207. Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über Gleichwertigkeiten im Bereich der Reifezeugnisse und des Hochschulwesens
207.
Der Nationalrat hat beschlossen:
Der Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.
Abkommen
zwischen der Republik Österreich
und dem Fürstentum Liechtenstein
über Gleichwertigkeiten im Bereich der Reifezeugnisse und des Hochschulwesens
Die Republik Österreich und das Fürstentum Liechtenstein, im Folgenden Vertragsstaaten genannt, haben
im Geiste der freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Vertragsstaaten,
in der Absicht, die Zusammenarbeit zwischen beiden Vertragsstaaten auf dem Gebiet der Sekundarausbildung, der Wissenschaften und des Hochschulwesens zu vertiefen,
in dem Wunsche, den Studierenden beider Vertragsstaaten die Aufnahme oder die Fortführung des Studiums im jeweils anderen Vertragsstaat zu erleichtern sowie die grenzüberschreitende regionale Mobilität der Lehrenden und Studierenden zu fördern,
im Bewusstsein der in beiden Vertragsstaaten im Bereich des Hochschulwesens bestehenden Gemeinsamkeiten sowie der von beiden Vertragsstaaten unterzeichneten Hochschulkonventionen des Europarates und der UNESCO, insbesondere der im Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region1 („Lissabonner Anerkennungsübereinkommen“) vom 11. April 1997 geregelten Fragen der allgemeinen Zulassung zum Hochschulstudium,
unter Bedachtnahme auf die in beiden Vertragsstaaten geltenden Bestimmungen über die Zuständigkeiten im höheren Bildungswesen,
im Hinblick auf die besonders enge Zusammenarbeit beider Vertragsstaaten als Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes,
Folgendes vereinbart:
Artikel 1
In diesem Abkommen bedeutet:
- 1. der Ausdruck „Hochschule“ alle Institutionen, denen von einem der Vertragsstaaten gesetzlich Hochschulcharakter zuerkannt wird bzw. die in der hochschulischen Trägerschaft eines der Vertragsstaaten stehen. Die Hochschulen im Sinne dieser Definition sind auf den Websites der Nationalen Informationszentren für akademische Anerkennung der beiden Vertragsstaaten aufgelistet;
- 2. der Ausdruck „akademischer Grad“ diejenigen Grade, die an einer Hochschule im Sinne der Ziffer 1 als Abschluss eines Studiums erworben werden;
- 3. der Ausdruck „Prüfung“ sowohl Abschlussprüfungen eines Studiums als auch Teilprüfungen oder Zwischenprüfungen innerhalb eines Studiums;
- 4. der Ausdruck „Reifezeugnis“ alle Zeugnisse, die in einem der beiden Vertragsstaaten als Abschluss einer Sekundarausbildung ausgestellt werden und eine allgemeine Hochschulreife, das heißt grundsätzlich die Berechtigung zur Aufnahme eines Hochschulstudiums vermitteln.
Artikel 2
(1) Jeder der beiden Vertragsstaaten anerkennt die vom jeweils anderen Vertragsstaat ausgestellten Reifezeugnisse und gibt ihnen sämtliche Wirkungen, die mit den eigenen Reifezeugnissen verbunden sind.
(2) Zusätzliche Erfordernisse, die in einem der beiden Vertragsstaaten zum Zweck des Erlangens bestimmter Rechte über das Reifezeugnis hinaus vorgeschrieben sind, wie zum Beispiel ergänzende berufliche Ausbildungen, werden durch Abs. 1 nicht berührt. Allfällige besondere Erfordernisse, die für die Zulassung zu bestimmten Hochschulstudien vorgeschrieben sind, sind nach dem Recht jenes Vertragsstaates zu erfüllen, in dem die Zulassung beantragt wird.
(3) Andere Zeugnisse, die im ausstellenden Vertragsstaat eine Berechtigung zum Studium an einer Hochschule vermitteln, gewähren im selben Ausmaß auch im jeweils anderen Vertragsstaat eine Studienberechtigung. Abs. 2 letzter Satz ist anzuwenden.
(4) Zeugnisse gemäß Abs. 1 und 3 sind zugleich Nachweise, dass der Inhaber die deutsche Sprache in einem für das Hochschulstudium erforderlichen Ausmaß beherrscht.
(5) Die Abs. 1 bis 4 finden auch auf jene Reifezeugnisse Anwendung, die zwar nicht in einem der beiden Vertragsstaaten ausgestellt sind, denen aber einer der beiden Vertragsstaaten dieselbe rechtliche Wirkung zuerkennt, wie sie die in seinem Staatsgebiet ausgestellten Zeugnisse haben. Zum Zweck der Geltendmachung dieser Rechte ist vom Bewerber eine entsprechende Bestätigung der hiefür zuständigen staatlichen Stelle beizubringen.
(6) Jeder der beiden Vertragsstaaten fordert von den Studierenden, die Staatsangehörige des jeweils anderen Vertragsstaates sind, nur diejenigen Studiengebühren beziehungsweise Hochschultaxen, die er auch von seinen eigenen Staatsangehörigen fordert.
Artikel 3
Studien- und Prüfungsleistungen in einschlägigen Fächern an Hochschulen im Sinne des Artikels 1 Ziffer 1 werden auf Antrag im Rahmen eines Studiums an Hochschulen im jeweils anderen Staat anerkannt, gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Kreditpunkten im Rahmen des European Credit Transfer and Accumulation System (ECTS). Die Einschlägigkeit wird von der aufnehmenden Hochschule festgestellt.
Artikel 4
Studienabschlüsse an Hochschulen im Sinne des Artikels 1 Ziffer 1 berechtigen zu einem weiterführenden Studium an den Hochschulen des jeweiligen anderen Vertragsstaates ohne Zusatz- oder Ergänzungsprüfungen, wenn und insoweit sie im Staate der Verleihung zu einem einschlägigen weiterführenden Studium ohne Zusatz- oder Ergänzungsprüfungen unmittelbar berechtigen. Ob ein einschlägiges Studium vorliegt, wird von jener Hochschule beurteilt, an die der Antrag auf Zulassung zum weiterführenden Studium gerichtet worden ist.
Artikel 5
(1) Der Inhaber bzw. die Inhaberin eines akademischen Grades ist berechtigt, diesen im jeweils anderen Vertragsstaat in der Form zu führen, in der er im Staate der Verleihung geführt werden darf.
(2) Die an einer Hochschule erworbenen akademischen Grade werden im jeweils anderen Vertragsstaat hinsichtlich all ihrer Wirkungen voll anerkannt, soferne sie in diesem Vertragsstaat eine Entsprechung besitzen. Zum Zwecke der Anerkennung dieser Gleichwertigkeit stellt die zuständige staatliche Behörde auf Antrag eine Bestätigung aus.
Artikel 6
(1) Zur Beratung aller Fragen, die sich aus diesem Abkommen ergeben, wird eine Gemischte Expertenkommission eingesetzt, die aus je bis zu drei von den beiden Vertragsstaaten zu nominierenden Mitgliedern besteht. Die Liste der Mitglieder wird dem jeweils anderen Vertragsstaat auf diplomatischem Weg übermittelt.
(2) Die Gemischte Expertenkommission tritt auf Wunsch eines der beiden Vertragsstaaten zusammen.
Artikel 7
(1) Dieses Abkommen wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Es tritt am ersten Tag des zweiten Monats nach dem Monat in Kraft, in welchem die beiden Vertragsparteien einander notifiziert haben, dass die jeweiligen innerstaatlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind. Maßgebend ist der Tag des Eingangs der letzten Notifikation.
(2) Jede der beiden Vertragsparteien kann dieses Abkommen auf diplomatischem Weg schriftlich kündigen. Die Kündigung wird sechs Monate nach Eingang der Notifikation der Kündigung bei der anderen Vertragspartei wirksam.
(3) Mit dem Inkrafttreten dieses Abkommens tritt das Abkommen vom 30. September 1996 zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über Gleichwertigkeiten im Bereich der Reifezeugnisse und des Hochschulwesens2 außer Kraft.
Zu Urkund dessen haben die gefertigten Bevollmächtigten das vorliegende Abkommen unterzeichnet und mit Siegeln versehen.
Geschehen zu Wien, am 23. Februar 2017 in zwei Urschriften in deutscher Sprache.
Für die Republik Österreich: | Für das Fürstentum Liechtenstein: |
Sonja Hammerschmid m.p. | Aurelia Frick m.p. |
Die Notifikationen gemäß Art. 7 Abs. 1 des Abkommens wurden am 10. Mai bzw. 23. Oktober 2017 (eingelangt am 2. November 2017) vorgenommen; das Abkommen tritt daher gemäß seinem Art. 7 Abs. 1 mit 1. Jänner 2018 in Kraft.
Kern
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