Normen
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG
§ 6 Abs. 2 EStG
§ 7 EStG
Tatbestand:
Streitig ist, ob die elektrische Installation eines Kaufhauses gesondert aktivierungs- und abschreibungsfähig ist und ob die Einzellampen und Einbauleuchten von Neonlichtbändern geringwertige Wirtschaftsgüter im Sinne von § 6 Abs. 2 EStG sind.
Die Revisionsklägerin ist die Ehefrau (Witwe) des im Juli 1971 verstorbenen Klägers. Dieser betrieb seit dem Jahre 1955 ein Kaufhaus, das er im Jahre 1965 mit einem Aufwand von fast 2 Millionen DM wesentlich erweiterte. Die Raumbeleuchtung wurde teils in fortlaufend aneinandergefügten einröhrigen Neonleuchten ausgeführt, teils in mit je vier nebeneinanderliegenden Neonlampen bestückten Einbauleuchten. Auch die Einbauleuchten wurden so angeordnet, daß sie als -- wenn auch unterbrochene -- Lichtbänder erscheinen.
Die Beleuchtung besteht nach den Angaben des Klägers im Kellergeschoß aus 19 Lichtbändern mit insgesamt 256 einflammigen Neonlampen, im Erdgeschoß aus 22 Lichtbändern mit insgesamt 304 einflammigen Neonlampen, im I. Obergeschoß aus 19 Lichtbändern mit insgesamt 57 Einbauleuchten und 11 Lichtbändern mit 139 einflammigen Neonlampen, im II. Obergeschoß aus 4 Lichtbändern mit 33 Einbauleuchten und 24 Lichtbändern mit 212 einflammigen Neonlampen. Die Kosten betrugen -- ebenfalls nach den Angaben des Klägers -- für eine einflammige Neonlampe 22,90 DM, für eine Einbauleuchte 87,10 DM bzw. 124,80 DM je nach Bestückung mit 20-oder 40-Watt-Röhren.
Für die Stromzuführung zu den genannten Beleuchtungskörpern und den anderen Stromverbrauchern wurden Kabel verwendet. Die Kabel wurden in Führungskanälen verlegt, die an den Decken zwischen der Massivdecke und der abgehängten Kunstoffplattendecke verlaufen, so daß sie verdeckt sind.
In der Bilanz zum 31. Dezember 1965 aktivierte der Kläger die gesamte Elektroinstallation einschließlich der Beleuchtungsanlagen und des Schaltsystems unter Annahme einer 10jährigen Nutzungsdauer als ein selbständiges Wirtschaftsgut "Lichtanlagen". Nach Durchführung einer Betriebsprüfung im April/Mai 1967 beanstandete der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) das Vorgehen des Klägers; er ließ zwar aus Vereinfachungsgründen den getrennten Bilanzausweis zu, paßte jedoch die AfA der Gebäudenutzungsdauer an. Den erst bei der Schlußbesprechung gestellten Antrag, die Kosten der Lichtbänder im Wege der Bilanzänderung als sofort abschreibungsfähig gemäß § 6 Abs. 2 EStG anzuerkennen, lehnte das FA ab.
Einspruch und Klage hinsichtlich des Steuerbescheides vom 5. März 1968 blieben in den Streitpunkten ohne Erfolg. Das FG führte aus:
Zwar habe die Rechtsprechung Ausnahmen vom Grundsatz der einheitlichen Abschreibung des Gebäudes und der in das Gebäude eingebauten Anlagen, z. B. für Sammelheizungen und Schaufenstereinbauten, zugelassen, weil hier die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer dieser Anlagen wesentlich kürzer sei als die des Gebäudes und die Anlagen einen besonderen Rentabilitätsfaktor darstellten. Das könne jedoch im Streitfall von der Stromversorgungsanlage nicht gesagt werden; sie bilde baulich und funktionell einen integrierenden Bestandteil des Gebäudes. Die Einzelteile der Beleuchtungsanlage seien auch keine der selbständigen Bewertung und Nutzung fähigen geringwertigen Wirtschaftsgüter, bildeten vielmehr -- wie schon die Bezeichnung "Lichtbänder" deutlich mache -- stockwerksweise Sachgesamtheiten (BFH-Urteil vom 5. Oktober 1956 I 133/56 U, BFHE 63, 465, BStBl III 1956, 376).
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision der Revisionsklägerin mit dem Antrag, die elektrischen Versorgungsanlagen des Kaufhauses als gesondert aktivierungs- und abschreibungsfähig (Nutzungsdauer zehn Jahre) zu behandeln und die Neonlichtbänder als geringwertige Wirtschaftsgüter zu betrachten und anzuerkennen. Zur Begründung läßt sie vortragen:
Unbeschadet ihrer bürgerlich-rechtlichen Eigenschaft als wesentliche Bestandteile eines Gebäudes (§ 94 Abs. 2 BGB) seien nach der neueren Rechtsprechung besondere Bodenbeläge, Entlüftungsanlagen, Heizungsanlagen, Klimaanlagen, Lautsprecher- und Suchanlagen, Personenfahrstuhlanlagen, Rolltreppen, sanitäre Anlagen, Schaufensteranlagen, Sprechanlagen als selbständige aktivierbare und gesondert abschreibungsfähige Gebäudeteile anerkannt worden. Im Streitfall könne für die Stromversorgungsanlage und die betrieblichen Elektroinstallationen beginnend ab dem Hauptverteiler nichts anderes gelten, da sie nicht unter Verputz, sondern auf Verputz verlegt seien. Die innerbetrieblichen Beleuchtungskörper seien kein gesondert zu aktivierender Gebäudeteil, sondern bewegliche Wirtschaftsgüter, da sie ohne Schwierigkeiten nach Belieben abgenommen und an anderer Stelle wieder angebracht werden könnten. Das vom FG in Bezug genommene BFH-Urteil sei überholt (Urteil vom 20. November 1958 IV 76/57, Steuerrechtsprechung in Karteiform -- StRK -- Einkommensteuergesetz, § 6 Abs. 2, Rechtsspruch 8, die Neonbeleuchtung eines Ladenerweiterungsbaus nebst Schaufensterneugestaltung betreffend). Soweit das FG die Beleuchtungsanlagen im Kaufhaus stockwerksweise als Sachgesamtheiten angesehen habe, sei seine Auffassung insofern verfehlt, als jedes durch mehrere Neonröhren aneinandergereihte Lichtband ein Wirtschaftsgut oder eine Sachgesamtheit für sich darstelle, die in ihren Anschaffungskosten den Betrag von 800 DM nicht übersteige. Gleichzeitig werde um die Genehmigung der Bilanzänderung nachgesucht.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die Möglichkeit der getrennten Abschreibung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gebäudes und der in das Gebäude eingebauten Anlagen hat der BFH mit Beschluß des Großen Senats vom 26. November 1973 GrS 5/71 (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) -- dem Vorlagebeschluß des VIII. Senats des BFH vom 31. August 1971 VIII R 61/68 (BFHE 103, 141, BStBl II 1971, 768) entsprechend -- unter weitgehender Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung auf solche Anlagen eingeschränkt, die -- im bewertungsrechtlichen Sinne -- Betriebsvorrichtungen oder nach Maßgabe eines besonderen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs selbständige Wirtschaftsgüter sind, sowie auf solche Anlagen oder Teile, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in das Gebäude eingefügt wurden.
Zu den bewertungsrechtlich als Betriebsvorrichtungen beurteilten Anlagen gehören nach dem gemeinsamen Ländererlaß zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen vom 31. März 1967 (BStBl II 1967, 120, 127; vgl. Nr. 15) nicht Beleuchtungsanlagen; diese gehören grundsätzlich dem Gebäude zu. Spezialbeleuchtungsanlagen (z. B. für Schaufenster) sind Betriebsvorrichtungen.
Danach findet auf das Gebäude und die in dasselbe eingebauten funktionell unselbständigen Anlagen nurmehr ein einheitlicher Abschreibungssatz Anwendung. Es kann deshalb nicht mehr darauf ankommen, ob im Streitfalle die bisher für Anlagen der von der Revisionsklägerin genannten Art geltende Rechtsprechung anwendbar gewesen wäre, nachdem nunmehr für Beleuchtungsanlagen der hier vorliegenden Art keine gesonderte Aktivierung mehr Platz greift.
2. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 28. März 1973 I R 105/71 (BFHE 109, 323, BStBl II 1974, 2) ausgeführt, daß ein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut einer selbständigen Nutzung im Sinne von § 6 Abs. 2 EStG fähig sei, wenn es ohne wesentliche Veränderung aus seinem bisherigen Nutzungszusammenhang herausgelöst werden kann und in einem Nutzungszusammenhang anderer Art funktionsfähig bleibt.
Für die hier streitigen Lichtbänder fehlt es bereits an der Voraussetzung ihrer selbständigen Bewertungsfähigkeit. Die einzelnen Neonröhren und ihre Halterungen gehen mit ihrer Montage sowohl baulich wie bewertungsmäßig in das Gebäude ein. Sie verlieren damit ihre selbständige Bewertungsfähigkeit. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Neonröhren und ihre Halterungen einer selbständigen Nutzung fähig sind.