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BGBl I 17/2021

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

17. Bundesgesetz: Änderung des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes 2010
(NR: GP XXVII RV 471 AB 595 S. 69 . BR: 10462 AB 10510 S. 916.)

17. Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 - ElWOG 2010), BGBl. I Nr. 110/2010, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 108/2017, wird wie folgt geändert:

1. Im Kurztitel wird der Ausdruck „-organisationsgesetz 2010“ durch den Ausdruck „-organisationsgesetz 2010“ ersetzt.

2. Im Inhaltsverzeichnis werden nach dem Eintrag zu § 23 folgende Einträge eingefügt:

㤠23a. Anzeigepflichten und Systemanalyse

§ 23b. Beschaffung der Netzreserve

§ 23c. Stilllegungsverbot

§ 23d. Änderungen“

3. (Verfassungsbestimmung) § 1 samt Überschrift lautet:

„Kompetenzgrundlage und Vollziehung

§ 1. (Verfassungsbestimmung) Die Erlassung, Aufhebung und Vollziehung von Vorschriften, wie sie in § 2, § 3, § 8, § 9, § 10a, § 11, § 16 Abs. 2, § 16a, § 18a, § 19, § 22 Abs. 1, § 23a bis § 23d, § 24 bis § 36, § 37 Abs. 7, § 38, § 39, § 48 bis § 65, § 69, § 72, § 73 Abs. 2 und 3, § 76, § 77a bis § 79a, § 81 bis § 84a, § 88 Abs. 2 bis 8, § 89, § 92 bis § 94, § 99 bis § 103, § 109 Abs. 2 bis 7, § 110 bis § 112, § 113 Abs. 1 und § 114 Abs. 1 und 3 enthalten sind, sind auch in den Belangen Bundessache, hinsichtlich deren das B-VG etwas anderes bestimmt. Die in diesen Vorschriften geregelten Angelegenheiten können in unmittelbarer Bundesverwaltung besorgt werden.“

4. (Grundsatzbestimmung) Nach § 7 Abs. 1 Z 11 wird folgende Z 11a eingefügt:

  1. „11a. „endgültige Stilllegungen“ Maßnahmen, die den Betrieb der Erzeugungsanlage endgültig ausschließen oder bewirken, dass eine Anpassung der Einspeisung nicht mehr angefordert werden kann;“

5. (Grundsatzbestimmung) Nach § 7 Abs. 1 Z 13 wird folgende Z 13a eingefügt:

  1. „13a. „Engpassmanagement“ die Gesamtheit von kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen, welche nach Maßgabe der systemtechnischen Anforderungen ergriffen werden können, um unter Berücksichtigung der Netz- und Versorgungssicherheit Engpässe im Übertragungsnetz zu vermeiden oder zu beseitigen;“

6. (Grundsatzbestimmung) Nach § 7 Abs. 1 Z 52 werden folgende Z 52a und Z 52b eingefügt:

  1. „52a. „Netzreserve“ die Vorhaltung von zusätzlicher Erzeugungsleistung oder reduzierter Verbrauchsleistung zur Beseitigung von Engpässen im Übertragungsnetz im Rahmen des Engpassmanagements, welche gesichert innerhalb von 10 Stunden Vorlaufzeit aktivierbar ist;
  2. 52b. „Netzreservevertrag“ ein Vertrag, der zwischen dem Regelzonenführer und einem Anbieter abgeschlossen wird und die Erbringung von Netzreserve gemäß Z 52a zum Inhalt hat;“

6a. (Grundsatzbestimmung) Nach § 7 Abs. 1 Z 61 wird folgende Z 61a eingefügt:

  1. „61a. „saisonaler Netzreservevertrag“ ein Netzreservevertrag gemäß Z 52b, der für den Zeitraum einer Winter- oder Sommersaison abgeschlossen wird. Als Sommersaison gilt dabei der Zeitraum gemäß Z 66b, die Wintersaison hingegen umfasst den Zeitraum von jeweils 1. Oktober eines Kalenderjahres bis jeweils 30. April des darauffolgenden Kalenderjahres. In beiden Fällen besteht für Beginn und Ende des Vertrags eine Toleranzbandbreite von jeweils einem Kalendermonat nach oben sowie nach unten;“

7. (Grundsatzbestimmung) Nach § 7 Abs. 1 Z 66a werden folgende Z 66b und Z 66c eingefügt:

  1. „66b. „temporäre saisonale Stilllegungen“ temporäre Stilllegungen gemäß Z 66c, die von einem Betreiber einer Erzeugungsanlage für den Zeitraum von jeweils 1. Mai bis jeweils 30. September eines Kalenderjahres gemäß § 23a verbindlich angezeigt werden. Für die Festlegung von Beginn und Ende des Stilllegungszeitraums steht dem Betreiber der Erzeugungsanlage eine Toleranzbandbreite von jeweils einem Monat nach oben sowie nach unten zu;
  2. 66c. „temporäre Stilllegungen“ vorläufige Maßnahmen mit Ausnahme von Revisionen und technisch bedingten Störungen, die bewirken, dass die Erzeugungsanlage innerhalb von 72 Stunden nicht mehr anfahrbereit gehalten wird, aber wieder betriebsbereit gemacht werden kann. Hiermit wird keine Betriebseinstellung der Anlage bewirkt;“

8. (Grundsatzbestimmung) § 23 Abs. 2 Z 5 lautet:

  1. „5. die Ermittlung von Engpässen in Übertragungsnetzen sowie die Durchführung von Maßnahmen zur Vermeidung, Beseitigung und Überwindung von Engpässen in Übertragungsnetzen, weiters die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit. Sofern für die Vermeidung oder Beseitigung eines Netzengpasses erforderlich, schließen die Regelzonenführer in Abstimmung mit den betroffenen Betreibern von Verteilernetzen im erforderlichen Ausmaß und für den erforderlichen Zeitraum mit Erzeugern oder Entnehmern Verträge, wonach diese zu gesicherten Leistungen (Erhöhung oder Einschränkung der Erzeugung oder des Verbrauchs) gegen Ersatz der wirtschaftlichen Nachteile und Kosten, die durch diese Leistungen verursacht werden, verpflichtet sind; dabei sind die Vorgaben gemäß Art. 13 der Verordnung (EU) 2019/943 über den Elektrizitätsbinnenmarkt, ABl. Nr. L 158 vom 14.06.2019 S. 54, einzuhalten. Soweit darüber hinaus auf Basis einer Systemanalyse der Bedarf nach Vorhaltung zusätzlicher Erzeugungsleistung oder reduzierter Verbrauchsleistung besteht (Netzreserve), ist diese gemäß den Vorgaben des § 23b zu beschaffen. In diesen Verträgen können Erzeuger oder Entnehmer auch zu gesicherten Leistungen, um zur Vermeidung und Beseitigung von Netzengpässen in anderen Übertragungsnetzen beizutragen, verpflichtet werden. Zur Nutzung von Erzeugungsanlagen oder Anlagen von Entnehmern im europäischen Elektrizitätsbinnenmarkt und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung, Beseitigung und Überwindung von Engpässen in österreichischen Übertragungsnetzen können die Regelzonenführer Verträge mit anderen Übertragungsnetzbetreibern abschließen. Bei der Bestimmung der Systemnutzungsentgelte sind den Regelzonenführern die Aufwendungen, die ihnen aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen entstehen, anzuerkennen;“

9. In § 23 Abs. 4a, § 34 Abs. 8, § 35 Abs. 3, § 83 Abs. 1, § 92 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 93 Abs. 2 wird die Wortfolge „Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend“ jeweils durch die Wortfolge „Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie“ ersetzt.

10. Nach § 23 werden folgende § 23a bis § 23d samt Überschriften eingefügt:

„Anzeigepflichten und Systemanalyse

§ 23a. (1) Betreiber von Erzeugungsanlagen mit einer Engpassleistung von mehr als 20 MW sind verpflichtet, jährlich bis 30. September temporäre, temporäre saisonale und endgültige Stilllegungen ihrer Anlage oder von Teilkapazitäten ihrer Anlage für den Zeitraum ab 1. Oktober des darauffolgenden Kalenderjahres dem Regelzonenführer verbindlich anzuzeigen. Die Anzeige hat den Zeitpunkt des Beginns und die voraussichtliche Dauer der Stilllegung und die Vorlaufzeit für eine allfällige Wiederinbetriebnahme verpflichtend zu enthalten. Ebenso ist anzugeben, ob und inwieweit die Stilllegung aus rechtlichen, technischen oder betriebswirtschaftlichen Gründen erfolgt.

(2) Der Regelzonenführer hat bis 31. Dezember jedes Jahres eine Systemanalyse durchzuführen, um festzustellen, welche Leistung für die Netzreserve ab 1. Oktober erforderlich ist. Der Feststellung des Netzreservebedarfs ist ein Betrachtungszeitraum von zwei Jahren zugrunde zu legen. Dabei sind insbesondere

  1. 1. Differenzierungen nach geographischen Kriterien hinsichtlich der Wirksamkeit von Engpassmanagementmaßnahmen vorzunehmen;
  2. 2. die angezeigten temporären, temporären saisonalen und endgültigen Stilllegungen gemäß Abs. 1 zu berücksichtigen;
  3. 3. Einsätze ausländischer Kraftwerke und die resultierenden Handelsflüsse zwischen den Gebotszonen zu berücksichtigen;
  4. 4. Ausbauprojekte auf Basis des aktuellen Netzentwicklungsplans einzubeziehen;
  5. 5. Besonderheiten aufgrund spezieller Wetter- oder anderer klimatologischer Situationen, Nachfragesituationen, Kraftwerksverfügbarkeiten (zB Revisionen) und geplante und nicht geplante Nicht-Verfügbarkeiten von Netzbetriebsmitteln im Netzgebiet des Regelzonenführers oder im benachbarten Ausland einzukalkulieren und
  6. 6. Potentiale flexibler Verbrauchsanlagen zu berücksichtigen, die geeignet sind, den Netzreservebedarf zu minimieren.

(3) Die jährliche Systemanalyse hat auf Grundlage einer mit der Regulierungsbehörde abgestimmten Methode und Eingangsdaten zu erfolgen. Die Systemanalyse ist nach Fertigstellung der Regulierungsbehörde und der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie vorzulegen. Die Ergebnisse der Analyse sowie die dieser zu Grunde liegenden Annahmen, Parameter, Szenarien und Methoden sind nach abgeschlossener Kontrahierung gemäß § 23b Abs. 6 zu veröffentlichen.

Beschaffung der Netzreserve

§ 23b. (1) Der Regelzonenführer hat den festgestellten Netzreservebedarf gemäß § 23a Abs. 2 mittels eines transparenten, nichtdiskriminierenden und marktorientierten Ausschreibungsverfahrens gemäß den nachstehenden Absätzen zu beschaffen. Teilnahmeberechtigte Anbieter sind

  1. 1. Betreiber von inländischen Erzeugungsanlagen mit einer Engpassleistung von mindestens 1 MW, deren Stilllegung im Falle von Erzeugungsanlagen gemäß § 23a Abs. 1 innerhalb des jeweiligen Ausschreibungszeitraums angezeigt wurde;
  2. 2. Entnehmer mit einer Engpassleistung von mindestens 1 MW, die durch Anpassung ihrer Verbrauchsanlagen ihren Verbrauch temporär, zumindest aber für 6 Stunden, reduzieren oder zeitlich verlagern können;
  3. 3. Aggregatoren, die mehrere Erzeugungs- oder Verbrauchseinheiten zu einem gesamthaft abrufbaren Pool mit einer Engpassleistung von mindestens 1 MW zusammenfassen, sowie
  4. 4. Betreiber von Erzeugungsanlagen mit einer Engpassleistung von mindestens 1 MW im europäischen Elektrizitätsbinnenmarkt und der Schweizerischen Eidgenossenschaft, sofern das betroffene Übertragungsnetz mit einer österreichischen Regelzone unmittelbar galvanisch verbunden ist und der betroffene Übertragungsnetzbetreiber vom österreichischen Regelzonenführer über einen abzuschließenden Engpassmanagementvertrag zur Erbringung von Engpassmanagement unmittelbar verhalten werden kann. Betreiber von Erzeugungsanlagen mit einer Engpassleistung von mehr als 20 MW sind teilnahmeberechtigt, wenn sie Stilllegungen ihrer Anlagen in vergleichbarer Weise wie § 23a Abs. 1 ihrem zuständigen Übertragungsnetzbetreiber oder der Regulierungsbehörde für den jeweiligen Ausschreibungszeitraum angezeigt haben.

(2) Der Regelzonenführer hat die Anbieter in einem zweistufigen Verfahren auszuwählen. Zu diesem Zweck hat der Regelzonenführer technische Eignungskriterien für die Netzreserve in Abstimmung mit der Regulierungsbehörde bis Ende Februar jedes Jahres festzulegen und in geeigneter Form zur Interessensbekundung aufzurufen. Im Aufruf zur Interessensbekundung hat der Regelzonenführer folgende Informationen bekanntzugeben:

  1. 1. den maximalen Netzreservebedarf in MW für das erste Jahr des Betrachtungszeitraums gemäß § 23a Abs. 2 zweiter Satz;
  2. 2. den Zeitraum, in dem ein Netzreservebedarf gemäß § 23a Abs. 2 festgestellt wurde;
  3. 3. die Produkte, die auf Basis der angezeigten Stilllegungen gemäß § 23a Abs. 1 sowie der Ergebnisse der Systemanalyse gemäß § 23a Abs. 2 zur Deckung des festgestellten Netzreservebedarfs gemäß den nachstehenden Absätzen zu beschaffen sind.

Als Produkte gemäß Z 3 kommen Netzreserveverträge mit einer Laufzeit von zwei Jahren, Netzreserveverträge mit einer Laufzeit von einem Jahr sowie saisonale Netzreserveverträge in Betracht. Bei der Festlegung der Produkte sind laufende Netzreserveverträge sowie die Kriterien des Abs. 7 Z 1 bis Z 4 zu berücksichtigen.

(3) Alle Interessenten, die ihr Teilnahmeinteresse binnen vierwöchiger Frist bekundet haben, sind vom Regelzonenführer hinsichtlich ihrer Eignung zur Erbringung von Engpassmanagement und zur Erfüllung der Kriterien gemäß Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Satz sowie Abs. 4 zu prüfen. In der zweiten Verfahrensstufe sind die Betreiber der als geeignet eingestuften Anlagen zur Angebotslegung binnen vierwöchiger Frist aufzufordern. Betreiber der als nicht geeignet eingestuften Anlagen sind zu informieren. Betreiber von Erzeugungsanlagen gemäß § 23a Abs. 1, die ein Angebot für einen zweijährigen Netzreservevertrag legen möchten, sind verpflichtet, auch ein Angebot für einen einjährigen Netzreservevertrag zu legen.

(4) Erzeugungsanlagen dürfen nur dann als geeignet eingestuft werden, wenn ihre Emissionen nicht mehr als 550 g CO2 je kWh Elektrizität betragen und keine radioaktiven Abfälle entstehen. Außerdem darf eine Vergütung für die Erbringung von Netzreserve nicht an Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten, ABl. Nr. C 249 vom 31.07.2014 S. 1, gewährt werden.

(5) Die eingelangten Angebote werden auf Basis eines Referenzwertes überprüft, welcher sich durch den mengengewichteten Durchschnitt aller Angebote errechnet. Die teuersten 10 % der angebotenen Leistung werden nicht in der Durchschnittsbildung berücksichtigt. Sollte ein Angebot diesen Referenzwert signifikant überschreiten, hat der Regelzonenführer diese Überschreitung der Regulierungsbehörde zu melden. Die Beurteilung der Signifikanz wird auf Basis der gebotenen Preise pro MW und pro Monat vom Regelzonenführer unter Berücksichtigung des Berichtes gemäß Abs. 10 vorgenommen und in der zweiten Verfahrensstufe gemäß Abs. 3 bekanntgegeben. Kann der für das erste Jahr des Betrachtungszeitraums gemäß § 23a Abs. 2 zweiter Satz festgestellte Netzreservebedarf mit den, den Referenzwert nicht signifikant überschreitenden Angeboten, nicht gedeckt werden, hat der Regelzonenführer alle Anbieter zur neuerlichen Abgabe von Angeboten innerhalb von 10 Tagen aufzufordern. Dabei müssen die Gebotspreise unter jenem des erstmalig abgegebenen Gebotspreises liegen. Falls neuerlich eine signifikante Überschreitung des Referenzwertes vorliegt, werden die betreffenden Angebote vom Verfahren nach dieser Bestimmung ausgeschlossen.

(6) Auf Grundlage der geprüften und nicht ausgeschlossenen Angebote hat der Regelzonenführer jene Angebote auszuwählen, die es ermöglichen, den Netzreservebedarf im ersten Jahr des Betrachtungszeitraums gemäß § 23a Abs. 2 zweiter Satz zu den geringsten Kosten zu decken. Die Auswahl ist der Regulierungsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Die Regulierungsbehörde hat die Auswahl anhand der in Abs. 1 erster Satz genannten Grundsätze zu prüfen und innerhalb von acht Wochen mit Bescheid an den Regelzonenführer zu genehmigen, wobei die Genehmigung unter Vorschreibung von Auflagen, Bedingungen und Befristungen erfolgen kann. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Regulierungsbehörde die Frist ungenützt verstreichen lässt. Einer Beschwerde gegen den Bescheid kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

(7) Nach erfolgter Genehmigung hat der Regelzonenführer mit den ausgewählten Anbietern Netzreserveverträge nach Maßgabe folgender Kriterien abzuschließen:

  1. 1. Verträge mit Betreibern von Erzeugungsanlagen gemäß Abs. 1 Z 1 und Z 4 dürfen längstens für die Dauer des gemäß § 23a Abs. 1 angekündigten Stilllegungszeitraums abgeschlossen werden.
  2. 2. Zweijährige Netzreserveverträge dürfen nur abgeschlossen werden, wenn für den gesamten Vertragszeitraum ein kontinuierlicher Netzreservebedarf gemäß § 23a Abs. 2 festgestellt wurde.
  3. 3. Für jene Zeiträume, in denen zweijährige Netzreserveverträge bestehen, dürfen keine weiteren zweijährigen Netzreserveverträge abgeschlossen werden.
  4. 4. Saisonale Netzreserveverträge dürfen nur für die Dauer einer einzelnen Winter- oder Sommersaison abgeschlossen werden.

Es besteht kein Rechtsanspruch auf Abschluss eines Netzreservevertrags. Im Netzreservevertrag ist jedenfalls eine Rückforderungsklausel zugunsten des Regelzonenführers aufzunehmen. Mit erfolgter Kontrahierung haben Betreiber von Erzeugungsanlagen gemäß Abs. 1 Z 1 und Z 4 diese mit Ausnahme von Revisionszeiträumen ausschließlich für das Engpassmanagement zur Verfügung zu stellen; die Marktteilnahme ist für die Dauer des Netzreservevertrags unzulässig. Betreibern von Verbrauchsanlagen ist eine Marktteilnahme zur Deckung ihres Verbrauchs erlaubt; die kontrahierte Leistung zur Verbrauchsanpassung ist für die Dauer des Netzreservevertrags jedoch ausschließlich für das Engpassmanagement zur Verfügung zu stellen.

(8) Kann der für das erste Jahr des Betrachtungszeitraums gemäß § 23a Abs. 2 zweiter Satz festgestellte Netzreservebedarf aufgrund der gelegten und nicht ausgeschiedenen Angebote nicht gedeckt werden oder wurden weniger als drei Gebote von unterschiedlichen Unternehmen gelegt, so sind die noch nicht ausgewählten Betreiber geeigneter Erzeugungsanlagen durch die Regulierungsbehörde zur Bekanntgabe ihrer Aufwendungen und Kosten gemäß § 23c Abs. 3 binnen angemessener, drei Wochen nicht überschreitender, Frist aufzufordern. Die Regulierungsbehörde hat diese Kosten nach Maßgabe des § 23c Abs. 3 und 4 zu prüfen und die Anlagen nach den erfolgten Kostenangaben zu reihen. Für diese Zwecke ist vom Betreiber unter sinngemäßer Anwendung des § 8 ein getrennter Rechnungskreis zu führen. Die Regulierungsbehörde hat darin volle Einsichts- und Auskunftsrechte. Der Regelzonenführer hat sodann den ausstehenden Bedarf durch Abschluss von Netzreserveverträgen zu den geringsten Kosten zu decken. Dabei gilt Abs. 7 mit der Maßgabe, dass keine zweijährigen Netzreserveverträge abgeschlossen werden dürfen.

(9) Wird der Betreiber einer Erzeugungsanlage gemäß Abs. 1 Z 1 nicht ausgewählt, hat dieser die Anlage für den gemäß § 23a Abs. 1 angekündigten Stilllegungszeitraum außer Betrieb zu nehmen, es sei denn § 23c Abs. 1 oder § 23d Abs. 3 sind anwendbar.

(10) Zumindest alle zwei Jahre hat die Regulierungsbehörde einen Bericht über die Situation am österreichischen Strommarkt in Bezug auf die Erbringung einer Netzreserveleistung zu erstellen und zu veröffentlichen. Dabei hat diese die Wettbewerbsintensität am relevanten Strommarkt anhand von Preisvergleichen, des Produktangebots und seiner Nutzung, der Marktkonzentration (Angebot und Nachfrage) unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit alternativer Lieferquellen sowie der Verfügbarkeit von Erzeugungsanlagen in Verhältnis zur Nachfrage zu beurteilen, die Signifikanz gemäß Abs. 5 zu analysieren und diesbezüglich gegebenenfalls eine Empfehlung auszusprechen. Der Bericht hat überdies die Berichte der Netzbetreiber gemäß Art. 13 Abs. 4 der Verordnung (EU) 2019/943 zu berücksichtigen. Die Ergebnisse des Berichts sind bei der Ausgestaltung der technischen Eignungskriterien und der Ausschreibung gemäß Abs. 2 bis 5 sowie der Vertragsgestaltung gemäß Abs. 6 bis 8 zu berücksichtigen.

Stilllegungsverbot

§ 23c. (1) Zeigt sich, dass der für das erste Jahr des Betrachtungszeitraums gemäß § 23a Abs. 2 zweiter Satz festgestellte Netzreservebedarf unter Berücksichtigung aller gemäß § 23b Abs. 3 erfolgten Interessensbekundungen oder erstmalig gelegten Angebote nicht gedeckt werden kann, oder kann trotz Vertragsabschluss gemäß § 23b Abs. 7 und 8 der festgestellte Netzreservebedarf nicht gedeckt werden, kann die Regulierungsbehörde auf begründeten Vorschlag des Regelzonenführers Betreiber von Erzeugungsanlagen, die gemäß § 23a Abs. 1 ihre Stilllegung angezeigt haben, mit Bescheid dazu verpflichten, ihre Anlagen für die Dauer von einem Jahr, höchstens jedoch für die Dauer des gemäß § 23a Abs. 1 angekündigten Stilllegungszeitraums, ausschließlich für Zwecke des Engpassmanagements in Betrieb zu halten. Die Marktteilnahme ist in diesem Zeitraum unzulässig. Die Auswahl der Erzeugungsanlagen hat nach ihrer wirtschaftlichen und technischen Eignung unter Anwendung des § 23b Abs. 8 zu erfolgen. Einer Beschwerde gegen ein von der Regulierungsbehörde ausgesprochenes Stilllegungsverbot kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

(2) Der Regelzonenführer hat mit den gemäß Abs. 1 verpflichteten Betreibern Verträge unter Anwendung des § 23b Abs. 4 und 8 abzuschließen.

(3) Den Betreibern sind die mit der Erbringung der Netzreserve verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Kosten im Vergleich zu den mit der Stilllegung verbundenen Kosten jährlich abzugelten. Abzugelten sind nur folgende Positionen:

  1. 1. operative Aufwendungen und Kosten, die für die Vorhaltung von betriebsbereiten Kraftwerken erforderlich sind, wobei jene Aufwendungen und Kosten, die im Stillstands- bzw. Stilllegungsszenario anfallen würden, abzuziehen sind. Folgende Bestandteile mit Fixkostencharakter sind jedenfalls davon umfasst:
    1. a) Materialkosten,
    2. b) Personalkosten und
    3. c) Instandhaltungskosten, die im direkten Zusammenhang mit der Leistungserbringung stehen;
  2. 2. allfällige operative Aufwendungen und Kosten, die zur Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft aus dem Zustand der Stilllegung oder einer Konservierung des Kraftwerks notwendig sind;
  3. 3. nachweislich notwendige Neu- oder Erhaltungsinvestitionen zur Erbringung der Leistungsvorhaltung sowie Gewährleistung der Betriebsbereitschaft für den Zeitraum des Stilllegungsverbotes. Diese sind nur anteilig für den Zeitraum des Stilllegungsverbotes zu berücksichtigen und angemessen zu verzinsen;
  4. 4. ein allfälliger Wertverbrauch aufgrund der Alterung und Abnutzung des Kraftwerks im Zeitraum des Stilllegungsverbotes, auf Grundlage der nachweisbaren Buchwerte zum Stichtag des 31. Dezember des Vorjahres.

(4) Nicht anerkennungsfähig sind folgende Kostenbestandteile:

  1. 1. Aufwendungen und Kosten, die im Rahmen eines Vertrags gemäß § 23 Abs. 2 Z 5 zweiter Satz abgegolten werden;
  2. 2. Finanzierungs- bzw. Kapitalkosten;
  3. 3. allfällige Erlöse aus Zinsgewinnen, die dem Betreiber aus der Veräußerung von Betriebsmitteln des Kraftwerks im Fall einer endgültigen Stilllegung entgangen wären;
  4. 4. Opportunitätskosten jeglicher Art;
  5. 5. Betriebs- und periodenfremde sowie außerordentliche Aufwendungen;
  6. 6. Aufwendungen und Kosten, welche vom Kraftwerksbetreiber schuldhaft verursacht wurden;
  7. 7. etwaige Buchwertveränderungen, die auf vergangene Kompensationen von Leistungsvorhaltungen zurückzuführen sind.

(5) Für den Zeitraum des Stilllegungsverbots ist vom Erzeuger unter sinngemäßer Anwendung des § 8 ein getrennter Rechnungskreis zu führen. Die Regulierungsbehörde sowie der Regelzonenführer haben darin volle Einsichts- und Auskunftsrechte. Sämtliche abzugeltende Investitionen, insbesondere jene gemäß Abs. 3 Z 3, sind vom Erzeuger mit dem Regelzonenführer abzustimmen.

(6) Die Kosten sind über das durch Verordnung gemäß den §§ 49 und 51 zu bestimmende Entgelt aufzubringen.

Änderungen

§ 23d. (1) Auf Ersuchen eines gemäß § 23b Abs. 7 oder 8 ausgewählten Betreibers einer Erzeugungsanlage kann der Regelzonenführer die Dauer des Vertrags einmalig verkürzen, soweit durch den Betreiber sichergestellt wird, dass die Anlage für das Engpassmanagement unter den gleichen Verfügbarkeitsbedingungen bis zum Ablauf der ursprünglichen Laufzeit zur Verfügung steht. Die Verkürzung ist der Regulierungsbehörde anzuzeigen. In diesem Fall sind dem Regelzonenführer alle für die Netzreserve bezogenen Entgelte rückzuerstatten, mit Ausnahme der von der Regulierungsbehörde festgestellten angemessenen Kosten.

(2) Auf Antrag eines gemäß § 23c Abs. 1 verpflichteten Betreibers kann die Dauer des Stilllegungsverbots einmalig verkürzt werden, soweit durch den Betreiber sichergestellt wird, dass die Anlage für das Engpassmanagement unter den gleichen Verfügbarkeitsbedingungen bis zum Ablauf der ursprünglichen Laufzeit zur Verfügung steht. Die Genehmigung erfolgt, erforderlichenfalls unter Festsetzung von Bedingungen, Auflagen und Befristungen, durch Bescheid der Regulierungsbehörde. Dem Regelzonenführer kommt in diesem Verfahren Parteistellung zu. Im Falle einer Genehmigung ist der Vertrag gemäß § 23c Abs. 2 entsprechend anzupassen. In diesem Fall sind dem Regelzonenführer alle für die Netzreserve bezogenen Entgelte rückzuerstatten, mit Ausnahme der von der Regulierungsbehörde festgestellten angemessenen Kosten.

(3) Auf Antrag eines gemäß § 23b Abs. 9 zur Stilllegung seiner Anlage verpflichteten Betreibers kann von der Stilllegung Abstand genommen oder die Dauer der vorübergehenden Stilllegung verkürzt werden, sofern dies von der Regulierungsbehörde durch Bescheid genehmigt wird. Die Genehmigung erfolgt, erforderlichenfalls unter Festsetzung von Bedingungen, Auflagen und Befristungen, durch Bescheid der Regulierungsbehörde und ist nur dann zu erteilen, wenn sich die für die Stilllegung ursprünglich maßgeblichen Gründe und Umstände wesentlich geändert haben. Die Umstandsänderung und deren Wesentlichkeit sind durch den jeweiligen Betreiber darzulegen, wobei dieser sämtliche für die Beurteilung erforderlichen Unterlagen der Regulierungsbehörde vorzulegen hat. Dem Regelzonenführer kommt in diesem Verfahren Parteistellung zu.“

11. In § 34 Abs. 6 und § 35 Abs. 2 wird die Wortfolge „dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend“ jeweils durch die Wortfolge „der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie“ ersetzt.

12. In § 34 Abs. 8 wird jeweils die Wortfolge „den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend“ durch die Wortfolge „die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie“ ersetzt.

13. In § 35 Abs. 3, § 83 Abs. 6, § 114 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 wird die Wortfolge „der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend“ jeweils durch die Wortfolge „die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie“ ersetzt.

14. In § 35 Abs. 4 wird die Wortfolge „der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend seine“ durch die Wortfolge „die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ihre“ ersetzt.

15. In § 35 Abs. 4 und § 84a Abs. 1 wird die Wortfolge „des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend“ jeweils durch die Wortfolge „der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie“ ersetzt.

16. § 62 Abs. 3 lautet:

„(3) Das bei der Bestimmung der Entgelte des Höchstspannungsnetzes zugrunde zu legende Verfahren der Kostenwälzung ist von der Regulierungsbehörde unter angemessener Berücksichtigung von Gesichtspunkten einer Brutto- und Nettobetrachtung durch Verordnung gemäß § 51 Abs. 3 zu bestimmen. Kosten für die Vorhaltung der Sekundärregelleistung, sowie für die Bereitstellung von Netzverlusten sind in der Brutto- und Nettobetrachtung nicht zu berücksichtigen. Bei der Brutto- und Nettobetrachtung ist ein Anteil von 70% für die Netzkosten im Verhältnis der Gesamtgabe und Einspeisung nach elektrischer Arbeit nach der Kostenwälzung gemäß der Bruttobetrachtung nicht zu überschreiten. Kosten für die Erbringung von Netzreserve gemäß den §§ 23b bis 23d sind zur Gänze in der Nettobetrachtung zu berücksichtigen. Die Bruttokomponente für die Höchstspannungsebene ist in den arbeitsbezogenen Tarifen für die Netznutzung getrennt zu berücksichtigen und ist in einem in der Verordnung gemäß § 51 Abs. 3 zu bestimmenden Verfahren den Netzbetreibern des Netzbereichs weiter zu verrechnen.“

17. (Grundsatzbestimmung) § 66 Abs. 2a entfällt.

18. (Grundsatzbestimmung) In § 74 Abs. 1 und Abs. 2 wird die Wortfolge „dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend“ jeweils durch die Wortfolge „der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie“ ersetzt.

19. In § 83 Abs. 1 erster Satz wird das Wort „Messseinrichtungen“ durch das Wort „Messeinrichtungen“ ersetzt.

20. Nach § 99 Abs. 2 Z 6 werden folgende Z 6a bis Z 6f eingefügt:

  1. „6a. seinen gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen als Erzeuger oder Entnehmer gemäß § 23 Abs. 2 Z 5 nicht nachkommt;
  2. 6b. seiner Verpflichtung als Erzeuger zur Anzeige einer Stilllegung gemäß § 23a Abs. 1 nicht ordnungsgemäß nachkommt;
  3. 6c. als Erzeuger gegen die gesetzlichen Verpflichtungen gemäß § 23b Abs. 7 und 9 sowie § 23c Abs. 1 verstößt oder den auf Grund dieser Bestimmungen geschlossenen Verträgen oder erlassenen Bescheiden nicht entspricht;
  4. 6d. Aufwendungen entgegen § 23c Abs. 3 oder 4 angibt oder verrechnet;
  5. 6e. als Erzeuger keinen eigenen Rechnungskreis gemäß § 23b Abs. 8 oder § 23c Abs. 5 führt oder dem Regelzonenführer oder der Regulierungsbehörde keine Einsicht oder bloß unvollständige Auskünfte gewährt;
  6. 6f. als Regelzonenführer eine Systemanalyse entgegen den Bestimmungen in § 23a Abs. 2 und 3 vornimmt;“

21. Dem § 111 werden folgende Abs. 4 bis Abs. 6 angefügt:

„(4) Stilllegungen von Erzeugungsanlagen oder von Teilkapazitäten von Anlagen gemäß § 23a Abs. 1 für den Zeitraum ab 1. Oktober 2021 sind dem Regelzonenführer erstmals bis 31. Jänner 2021 verbindlich anzuzeigen. Die Systemanalyse gemäß § 23a Abs. 2 ist erstmals bis 28. Februar 2021 fertigzustellen.

(5) Das Ausschreibungsverfahren zur Beschaffung der Netzreserve gemäß § 23b ist erstmals 2021 durchzuführen. Dabei gilt Folgendes:

  1. 1. die technischen Eignungskriterien für die Netzreserve sind in der ersten Ausschreibung, abweichend von § 23b Abs. 2, bis 31. März 2021 festzulegen;
  2. 2. in der ersten Ausschreibung ist eine Überschreitung des Referenzwertes um 100 % signifikant im Sinne von § 23b Abs. 5.

(6) Der Bericht über die Situation am österreichischen Strommarkt in Bezug auf die Erbringung einer Netzreserveleistung gemäß § 23b Abs. 10 ist von der Regulierungsbehörde erstmals bis 31. Dezember 2021 zu erstellen.“

22. In § 114 Abs. 3 Z 1 wird die Wortfolge „der Bundesminister für Justiz“ durch die Wortfolge „die Bundesministerin für Justiz“ ersetzt.

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