nutzung durch wechselnde Feriengäste umfaßt, ist dies keine Dauernutzung durch dieselben Benutzer. Die Benutzung in den Ferien durch wechselnde Mieter scheidet daher bei der Beurteilung aus, ob eine rechtliche Eignung zur Dauernutzung gegeben ist. Ist eine Dauernutzung nicht zugelassen, kommt es auch nicht darauf an, ob die Dauernutzung tatsächlich möglich wäre und ob das Haus oder die Wohnung etwa bestimmungswidrig ganzjährig von denselben Mietern genutzt wird.

Nach dem verbindlichen Ortsbaurecht der Gemeinde ist die Ferienwohnung nicht dazu bestimmt, ununterbrochen durch dieselben Bewohner bewohnt zu werden. Das gilt - wie gesagt - selbst dann, wenn der Kläger die Absicht hätte, in diesem Haus dauernd zu wohnen (BVerwG-Urteile vom 14. November 1968 VIII C 65.65, BVerwGE 31, 50, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1969 S. 307 - HFR 1969, 307 -, und vom 27. März 1974 VIII C 21.73, BVerwGE 45, 120; ferner Verwaltungsgerichtshof - VGH - München, Urteil vom 23. Juni 1975 Nr. 29 VII 74, Kommunale Steuer-Zeitschrift 1975 S. 237: Ein Ferienhaus kann ebensowenig wie ein Wochenendhaus als Familienheim anerkannt werden).

Aus der bauplanrechtlichen Beschränkung, daß nur Ferienwohnungen errichtet werden dürfen, und der Baugenehmigung, die dem Kläger erteilt wurde, ergibt sich die Nutzungsbeschränkung. Die ganzjährige Nutzbarkeit eines eine Ferienwohnung enthaltenden Gebäudes führt demgemäß nicht dazu, daß dieses Gebäude als Einfamilienhaus i. S. von § 7 b EStG zu beurteilen wäre. Bei der Entscheidung über die Steuerbegünstigung gemäß § 7 b EStG ist hinsichtlich der Frage, ob das Gebäude "rechtlich" zur Dauernutzung geeignet ist, nur eine solche Zweckbestimmung beachtlich, die im Einklang mit der für den Eigentümer verbindlichen Entscheidung der zuständigen Bauaufsichtsbehörde über die baurechtlich zulässige Nutzung des Gebäudes steht (vgl. dazu auch BVerwG-Urteil VIII C 21.73). Es wäre im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung verfehlt, eine unzulässige bauliche Nutzung eines Grundstücks durch erhöhte Absetzungen, die nur für Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen i. S. von § 7 b EStG vorgesehen sind, zu fördern und damit den rechtsetzenden Verwaltungsakten anderer Behörden entgegenzuwirken.

c) Selbst wenn das für die Bewertung zuständige FA das Wochenendhaus als Einfamilienhaus bewerten würde - wobei dahinstehen kann, ob eine solche Bewertung zutreffend oder fehlerhaft wäre (vgl. § 75 Abs. 1 Nrn. 4 und 6, Abs. 5 und 7 BewG 1965; s. auch Niedersächsisches FG, Urteil vom 8. Juli 1977 I 113/76, Revision eingelegt, EFG 1978, 156) - und damit das für die Eintragung des Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte zuständige FA hinsichtlich der Art und der Zurechnung des Hauses wie auch für die Berechnung des Grundbetrages an einen solchen Feststellungsbescheid gebunden wäre (vgl. Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 11. Aufl., § 21 Rdnr. 35), erstreckte sich diese Bindung nicht auch auf die Frage, ob bei dem Wochenendhaus erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG zulässig sind.

d) Nicht entscheidungserheblich ist entgegen der Auffassung des FG, welche Vorstellungen sich aus der Begründung zum Referentenentwurf zu der Neufassung des § 11 BauNVO vom 17. März 1977 ableiten lassen, insbesondere welche Vorstellungen darin zum Begriff "Ferienhausgebiete" zum Ausdruck kommen. Denn eine in einem späteren Zeitraum eintretende Änderung der Rechtslage hat, wenn sie sich keine Rückwirkung zulegt, keinen Einfluß auf Sachverhalte, für die zuvor andere Rechtsgrundsätze galten.

2. Zu Unrecht meint der Kläger, wegen Vertrauensschutzes, der ihm zuzubilligen sei, müsse der Sachverhalt entgegen der vorstehend dargelegten Rechtslage beurteilt werden.

Es fehlt hierfür bereits an einem schlüssigen Vortrag. Aus dem satzungsmäßigen Planungsrecht konnte für den Kläger kein Vertrauenstatbestand entstehen. Dieser stand vielmehr dem Entstehen eines Vertrauenstatbestandes, der sich mit dem Plan nicht im Einklang befand, entgegen. Planwidrige Genehmigungen konnten allenfalls eine Schadensersatzpflicht der gegen die Satzung verstoßenden Behörde auslösen.

a) Es kann dahinstehen, ob und welchen Inhalt die Verhandlungen der Betreuungsfirma mit dem Landratsamt hatten. Ein Sachverhalt, der das Landratsamt hätte verpflichten können, die Baugenehmigung entgegen der Gemeindesatzung erteilen zu müssen, ist nicht vorgetragen; und zwar selbst dann nicht, wenn man davon ausgeht, aus der Streichung und der Veränderung der Fassung der Ziff. 10 des Bauscheines wären die Folgerungen zu ziehen, die der Kläger für zwingend ansieht.

Eine rechtsfehlerhafte Auskunft kann - wie es das BVerwG ausgesprochen hat - eine Behörde nicht berechtigen und noch weniger verpflichten, i. S. dieser Auskunft eine Regelung zu treffen, die den Gesetzen zuwiderlaufen würde (BVerwG-Urteil vom 24. Juli 1975 V C 64.74, Buchholz, a. a. O., 427.3, LAG § 267 Nr. 84).

Einen bestandskräftigen Verwaltungsakt mit dem Inhalt, daß für den Kläger eine andere Nutzung als die einer Ferienwohnung genehmigt worden ist, hat der Kläger nicht erwirkt und beigebracht.

b) Unter diesen Umständen bedarf es keines Eingehens darauf, daß die Streichung und Änderung der Fassung der Ziff. 10 des Bauscheines zeitlich nach dem Abschluß des Betreuungsvertrages und des notariellen Kaufvertrages liegen und ob vermögensrechtliche Verfügungen des Klägers vorliegen, die die Richtigkeit einer verbindlichen Zusage zur Voraussetzung gehabt hätten.

c) Unerheblich ist auch das vom Kläger erwähnte Schreiben des FA O i. H. vom 26. Februar 1976. Einmal enthält es keine verbindliche Auskunft, sondern nur eine unverbindliche Meinungsäußerung eines FA, das die Rechtslage verkannt hat. Zum anderen ist diese Meinungsäußerung zu einem Zeitpunkt ergangen, zu dem sie nicht mehr ursächlich für vermögensrechtliche Verfügungen des Klägers geworden ist.

3. Die Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 des Grundgesetzes) geht ebenfalls fehl. Diesem Grundsatz ist nicht zu entnehmen, daß unterschiedliche Sachverhalte - hier Gebäude in Bebauungsgebieten und Gebäude, die nur für Ferienaufenthalte errichtet werden dürfen - steuerlich gleichbegünstigt werden müßten.

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