Rechtssatz
Der Begriff "Prozessfähigkeit", der die Fähigkeit meint, Prozesshandlungen entweder persönlich oder durch einen selbst bestellten Vertreter wirksam vorzunehmen, ist ein zivilrechtlicher. Er ist von der strafprozessualen Verhandlungsfähigkeit, also der mit Blick auf die körperliche und geistige Verfassung zu beurteilenden Fähigkeit, dem Verlauf der Verhandlung zu folgen, sich verständlich zu äußern und seine Rechte sinnvoll wahrzunehmen, zu unterscheiden. Das Fehlen der Verhandlungsfähigkeit in der Hauptverhandlung kann einen aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO relevanten Verfahrensmangel bewirken. Gleichermaßen (nur) aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO bedeutsam sein könnte die wiederum von Verhandlungsfähigkeit und Prozessfähigkeit zu unterscheidende Beteiligungsfähigkeit des § 430 Abs 5 StPO. Mit Strafbarkeitsvoraussetzungen (§ 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO) haben all diese Fähigkeiten definitionsgemäß nichts zu tun.
11 Os 91/16s | OGH | 13.09.2016 |
Auch; Beisatz: Der materiell‑rechtliche Begriff der Zurechnungsfähigkeit des § 11 StGB ist von der (strafrechtlichen) Prozessfähigkeit, also jener Fähigkeit, Prozesshandlungen selbstständig vorzunehmen und rechtserhebliche prozessuale Willenserklärungen abzugeben ebenso zu unterscheiden, wie von der strafprozessualen Verhandlungsfähigkeit, also der mit Blick auf die körperliche und geistige Verfassung zu beurteilenden Fähigkeit, dem Verlauf der Verhandlung zu folgen, sich verständlich zu äußern und seine Rechte sinnvoll wahrzunehmen. (T1) |
Dokumentnummer
JJR_20030211_OGH0002_0140OS00017_0300000_001
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