236. Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen nach dem Bundespflegegeldgesetz (Kinder-Einstufungsverordnung zum Bundespflegegeldgesetz - Kinder-EinstV)
Auf Grund des § 4 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 12/2015, wird verordnet:
Anwendungsbereich und natürlicher Pflegebedarf
§ 1. (1) Diese Verordnung ist für die Beurteilung des Pflegebedarfs im Sinne des § 4 Abs. 1 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, von Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 15. Lebensjahr anzuwenden.
(2) Bei Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 15. Lebensjahr ist der natürliche, alters- und entwicklungsabhängige Pflegeaufwand für Betreuungs- und Hilfsverrichtungen (natürlicher Pflegebedarf), der auch bei gleichaltrigen nicht behinderten Kindern und Jugendlichen für diese Betreuungs- und Hilfsverrichtungen besteht, für die Beurteilung des Pflegebedarfs im Sinne des § 4 Abs. 1 BPGG in Abzug zu bringen.
(3) Der jeweilige natürliche Pflegebedarf im Sinne des Abs. 2 ist ein fixer Zeitwert und besteht nur bis zum Erreichen des jeweiligen nachstehenden Lebensalters. Für folgende Pflegemaßnahmen des § 3 besteht bis zum oder ab dem Erreichen der angeführten Altersgrenzen folgender natürlicher Pflegebedarf als fixer Zeitwert pro Tag:
| 2 x 20 Minuten |
| 1 Stunde |
| 2 x 25 Minuten |
| 1 Stunde |
| 40 Minuten |
| 1 Stunde |
| 1 Stunde |
(4) Der in Abs. 3 angeführte jeweilige natürliche Pflegebedarf für das An- und Auskleiden, die Mobilitätshilfe im engeren Sinn, die tägliche Körperpflege, die Zubereitung von Mahlzeiten und für das Einnehmen von Mahlzeiten ist bei den in § 3 angeführten Zeitwerten bereits in Abzug gebracht worden.
Altersgrenzen
§ 2. Die in dieser Verordnung angeführten Altersgrenzen legen den Zeitpunkt der Selbständigkeit eines nicht behinderten Kinders oder Jugendlichen für einzelne Verrichtungen fest. Mit Erreichen des jeweils festgelegten Lebensalters ist anzunehmen, dass ein gleichaltriges nicht behindertes Kind oder ein gleichaltriger nicht behinderter Jugendlicher einzelne Verrichtungen ohne Hilfe durchführen kann.
Betreuung
§ 3. (1) Unter Betreuung sind alle in relativ kurzer Folge notwendigen Verrichtungen anderer Personen zu verstehen, die vornehmlich den persönlichen Lebensbereich betreffen und ohne die das pflegebedürftige Kind oder der pflegebedürftige Jugendliche der Verwahrlosung ausgesetzt wäre.
(2) Zu den in Abs. 1 genannten Verrichtungen zählen insbesondere solche beim An- und Auskleiden, bei der Körperpflege, der Zubereitung und Einnahme von Mahlzeiten, der Verrichtung der Notdurft, der Einnahme von Medikamenten und der Mobilitätshilfe im engeren Sinn.
(3) Bei der Feststellung des zeitlichen Betreuungsaufwandes ist ab oder bis zur Vollendung des folgenden Lebensalters oder altersunabhängig von folgenden - auf einen Tag bezogenen - Richtwerten auszugehen:
| 2 x 10 Minuten |
| 2 x 30 Minuten |
| 2 x 20 Minuten |
| 2 x 10 Minuten |
| 2 x 5 Minuten |
| 40 Minuten |
| 10 Minuten |
| 10 Minuten |
| 6 Minuten |
| 10 Minuten |
| 10 Minuten |
| 10 Minuten |
| 15 Minuten |
| 10 Minuten |
- 12. Mobilitätshilfe im engeren Sinn:
| 1 Stunde |
| 20 Minuten |
| 30 Minuten |
| 1 Stunde |
| 2 Stunden |
| 20 Minuten |
| 10 Minuten |
| 10 Minuten |
| 5 Minuten |
| 20 Minuten |
| 10 Minuten |
(4) Für die notwendige Hilfestellung bei der Intimhygiene bei Menstruation ist ein Richtwert von 3 Stunden pro Monat anzunehmen.
(5) Für die nachstehenden Pflegemaßnahmen werden folgende Richtwerte pro Verrichtung festgelegt:
| 10 Minuten pro Inhalation |
| 10 Minuten pro Verabreichung |
| 20 Minuten pro Anwendung |
| 10 Minuten pro Anwendung |
(6) Für die nachstehenden Verrichtungen werden folgende - auf einen Tag bezogene - zeitliche Mindestwerte festgelegt:
| 2 x 10 Minuten |
| 2 x 35 Minuten |
| 2 x 25 Minuten |
| 20 Minuten |
| 1 Stunde |
| 30 Minuten |
| 90 Minuten |
| 1 Stunde |
| 1 Stunde |
Abweichungen von diesen Zeitwerten sind nur dann zu berücksichtigen, wenn der tatsächliche Betreuungsaufwand diese Mindestwerte erheblich überschreitet. Bei einer erheblichen Unterschreitung sind diese Mindestwerte nicht mehr anzuwenden.
Hilfe
§ 4. (1) Unter Hilfe sind aufschiebbare Verrichtungen anderer Personen zu verstehen, die den sachlichen Lebensbereich betreffen und zur Sicherung der Existenz erforderlich sind.
(2) Hilfsverrichtungen sind
- 1. die Herbeischaffung von Nahrungsmitteln, Medikamenten und Bedarfsgütern des täglichen Lebens,
- 2. die Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände,
- 3. die Pflege der Leib- und Bettwäsche,
- 4. die Beheizung des Wohnraumes einschließlich der Herbeischaffung von Heizmaterial und
- 5. die Mobilitätshilfe im weiteren Sinn.
(3) Für jede Hilfsverrichtung gemäß Abs. 2 kann ein - auf einen Monat bezogener - Zeitwert von bis zu 50 Stunden angenommen werden, wobei im Sinne des § 4 Abs. 7 Z 3 BPGG der gesamte Zeitaufwand für alle Hilfsverrichtungen mit insgesamt höchstens 50 Stunden pro Monat berücksichtigt werden kann. Der natürliche, alters- und entwicklungsabhängige Pflegeaufwand im Sinne des § 1 ist für jede Hilfsverrichtung - ausgenommen die Mobilitätshilfe im weiteren Sinn - bis zum vollendeten 15. Lebensjahr ein fixer Zeitwert von 10 Stunden pro Monat. Der natürliche, alters- und entwicklungsabhängige Pflegeaufwand im Sinne des § 1 für die Mobilitätshilfe im weiteren Sinn ist bis zum vollendeten 7. Lebensjahr ein fixer Zeitwert von 10 Stunden pro Monat.
Hörgeräte
§ 5. Für die notwendige Hilfestellung bei der Handhabung von Hörgeräten ist unabhängig vom Alter des Kindes oder Jugendlichen ein Richtwert von 20 Minuten pro Tag anzunehmen.
Beatmungs- und Absaugegeräte
§ 6. Für die notwendige Hilfestellung bei der Handhabung von Beatmungs- und Absaugegeräten sind unabhängig vom Alter des Kindes oder Jugendlichen folgende Richtwerte pro Verrichtung anzunehmen:
| 30 Minuten pro Verrichtung |
| 15 Minuten pro Verrichtung |
| 10 Minuten pro Verrichtung |
| 5 Minuten pro Verrichtung |
Richtwerte
§ 7. Abweichungen von den in dieser Verordnung angegebenen Richtwerten sind nur zu berücksichtigen, wenn der tatsächliche Pflegebedarf vom Richtwert um annähernd die Hälfte abweicht.
Erschwerniszuschlag
§ 8. Bei der Festsetzung des Pflegebedarfes sind für schwerst behinderte Kinder und Jugendliche unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 und 4 BPGG zusätzlich folgende auf einen Monat bezogene fixe Zeitwerte als Erschwerniszuschlag zu berücksichtigen:
| 50 Stunden |
| 75 Stunden. |
Verweisungen
§ 9. Für die Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen sind die §§ 3 bis 7 Einstufungsverordnung zum Bundespflegegeldgesetz, BGBl. II Nr. 37/1999, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 453/2011, anzuwenden.
Sachverständigengutachten
§ 10. Die Grundlage der Entscheidung über die Zuerkennung und Neubemessung von Pflegegeld bildet jedenfalls ein ärztliches Sachverständigengutachten und hierbei grundsätzlich von einem Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde, es sei denn, es befindet sich kein für die Begutachtung zur Verfügung stehender Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde in örtlicher Nähe zum zu begutachtenden Kind oder Jugendlichen. Für die Neubemessung von Pflegegeld kann auch ein Gutachten eines Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege, bevorzugt mit einer Ausbildung im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpflege, die Entscheidungsgrundlage bilden. Erforderlichenfalls sind zur ganzheitlichen Beurteilung der Pflegesituation Personen aus anderen Bereichen, beispielsweise der Heil- und Sonderpädagogik, der Sozialarbeit, der Psychologie sowie der Psychotherapie beizuziehen.
Inkrafttreten
§ 11. (1) Diese Verordnung tritt mit 1. September 2016 in Kraft und ist bei Anträgen auf Zuerkennung oder auf Erhöhung von Pflegegeld, die ab dem 1. September 2016 einlangen, anzuwenden.,
(2) Durch das Inkrafttreten dieser Verordnung kommt es unbeschadet des § 9 Abs. 4 BPGG bei gleich bleibendem Pflegebedarf zu keiner Änderung der Pflegegeldstufe.
Stöger
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