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BGBl II 86/2016

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

86. Verordnung: Standesregeln für Kreditvermittlung
[CELEX-Nr.: 32014L0017]

86. Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über Standes- und Ausübungsregeln für Gewerbliche Vermögensberater und Immobilienmakler, die die Tätigkeit der Kreditvermittlung ausüben (Standesregeln für Kreditvermittlung)

Auf Grund des § 69 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 155/2015, wird im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz verordnet:

Standesgemäßes Verhalten

§ 1. Kreditvermittler im Sinne des § 136a Abs. 1 Z 2 lit. b GewO 1994 sowie im Sinne des § 117 Abs. 2 Z 5 GewO 1994 haben ihren Beruf gewissenhaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kreditvermittlers auszuüben. Sie sind verpflichtet, jedes standeswidrige Verhalten zu unterlassen.

Standeswidriges Verhalten

§ 2. Standeswidrig ist ein Verhalten im Geschäftsverkehr mit den Auftraggebern oder ein Verhalten anderen Berufsangehörigen gegenüber, das geeignet ist, das Ansehen des Berufsstandes zu beeinträchtigen oder gemeinsame Interessen des Berufsstandes zu schädigen.

Wohlverhaltensregeln in Bezug auf die Vermittlung von Krediten

§ 3. (1) Kreditvermittler haben unter Berücksichtigung der Rechte und Interessen der Verbraucher (§ 1 Abs. 1 Z 2 des Konsumentenschutzgesetzes - KSchG, BGBl. Nr. 140/1979, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 105/2015) ehrlich, redlich, transparent und professionell zu handeln. Im Zusammenhang mit der Vermittlung von Krediten oder der Erbringung von Beratungsdienstleistungen zu Krediten oder gegebenenfalls von Nebenleistungen sind Informationen über die Umstände des Verbrauchers, von ihm angegebene konkrete Bedürfnisse und realistische Annahmen bezüglich der Risiken für die Situation des Verbrauchers während der Laufzeit des Kreditvertrags zugrunde zu legen.

(2) Werden Beratungsdienstleistungen für Verbraucher erbracht, haben Kreditvermittler alle erforderlichen Informationen über die persönliche und finanzielle Situation, Präferenzen und Ziele des Verbrauchers einzuholen, damit sie geeignete Kreditverträge empfehlen können. Die entsprechende Bewertung hat sich auf zum betreffenden Zeitpunkt aktuelle Informationen zu stützen und muss realistische Annahmen bezüglich der Risiken für die Situation des Verbrauchers während der Laufzeit des angebotenen Kreditvertrags zugrunde legen. Ein Kreditvermittler darf sich auf die vom Verbraucher übermittelten Informationen verlassen, es sei denn, er weiß oder müsste wissen, dass die Informationen offensichtlich veraltet, unzutreffend oder unvollständig sind.

(3) Ein gebundener Kreditvermittler hat bei der Erbringung von Beratungsdienstleistungen eine ausreichende Zahl von Kreditverträgen aus seiner Produktpalette einzubeziehen und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse, der finanziellen Situation und der persönlichen Umstände des Verbrauchers einen geeigneten Kreditvertrag oder mehrere geeignete Kreditverträge aus seiner Produktpalette zu empfehlen.

(4) Ein ungebundener Kreditvermittler hat bei der Erbringung von Beratungsdienstleistungen eine ausreichende Zahl von auf dem Markt verfügbaren Kreditverträgen einzubeziehen und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse, der finanziellen Situation und der persönlichen Umstände des Verbrauchers einen auf dem Markt verfügbaren geeigneten Kreditvertrag oder mehrere auf dem Markt verfügbare geeignete Kreditverträge zu empfehlen.

(5) Kreditvermittler haben bei der Erbringung von Beratungsdienstleistungen im besten Interesse der Verbraucher zu handeln, indem sie

  1. 1. sich über die Bedürfnisse und Umstände des Verbrauchers informieren und
  2. 2. geeignete Kreditverträge im Einklang mit Abs. 2, 3 und 4 empfehlen.

(6) Bei der Erbringung von Beratungsdienstleistungen haben Kreditvermittler dem Verbraucher eine Aufzeichnung der abgegebenen Empfehlung auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger (§ 137a Abs. 2 GewO 1994) zur Verfügung zu stellen.

Informationspflichten von Kreditvermittlern, Standards für Beratungsdienstleistungen

§ 4. (1) Ein Kreditvermittler hat rechtzeitig vor Ausübung jeder Kreditvermittlungstätigkeit dem Verbraucher gegenüber auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger folgende Informationen und Auskünfte zu geben:

  1. 1. Identität und Anschrift,
  2. 2. in welches Register er eingetragen wurde, einschließlich der Registrierungsnummer und der entsprechenden Internetadresse, unter der sich die Eintragung überprüfen lässt,
  3. 3. sowohl in der Werbung als auch in den für die Verbraucher bestimmten Unterlagen hat er auf den Umfang seiner Befugnisse hinzuweisen und insbesondere deutlich zu machen, ob er als ungebundener Kreditvermittler tätig ist; er kann zusätzlich angeben, ob er als unabhängiger Kreditmakler tätig ist,
  4. 4. gebundene Kreditvermittler und Kreditvermittler, die ausschließlich für einen oder mehrere Kreditgeber arbeiten, haben die Namen der Kreditgeber anzugeben, für die sie tätig sind,
  5. 5. ob Beratungsdienstleistungen angeboten werden,
  6. 6. dass die Möglichkeit besteht, die Ombudsstelle des Fachverbands Finanzdienstleister bei Beschwerden in Anspruch zu nehmen, und darüber hinaus Möglichkeiten der alternativen Streitbeilegung durch das FIN-NET oder die Schlichtung für Verbrauchergeschäfte bestehen,
  7. 7. das gegebenenfalls vom Verbraucher an den Kreditvermittler für dessen Dienste zu zahlende Entgelt ist dem Verbraucher bekannt zu geben und vor Abschluss des Kreditvertrages auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger zu vereinbaren,
  8. 8. gegebenenfalls ob und, falls bekannt, in welcher Höhe der Kreditgeber oder ein Dritter dem Kreditvermittler für seine Dienstleistung im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag Provisionen zu zahlen oder sonstige Anreize zu gewähren hat,
  9. 9. bei Kreditverträgen nach dem Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz - HIKrG, BGBl. I Nr. 135/2015, muss der Kreditvermittler dem Verbraucher mitteilen, dass der tatsächliche Betrag gemäß Z 8 zu einem späteren Zeitpunkt im ESIS-Merkblatt (Europäisches Standardisiertes Merkblatt entsprechend Anhang II der Richtlinie 2014/17/EU über Wohnimmobilienkreditverträge) angegeben wird, wenn der Betrag gemäß Z 8 zum Zeitpunkt der Offenlegung nicht bekannt ist,
  10. 10. ungebundene Kreditvermittler, die Provisionen von einem oder mehreren Kreditgebern erhalten, haben auf Verlangen des Verbrauchers Auskunft über die jeweilige Höhe der Provisionen zu erteilen, die ihnen von den verschiedenen Kreditgebern gezahlt werden, in deren Namen sie dem Verbraucher Kreditverträge anbieten; der Verbraucher ist darüber zu unterrichten, dass er entsprechende Auskünfte verlangen kann,
  11. 11. verlangt der Kreditvermittler vom Verbraucher ein Entgelt und erhält er zusätzlich eine Provision vom Kreditgeber oder einem Dritten, so hat er dem Verbraucher zu erläutern, ob die Provision - ganz oder teilweise - auf das Entgelt angerechnet wird.

(2) Der Kreditvermittler hat dem Kreditgeber das vom Verbraucher an den Kreditvermittler für dessen Dienste zu zahlende Entgelt zur Berechnung des effektiven Jahreszinses mitzuteilen.

(3) Der Kreditvermittler hat die in den §§ 5, 6 und 19 des Verbraucherkreditgesetzes - VKrG, BGBl. I Nr. 28/2010, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2015, vorgesehenen Pflichten gegenüber den Verbrauchern im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 KSchG einzuhalten.

(4) Der Kreditvermittler hat die Informationen gemäß Abs. 1 in die angemessenen Erläuterungen im Sinne des § 8 Abs. 6 HIKrG einzubeziehen.

(5) Die Bereitstellung von Informationen und Auskünften für Verbraucher gemäß den Anforderungen der Informationspflichten nach Abs. 1 bis 3 hat unentgeltlich zu erfolgen.

Personal; Kenntnisse und Fähigkeiten

§ 5. (1) Als Personal von Kreditvermittlern gelten alle natürlichen Personen, die als Dienstnehmer

  1. 1. für den Kreditvermittler arbeiten und direkt an Tätigkeiten des Kreditvermittlers mitwirken oder im Zuge der Ausübung dieser Tätigkeiten Kontakte zu Verbrauchern haben, oder
  2. 2. den unter Z1 genannten Personen unmittelbar vorstehen und diese beaufsichtigen.

(2) Kreditvermittler dürfen nur Personal einsetzen, das über angemessene Kenntnisse und Fähigkeiten in Bezug auf die Kreditvermittlung oder das Erbringen von Beratungsdienstleistungen verfügt, und haben das Personal, zB durch Schulungen, auf dem aktuellen Stand zu halten; enthält der Abschluss eines Kreditvertrages damit verbundene Nebenleistungen, sind angemessene Kenntnisse und Fähigkeiten für die Erbringung dieser Nebenleistungen erforderlich.

Unzulässige Kreditvermittlungen

§ 6. Dem Kreditvermittler ist es insbesondere untersagt:

  1. 1. die Vermittlung von Krediten anzubieten oder durchzuführen, wenn er weiß oder bei Anwendung entsprechender Aufmerksamkeit wissen muss, dass diese Kredite gegen Rechtsvorschriften betreffend das Verbot des Wuchers verstoßen;
  2. 2. die Vermittlung eines Kredites anzubieten oder durchzuführen, wenn er weiß oder bei Anwendung entsprechender Aufmerksamkeit wissen muss, dass der Kreditgeber ohne die erforderliche Bewilligung nach dem Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 532/1993, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 159/2015, Geschäfte von Kreditinstituten betreibt;
  3. 3. die Vermittlung eines Kredites von einem bestimmten Kreditgeber ohne dessen Einverständnis anzubieten oder durchzuführen.

Umschuldung

§ 7. (1) Bei der Vermittlung von Krediten, die der Umschuldung dienen, ist es unzulässig, Kredite anzubieten oder zu vermitteln, bei denen der effektive Jahreszinssatz gegenüber den effektiven Zinssätzen der abzulösenden Kredite bei Einrechnung der Provision eine monatliche wirtschaftliche Mehrbelastung für den Kreditwerber bedeutet.

(2) Vor Umschuldungen in Fällen, in denen die Gefahr des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit droht, hat der Kreditvermittler dem Kreditwerber die Inanspruchnahme einer staatlich anerkannten Schuldenberatungsstelle (§ 267f der Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2015) nachweislich zu empfehlen.

Ersichtlichmachung der Höchstbeträge

§ 8. Kreditvermittler haben in den für den Verkehr mit Verbrauchern bestimmten Räumen die für Kreditvermittlungen zulässigen Höchstsätze der Provisionen oder sonstigen Vergütungen mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass es sich um Höchstbeträge handelt, ersichtlich zu machen. Diese Ersichtlichmachung hat auch dann zu erfolgen, wenn die Vermittlung von Krediten in Schaufenstern, Schaukästen oder durch Werbemittel (wie Flugblätter, Falter und dergleichen) angeboten wird.

Höchstbeträge der Provisionen oder sonstigen Vergütungen im Bereich der Personalkreditvermittlung

§ 9. Die Provision oder sonstige Vergütung für die Vermittlung von Personalkrediten darf 5 vH der Bruttokreditsumme nicht übersteigen. In dem der Berechnung zugrunde zu legenden Bruttokreditbetrag dürfen keine Zinsen enthalten sein.

Mitteilung von Geschäftsbedingungen an den Verein für Konsumenteninformation

§ 10. Kreditvermittler haben die von ihnen verwendeten Geschäftsbedingungen dem Verein für Konsumenteninformation zu übermitteln, es sei denn, sie verwenden nur Geschäftsbedingungen, die von der zuständigen Fachorganisation in der Wirtschaftskammer Österreich zur Verfügung gestellt werden.

Geschlechtsneutrale Bezeichnung

§ 11. Die in dieser Verordnung verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen sind geschlechtsneutral zu verstehen.

In- und Außerkrafttreten

§ 12. (1) Diese Verordnung tritt mit Ausnahme des § 4 Abs. 1 Z 9 und des § 10 mit Ablauf des Tages ihrer Kundmachung in Kraft; gleichzeitig tritt mit Ausnahme des § 10 die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über Standes- und Ausübungsregeln für das Gewerbe der Personalkreditvermittler, BGBl. Nr. 505/1996, außer Kraft.

(2) § 4 Abs. 1 Z 9 tritt mit Ablauf des 21. März 2019 in Kraft.

(3) § 10 tritt mit Ablauf des 30. Juni 2017 in Kraft; gleichzeitig tritt § 10 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über Standes- und Ausübungsregeln für das Gewerbe der Personalkreditvermittler, BGBl. Nr. 505/1996, außer Kraft.

Umsetzungshinweis

§ 13. Durch diese Verordnung wird die Richtlinie 2014/17/EU über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 , ABl. Nr. L 60 vom 28.02.2014 S. 34, zuletzt berichtigt durch ABl. Nr. L 246 vom 23.09.2015 S. 11, umgesetzt.

Mitterlehner

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