OGH 9Bkd1/95; 2Bkd1/08; 14Bkd4/09; 22Os1/15k; 24Ds1/23s (RS0101397)

OGH9Bkd1/95; 2Bkd1/08; 14Bkd4/09; 22Os1/15k; 24Ds1/23s13.9.2023

Rechtssatz

Gemäß § 13 RL-BA 1977 darf der Rechtsanwalt die Partei, von der er den Auftrag übernommen hat, Vertragsverhandlungen zu führen oder einen Vertrag zu verfassen, nur dann in einem Rechtsstreit aus diesem Vertrag vertreten, wenn auch die andere Partei von einem berufsmäßigen Parteienvertreter beraten war oder der Rechtsanwalt sogleich ausdrücklich erklärt hat, nur seine Partei zu vertreten. Die vom Rechtsanwalt geforderte Erklärung muss daher sogleich, also sofort bei Beginn der Tätigkeit des Anwalts und außerdem ausdrücklich abgegeben werden.

Normen

DSt 1990 §1 Abs1 B
RL-BA 1977 §13

9 Bkd 1/95OGH15.01.1996
2 Bkd 1/08OGH08.09.2008

Auch; Beisatz: Gemäß § 13 RL-BA steht es zwar dem Rechtsanwalt auch dann, wenn er einen Vertrag verfasst, frei, seinen Mandanten in einem späteren Rechtsstreit aus diesem Vertrag zu vertreten, wenn er sogleich ausdrücklich erklärt hatte, nur seine Partei zu vertreten (§ 13 zweiter Fall RL-BA). Hätte sich aber der Disziplinarbeschuldigte im Sinn des § 13 RL-BA durch eine entsprechende ausdrückliche Erklärung die Möglichkeit wahren wollen, im Fall eines späteren, aus dem Vertrag resultierenden Rechtsstreits der Parteien seinen Mandanten gegenüber dem anderen Vertragspartner zu vertreten, hätte er die ihm im Vertrag zugedachte schiedsrichterliche Funktion nicht übernehmen dürfen. (T1)<br/>Beisatz: Der Verständnisgehalt des § 13 zweiter Fall RL-BA besteht in der Verpflichtung des Rechtsanwalts, den Anschein zu vermeiden, dass er - auch bei klarer, einseitiger Auftragserteilung - weitergehende Interessen der anderen Vertragspartei über die gesetzlichen Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten hinaus wahrnehmen würde. Es soll vermieden werden, dass die unvertretene Partei in den Vertragsverfasser Vertrauen und Erwartungen setzt, die sie ansonsten unterlassen hätte. Der Gefahr des Verlusts des Vertrauens in die Integrität des Rechtsanwalts und dem Eindruck, Anvertrautes sei dann zum Nachteil der anderen Vertragspartei verwendet worden, soll entgegengewirkt werden. (T2)<br/>Beisatz: Die Übernahme der Verpflichtung zu einer die Vertragspartner bindenden Vertragsauslegung durch den Vertragserrichter beseitigt die Erwartungshaltung beider Parteien und damit auch der unvertretenen Partei, der Vertragsverfasser werde objektiv auch ihre Interessen wahren, auch dann nicht, wenn sich die Vertragsparteien bereits auf den Vertragsinhalt geeinigt haben. (T3)

14 Bkd 4/09OGH25.05.2009

Auch; Beisatz: Gemäß § 13 RL-BA hat der Rechtsanwalt, wenn er den Auftrag zur Vertragsverfassung nur von einer Vertragspartei erhalten hat und der Vertragspartner unvertreten ist, ausdrücklich zu erklären, dass er nur seine Partei vertrete, wenn er sich die Möglichkeit wahren will, später seine Partei gegen den Vertragspartner in dieser Sache rechtsfreundlich zu vertreten. Diese Erklärung soll das Entstehen einer Erwartungshaltung und eines Vertrauens der anderen Vertragspartei verhindern. Wenn der Rechtsanwalt diese Formalität außer Acht lässt, und später seine Partei gegen den anderen Vertragspartner rechtsfreundlich vertritt, verstößt er gegen das Doppelvertretungsverbot, was disziplinär zu ahnden ist. (T4)

22 Os 1/15kOGH09.11.2015

Auch; Beis wie T1

24 Ds 1/23sOGH13.09.2023

vgl; Beisatz: Hier § 11 RL-BA 2015 (T5); Beisatz wie T2; Beisatz wie T4

Dokumentnummer

JJR_19960115_OGH0002_009BKD00001_9500000_001