OGH 1Ob21/09h (RS0124558)

OGH1Ob21/09h26.2.2009

Rechtssatz

Der Grundsatz, nach dem das Unterlassen einer gesetzmäßigen Verständigung des Bewohnervertreters schon für sich die Unzulässigkeit der freiheitsbeschränkenden Maßnahme bewirkt, ist insoweit einzuschränken, als dies für solche (kurzfristige) Maßnahmen (zum Beispiel „Einmalmedikationen") dann nicht gelten kann, wenn deren Folgen für den betreffenden Bewohner auch im Falle einer unverzüglichen Verständigung des Bewohnervertreters gemäß § 7 Abs 2 HeimAufG nicht mehr beeinflusst werden könnten. Soweit also eine unverzügliche Verständigung zwar unterblieben ist, eine solche aber auch nicht geeignet gewesen wäre, dem Bewohnervertreter eine Einflussnahme auf die durch die Maßnahme herbeigeführten Folgen zu ermöglichen, führt die bloße Tatsache der unterlassenen Verständigung nicht per se zu einer Unzulässigkeit der Maßnahme. In einem solchen Fall ist die Maßnahme nur dann für unzulässig zu erklären, wenn sie inhaltlich ungerechtfertigt war.

Normen

HeimAufG §7

1 Ob 21/09hOGH26.02.2009
7 Ob 193/13bOGH13.11.2013

Auch; Beisatz: Dieser Grundsatz ist nur für (kurzfristige) Maßnahmen (zum Beispiel „Einmalmedikationen“) einzuschränken, wenn deren Folgen für den Bewohner auch bei einer unverzüglichen Verständigung nicht mehr beeinflusst werden könnten. (Hier: Dauermedikation mit Risperal Quicklet und Seroquel, um den Bewohner zu sedieren.) (T1)<br/>Beisatz: Es ist klar, dass (wie vom Erstgericht angeordnet) immer wieder geprüft werden muss, ob eine Maßnahme noch den Prinzipien der Unerlässlichkeit und Verhältnismäßigkeit entspricht. (T2)

7 Ob 21/16pOGH06.04.2016

Vgl auch

7 Ob 87/19yOGH12.06.2019

Gegenteilig; Beisatz: Die Verständigungspflicht nach § 7 Abs 2 HeimAufG besteht auch bei Verabreichung einer Bedarfsmedikation ("Einmal-Medikation"). (T3)

Dokumentnummer

JJR_20090226_OGH0002_0010OB00021_09H0000_001