vorheriges Dokument
nächstes Dokument

BGBl II 199/2015

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

199. Verordnung: Geschäftsordnung des nach dem Steuerabkommen Liechtenstein zu konstituierenden Prüfungsausschusses

199. Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Geschäftsordnung des nach dem Steuerabkommen Liechtenstein zu konstituierenden Prüfungsausschusses

Auf Grund einer am 14. Jänner 2015 gemäß Art. 48 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern samt Schlussakte einschließlich der dieser beigefügten Erklärungen, BGBl. III Nr. 301/2013, abgeschlossenen Konsultationsvereinbarung zur Konstituierung eines Prüfungsausschusses gemäß Art. 44 dieses Abkommens wird verordnet:

§ 1. Gemäß Art. 44 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern samt Schlussakte einschließlich der dieser beigefügten Erklärungen (im Folgenden: Steuerabkommen) wird ein unabhängiger Prüfungsausschuss zur Durchführung der Kontrolle gemäß Art. 43 des Steuerabkommens durch die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten gebildet.

§ 2. (1) Der Prüfungsausschuss besteht aus fünf Mitgliedern (jeweils zwei Mitglieder aus einem der beiden Vertragsstaaten und ein Vorsitzender).

(2) Jeder Vertragsstaat hat das Recht zwei Mitglieder zu nominieren. Zusätzlich wird jährlich wechselnd ein drittes Mitglied von einem der Vertragsstaaten nominiert. Bei der Konstituierung hat Liechtenstein dieses Nominierungsrecht.

(3) Ausschussmitglieder sind unabhängige natürliche Personen (§ 4), die entweder die Voraussetzungen für die Ausübung richterlicher Aufgaben in ihrem Land erfüllen oder Fachperson von allgemein anerkannter Kompetenz sind. Die Vertragsstaaten können in begründeten Fällen ein vom anderen Vertragsstaat nominiertes Ausschussmitglied ablehnen. Angehörige der jeweiligen zuständigen Behörde können keinesfalls Mitglieder des Prüfungsausschusses sein.

(4) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses wählen eine Person aus ihrer Mitte als Vorsitzenden. Der Vorsitzende stammt jährlich alternierend aus dem einen oder dem anderen Vertragsstaat. Im ersten Jahr bestimmt das Fürstentum Liechtenstein den Vorsitzenden.

(5) Nach Ende der Prüfungssession scheidet eines der Mitglieder aus demjenigen Vertragsstaat, welcher im ablaufenden Jahr den Vorsitzenden stellte, aus dem Prüfungsausschuss aus. Das ausscheidende Mitglied wird durch denjenigen Vertragsstaat bestimmt, welcher dieses nominiert hat. Das ausscheidende Mitglied wird durch ein Mitglied aus dem anderen Vertragsstaat ersetzt. Bei Ausscheiden eines weiteren Mitgliedes liegt das Recht der Nachnominierung bei demjenigen Vertragsstaat, der auch das ausscheidende Mitglied nominiert hat.

§ 3. Der Prüfungsausschuss besteht ab der konstituierenden Erklärung des Vorsitzenden, die zum Zeitpunkt des erstmaligen Zusammentretens aller Mitglieder zu erfolgen hat. Der Prüfungsausschuss besteht unabhängig vom Wechsel seiner Mitglieder während der gesamten Dauer der Geltung des Steuerabkommens.

§ 4. Die Arbeit des Prüfungsausschusses hat unparteilich und unabhängig zu erfolgen. Die Mitglieder des Prüfungsausschusses dürfen im Rahmen dieser Tätigkeit an keine Weisungen gebunden sein. Über alles, was ihnen in ihrer Funktion bekannt geworden ist, sind sie zu strenger Verschwiegenheit verpflichtet.

§ 5. Die Haftung der Mitglieder des Prüfungsausschusses für jegliche Handlung oder Unterlassung im Zusammenhang mit der Tätigkeit im Prüfungsausschuss ist, soweit gesetzlich zulässig, ausgeschlossen.

§ 6. Die Auswahl der zu prüfenden Fälle erfolgt innerhalb von zwei Kalenderwochen nach dem Zeitpunkt der Meldung nach Art. 43 Abs. 1 durch je ein von den Vertragsstaaten nominiertes Mitglied des Prüfungsausschusses bzw. für das erste zu prüfende Jahr durch je eine von den Vertragsstaaten nominierte Person mit Unterstützung der zuständigen liechtensteinischen Behörde nach dem Zufallsprinzip. Das Ergebnis der Fallauswahl wird dem Vorsitzenden unverzüglich mitgeteilt.

§ 7. Soweit in diesem Übereinkommen nicht ausdrücklich anders festgelegt, bestimmen die Mitglieder des Prüfungsausschusses das Verfahren der Prüfung einvernehmlich nach eigenem Ermessen.

§ 8. Die Prüfung der ausgewählten Fälle erfolgt jeweils für ein abgelaufenes Steuerjahr im Nachhinein im Rahmen einer jährlichen Prüfungssession. Die Prüfungssession beginnt mit der Bereitstellung der Informationen an den Prüfungsausschuss und endet nach 12 Monaten nach der Bereitstellung der Informationen an den Prüfungsausschuss. Abweichend davon beginnt die erste Prüfungssession mit Konstituierung des Prüfungsausschusses (§ 3). Die Prüfung der ausgewählten Fälle muss bis zum Ende der Prüfungssession abgeschlossen werden.

§ 9. Entscheidungen des Prüfungsausschusses werden nach dem Prinzip der Stimmenmehrheit getroffenen. Alle Mitglieder des Prüfungsausschusses haben ein gleiches Stimmrecht.

§ 10. Die Prüfung erfolgt anhand der in Art. 2 Abs. 2 lit. b des Steuerabkommens definierten Kriterien.

§ 11. Es gilt die freie Beweiswürdigung.

§ 12. Das Beweismittelerhebungsverfahren wird über die zuständige Behörde Liechtensteins durchgeführt. Die zuständige Behörde Liechtensteins hat dem Prüfungsausschuss alle Angaben, Beweismittel und Schriftstücke, die für die Prüfung erforderlich sind zur Verfügung zu stellen. Der Prüfungsausschuss kann die zuständige Behörde Liechtensteins jederzeit bis zum Abschluss des Verfahrens um Bereitstellung zusätzlicher Angaben, Beweismittel und Schriftstücke ersuchen.

§ 13. (1) Der Prüfungsort ist durch den Prüfungsausschuss frei zu bestimmen, er darf aber keinesfalls außerhalb des Staatsgebietes des Fürstentums Liechtenstein liegen.

(2) Dokumente, die dem Prüfungsausschuss im Zuge der Prüfung vorgelegt wurden, dürfen nicht aus dem Staatsgebiet des Fürstentums Liechtenstein entfernt werden. Untersagt ist ebenfalls die Vervielfältigung in jedweder Form.

§ 14. Der Prüfungsausschuss hat die in Art. 43 Abs. 4 des Steuerabkommens festgelegten Fristen zu beachten. Der Prüfungsausschuss beurteilt die zu prüfenden Fälle in der Regel innerhalb von 6 Monaten nach Erhalt der Informationen gemäß Art. 43 Abs. 3 des Steuerabkommens, längstens jedoch bis zum Ende der Prüfungssession.

§ 15. (1) Das Prüfungsergebnis ist der zuständigen Behörde Liechtensteins und Österreichs schriftlich, anonymisiert und begründet im Rahmen eines Abschlussberichtes mitzuteilen.

(2) Kommt der Prüfungsausschuss zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Vermögensstruktur nicht um eine intransparente Vermögensstruktur handelt oder dass die Steuern gemäß Teil 4 des Steuerabkommens nicht ordnungsgemäß entrichtet wurden, sind die Informationen gemäß Art. 43 Abs. 4 dieses Steuerabkommens unter sinngemäßer Anwendung der im liechtensteinischen Amtshilfeverfahren vorgesehenen Rechtsschutzinstrumente von der zuständigen liechtensteinischen Behörde an die zuständige österreichische Behörde zu übermitteln.

§ 16. (1) Mitglieder des Prüfungsausschusses erhalten für jeden Sitzungstag und Vorbereitungstag eine Vergütung in der Höhe von 1 200 Euro bzw. 1 450 Schweizer Franken, der Vorsitzende erhält eine um 10% erhöhte Vergütung.

(2) Reisekosten sind den Mitgliedern gesondert nach tatsächlichem Aufwand zu vergüten. Es gelten sinngemäß die Vorschriften des jeweiligen Vertragsstaates für die Reisekostenvergütung höherer Beamte.

(3) Der Kostenersatz für die Mitglieder des Prüfungsausschusses erfolgt durch den Vertragsstaat, der die Mitglieder nominiert hat.

§ 17. Die zuständige liechtensteinische Behörde stellt bei Bedarf einen Prüfungsraum und falls notwendig elektronische Hilfsmittel zur Verfügung. Die Sitzungen erfolgen in der Regel im Rahmen von zwei Blocksitzungen von jeweils 4 Arbeitstagen.

§ 18. Über das Prüfungsergebnis und das Prüfverfahren ist grundsätzlich gegenüber unbeteiligten Stillschweigen zu bewahren. Die zuständigen Behörden können sich auf Ausnahmen verständigen.

§ 19. Soweit nichts anderes bestimmt ist, bedeutet der Ausdruck „zuständige Behörde“:

  1. in der Republik Österreich der Bundesminister für Finanzen oder die von ihm bestimmte Behörde;
  2. in Liechtenstein die Regierung des Fürstentums Liechtenstein oder deren Bevollmächtigte.

Schelling

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)