394. Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) zur Konkretisierung der sich für Rechtsträger nach dem WAG 2018 ergebenden Pflichten im Umgang mit Querverkäufen (Querverkaufsverordnung - QVV)
Auf Grund des § 47 Abs. 5 des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2018 - WAG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017, wird verordnet:
1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
Zweck und Anwendungsbereich
§ 1. (1) Diese Verordnung regelt die angemessene Beschreibung der verschiedenen Bestandteile eines Paketes im Rahmen eines Querverkaufes gemäß § 1 Z 59 des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2018 (WAG 2018), BGBl. I Nr. 107/2017, wie sie Rechtsträger gemäß § 26 Abs. 1 WAG 2018 ihren Kunden gemäß § 47 Abs. 5 WAG 2018 vorzulegen haben, sowie Vorgaben für das Vertriebspersonal und zur Paketgestaltung.
(2) Diese Verordnung ist nicht auf Querverkäufe anwendbar, die mit geeigneten Gegenparteien gemäß § 68 Abs. 3 WAG 2018 abgeschlossen oder diesen vermittelt werden.
Begriffsbestimmungen
§ 2. Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:
- 1. „Bestandteil“ ist das einzelne Produkt oder die einzelne Dienstleistung einschließlich der Wertpapierdienstleistung, die zusammen mit einer anderen Dienstleistung oder einem anderen Produkt als Teil eines Paketes oder als Bedingung für dieselbe Vereinbarung oder dasselbe Paket angeboten wird;
- 2. „Paket“ ist das gemeinsame Angebot verschiedener Produkte oder Dienstleistungen oder von beiden unter Einschluss zumindest einer Wertpapierdienstleistung zum Zwecke des Querverkaufes unbeschadet des Umstandes, ob
- a) neben dem gemeinsamen Angebot jeder dieser Bestandteile auch zum einzelnen Erwerb oder zur einzelnen Inanspruchnahme angeboten wird (gebündeltes Paket) oder
- b) ob zumindest ein Bestandteil nicht zum einzelnen Erwerb oder zur einzelnen Inanspruchnahme angeboten wird (gekoppeltes Paket);
- 3. „Vertriebspersonal“ sind alle natürlichen Personen, die gegenüber Kunden im Namen des Rechtsträgers gekoppelte oder gebündelte Pakete vertreiben.
2. Abschnitt
Kundeninformation
Werbung für Pakete
§ 3. Wird ein vertriebenes Paket durch Anpreisung eines oder mehrerer seiner Bestandteile beworben und werden dabei Angaben zu Preisen oder Nebenkosten gemacht, so sind diese Angaben für alle Bestandteile des Pakets sowie das Paket selbst in der gleichen Deutlichkeit zu machen.
Beschreibung von Preisen und Nebenkosten
§ 4. (1) Eine angemessene Beschreibung hat für jedes vertriebene Paket einen Nachweis über den Preis für den Erwerb oder die Inanspruchnahme sowohl des Pakets als auch jedes seiner Bestandteile und in diesem Rahmen zudem die Höhe aller Nebenkosten aufgeschlüsselt nach Einzelpositionen zu umfassen. Als Nebenkosten sind jedenfalls allfällig anfallende Verwaltungsgebühren, Transaktionskosten und Zuschläge bei vorzeitiger Vertragsbeendigung zu berücksichtigen.
(2) Lassen sich einzelne Nebenkosten zum Angebotszeitpunkt für das Paket nicht berechnen, können sie gemäß Abs. 1 auch auf Grund vernünftiger Annahmen als Schätzung ausgewiesen werden.
(3) Eine angemessene Beschreibung von Preisen und Nebenkosten gemäß Abs. 1 und 2 ist
- 1) so rechtzeitig vor Abschluss eines Geschäfts dem Kunden zur Verfügung zu stellen, dass der Kunde auf informierter Grundlage seine Entscheidung über den Abschluss des Geschäfts treffen kann, und
- 2) in einer deutlich sichtbaren, präzisen und einfach formulierten Form abzufassen, in der Fachterminologie, die Bestandteil der Rechtssprache geworden ist, erläutert und auf sonstige Fachterminologie verzichtet wird.
(4) Eine Beschreibung, die in Bezug auf Preise oder Nebenkosten gemäß Abs. 1 irreführend ist, die tatsächlichen Nebenkosten verschleiert oder derart gestaltet ist, dass der Kunde daran gehindert wird, seiner Entscheidung über den Abschluss des Geschäfts einen in Betracht kommenden Vergleich mit einem Alternativprodukt zugrunde zu legen, ist jedenfalls nicht angemessen.
Beschreibung sonstiger Merkmale des Pakets und seiner Bestandteile sowie der Risiken
§ 5. (1) Eine angemessene Beschreibung hat auch eine Darlegung etwaiger Unterschiede zwischen den mit einem Paket verbundenen Risiken (Risikoprofil des Pakets) und den mit seinen einzelnen Bestandteilen verbundenen Risiken (Risikoprofile der Bestandteile), die jeweiligen Wechselwirkungen sowie etwaige Angaben zu wesentlichen, nicht in § 4 geregelten Merkmalen (sonstige Merkmale) zu umfassen.
(2) Auf die Beschreibung sonstiger Merkmale einschließlich der Darlegung der Unterschiede in den verschiedenen Risikoprofilen und ihrer jeweiligen Wechselwirkungen findet § 4 Abs. 3 und 4 mit der Maßgabe Anwendung, dass
- 1. diese Beschreibung in einer ebenso deutlich sichtbaren Form wie die Beschreibung gemäß § 4 abzufassen ist und
- 2. neben der irreführenden Beschreibung auch eine verfälschende Darstellung der Auswirkungen, die die sonstigen Merkmale und die mit dem Paket verbundenen Risiken für den Kunden haben, jedenfalls keine angemessene Beschreibung ist.
Nicht irreführende Information über den Fakultativcharakter des Pakets
§ 6. Wird die gesetzlich vorgesehene Information erteilt, dass die verschiedenen Bestandteile eines Pakets getrennt voneinander erworben oder in Anspruch genommen werden können, darf dieser Information ihre Deutlichkeit nicht genommen werden, indem durch die Gesamtgestaltung des Angebots für das Paket der Eindruck erweckt wird, der Erwerb des gebündelten Paketes sei verpflichtend, oder indem in einer vom Kunden zu treffenden Auswahl zwischen dem Paket und seinen einzelnen Bestandteilen eine Standardannahme zugunsten des Pakets getroffen wird.
3. Abschnitt
Vorgaben zum Vertriebspersonal
Vergütungsgrundsätze und Vergütungspraktiken für das Vertriebspersonal
insbesondere zur Vermeidung von Interessenkonflikten
§ 7. Vergütungsgrundsätze und Vergütungspraktiken gemäß Art. 27 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie, ABl. L Nr. 87 vom 31.03.2017 S. 1, haben auch im Rahmen von Querverkäufen ein verantwortungsvolles Verhalten des Rechtsträgers im Geschäftsverkehr, eine faire Behandlung der Kunden und die Vermeidung von Interessenkonflikten zu gewährleisten.
4. Abschnitt
Paketgestaltung
Erhalt von Rücktritts- und Widerrufsrechten
§ 8. Rechtsträger haben bei der Bündelung oder Koppelung von Produkten oder Dienstleistungen oder von beidem zu Paketen sicherzustellen, dass sämtliche Rücktritts- oder Widerrufsrechte, die für einen oder mehrere Bestandteile auf Grund gesetzlicher Bestimmungen oder vertraglicher Gestaltung im Falle des einzelnen Erwerbs oder der einzelnen Inanspruchnahme gelten, für die betreffenden Bestandteile gleichermaßen gelten, wenn diese Teil eines Pakets sind.
Nachträgliche Aufteilung des Pakets
§ 9. (1) Rechtsträger haben bei der Bündelung oder Koppelung von Produkten oder Dienstleistungen oder von beiden das Paket auf eine Art zu gestalten, dass die einzelnen Bestandteile eines Paketes nach erfolgtem Querverkauf ohne unverhältnismäßige Vertragsstrafen oder sonstige unverhältnismäßige vertragliche Folgen auf in ihrer rechtlichen Entwicklung voneinander unabhängige Vertragsverhältnisse aufgeteilt werden können.
(2) Rechtsträger trifft die Paketgestaltungspflicht gemäß Abs. 1 nicht, wenn
- 1. eine weitergehende Beschränkung der nachträglichen Aufteilung des Pakets auf Grund von anwendbaren Bestimmungen, die nicht in § 90 Abs. 1 WAG 2018 genannt sind, erlaubt ist oder
- 2. sachliche Gründe eine weitergehende Beschränkung rechtfertigen.
5. Abschnitt
Schlussbestimmungen
Übergangsbestimmung
§ 10. Nach Inkrafttreten dieser Verordnung gilt § 7 bis zum 1. Jänner 2019 für Rechtsträger nicht, die in ihren Vergütungsgrundsätzen und Vergütungspraktiken die Behandlung von Querverkäufen noch nicht dementsprechend geregelt haben, mit der Anpassung jedoch bereits begonnen haben.
Inkrafttreten
§ 11. Diese Verordnung tritt mit 3. Jänner 2018 in Kraft.
Ettl Kumpfmüller
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