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BGBl I 147/2023

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

(NR: GP XXVII RV 2070 AB 2123 S. 222 . BR: AB 11261 S. 956 .)

147. Frauen-Schutzunterkunfts-Vereinbarung

147.

Der Nationalrat hat beschlossen:

Der Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG wird genehmigt.

Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über Schutzunterkünfte und Begleitmaßnahmen für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder (Frauen-Schutzunterkunfts-Vereinbarung - FSchVE)

Der Bund, vertreten durch die Bundesregierung, diese vertreten durch die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt, und die Länder Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien, jeweils vertreten durch den Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau, im Folgenden Vertragsparteien genannt, sind übereingekommen, gemäß Art. 15a B-VG die nachstehende Vereinbarung zu schließen:

Abschnitt 1

Zielsetzungen und Begriffsbestimmung

Artikel 1

(1) Die Vertragsparteien bekennen sich dazu, dass

  1. 1. Schutzunterkünfte - soweit keine bundesweite Betreuungszuständigkeit besteht - sowohl in Gesetzgebung als auch Vollziehung gemäß Art. 15 Abs. 1 B-VG in die Zuständigkeit der Länder fallen,
  2. 2. Maßnahmen, die auf die Stärkung der Selbstbestimmung und Selbstermächtigung von gewaltbetroffenen Frauen und deren nachhaltige Befreiung aus der Gewaltspirale abzielen, oberste Priorität haben,
  3. 3. Schutzunterkünfte in ausreichender Zahl und regionaler Streuung eine wichtige Voraussetzung für das in Abs. 1 Z 2 genannte Ziel sind sowie der Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (im Folgenden Istanbul Konvention), BGBl. III Nr. 164/2014, dienen und
  4. 4. Schutzunterkünfte auch auf vulnerable Gruppen, wie etwa Frauen mit besonderen Bedürfnissen, ausgerichtet sein sollen.

(2) Ziele dieser Vereinbarung sind:

  1. 1. die Erhöhung der Sicherheit von gewaltbetroffenen Frauen und deren Kinder während der Aufenthaltsdauer in Schutzunterkünften,
  2. 2. die Stärkung und Selbstermächtigung von gewaltbetroffenen Frauen und
  3. 3. die zielgerichtete Unterstützung von gewaltbetroffenen Frauen und deren Kinder auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes und gewaltfreies Leben.

(3) Zur Erreichung dieser Ziele ergreifen die Vertragsparteien folgende Umsetzungsmaßnahmen:

  1. 1. österreichweiter Ausbau des Angebots an Frauen- inklusive Kinderplätzen und Beratungs- und Betreuungsleistungen, insbesondere in Übergangswohnungen, gemäß Art. 4,
  2. 2. österreichweiter Erhalt des bestehenden Angebots an Frauen- inklusive Kinderplätzen und Beratungs- und Betreuungsleistungen in Schutzunterkünften gemäß Art. 5 und
  3. 3. Einrichtung einer bundesweiten Steuerungsgruppe unter Leitung der Nationalen Koordinierungsstelle gemäß Art. 6.

Artikel 2

Für diese Vereinbarung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

  1. 1. „Gewalt“: alle geschlechtsspezifischen Gewalthandlungen, die zu körperlichen, sexuellen oder psychischen Schäden oder Leiden führen oder führen können, einschließlich der Androhung solcher Handlungen.
  2. 2. „Frauenplatz“: zeitlich begrenzte Wohnmöglichkeit für gewaltbetroffene Frauen in Schutzunterkünften, die den Mindeststandards gemäß Art. 3 entspricht.
  3. 3. „Kinderplatz“: zeitlich begrenzte Wohnmöglichkeit für Kinder von gewaltbetroffenen Frauen in Schutzunterkünften.
  4. 4. „Schutzunterkünfte“: Häuser, Wohnungen oder sonstige Wohneinheiten, die gewaltbetroffenen Frauen und deren Kinder als geeignete zeitlich begrenzte Wohnmöglichkeit zur Verfügung stehen, über ein Sicherheits-, Schutz-, Beratungs- und Betreuungskonzept verfügen und von den Ländern finanziert oder ko-finanziert sind. Schutzunterkunft dient dabei als Überbegriff für die in der Praxis bestehenden unterschiedlichen Sicherheits-, Schutz-, Beratungs- und Betreuungskonzepte in Unterkünften und deren Bezeichnungen, wie etwa Frauenhäuser (Z 5), Krisen-, Not-, Schutz- oder Übergangswohnungen (Z 6).
  5. 5. „Frauenhäuser“: Schutzunterkünfte mit einem für Hochrisikofälle geeigneten Sicherheits-, Schutz-, Beratungs- und Betreuungskonzept.
  6. 6. „Übergangswohnungen“: sämtliche Arten von Schutzunterkünften, ausgenommen Frauenhäuser, mit einem bedarfsgerechten Sicherheits-, Schutz-, Beratungs- und Betreuungskonzept.
  7. 7. „Beratungs- und Betreuungsangebot“: Beratungs- und Betreuungsleistungen, die im Kontext von Wohnversorgung in Schutzunterkünften gemäß dieser Vereinbarung für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder erbracht werden. Diese umfassen psychosoziale Beratung sowie bedarfsgerechte Beratung und Betreuung in allen sonstigen relevanten Belangen, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können, wie zum Beispiel Unterstützung bei der Integration in den Arbeitsmarkt, der Wohnungssuche oder täglichen Aufgaben.
  8. 8. „Basisjahr“: das Jahr vom 1. Juli 2022 bis 30. Juni 2023.
  9. 9. „Basisstichtag“: der 30. Juni 2023.

Artikel 3

(1) Um als „Frauenplatz“ zu gelten, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. 1. bedarfsgerechtes Schutz- und Sicherheitskonzept,
  2. 2. soweit es sich um einen Frauenplatz gemäß Art. 4 dieser Vereinbarung handelt, Kapazität für die Aufnahme zumindest eines Kindes (Kinderplatz) je Frau,
  3. 3. bedarfsgerechtes Beratungs- und Betreuungsangebot im Durchschnitt von mindestens 4 Wochenstunden pro Frauenplatz im Durchrechnungszeitraum eines Jahres und
  4. 4. bedarfsgerechte Räumlichkeiten.

(2) Die Länder verpflichten sich geeignete Maßnahmen zu setzen, dass das Angebot an Schutzunterkünften allen relevanten Stellen bekannt ist und allen betroffenen Frauen im Landesgebiet gemäß den jeweiligen landesrechtlichen Regelungen offensteht.

(3) Die Länder verpflichten sich sicherzustellen, dass die in Abs. 1 genannten Mindeststandards auch eingehalten werden, wenn sich die Länder zu deren Umsetzung Dritter bedienen. Hinsichtlich Beratungs- und Betreuungsleistungen ist vom Land sicherzustellen, dass nur juristische Personen eingesetzt werden, die über geeignete und umfassende Expertise verfügen.

(4) Die Länder verpflichten sich, für die Gewährleistung der fachlich gebotenen Kooperation der Träger mit relevanten Einrichtungen Vorsorge zu treffen.

Abschnitt 2

Umsetzungsmaßnahmen

Artikel 4

(1) Die Länder verpflichten sich, für den bedarfsgerechten Ausbau der Anzahl der innerhalb des jeweiligen Landes zur Verfügung stehenden Frauen- inklusive Kinderplätze in Schutzunterkünften während der Geltungsdauer dieser Vereinbarung Sorge zu tragen. Die Länder haben hierbei Folgendes zu berücksichtigen:

  1. 1. Ein neuer Frauenplatz muss zumindest die in Art. 3 Abs. 1 angeführten Voraussetzungen erfüllen,
  2. 2. die jeweils in Art. 8 Abs. 2 angeführte Mindestanzahl an neuen Frauen- inklusive Kinderplätzen ist zu erreichen und
  3. 3. neue Frauen- inklusive Kinderplätze sind insbesondere in Übergangswohnungen zu schaffen.

(2) Soweit vordringlicher Bedarf an besonders betreuungsintensiven neuen Frauenplätzen besteht und damit die jeweils in Art. 8 Abs. 2 angeführte Mindestanzahl an neuen Frauen- inklusive Kinderplätzen voraussichtlich nicht erreicht werden kann, ist dies im Voraus gegenüber dem Bund sachlich nachvollziehbar und schriftlich zu begründen und gelten in einem solchen Fall die Zielzustände gemäß Art. 8 Abs. 2 nur dann als erfüllt, wenn der Bund, vertreten durch das für Frauenangelegenheiten zuständige Mitglied der Bundesregierung, eine solche Abweichung schriftlich genehmigt hat.

(3) Soweit kein Bedarf an der Schaffung neuer Frauenplätze über die in Art. 8 Abs. 2 angeführte Mindestanzahl hinaus besteht, können die Länder das Beratungs- und Betreuungsangebot im Zusammenhang mit bereits bestehenden Frauen- inklusive Kinderplätzen in Schutzunterkünften bedarfsgerecht ausbauen.

Artikel 5

(1) Die Länder verpflichten sich, die zum Basisstichtag innerhalb eines Landes jeweils zur Verfügung stehenden Frauen- inklusive Kinderplätze in Schutzunterkünften hinsichtlich Anzahl und Qualität während der Geltungsdauer dieser Vereinbarung zumindest zu erhalten.

(2) Die Länder verpflichten sich, das im Basisjahr innerhalb eines Landes geleistete Beratungs- und Betreuungsangebot in Schutzunterkünften hinsichtlich Stundenanzahl und Qualität während der Geltungsdauer dieser Vereinbarung zumindest zu erhalten.

Artikel 6

(1) Es wird eine bundesweite Steuerungsgruppe unter Leitung der Nationalen Koordinierungsstelle gemäß Art. 10 der Istanbul Konvention eingerichtet.

(2) Die Steuerungsgruppe tritt auf Einladung der Leitung mindestens einmal jährlich ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vereinbarung zusammen.

(3) Allfällige Dienstreisekosten trägt jede Vertragspartei für ihre Vertreterinnen und Vertreter selbst.

(4) Ziele der Steuerungsgruppe sind insbesondere:

  1. 1. Gewährleistung eines bundesweiten Fachaustauschs zum Thema Schutzunterkünfte,
  2. 2. bundesweite qualitative und quantitative Weiterentwicklung des Angebots an Schutzunterkünften und der nachhaltigen Beratung und Betreuung von gewaltbetroffenen Frauen und deren Kindern in diesen Schutzunterkünften.

(5) Aufgaben der Steuerungsgruppe sind:

  1. 1. Erhebung und Darstellung bestehender Qualitätsstandards sowie des Bedarfs an Schutzunterkünften,
  2. 2. Evaluierung der Fortschritte und Zielerreichung dieser Vereinbarung,
  3. 3. Erarbeitung von länderübergreifenden Leitlinien in Form von Empfehlungen betreffend das Sicherheits-, Schutz-, Beratungs- und Betreuungskonzept in Schutzunterkünften sowie
  4. 4. Erstellung eines Abschlussberichts über die Ergebnisse der Aufgaben gemäß Z 1 bis 3, der zur Veröffentlichung bestimmt ist, sowie dessen Veröffentlichung durch die Nationale Koordinierungsstelle.

(6) Stimmberechtigte Mitglieder der Steuerungsgruppe sind:

  1. 1. eine Vertreterin oder ein Vertreter des Bundes gemäß Abs. 1 und
  2. 2. eine Vertreterin oder ein Vertreter aus der fachlich zuständigen Landesverwaltung je Land.

(7) Die Leitung der Steuerungsgruppe kann in Abstimmung mit den Ländern bei Bedarf Expertinnen und Experten aus relevanten Fachbereichen den Sitzungen hinzuziehen.

Artikel 7

(1) Die Länder verpflichten sich, die Erhebung des Nutzens von Schutzunterkünften, welche einen Zweckzuschuss des Bundes erhalten, für die dort wohnversorgten Frauen durch Einsatz eines Erhebungsbogens gem. Abs. 2 sicherzustellen und eine Rücklaufquote von mindestens 70 Prozent anzustreben.

(2) Die Erhebung hat unter Verwendung von Anlage D zu erfolgen. Durch die Länder ist sicherzustellen, dass durch organisatorische Maßnahmen der Träger die Anonymität der befragten Person gewährleistet ist, und die Übermittlung der Anlage D an den Bund, vertreten durch das für Frauenangelegenheiten zuständige Mitglied der Bundesregierung, erfolgt.

(3) Sofern der Bund eine digitale Erhebungsmöglichkeit zur Verfügung stellt, haben die Länder - abweichend von Abs. 2 - deren anonyme Verwendung sicherzustellen.

(4) Der Bund verpflichtet sich zur Auswertung der Erhebung und Übermittlung der Ergebnisse unter Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die Länder.

Abschnitt 3

Aufgaben von Bund und Ländern und Finanzierung

Artikel 8

(1) Der Bund hat den Ländern für Umsetzungsmaßnahmen gemäß Art. 4 und 5 in den Jahren 2023 bis 2027 Zweckzuschüsse in der Höhe von insgesamt 12 Millionen Euro zu gewähren. Die Auszahlung der insgesamt 12 Millionen Euro erfolgt in den Jahren 2023 bis 2026 gemäß Art. 16.

(2) Die Zweckzuschüsse sind entsprechend dem in folgender Tabelle angeführten Schlüssel an die Länder auszubezahlen. Das jeweilige Land verpflichtet sich zum Ausbau der Frauen- inklusive Kinderplätze in Schutzunterkünften durch Mittel des Zweckzuschusses gemäß folgender Tabelle:

Land

Prozentsatz

Betrag in Euro pro Jahr

Anzahl der mindestens neu auszubauenden Frauen- inklusive Kinderplätze nach Land

Gesamtbetrag (2023-2026) in Euro

Frauenplätze

Kinderplätze

Frauen- inklusive Kinderplätze gesamt

Burgenland

3,38%

101 400 €

3

3

6

405 600 €

Vorarlberg

4,33%

129 900 €

4

4

8

519 600 €

Salzburg

6,29%

188 700 €

6

6

12

754 800 €

Kärnten

6,43%

192 900 €

6

6

12

771 600 €

Tirol

8,48%

254 400 €

7

7

14

1 017 600 €

Steiermark

14,07%

422 100 €

13

13

26

1 688 400 €

Oberösterreich

16,41%

492 300 €

15

15

30

1 969 200 €

Niederösterreich

18,87%

566 100 €

17

17

34

2 264 400 €

Wien

21,74%

652 200 €

19

19

38

2 608 800 €

Gesamt

100,00%

3 000 000 €

90

90

180

12 000 000 €

(3) Die Länder verpflichten sich, den Zweckzuschuss des Bundes dem Bedarf entsprechend einzusetzen und wie folgt auf die Umsetzungsmaßnahmen aufzuteilen:

  1. 1. mindestens 80 Prozent für Maßnahmen zum Ausbau des Angebots an Frauen- inklusive Kinderplätzen und Beratungs- und Betreuungsleistungen in Schutzunterkünften gemäß Art. 4 und
  2. 2. maximal 20 Prozent für Maßnahmen zum Erhalt des zum Basisstichtag bestehenden Angebots an Frauen- inklusive Kinderplätzen und Beratungs- und Betreuungsleistungen in Schutzunterkünften gemäß Art. 5.

(4) Die Aufteilung der Mittel gemäß Abs. 3 ist bis zum Ende der Geltungsdauer der Vereinbarung als Durchrechnungszeitraum zu erreichen.

Artikel 9

(1) Die Länder haben den Zweckzuschuss des Bundes für Leistungen gemäß Abs. 4 und 5 einzusetzen.

(2) Der Zweckzuschuss für „Maßnahmen zum Ausbau des Angebots in Schutzunterkünften“ gemäß Art. 4 Abs. 1 und 2 ist für zusätzlich entstehende Personal- und Sachkosten im Zusammenhang mit der Schaffung neuer Frauen- inklusive Kinderplätze zu verwenden. Der Zuschuss kann für folgende Bereiche eingesetzt werden:

  1. 1. Miet- und Betriebskosten einschließlich Kautionen,
  2. 2. Maßnahmen zur Erreichung oder Verbesserung der Barrierefreiheit,
  3. 3. bauliche Maßnahmen zur Verbesserung des Schutz- und Sicherheitskonzepts sowie der räumlichen Qualität,
  4. 4. sonstige Sachkosten,
  5. 5. Personalkosten inklusive Lohn- und Gehaltskosten sowie
  6. 6. Weiterbildungs- und Supervisionskosten.

(3) Der Zweckzuschuss für „Maßnahmen zum Ausbau des Angebots in Schutzunterkünften“ gemäß Art. 4 Abs. 3 kann für zusätzliche Beratungs- und Betreuungsstunden im Zusammenhang mit bereits bestehenden Frauen- inklusive Kinderplätzen in Schutzunterkünften verwendet und für folgende Bereiche eingesetzt werden:

  1. 1. Personalkosten inklusive Lohn- und Gehaltskosten sowie
  2. 2. Weiterbildungs- und Supervisionskosten.

(4) Der Zweckzuschuss für „Maßnahmen zum Erhalt des Angebots in Schutzunterkünften“ gemäß Art. 5 kann für Personal- und Sachkosten des zum Basisstichtag bereits bestehenden Angebots verwendet werden. Der Zuschuss kann für die in Abs. 2 aufgezählten Bereiche eingesetzt werden.

(5) Die Länder sind verpflichtet sicherzustellen, dass

  1. 1. im Einklang mit den jeweiligen landesrechtlichen Regelungen gegebenenfalls ein nach sozialen Kriterien gestaffelter Selbstbehalt von den wohnversorgten Frauen eingehoben und gegenüber dem Zweckzuschuss des Bundes in Abzug gebracht wird,
  2. 2. der Zweckzuschuss gemäß den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit eingesetzt wird,
  3. 3. der Zweckzuschuss ausschließlich beihilfenrechtskonform verwendet wird und
  4. 4. soweit der Zweckzuschuss unmittelbar im Eigentum eines Landes stehenden Vermögenswerten zugeführt wird, diese Vermögenswerte bis zum Ablauf der abgabenrechtlichen Abschreibungsfristen ausschließlich für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke im Sinne der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, in der jeweils geltenden Fassung, verwendet werden.

Artikel 10

(1) Folgende Zielzustände sind bis spätestens 31. Dezember 2024 anzustreben:

  1. 1. Es steht mindestens die Hälfte der in Art. 8 Abs. 2 festgelegten Anzahl an zusätzlichen Frauenplätzen pro Land zur Verfügung.
  2. 2. Schutzunterkünfte sind bedarfsgerecht ausgestaltet. Mindestens 65 Prozent der befragten Frauen in Schutzunterkünften geben an, dass das Angebot ihren Bedürfnissen entsprochen hat.
  3. 3. Die bundesweite Steuerungsgruppe wurde eingerichtet und arbeitet an ihren Zielen.

(2) Bis spätestens 31. Dezember 2025 und jeweils auch zum 31. Dezember der Jahre 2026 und 2027 hat mindestens die in Art. 8 Abs. 2 festgelegte Anzahl an zusätzlichen Frauenplätzen pro Land zur Verfügung zu stehen. Dieser Zielzustand ist zumindest bis zum Ende der Geltungsdauer der Vereinbarung durchgehend aufrechtzuerhalten.

(3) Die in Abs. 1 Z 2 und 3 festgelegten Zielzustände sind jeweils zumindest bis zum Ende der Geltungsdauer der Vereinbarung durchgehend aufrechtzuerhalten.

Abschnitt 4

Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung und Controlling

Artikel 11

(1) Die Länder sind verpflichtet, Angaben zur Beurteilung des Ist-Zustands betreffend die im Basisjahr zur Verfügung stehenden Schutzunterkünfte an das für Frauenangelegenheiten zuständige Mitglied der Bundesregierung bis spätestens 30. April 2024 unter Verwendung von Anlage A zu übermitteln.

(2) Zur Abnahme der übermittelten Unterlagen ist auf Seiten des Bundes das für Frauenangelegenheiten zuständige Mitglied der Bundesregierung zuständig.

(3) Die in Anlage A erhobenen Daten dienen der Kontrolle der widmungsgemäßen Verwendung des Zweckzuschusses gemäß Art. 4 und 5, der Grundlagenarbeit der Steuerungsgruppe gemäß Art. 6 sowie der Umsetzung der Verpflichtungen Österreichs gemäß Art. 10 in Verbindung mit Art. 11 und 23 der Istanbul Konvention.

Artikel 12

(1) Die Länder sind verpflichtet, eine statistische Auswertung über die Anzahl der in Schutzunterkünften aufgenommenen Personen sowie deren Aufenthaltstage für die Kalenderjahre 2023/2024, 2025, 2026 und 2027 an das für Frauenangelegenheiten zuständige Mitglied der Bundesregierung zu übermitteln.

(2) Die Statistik hat Angaben für alle im jeweiligen Land bestehenden Schutzunterkünfte im Sinne des Art. 2 Z 4 zu enthalten.

(3) Die Statistik ist jeweils bis spätesten 31. März der Jahre 2025 bis 2028 unter Verwendung von Anlage B zu übermitteln.

(4) Zur Abnahme der übermittelten Unterlagen ist auf Seiten des Bundes das für Frauenangelegenheiten zuständige Mitglied der Bundesregierung zuständig.

(5) Die in Anlage B erhobenen Daten dienen den in Art. 11 Abs. 3 genannten Zwecken.

Artikel 13

(1) Die Länder sind verpflichtet, einen jährlichen Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung der durch den Bund gewährten Zweckzuschüsse und Angaben zur Erreichung der Zielzustände gemäß Art. 10 jeweils für die Kalenderjahre 2023/2024, 2025, 2026 und 2027 an das für Frauenangelegenheiten zuständige Mitglied der Bundesregierung zu übermitteln.

(2) Der Nachweis und die Angaben zur Erreichung der Zielzustände sind jeweils bis spätestens 30. September der Jahre 2025 bis 2028 unter Verwendung von Anlage C zu übermitteln.

(3) Die Länder haben dem Bund die widmungsgemäße Verwendung der Zweckzuschüsse sowie Durchführung der Prüfung gemäß Art. 14 Abs. 1 Z 1 durch Unterfertigung des für die Prüfung zuständigen Organs in Anlage C zu bestätigen.

(4) Zur Abnahme der übermittelten Anlage C samt den Bestätigungen nach Abs. 3 ist auf Seiten des Bundes das für Frauenangelegenheiten zuständige Mitglied der Bundesregierung zuständig.

(5) Die in Anlage C erhobenen Daten dienen den in Art. 11 Abs. 3 genannten Zwecken.

Artikel 14

(1) Die Länder sind verpflichtet,

  1. 1. die widmungsgemäße Verwendung der Zweckzuschüsse durch die vom Land eingesetzten Träger umfassend zu überprüfen, insbesondere in wirtschaftlicher, rechtlicher und fachlicher Hinsicht sowie
  2. 2. dem Bund bei Verdacht auf widmungswidrige Verwendung der Zweckzuschüsse umgehend zu berichten sowie auf diesbezügliche Nachfragen des Bundes schriftlich Auskunft zu erteilen.

(2) Sofern der Bund begründete Zweifel hinsichtlich der widmungsgemäßen Verwendung der Zweckzuschüsse hat, kann dieser gemeinsam mit dem Land vor-Ort-Kontrollen bei jenen Trägern vornehmen, die einen Zweckzuschuss erhalten haben, Einsicht in die Buchhaltung und Unterlagen nehmen, die mit dem erhaltenen Zweckzuschuss im Zusammenhang stehen sowie im Bedarfsfall in Abstimmung mit dem jeweiligen Land eine Wirtschaftsprüferin oder einen Wirtschaftsprüfer hinzuziehen.

(3) Das Land hat das Recht, die in Abs. 2 genannten Prüfrechte vollständig einer durch den Bund beauftragten Wirtschaftsprüferin oder Wirtschaftsprüfer zu übertragen.

Artikel 15

(1) Übermittelt ein Land die Angaben gemäß Art. 11 und 12 nicht fristgerecht oder ordnungsgemäß, hat der Bund das Recht, das Land unter Setzung angemessener Nachfristen zur ordnungsgemäßen Nachreichung aufzufordern.

(2) Wird dem Bund eine Verwendung der Zweckzuschüsse entgegen Art. 9 einschließlich der Grundsätze gemäß Art. 9 Abs. 5 bekannt, hat das jeweilige Land dem Bund umgehend geeignete Maßnahmen vorzuschlagen, um ehestmöglich einen vereinbarungsgemäßen Zustand herzustellen.

(3) Wird dem Bund die Nichterreichung des in Art. 10 Abs. 2 genannten Zielzustands bekannt, hat er in Gespräche mit dem jeweiligen Land einzutreten und behält sich die Rückforderung des Zweckzuschusses im Ausmaß des vereinbarungswidrigen Verhaltens vor, sofern hierfür keine sachliche Begründung unter Zugrundelegung des Bedarfs dargelegt und geeignete Maßnahmen vereinbart werden können.

(4) Der Bund kann das jeweilige Land zur Rückzahlung des Zweckzuschusses im Ausmaß des vereinbarungswidrigen Verhaltens auffordern, wenn das Land

  1. 1. die Zweckzuschüsse nicht entsprechend Art. 8 Abs. 3 und 4 aufteilt,
  2. 2. die Genehmigung des Bundes gemäß Art. 4 Abs. 2 nicht im Vorhinein einholt,
  3. 3. den Nachweis und die Angaben gemäß Art. 13 nicht fristgerecht oder ordnungsgemäß übermittelt und auch nach Setzung angemessener Nachfristen nicht ordnungsgemäß nachreicht,
  4. 4. Verpflichtungen gemäß Art. 14 nicht nachkommt,
  5. 5. die widmungsgemäße Verwendung des Zweckzuschusses sowie Durchführung der Prüfung gemäß Art. 14 Abs. 1 Z 1 nicht durch Unterfertigung gemäß Art. 13 Abs. 3 bestätigt, oder
  6. 6. die Herstellung eines vereinbarungsgemäßen Zustandes nach Abs. 2 binnen eines angemessenen Zeitraums nicht möglich ist.

(5) Bei Nicht-Verwendung von Teilen des Zweckzuschusses bis zum 31. Dezember 2027 müssen diese Teile an den Bund zurückgezahlt werden. Die Länder haben dem Bund eine mögliche Nicht-Ausschöpfung des Zweckzuschusses bis spätestens 30. September 2026 mitzuteilen.

Abschnitt 5

Auszahlungen des Bundes, Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Artikel 16

(1) Der Zweckzuschuss des Bundes gemäß Art. 8 wird zu folgenden Zeitpunkten, auf die von den Ländern bekanntzugebenden Konten, angewiesen:

  1. 1. 3 Millionen Euro im November 2023 für Umsetzungsmaßnahmen ab 1. Juli 2023 sowie
  2. 2. jeweils 3 Millionen Euro im November der Jahre 2024, 2025 und 2026 für Umsetzungsmaßnahmen in den jeweiligen Folgejahren.
  3. 3. in den Fällen des Art. 17 Abs. 2 in Form einer Nachzahlung der gemäß Z 1 für November 2023 vorgesehenen Auszahlung im Dezember 2023, sofern die Mitteilung bis spätestens 6. Dezember 2023 beim Bundeskanzleramt einlangt.

(2) Sofern die in Art. 15 Abs. 3 oder 4 beschriebenen Zustände vorliegen, ist der Bund berechtigt, die Auszahlung an das jeweilige Land für das folgende Jahr auszusetzen.

Artikel 17

(1) Wenn bis zum Ablauf des 27. November 2023

  1. 1. die nach der Bundesverfassung erforderlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind und
  2. 2. beim Bundeskanzleramt die Mitteilungen von zumindest drei Ländern über die Erfüllung der nach den Landesverfassungen erforderlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten eingelangt sind,

    so tritt diese Vereinbarung rückwirkend mit 1. Juli 2023 zwischen dem Bund und jenen Ländern in Kraft, deren Mitteilungen eingelangt sind.

(2) Langen nach Ablauf des 27. November 2023 Mitteilungen weiterer Länder über die Erfüllung der nach den Landesverfassungen erforderlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten beim Bundeskanzleramt ein, so tritt die Vereinbarung gegenüber diesen Ländern rückwirkend mit 1. Juli 2023 in Kraft.

(3) Liegen bis zum Ablauf des 27. November 2023 die Voraussetzungen für das Inkrafttreten nach der Bundesverfassung nicht vor oder erfüllen nicht ausreichend Länder die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 Z 2, tritt diese Vereinbarung mit dem nächstfolgenden Monatsersten in Kraft, an dem die Voraussetzungen erfüllt sind.

(4) Nach dem 30. April 2024 können die Voraussetzungen für das Inkrafttreten der Vereinbarung nach Abs. 1, 2 und 3 nicht mehr erfüllt werden.

(5) Das Bundeskanzleramt hat den Vertragsparteien die Erfüllung der Voraussetzungen nach Abs. 1, 2 oder 3 mitzuteilen.

(6) Die Abgabe von Vorbehalten zu dieser Vereinbarung ist nicht zulässig.

Artikel 18

(1) Diese Vereinbarung tritt mit der letzten Abnahme einer Bestätigung nach Art. 13 Abs. 4 durch das für Frauenangelegenheiten zuständige Mitglied der Bundesregierung und Einlangen der Mitteilung darüber beim Bundeskanzleramt außer Kraft.

(2) Das Bundeskanzleramt hat den Vertragsparteien den Zeitpunkt des Außerkrafttretens mitzuteilen.

(3) Die Vertragsparteien streben an, rechtzeitig vor Ablauf dieser Vereinbarung, spätestens bis 31. März 2026, in Gespräche zur Klärung der weiteren Vorgehensweise in den Folgejahren im Hinblick auf diese Vereinbarung einzutreten.

(4) Die Vertragsparteien verzichten für die Geltungsdauer dieser Vereinbarung auf ihr Recht, diese zu kündigen.

Artikel 19

Diese Vereinbarung wird in einer Urschrift ausgefertigt. Die Urschrift wird beim Bundeskanzleramt hinterlegt. Dieses hat allen Vertragsparteien beglaubigte Abschriften der Vereinbarung zu übermitteln.

Die Vereinbarung ist gemäß ihrem Art. 17 Abs. 1 rückwirkend mit 1. Juli 2023 zwischen dem Bund und allen Ländern in Kraft getreten.

Anlage A - Ist-Zustand

Anlage B - Statistik

Anlage C - Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung und Zielzustände

Anlage D - Fragebogen

Anlage 1

Anlage 1 

Anlage 2

Anlage 2 

Anlage 3

Anlage 3 

Anlage 4

Anlage 4 

Edtstadler

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