Normen
§ 19 Abs. 1 BerlinFG
§ 19 Abs. 2 BerlinFG
Tatbestand:
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Zahnärzte. Sie üben ihre gemeinschaftliche Praxis in gemieteten Räumen aus. Im Jahre 1971 erwarben sie für 2 662,89 DM ein Klimagerät mit Holzrahmen, das sie in ihrem Behandlungszimmer einbauen ließen. Zu diesem Zweck wurde die Außenmauer zu einer offenen Loggia in einem Ausmaß von 40 cm x 70 cm durchbrochen. In dieses Loch wurde ein Holzrahmen eingefügt, in den das 70 kg schwere Klimagerät hineingeschoben wurde. Es ist weder mit der Wand noch mit dem Holzrahmen verbunden. Lediglich ein Winkelrahmen ist an dem Gerät befestigt, der an der Innenwand anliegt. Die Kosten des Mauerdurchbruchs betrugen 227,55 DM. Über den Mauerdurchbruch und das Klimagerät wurde zwischen den Klägern und dem Hauseigentümer keine Vereinbarung getroffen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das FA) wies den Antrag der Kläger, ihnen für das Klimagerät nebst Maurer- und Installationskosten eine Investitionszulage zu gewähren, ab. Es vertrat die Auffassung, daß das Klimagerät mit seiner Einfügung ein wesentlicher Grundstücksbestandteil geworden sei (§ 94 Abs. 2 BGB) und daß die Einfügung nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt sei (§ 95 Abs. 2 BGB).
Mit der Klage hatten die Kläger geltend gemacht: Das Klimagerät sei ein bewegliches Wirtschaftsgut geblieben. Durch seine Einfügung in die Wand hätten sie die tatsächliche Verfügungsmacht darüber nicht verloren. Das zeige sich daran, daß das Gerät jährlich mindestens einmal gewartet und zu diesem Zweck aus dem Holzrahmen herausgezogen werden müsse. Der Sachverhalt sei demjenigen vergleichbar, den das FG Berlin mit Urteil vom 1. Februar 1972 IV 81/71 (EFG 1972, 271) entschieden habe. Es bedeute keinen Unterschied, ob ein Klimagerät in ein Fenster oder in eine Wand eingebaut werde. Sie hätten die Absicht gehabt, das Gerät nach Ablauf des Mietvertrages mitzunehmen. Die Nutzungsdauer des Klimageräts betrage schätzungsweise acht Jahre. Mindestens ebensolange werde voraussichtlich das Mietverhältnis bestehen.
Die Klage hatte Erfolg. Das FG begründete seine in EFG 1973, 308, abgedruckte Entscheidung wie folgt: Das Klimagerät nebst Holzrahmen sei kein wesentlicher Grundstücksbestandteil geworden. Denn bei einer Trennung würden weder das Gebäude noch das Klimagerät oder der Holzrahmen zerstört oder in ihrem Wesen verändert. Auch sei das Klimagerät nicht zur Herstellung des Gebäudes eingefügt worden. Denn eine Verkehrsauffassung, wonach Klimageräte zur üblichen Ausstattung gemischtgenutzter Grundstücke in Deutschland gehörten, bestehe nicht. Ob das Klimagerät schließlich ein nicht wesentlicher Gebäudebestandteil geworden sei, könne dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn das zu bejahen wäre, müsse das Klimagerät jedenfalls als ein Scheinbestandteil angesehen werden. Das Gerät und der Holzrahmen seien nur zu einem vorübergehenden Zweck in das Gebäude eingefügt worden. Denn die Kläger hätten nicht die Absicht gehabt, die Gegenstände für dauernd in dem Haus zu belassen. Unerheblich sei, daß die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Klimageräts die voraussichtliche Mietdauer nicht überstiegen habe. In einem solchen Fall verneine zwar der BFH in seinem Urteil vom 4. Dezember 1970 VI R 157/68 (BFHE 101, 5, BStBl II 1971, 165) anscheinend einen Scheinbestandteil. Dem könne jedoch in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Vielmehr sei dem auch vom BFH in seiner Entscheidung zitierten Urteil des Reichsgerichts (RG) vom 13. Januar 1937 V 201/36 (RGZ 153, 231) zu folgen, wonach es auf die Verhältnisse des Einzelfalles ankomme und nur eine Vermutung gegen einen Scheinbestandteil spreche. Bei -- wie hier -- leicht entfernbaren Wirtschaftsgütern, die für die persönlichen oder beruflichen Bedürfnisse des Steuerpflichtigen angeschafft seien und bei denen die Wiederherstellung des früheren Gebäudezustandes nicht mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden sei, spreche eine Vermutung sogar für eine nur vorübergehende Einfügung.
Dagegen wendet sich das FA mit der Revision. Es beanstandet, daß das FG einen Scheinbestandteil angenommen habe, obwohl unstreitig feststehe, daß die Nutzungsdauer für das Klimagerät kürzer sei als die zu erwartende Dauer des Mietverhältnisses.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben and die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Das FG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie wegen möglicher Abweichung von dem BFH-Urteil VI R 157/68 zugelassen.
Entscheidungsgründe
1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, die Abgrenzung zwischen einem beweglichen Wirtschaftsgut und einem Gebäude in § 19 Abs. 1 und 2 BerlinFG nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen vorzunehmen. Danach wird die Abgrenzung teils nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften (§§ 93, 94 Abs. 2 und 95 Abs. 2 BGB) und teils nach den Grundsätzen des Bewertungsrechts (vgl. §§ 68 Abs. 2 Nr. 2, 99 BewG 1965 und übereinstimmender Ländererlaß -- Nordrhein-Westfalen -- vom 31. März 1967, BStBl II 1967, 127) getroffen So zählen die wesentlichen Bestandteile nach § 93 und die zur Herstellung eines Gebäudes eingefügten Sachen nach § 94 Abs. 2 BGB zum Gebäude. Andererseits gelten sowohl die Scheinbestandteile (§ 95 Abs. 2 BGB) als auch die Betriebsvorrichtungen als bewegliche Sachen -- Wirtschaftsgüter -- (vgl. dazu BFH-Urteile vom 24. November 1970 VI R 143/69, BFHE 100, 562, BStBl II 1971, 157, und vom 29. Oktober 1974 VIII R 159/70, BFHE 113, 489, BStBl II 1975, 68, sowie Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 7 EStG Anm. 28 c und § 19 BHG/BerlinFG Anm. 18).
2. An dieser Beurteilung hat sich auch durch den Beschluß des Großen Senats vom 26. November 1973 GrS 5/71 (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) -- ergangen zu § 7 EStG -- im wesentlichen nichts geändert. Auch der Große Senat geht, wie sich aus Abschn. C II 2 b der Entscheidungsgründe ergibt, vom Gebäudebegriff des bürgerlichen Rechts aus (§ 94 Abs. 2 BGB), wobei er die wirtschaftliche Betrachtungsweise (§ 1 Abs. 2 StAnpG) und die Verkehrsauffassung als Beurteilungsgrundsätze bei der Auslegung mit heranzieht. Aus dem so gewonnenen Gebäudebegriff sondert er anschließend für einkomnensteuerliche Zwecke (gesonderte Bilanzierung und Abschreibung) diejenigen Gebäudebestandteile aus, die nicht in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang zu dem Gebäude selbst stehen, sondern einem davon getrennten anderen Zweck dienen. Gedacht ist dabei in erster Linie ebenfalls an die Betriebsvorrichtungen. Außerdem werden aus dem Gebäudebegriff die Scheinbestandteile nach § 95 Abs. 2 BGB ausgeschieden unter C II 3 c der Entscheidungsgründe). Nach der Berachtungsweise des Großen Senats steht somit mehr die Frage im Vordergrund, in welchem Nutzungs- und Funktionszusammenhang der streitige Gebäudeteil jeweils steht. Wirtschaftsgüter, die in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude stehen, werden oft auch wesentliche Bestandteile i. S. des § 94 Abs. 2 BGB sein.
3. Der Senat ist mit der Vorinstanz der Meinung, daß das von den Klägern angeschaffte Klimagerät weder ein wesentlicher Gebäudebestandteil nach § 93 BGB geworden ist, noch daß es sich dabei um eine zur Herstellung des Gebäudes eingefügte Sache handelt. Es ist zwar richtig, daß das Gerät "zwischen Teile des Gebäudes gebracht und durch Einpassen in eine für es bestimmte Stelle mit den es umschließenden Stücken vereinigt" worden ist (vgl. zur Begriffsbestimmung Palandt-Danckelmann, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 33. Aufl., § 94 Anm. 4, sowie die BFH-Urteile vom 4. Mai 1962 III 348/60 U, BFHE 75, 178, BStBl III 1962, 333, und vom 1. Dezember 1970 VI R 358/69, BFHE 101, 1, BStBl II 1971, 162). Es wäre jedoch vordergründig, bereits daraus den Schluß zu ziehen, das Gerät wäre dadurch eine zur Herstellung des Gebäudes eingefügte Sache geworden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang allerdings, daß das Gerät erst später und nicht bereits bei der Errichtung des Gebäudes in der Hauswand untergebracht worden ist. Durch das Einfügen soll die Sache jedoch ihrer Zweckbestimmung zugeführt werden (vgl. Soergel-Siebert, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl., § 94 Anm. 16).
Das "Einfügen zur Herstellung" ist also ein finaler Begriff. Das FA hat bei seiner Beurteilung die Überlegung in den Vordergrund gestellt, daß das Klimagerät als Gebäudeabschluß -- statt der ausgebrochenen Wand -- diene. Diesen Zweck erfüllt es jedoch nur mittelbar. Seine Zweckbestimmung liegt nicht darin, das Gebäude nach außen abzuschließen -- wie es bei einer Wand, einer Tür oder einem Fenster der Fall ist --, sondern es hat die Aufgabe, das Behandlungszimmer der Kläger mit frischer Luft zu versorgen. Dies ist der ihm zugedachte Zweck, und er muß deshalb bei der Beurteilung den Ausschlag geben. Auch über die wirtschaftliche Betrachtungsweise und die Verkehrsauffassung (vgl. dazu Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 5. Aufl., § 94 Anm. 9) wird das Klimagerät nicht zu einem Gebäudebestandteil.
4. Geht man mit dem Großen Senat von dem Nutzungs- und Funktionszusammenhang als dem eigentlichen Abgrenzungsmerkmal aus, so ergibt sich nichts anderes. Das von den Klägern in der Wand installierte Klimagerät dient nicht der Nutzung des hier fraglichen Gebäudes oder Gebäudeteils. Für den Funktionszusammenhang mit dem Gebäude spielt die Zweckbestimmung des jeweiligen Gebäudes oder Gebäudeteils eine Rolle. So wird man beispielsweise beim Einbau einer Be- und Entlüftungsanlage in einer Hotelküche den Funktions- und Nutzungszusammenhang bejahen müssen. Ein in der Wand oder in einem Fenster eingebautes einzelnes Klimagerät der hier vorliegenden Art dient jedoch nicht bereits der Gebäudenutzung oder dem Gebäudezweck dadurch, daß es sich für den Aufenthalt der darin wohnenden oder arbeitenden Menschen nützlich erweist, sondern erst dann, wenn es für die Ausübung der Zahnarztpraxis in diesem Gebäudeteil unentbehrlich ist. Es kann nicht mit einer zentralen Heizungsanlage verglichen werden, die in unseren Breiten für die Nutzung eines Gebäudes notwendig ist (vgl. BFH-Urteil vom 20. März 1975 IV R 16/72, BFHE 116, 112, BStBl II 1975, 689).
Nach Auffassung des Senats hat das Klimagerät mehr die Eigenschaft eines Zubehörs (§§ 97 f. BGB) zu dem Behandlungsraum, dem es räumlich zugeordnet ist und dem zu dienen es bestimmt ist, ohne freilich dadurch zur Betriebsvorrichtung zu der in den Räumen ausgeübten Zahnarztpraxis der Kläger zu werden.
5. Das Klimagerät ist somit kein Gebäudebestandteil, sondern stellt sich vielmehr als eine bewegliche Sache dar, für die den Klägern eine Investitionszulage zusteht. Bei dieser Sachlage braucht zu der Frage, ob das Klimagerät gegebenenfalls ein Scheinbestandteil wäre, nicht Stellung genommen zu werden. In die Bemessungsgrundlage sind auch -- wie es die Vorinstanz getan hat -- die Installationskosten (227 DM) einzubeziehen, weil sie mit der Anschaffung des Geräts in Zusammenhang stehen.