OGH 10Ob28/11g; 2Ob212/16i; 7Ob33/17d; 1Ob2/23k (RS0126972)

OGH10Ob28/11g; 2Ob212/16i; 7Ob33/17d; 1Ob2/23k27.1.2023

Rechtssatz

Dass eine E-Mail keine zulässige Form des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) im Sinn der ERV 2006 ist (§ 5 Abs 1a ERV 2006), bedeutet, dass Schriftsätze, die per E-Mail oder als PDF‑Anhang einer E‑Mail übermittelt werden, nicht einer im ERV übermittelten Eingabe gleichzuhalten sind, nicht aber, dass sie unbeachtlich sind. Auf sie sind vielmehr in Analogie die für die Telefax‑Eingabe geltenden Grundsätze anzuwenden. Da das Postlaufprivileg des § 89 Abs 1 GOG mangels einer Aufgabe bei der Post für Eingaben per E‑Mail nicht gilt, kommt es für die Rechtzeitigkeit der Eingabe auf das Einlangen bei Gericht an. Dies ist bei einer E‑Mail‑Sendung der Fall, wenn sie von einem Server, den das Gericht für die Empfangnahme von an es gerichteten E‑Mail‑Sendungen gewählt hat, empfangen wurde und sich damit im „elektronischen Verfügungsbereich“ des Gerichts befindet; sobald etwa die E‑Mail‑Sendung in einem Empfänger-Postfach (E‑Mailbox) zum Abruf durch das Gericht bereit liegt, mag dies auch außerhalb der Amtsstunden sein.

Normen

ZPO §74
GOG §89 Abs1
ERV 2006 §5 Abs1a

10 Ob 28/11gOGH31.05.2011

Veröff: SZ 2011/67

2 Ob 212/16iOGH19.12.2016

Abweichend; Beisatz: Ein an das Gericht (Richter oder Diplomrechtspfleger) gerichtetes E-Mail ist unzulässig und nicht fristenwahrend. (T1)<br/>Beisatz: Anderes gilt für Eingaben an den Gerichtskommissär, insbesondere wenn auf dem Briefkopf des Gerichtskommissärs seine E‑Mail‑Adresse aufscheint, wodurch dieser zu erkennen gibt, Zustellungen auch im Weg eines E-Mails an die angegebene E-Mail-Adresse entgegenzunehmen. (T2)

7 Ob 33/17dOGH26.04.2017

Auch

1 Ob 2/23kOGH27.01.2023

Beisatz wie T1<br/>Beisatz: hier: außerordentlicher Revisionsrekurs (T3)

Dokumentnummer

JJR_20110531_OGH0002_0100OB00028_11G0000_001