Rechtssatz
Der Kläger im Zivilverfahren handelt zur Durchsetzung einer von ihm geltend gemachten zivilrechtlichen Forderung in Ausübung des Rechts, alle für seinen Standpunkt sprechenden sachlichen und rechtlichen Argumente vollständig vorzubringen. Dies ergibt sich bereits aus dem aus Art 6 Abs 1 MRK ableitbaren Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs und ist auch aus den in § 178 ZPO für die Parteien des Zivilverfahrens normierten Pflicht, „alle ... zur Begründung ihrer Anträge erforderlichen tatsächlichen Umstände der Wahrheit gemäß vollständig und bestimmt anzugeben“, ableitbar. Ihm steht daher jedes Vorbringen zu, das – ohne Anlegen eines strengen Maßstabs aus der Sicht eines verständigen Beobachters in der Rolle der Prozesspartei – der Aufklärung der Sache dienlich und zur Durchsetzung seines Rechtsstandpunkts zweckmäßig sein kann, wobei von einer ex ante‑Betrachtung auszugehen und unmaßgeblich ist, ob sich das Vorbringen ex post tatsächlich als notwendig erweist.
25 Os 7/15i | OGH | 05.09.2016 |
Beisatz: Die sachliche Notwendigkeit der Offenbarung einer Disziplinarangelegenheit durch die Partei eines Zivilverfahrens (oder den Angeklagten im Strafverfahren) ist daher eher anzunehmen als in anderen, nicht von Art 6 Abs 1 MRK erfassten Fällen. (T1) |
25 Ds 1/21w | OGH | 18.10.2021 |
Vgl; Beisatz: Hier: Beklagter im Zivilverfahren; den Tatsachen entsprechendes Vorbringen, dass gegen einen Zeugen (einen Rechtsanwalt) ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdacht des Betrugs nach § 146 StGB anhängig ist, um dessen Glaubwürdigkeit zu erschüttern. (T2) |
Dokumentnummer
JJR_20160905_OGH0002_0250OS00007_15I0000_001
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