OGH 15Os32/07f (RS0121924)

OGH15Os32/07f13.11.2008

Rechtssatz

Durch Verbringung einer geschützten Person in ein für sie fremdes Land, auch wenn diese von einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen erfolgt, ist generell die Gefahr für sie verbunden, in finanzielle Abhängigkeit von anderen zu geraten und ihre sexuelle Dispositionsfähigkeit zu verlieren. § 217 StGB erfasst daher eine „besonders gefährliche und schamlose" Form der Förderung der Prostitution, sodass die in dieser Bestimmung gegenüber § 215 StGB vorgenommene Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist.

Normen

StGB §215
StGB §217
EG Amsterdam Art39
EG Amsterdam Art43

15 Os 32/07fOGH29.03.2007
11 Os 39/08gOGH29.04.2008

Auch; Beisatz: § 217 StGB enthält keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, ist diese Strafnorm doch vielmehr als Schutzbestimmung zu Gunsten von Personen zu verstehen, die zum tatbestandsspezifischen Zweck in ein Land verbracht werden, das für sie weder Heimatland noch gewöhnliches Aufenthaltsland ist. Die Niederlassungsfreiheit (Art 43 EG) und die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs (Art 49 EG) von Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedstaates, die in einem anderen Mitgliedstaat der Prostitution nachgehen wollen, wird dadurch in keiner Weise eingeschränkt. (T1)

15 Os 122/08tOGH13.11.2008

Vgl; Beisatz: Mittels der Strafbestimmung des § 217 Abs 1 StGB wird die Ausübung der Prostitution an sich nicht beeinträchtigt, sondern vielmehr in Umsetzung internationaler Rechtsakte zur Unterdrückung des Frauen- und Kinderhandels, unter anderem auch des Rahmenbeschlusses des Rates der EU vom 19. Juli 2002 zur Bekämpfung des Menschenhandels (ABl L 203/1), bloß deren - oft (wenngleich nicht zwingend) mit besonderen (va finanziellen) Abhängigkeitsverhältnissen verbundene - grenzüberschreitende Förderung durch Dritte sanktioniert. (T2)

Dokumentnummer

JJR_20070329_OGH0002_0150OS00032_07F0000_001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)