71. Bundesgesetz, mit dem das GmbH-Gesetz und die Notariatsordnung geändert werden (Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetz - ENG)
Der Nationalrat hat beschlossen:
Artikel 1
Änderung des GmbH-Gesetzes
Das GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 104/2017, wird wie folgt geändert:
1. § 4 Abs. 3 erster Satz lautet:
„Der Gesellschaftsvertrag bedarf der Form eines Notariatsakts, wobei dieser auch elektronisch unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit (§ 69b NO) errichtet werden kann.“
2. § 127 wird folgender Abs. 25 angefügt:
„(25) § 4 Abs. 3 in der Fassung des Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetzes, BGBl. I Nr. 71/2018, tritt mit 1. Jänner 2019 in Kraft.“
Artikel 2
Änderung der Notariatsordnung
Die Notariatsordnung, RGBl. Nr. 75/1871, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 58/2018, wird wie folgt geändert:
1. In § 36a Abs. 3 letzter Satz wird das Wort „zweiter“ durch das Wort „dritter“ ersetzt.
2. In § 36b Abs. 7 letzter Satz, Abs. 8 letzter Satz und Abs. 9 letzter Satz wird jeweils das Wort „zweiter“ durch das Wort „dritter“ ersetzt.
3. In § 36c Abs. 5 wird die Wendung „in einer Datenanwendung zu verarbeiten, soweit diese den Betroffenenkreisen und Datenarten der Anlage 1, SA037 der Standard- und Muster-Verordnung 2004 - StMV, BGBl. II Nr. 312/2004, entsprechen“ durch die Wortfolge „zu verarbeiten“ ersetzt.
4. Nach § 69a wird folgender § 69b eingefügt:
„§ 69b. (1) Soweit dies gesetzlich vorgesehen ist, kann ein Notariatsakt nach Maßgabe der verfügbaren technischen Voraussetzungen auch elektronisch unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit errichtet werden. Für die Errichtung gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes über die Aufnahme eines elektronisch errichteten Notariatsakts mit den sich aus Abs. 2 bis 4 ergebenden Abweichungen.
(2) Der Notar hat bei einer nicht physisch anwesenden Partei durch Sicherungsmaßnahmen dafür zu sorgen, dass die Feststellung und Prüfung der Identität der Partei unter Verwendung eines elektronischen Verfahrens auf sichere und zweifelsfreie Weise erfolgen, dies
- 1. anhand eines amtlichen Lichtbildausweises (§ 36b Abs. 2 zweiter Satz) im Rahmen eines videogestützten elektronischen Verfahrens oder
- 2. durch ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren, mit dem gesichert dieselbe Information wie mit der Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises zur Verfügung gestellt wird (elektronischer Ausweis).
Der Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz hat mit Verordnung festzulegen, welche Maßnahmen zum Ausgleich des insofern potenziell bestehenden erhöhten Risikos der Geldwäscherei (§ 165 StGB) oder der Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) erforderlich sind, unter welchen Voraussetzungen sich der Notar für eine solche Identitätsfeststellung und -prüfung eines Dienstleisters bedienen kann und welche Anforderungen an die Datensicherheit, an die Fälschungssicherheit und an die Verlässlichkeit der Personen, die den Identifikationsvorgang konkret durchführen, erfüllt sein müssen. Die näheren technischen Voraussetzungen für die Verfahren nach Z 1 und 2 sind in Richtlinien der Österreichischen Notariatskammer zu regeln. Die endgültige Verantwortung für die Erfüllung der Pflicht zur Identifizierung verbleibt beim Notar. Sämtliche der bei der Feststellung und Prüfung der Identität der Partei unter Verwendung eines elektronischen Verfahrens erhobenen Daten und aufgezeichneten Vorgänge müssen dem Notar zur Sicherstellung der Erfüllung der ihn treffenden Sorgfaltspflichten unmittelbar zur Verfügung stehen. Ist dem Notar anhand dessen eine abschließende Erfüllung der ihn treffenden Identifizierungs- und sonstigen Sorgfaltspflichten nicht möglich, so hat die Aufnahme des Notariatsakts unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit zu unterbleiben.
(3) Bei der Aufnahme des Notariatsakts müssen alle Parteien ununterbrochen entweder physisch vor dem Notar anwesend oder mit dem Notar und den anderen Parteien unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit durch eine optische und akustische Zweiweg-Verbindung in Echtzeit verbunden sein. Wird die Verbindung vorübergehend unterbrochen, so hat der Notar mit der Errichtung des Notariatsakts innezuhalten und erst dann fortzufahren, wenn die Verbindung wieder vollständig hergestellt ist.
(4) § 68 gilt mit der Maßgabe, dass die unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit verbundene Partei ihre elektronische Signatur (Art. 3 Z 10 eIDAS-VO) dem Notariatsakt zeitlich vor einer allenfalls physisch vor dem Notar anwesenden Partei beizufügen hat. Zusätzlich zu den Angaben nach § 68 Abs. 2 hat der Notar im Notariatsakt auch anzuführen, dass der Notariatsakt unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit durch eine optische und akustische Zweiweg-Verbindung zustande gekommen ist und welche Partei sich derart an der Aufnahme des Notariatsakts beteiligt hat; für den Fall des Fehlens dieser Angabe gilt § 68 Abs. 2 letzter Satz sinngemäß.
(5) Soweit personenbezogene Daten nach dieser Bestimmung verarbeitet werden, geschieht dies in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe nach § 1, aufgrund der Verpflichtung des Notars zur Identifikation der Parteien sowie zum Zweck der Verhinderung oder Bekämpfung der Geldwäscherei (§ 165 StGB) oder der Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.“
5. In § 79 Abs. 1 Z 1 wird das Wort „und“ am Ende durch einen Beistrich ersetzt.
6. In § 79 Abs. 1 erhalten die bisherigen Ziffern 2 und 3 die Ziffernbezeichnungen „3.“ und „4.“.
7. Nach § 79 Abs. 1 Z 1 wird folgende Z 2 eingefügt:
- „2. dem Notar gegenüber erklärt, dass sie den Inhalt der Urkunde kennt und deren Unterfertigung (Signierung) frei von Zwang erfolgt,“
8. In § 79 Abs. 2 erster Satz und Abs. 2a erster Satz werden jeweils nach dem Wort „Unternehmen“ das Wort „oder“ durch einen Beistrich ersetzt und jeweils nach dem Wort „Personen“ die Wortfolge „oder der Kontrolle des Rechnungshofes oder eines Landesrechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern“ eingefügt.
9. § 79 Abs. 5 erster Satz lautet:
„Die Beurkundung geschieht durch einen Vermerk, der
- 1. die Geschäftszahl des Beurkundungsregisters,
- 2. den Vor- und Familiennamen der Partei, gegebenenfalls auch deren Geburtsdatum,
- 3. die Bestätigung der Abgabe der Erklärung der Partei nach Abs. 1 Z 2 und
- 4. die Bestätigung der Echtheit der Unterschrift (firmenmäßigen Zeichnung) oder des Handzeichens
zu enthalten hat.“
10. In § 79 Abs. 6 erster Satz werden das Wort „und“ durch einen Beistrich ersetzt und nach dem Wort „Beurkundungsregister“ die Wendung „und für die Vornahme der Beurteilung nach § 34 Abs. 1“ eingefügt.
11. In § 79 Abs. 6 zweiter Satz wird nach dem Wort „Notar“ die Wendung „über die ihn nach § 34 treffenden Pflichten hinaus“ eingefügt.
12. § 79 Abs. 6 dritter Satz entfällt.
13. § 79 wird folgender Abs. 9 angefügt:
„(9) Abweichend von Abs. 1 Z 1 und 3 kann der Notar für den Fall, dass die Errichtung eines elektronischen Notariatsakts unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit (§ 69b) gesetzlich vorgesehen und im unmittelbaren Zusammenhang mit dem betreffenden Rechtsgeschäft auch die Beglaubigung der Echtheit einer händischen Unterschrift oder einer elektronischen Signatur erforderlich ist, unter sinngemäßer Anwendung des § 69b Abs. 2 und 3 auch die Echtheit der Unterschrift oder der elektronischen Signatur einer nicht physisch anwesenden Partei beurkunden. Der Notar muss dabei mit der Partei vor und während ihrer Unterschrifts- oder Signaturleistung unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit durch eine optische und akustische Zweiweg-Verbindung ununterbrochen und solange verbunden sein, dass von ihm der Vorgang der Anbringung der händischen Unterschrift oder der elektronischen Signatur eindeutig und lückenlos mitverfolgt werden kann. Bei einer händischen Unterschrift hat die Partei dem elektronischen Abbild des von ihr unterfertigten Dokuments auch ihre elektronische Signatur beizufügen. Zusätzlich zu den sonstigen Voraussetzungen hat der Notar vor der Beglaubigung der Echtheit einer Unterschrift auch einen optischen Vergleich zwischen dem an ihn elektronisch übermittelten Dokument und der der Partei nach der Anbringung der Unterschrift vorliegenden Urkunde vorzunehmen. Der vom Notar anzubringende Beglaubigungsvermerk (Abs. 5) hat auch die Angabe zu enthalten, dass die Beglaubigung auf der Grundlage dieser Bestimmung unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit durch eine optische und akustische Zweiweg-Verbindung zustande gekommen ist.“
14. In § 140a Abs. 2 Z 8 wird nach der Wendung „notariellen Treuhandschaften,“ die Wendung „über die näheren technischen Voraussetzungen für die Verfahren nach § 69b Abs. 2 Z 1 und 2, insbesondere über die dabei zu verwendenden Schnittstellen und einzuhaltenden technischen Sicherungsverfahren,“ eingefügt.
15. § 189 wird folgender Abs. 10 angefügt:
„(10) § 36a Abs. 3, § 36b Abs. 7, 8 und 9 sowie § 36c Abs. 5 in der Fassung des Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetzes, BGBl. I Nr. 71/2018, treten mit dem der Kundmachung dieses Bundesgesetzes folgenden Tag in Kraft. § 69b, § 79 Abs. 1, 2, 2a, 5, 6 und 9 sowie § 140a Abs. 2 Z 8 in der Fassung dieses Bundesgesetzes treten mit 1. Jänner 2019 in Kraft.“
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