OGH 12Os51/01 (RS0115915)

OGH12Os51/0114.3.2018

Rechtssatz

Die für den strafgerichtlichen Bereich - zur Vermeidung zweifach oder mehrfacher Ahndung strafbaren Verhaltens - geltende Interferenzregelung, wonach - unter der Voraussetzung, dass (aus wertender Sicht) durch eine oder mehrere Handlungen zwei oder mehrere Tatbestände erfüllt wurden und durch Subsumtion unter einen Tatbestand der gesamte Unrechtsgehalt des Täterverhaltens erfasst wird - eine Bestrafung ausschließlich wegen des vorrangigen Deliktes stattzufinden hat, gilt auch im Verhältnis idealkonkurrierender strafbarer Handlungen, deren Ahndung zum Teil den Gerichten, zum Teil hingegen den Verwaltungsbehörden übertragen ist.

Daraus folgt für die Konkurrenzproblematik zwischen den Tatbeständen nach § 81 Z 2 StGB und § 5 Abs 1 StVO unzweifelhaft die Prävalenz der strafgesetzlichen Bestimmung, weshalb jeder Denkansatz in Richtung Verdrängung der gerichtlich strafbaren Handlung durch das verwaltungsstrafrechtliche Delikt (unabhängig davon, ob für den verwaltungsstrafrechtlichen Bereich Subsidiaritätsklauseln bestehen oder nicht), vorweg ausser Betracht zu bleiben hat.

Normen

StGB §81 Z2
StPO §363a
StVO §5 Abs1
7.ZPMRK Art4

12 Os 51/01OGH22.11.2001
15 Os 18/02OGH22.08.2002

Vgl aber; Beisatz: Bei tateinheitlichem Zusammentreffen von Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand (§5 Abs1 iVm §99 Abs1b StVO) und der dadurch fahrlässig verschuldeten Tötung oder Körperverletzung (§81 Abs1 Z2 oder §88 Abs1 und Abs3 iVm §81 Z2 StGB) wird die Verwaltungsübertretung zufolge der in §99 Abs6 litc StVO ausdrücklich statuierten Subsidiarität von der-somit nur scheinbar ideell konkurrierenden-strafbaren Handlung nach §§81 oder 88 StGB verdrängt, sodass gesetzmäßig nur wegen des gerichtlichen Tatbestandes verurteilt und bestraft werden darf. Das die Subsidiarität nicht beachtende Straferkenntnis der Verwaltungsbehörde ist kein wirkungsloser, die Gerichte deswegen nicht bindender Verwaltungsakt ("absolut nichtig"), sondern wegen des doppelten Fehlerkalküls von §68 Abs4 lita AVG, §30 Abs3 zweiter Satz VStG, zwar existent, jedoch vernichtbar. (T1)

15 Os 154/02OGH21.08.2003

Vgl; Beisatz: Der EGMR hat mit Blick auf seine bei der Entscheidung über die Erneuerung des Strafverfahrens zu Grunde zu legende Rechtsansicht trotz der Tatsache, dass das verwaltungsbehördliche Straferkenntnis der damaligen Rechtslage entsprach, die im seinerzeitigen § 99 Abs 6 lit c StVO eine Doppelbestrafung vorsah, die nachfolgende strafgerichtliche Verurteilung des Erneuerungswerbers wegen alkoholqualifizierter Körperverletzung (§ 88 Abs 3 [§ 81 Z 2] StGB) als konventionswidrig iSd Art 4 7. ZPMRK erachtet. (T2)

15 Os 144/14mOGH29.04.2015

Auch

15 Os 111/17pOGH14.03.2018

Auch; Beis wie T1

Dokumentnummer

JJR_20011122_OGH0002_0120OS00051_0100000_001