vorheriges Dokument
nächstes Dokument

BGBl I 1/2024

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

1. Realkostenverrechnungsvereinbarung Bund – Wien
1. (NR: GP XXVII RV 2272 AB 2289 S. 241 . BR: AB 11355 S. 960 .)

1. Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Wien gemäß Artikel 15a B-VG, mit der die Verrechnung der Differenzbeträge zwischen den Kostenhöchstsätzen der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG und den tatsächlich entstandenen Kosten für sämtliche in organisierten Unterkünften untergebrachten Personen inklusive der Unterbringung, Versorgung und Betreuung von vulnerablen Personengruppen ermöglicht werden soll (Realkostenverrechnungsvereinbarung Bund – Wien)

1.

Der Nationalrat hat beschlossen:

Der Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG wird genehmigt.

Der Bund, vertreten durch die Bundesregierung, und das Land Wien, vertreten durch den Landeshauptmann, – im Folgenden Vertragspartner genannt – kommen überein, gemäß Artikel 15a B-VG die nachstehende Vereinbarung zu schließen:

Artikel 1

Zielsetzung und Geltungsumfang

(1) Die Vertragspartner kommen überein, zur Bewältigung der Herausforderungen im Bereich der Grundversorgung für sämtliche in organisierten Unterkünften untergebrachten Personen sowie für in Einrichtungen für Pflege- und Betreuung, für Behindertenhilfe oder der Kinder- und Jugendhilfe untergebrachten vulnerablen Personen zusätzlich zu den Kostenhöchstsätzen der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen zur vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde (Asylwerber, Asylberechtigte, Vertriebene und andere aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht abschiebbare Menschen) in Österreich (Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG), BGBl. I Nr. 80/2004, eine Verrechnung der Differenzbeträge zu ermöglichen, die sich aus den nach Art. 9 Z 1, 6 und 7 der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG verrechneten Kostenhöchstsätzen und den tatsächlich entstandenen Kosten inklusive aller Steuern und Abgaben (Realkosten) ergeben, um das Angebot an Grundversorgungsquartieren in Wien weiterhin und nachhaltig sicherstellen zu können.

(2) Die Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG, die Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a B-VG über eine Erhöhung ausgewählter Kostenhöchstsätze des Art. 9 der Grundversorgungsvereinbarung, BGBl. I Nr. 48/2016 sowie die Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a B-VG, mit der insbesondere eine Erhöhung ausgewählter Kostenhöchstsätze des Art. 9 der Grundversorgungsvereinbarung sowie eine Erstversorgungspauschale festgelegt wird, BGBl. I Nr. 197/2022, bleiben unverändert in Kraft. Die gegenständliche Vereinbarung ergänzt diese lediglich im Verhältnis zwischen dem Bund und dem Land Wien.

Artikel 2

Realkosten und Verrechnung der Differenzbeträge

(1) Als Realkosten des Landes Wien im Sinne dieser Vereinbarung gelten die laut den Tarifvereinbarungen im Rahmen der Grundversorgung in Wien zur Verrechnung gelangenden Tarife oder die festgelegten Tagsätze im jeweiligen Leistungsbereich der Sozialhilfe-, Behindertenhilfe- bzw. Kinder- und Jugendhilfeträger für Leistungen im Sinne des Art. 9 Z 1, 6 und 7 der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG.

(2) Als Realkosten des Bundes im Sinne dieser Vereinbarung gelten die auf Seiten des Bundes für Leistungen im Sinne des Art. 9 Z 1, 6 und 7 der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG tatsächlich angefallenen Kosten hinsichtlich der im gesamten Bundesgebiet in Betreuungseinrichtungen nach Art. 3 Abs. 1 der Grundversorgungvereinbarung – Art. 15a B-VG tatsächlich versorgten Personen. Aus diesen Kosten errechnet sich zum Zeitpunkt der Verrechnung ein Kostensatz anhand der Anzahl der vom Bund tatsächlich versorgten Personen.

(3) Die Differenzbeträge zwischen den Realkosten nach Abs. 1 und 2 und den nach Art. 9 Z 1, 6 und 7 der Grundversorgungvereinbarung – Art. 15a B-VG verrechneten Kostenhöchstsätzen werden nach Maßgabe der Abs. 5 und 6 zwischen dem Bund und dem Land Wien aufgeteilt.

(4) Die Verrechnung der Differenzbeträge zwischen den Realkosten nach Abs. 1 und 2 und den nach Art. 9 Z 1 und 6 der Grundversorgungvereinbarung – Art. 15a B-VG verrechneten Kostenhöchstsätzen erfolgt dabei unter Anwendung der Vereinbarungen betreffend Sonderunterbringung, Sonderbetreuung und mobile Pflege des Bund-Länder Koordinationsrats, sowohl in organisierten Einrichtungen als auch für individuell untergebrachte Personen.

(5) Die Differenzbeträge zwischen den dem Land Wien in Erfüllung von 100 % seiner Betreuungsquote gemäß Art. 1 Abs. 4 der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG entstandenen Realkosten nach Abs. 1 und den nach Art. 9 Z 1, 6 und 7 der Grundversorgungvereinbarung – Art. 15a B-VG verrechneten Kostenhöchstsätzen werden im Verhältnis sechs zu vier zwischen dem Bund und dem Land Wien aufgeteilt. Die Differenzbeträge zwischen den dem Land Wien bei Übererfüllung seiner Betreuungsquote entstandenen Realkosten nach Abs. 1 und den gemäß Art. 9 Z 1, 6 und 7 der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG verrechneten Kostenhöchstsätzen werden hingegen zur Gänze vom Bund getragen. Zur Ermittlung der Höhe der Übererfüllung wird der jährliche Mittelwert herangezogen, der sich aus der Summe der jeweils zum Monatsersten vom Land Wien versorgten Personen im Verhältnis zur Betreuungsquote des Landes Wien in Prozent ergibt. Der dabei ermittelte Wert gilt für sämtliche Leistungen im Sinne des Art. 9 Z 1, 6 und 7 der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG.

(6) Aus den Differenzbeträgen zwischen den dem Bund entstandenen Realkosten gemäß Abs. 2 und den nach Art. 9 Z 1, 6 und 7 der Grundversorgungvereinbarung – Art. 15a B-VG verrechneten Kostenhöchstsätzen wird der Länderanteil von 40 % kalkuliert. Davon kann der Bund dem Land Wien jenen Anteil verrechnen, der sich gemäß der Betreuungsquote anhand des Bevölkerungsschlüssels Wiens ergibt.

(7) Der Bund und das Land Wien haben stets die Prinzipien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Gemeinnützigkeit zu beachten. Diese Gebarung unterliegt der Prüfung durch den Rechnungshof.

Artikel 3

Verrechnungsmodalitäten

(1) Die Verrechnung der Differenzbeträge zwischen den Realkosten nach Art. 2 Abs. 1 und 2 und den nach Art. 9 Z 1, 6 und 7 der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG verrechneten Kostenhöchstsätzen erfolgt für ein Kalenderjahr einmal jährlich unmittelbar nach der Verrechnung des vierten Quartals gemäß Art. 10 der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG.

(2) Die Verrechnung der Kosten gemäß dieser Vereinbarung erfolgt betreffend die Differenzbeträge zwischen den Realkosten nach Art. 2 Abs. 1 und 2 und den nach Art. 9 Z 6 und 7 der Grundversorgungvereinbarung – Art. 15a B-VG verrechneten Kostenhöchstsätzen ab 1. Jänner 2023, betreffend die Differenzbeträge zwischen den Realkosten nach Art. 2 Abs. 1 und 2 und den nach Art. 9 Z 1 der Grundversorgungvereinbarung – Art. 15a B-VG verrechneten Kostenhöchstsätzen ab 1. Jänner 2024.

(3) Die Vertragspartner stellen sich gegenseitig alle für die Kostenverrechnung relevanten Daten (vgl. § 231 UGB) auf Verlangen zur Verfügung. Für die wechselseitige Verrechnung müssen die verrechnungsrelevanten Unterlagen in ihrer Detailliertheit geeignet sein, die sachliche und rechnerische Richtigkeit zu prüfen.

(4) Die Verrechnung umfasst insbesondere folgende Kostenpositionen:

  1. 1. Personalkosten wie z. B. Betreuungspersonal, Administrationspersonal
  2. 2. Aufwendungen für Material und sonstige bezogene Herstellungsleistungen sowie Fremdleistungen wie z. B. Kosten für Essen- und Verpflegung, Verbrauchs- und Hygienematerial
  3. 3. Sonstige betriebliche Aufwendungen wie z. B. Miete und Betriebskosten, Instandhaltung,
  4. 4. Abschreibungen und geringwertige Wirtschaftsgüter
  5. 5. Sonstige betriebliche Aufwendung wie z. B. Gemeinkosten, Fortbildung

(5) Die verrechneten Kostenpositionen für Leistungen nach Art. 3 Abs. 2 Z 2 und Abs. 4, Art. 6 Abs. 1 Z 4 und Art. 9 Z 4 und 5 und 8 bis 16 der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG sowie die Erstversorgungspauschale gemäß der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a B-VG, mit der insbesondere eine Erhöhung ausgewählter Kostenhöchstsätze des Art. 9 der Grundversorgungsvereinbarung sowie eine Erstversorgungspauschale festgelegt wird, BGBl. I Nr. 197/2022, sind von der Verrechnung nach dieser Vereinbarung ausdrücklich ausgenommen. Weiters ausgenommen sind Overheadkosten, die nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der Durchführung der Grundversorgung für Leistungen im Sinne des Art. 9 Z 1, 6 und 7 der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a-BVG stehen. Die Vertragspartner stellen sicher, dass es zu keiner Doppelverrechnung von bereits im Rahmen der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG zwischen Bund und Ländern verrechneten Kostenpositionen kommt. Allfällige vom Bund dem Land Wien gesondert geleistete Zuwendungen für Leistungen im Sinne des Art. 9 Z 1, 6 und 7 der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG (bspw. Teuerungsausgleich) sind entsprechend in Abzug zu bringen.

(6) Nähere Durchführungsbestimmungen für die Verrechnung legen die Vertragspartner im Einvernehmen fest.

Artikel 4

Bund- Land Wien-Steuerungsgruppe

(1) Die Steuerungsgruppe setzt sich insgesamt aus jeweils drei Vertretern der Vertragspartner zusammen.

(2) Die Steuerungsgruppe tritt auf Verlangen eines Mitgliedes zusammen und widmet sich der Auslegung, der Verrechnung und Prüfung der Kosten, dem Monitoring, der Festlegung der Evaluierungsinhalte gemäß Abs. 3, der erforderlichen Berichterstattung über die in Bezug auf die Vereinbarung relevante Planung sowie der partnerschaftlichen Lösung von Problemen jeweils im Rahmen dieser Vereinbarung. Für die Erstellung einer Prognose betreffend die gemäß Art. 2 anfallenden Realkosten stellen sich die Vertragspartner die relevanten Daten wechselseitig zur Verfügung.

(3) Die Steuerungsgruppe überprüft ab 1. Juni 2024 die mit der Vereinbarung erzielten Wirkungen. Die Evaluierung soll mit 31. Dezember 2024 abgeschlossen werden. Die Ergebnisse werden den jeweiligen Vertragspartnern vorgestellt.

Artikel 5

Geltungsdauer und Kündigung

(1) Diese Vereinbarung wird befristet bis 30. Juni 2026 abgeschlossen. Im ersten Quartal 2026 werden die Vertragspartner über eine Weiterführung der Vereinbarung Gespräche führen.

(2) Den Vertragspartnern bleibt es unbenommen, diese Vereinbarung vor Ablauf der Befristung gemäß Abs. 1 im Einvernehmen aufzulösen, wobei insbesondere auf das Ergebnis der Evaluierung gemäß Art. 4 Abs. 3 Bedacht zu nehmen ist.

(3) Eine Kündigung der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG durch den Bund oder das Land Wien gilt gleichermaßen als Kündigung dieser Vereinbarung.

(4) Sollte zwischen dem Bund und allen Ländern eine Vereinbarung zur Verrechnung von über die nach den Art. 9 Z 1, 6 oder 7 der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG verrechenbaren Kostenhöchstsätzen hinausgehenden Realkosten abgeschlossen werden, endet die gegenständliche Vereinbarung in Bezug auf die über die jeweiligen Kostenhöchstsätze des Art. 9 Z 1, 6 oder 7 der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG verrechenbaren Realkosten ab Inkrafttreten der neuen Vereinbarung.

(5) Endet diese Vereinbarung nach Abs. 1, 2, 3 oder 4, so erfolgt eine Endabrechnung nach Art. 3.

Artikel 6

Inkrafttreten

(1) Diese Vereinbarung tritt zwischen dem Bund und dem Land Wien mit dem Ersten des Folgemonats in Kraft, sobald

  1. 1. die nach der Bundesverfassung erforderlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind und
  2. 2. die Mitteilung des Landes Wien über das Vorliegen der nach der Landesverfassung erforderlichen Voraussetzungen beim Bundeskanzleramt eingelangt sind.

(2) Nach dem 31. Juli 2024 können die Voraussetzungen für das Inkrafttreten der Vereinbarung nicht mehr erfüllt werden.

(3) Das Bundeskanzleramt wird dem Bundesministerium für Inneres und dem Land Wien die Erfüllung der Voraussetzungen mitteilen.

Artikel 7

Vereinbarungen mit anderen Ländern

Dem Bund ist es unbenommen Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Verrechnung von tatsächlich entstandenen Kosten der Grundversorgung mit anderen Ländern abzuschließen.

Artikel 8

Urschrift

Diese Vereinbarung wird in einer Urschrift ausgefertigt. Die Urschrift wird beim Bundeskanzleramt hinterlegt. Das Bundeskanzleramt hat allen Vertragspartnern beglaubigte Abschriften der Vereinbarung zu übermitteln.

Die Vereinbarung tritt gemäß ihrem Art. 6 Abs. 1 mit 1. Jänner 2024 in Kraft.

Edtstadler

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)