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BGBl II 351/2014

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

351. Verordnung: Verschlusssachenverordnung

351. Verordnung des Bundesministers für Justiz über die Einstufung als und die Behandlung von Verschlusssachen (Verschlusssachenverordnung)

Auf Grund des § 145 Abs. 3 der Strafprozessordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 71/2014, und des § 34c Abs. 3 des Staatsanwaltschaftsgesetzes (StAG), BGBl. Nr. 164/1986, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 71/2014, wird verordnet:

Gegenstand und Geltungsbereich

§ 1. (1) Gegenstand dieser Verordnung ist

  1. 1. die Behandlung von Anträgen, Anordnungen und gerichtlichen Bewilligungen hinsichtlich Ermittlungsmaßnahmen in den Fällen des § 135 Abs. 2 und 3 StPO und des § 136 Abs. 1 Z 2 und 3 StPO, deren in Bild- oder Schriftform übertragenen Ergebnissen sowie sonstigen damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Berichten und Geschäftsstücken für den Zeitraum, in dem sie nach § 145 Abs. 2 StPO nicht zum Akt genommen werden dürfen, und
  2. 2. die Einstufung von Ermittlungsakten (§ 34c StAG) und damit auch der zugehörigen Tagebücher (§ 16 DV-StAG) als Verschlusssache sowie deren Behandlung.

(2) Diese Verordnung gilt für die Zentralstelle des Bundesministeriums für Justiz und alle weiteren Dienststellen im Bereich des Justizressorts sowie die ordentlichen Gerichte. Soweit im Einzelnen nichts anderes bestimmt wird, sind die Verordnung zur Durchführung des Staatsanwaltschaftsgesetzes (DV-StAG) und die Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz (Geo.) anzuwenden.

(3) Solange ein Ermittlungsakt als Verschlusssache eingestuft ist (§ 2) oder ein gesonderter Verschlussakt geführt wird (§ 3 Abs. 1 erster Satz), gelten die Bestimmungen dieser Verordnung sinngemäß auch für den korrespondierenden landesgerichtlichen Handakt (§ 507a Geo.) sowie die Geschäftsbehelfe und Unterlagen der Generalprokuratur. Ebenso gelten die den sachbearbeitenden Staatsanwalt betreffenden Regelungen sinngemäß für die sonst befassten justiziellen Organe (Richter, Rechtschutzbeauftragter, Revisor, etc.).

(4) Über Anordnung des Bundesministeriums für Justiz oder mit dessen Einverständnis können der Leiter der Staatsanwaltschaft oder der Leiter der übergeordneten Oberstaatsanwaltschaft im Einzelfall auch weitere, über den Inhalt dieser Verordnung hinausgehende Maßnahmen zur sicheren Behandlung und Verwahrung von Verschlussakten anordnen.

(5) Die Bestimmungen der StPO, insbesondere jene über die Rechte auf Information und Akteneinsicht, bleiben unberührt.

Einstufung von Ermittlungsakten als Verschlusssache

§ 2. Ein Ermittlungsakt ist als Verschlusssache einzustufen, wenn besondere Geheimhaltungsgründe bestehen. Solche liegen insbesondere dann vor, wenn an dem Strafverfahren wegen der außergewöhnlichen Bedeutung der aufzuklärenden Straftat oder der Funktion des Tatverdächtigen im öffentlichen Leben ein besonderes öffentliches Interesse besteht und die Weitergabe von Informationen aus dem Ermittlungsverfahren mit einer besonderen Gefahr für die von den Ermittlungen betroffenen Personen oder Dritte, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit verbunden wäre oder den Zweck der weiteren Ermittlungen gefährden würde (§ 50 Abs. 1 letzter Satz StPO). Ob und wie lange ein Ermittlungsakt als Verschlusssache geführt wird, entscheidet der Leiter der Staatsanwaltschaft, der Leiter der übergeordneten Oberstaatsanwaltschaft oder das Bundesministerium für Justiz, das Recht auf Akteneinsicht (§ 51 StPO) darf dadurch nicht umgangen werden.

Aktenbildung

§ 3. (1) Soweit nicht der gesamte Akt als Verschlussakt geführt wird (§ 1 Abs. 1 Z 2), sind alle Verschlussstücke, die dieselbe Sache betreffen, zu einem gesonderten Verschlussakt zu vereinigen (§ 145 Abs. 2 und 3 StPO). Die §§ 8 und 8a DV-StAG sowie §§ 507 bis 508 Geo. in der jeweils geltenden Fassung sind sinngemäß anzuwenden. Der Verschlussakt und alle Verschlussstücke sind rechts oben, der Verschlussakt überdies rechts unten, mit dem Vermerk „Verschluss“ zu bezeichnen. Der Verschlussakt ist in einen Aktendeckel (§ 8a DV-StAG) zu legen, der außen lediglich mit dem Aktenzeichen und dem Vermerk „Verschluss“ oder ,,Unterliegt nicht der Akteneinsicht“ zu kennzeichnen ist.

(2) Über jeden Verschlussakt ist ein eigener Anordnungsbogen zu führen, der über den Lauf des Aktes, über die mit ihm befassten und über diejenigen Personen Aufschluss gibt, denen Akteneinsicht gewährt wurde oder denen Abschriften (Ablichtungen) ausgefolgt wurden. Dieser Anordnungsbogen hat in der zuständigen Geschäftsabteilung zu verbleiben.

(3) Wird ein gesonderter Verschlussakt im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 geführt, so sind alle Mitteilungen, Anträge und Zuschriften, die sich im Verkehr zwischen Staatsanwaltschaft, Gericht und dem Rechtsschutzbeauftragten im Zusammenhang mit Ermittlungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 und 3 StPO oder § 136 Abs. 1 Z 2 und 3 StPO ergeben, alle Beschlüsse des Gerichts und Anordnungen der Staatsanwaltschaft sowie alle Berichte über die Durchführung der Überwachung und alle Stellungnahmen hierzu - entgegen § 15a DV-StAG - nicht auf den Anordnungs- und Bewilligungsbogen zu setzen, sondern ihrer zeitlichen Reihenfolge nach in den Verschlussakt einzuordnen.

(4) Sofern keine besonderen Geheimhaltungsgründe vorliegen (§ 2), kann die Staatsanwaltschaft bei einer Ermittlungsmaßnahme nach § 135 Abs. 2 und 3 StPO anordnen, dass in diesem Fall die Vorschriften der Absätze 1 und 2 sowie der §§ 4 und 6 bis 8 nicht zur Anwendung gelangen und stattdessen eine eigene Mappe (§ 8a Abs. 7 DV-StAG) für Anträge, Beschlüsse, Anordnungen und Berichte anzulegen, als Verschluss nach dieser Bestimmung zu kennzeichnen und getrennt aufzubewahren ist. In diesem Fall gelten lediglich die Bestimmungen des Abs. 3 sowie der §§ 5 und 9 sinngemäß.

Elektronische Aktenführung und Register

§ 4. Bei elektronischer Aktenführung oder dem unterstützenden Einsatz von Fallbearbeitungssoftware ist durch geeignete technische Maßnahmen für Geheimhaltung und Protokollierung der Zugriffe zu sorgen. Wird gemäß § 34a Abs. 2 StAG von der Führung von Registern mit Hilfe der Verfahrensautomation Justiz (VJ) Gebrauch gemacht, so ist ab dem Zeitpunkt des Beginns der Verschlussführung die Falleinsicht für alle nicht fallbearbeitenden, gleich- und nachgeordneten Dienststellen auszuschließen. Auf Anordnung des Leiters der Staatsanwaltschaft und nach Maßgabe der technischen Umsetzbarkeit ist die Falleinsicht auch für Mitarbeiter der fallbearbeitenden Dienststelle auszuschließen. Im Übrigen sind die vorhandenen technischen Mittel bestmöglich zu nützen, um eine entsprechende Umsetzung der Zwecke dieser Verordnung zu gewährleisten.

Zugriffsberechtigung

§ 5. (1) Der Zugriff auf den Inhalt von Verschlusssachen darf außer den in § 1 Abs. 3 zweiter Satz genannten Personen sowie den ihnen zur Unterstützung (Experten im Sinne von § 2 Abs. 5a des Justizbetreuungs-Agentur-Gesetzes - JBA-G, BGBl. I Nr. 101/2008) oder Ausbildung zugeteilten Kräften nur so vielen Personen zukommen, wie dies zur Vollziehung der nachfolgenden Bestimmungen unbedingt erforderlich ist (Zugriffsberechtigte). Die in Betracht kommenden Bediensteten müssen besonders verlässlich sein; sie sind nach dienstlichen Erfordernissen auszuwählen und über die Bestimmungen dieser Verordnung nachweislich zu belehren. Jede Zugriffsberechtigung ist aktenkundig zu machen.

(2) Sachverständige und Dolmetscher sind im Rahmen ihrer Beauftragung über die nachfolgenden Bestimmungen zu informieren und zu ihrer Einhaltung zu verpflichten.

(3) Verschlusssachen sind stets so zu behandeln und zu verwahren, dass ihr Inhalt unbefugten Personen nicht zur Kenntnis gelangt (Geheimhaltung).

(4) Bei begründetem Verdacht, dass ein Zugriffsberechtigter Geheimhaltungsvorschriften verletzt hat oder verletzen wird, ist die Berechtigung so lange zu entziehen, bis der Verdacht entkräftet ist.

Aufbewahrung und Übergabe von Verschlussakten

§ 6. (1) Verschlussakten sind samt dem Anordnungsbogen (§ 3 Abs. 2) in einem eigens dafür vorgesehenen gesicherten Aktenschrank versperrt aufzubewahren. Der Schlüssel ist vom Leiter der Geschäftsabteilung oder seinem Vertreter versperrt zu verwahren und darf außerhalb der Dienststunden nur dem (im Journaldienst) zuständigen Staatsanwalt zugänglich gemacht werden. Verschlussakten oder Verschlussaktenteile dürfen nur bei dringender dienstlicher Notwendigkeit im Zimmer des jeweiligen Sachbearbeiters verbleiben oder unter dessen Verantwortung aus den Diensträumen verbracht werden, wobei auf eine nach den Umständen möglichst sichere Verwahrung zu achten ist. Die Namen jener Bediensteten, die Verschlussakten oder Verschlussaktenteile aus den Diensträumen verbringen, sind unter Angabe des Datums der Verbringung im Anordnungsbogen zu vermerken.

(2) Bei Verlust von Schlüsseln sind die Sicherungsmittel auszutauschen. Dies gilt auch, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Sicherungsmittel keinen Schutz mehr bieten.

(3) Verschlussakten sind über die Geschäftsabteilung oder persönlich vom jeweiligen Sachbearbeiter weiterzugeben. Sie sind nur gegen Empfangsbestätigung und nur an Personen auszufolgen, die ihre Berechtigung zur Übernahme des Aktes nachweisen können. Der Empfang des Verschlussaktes ist vom anfordernden Bediensteten auf dem Anordnungsbogen durch eigenhändige Unterschrift samt Angabe von Datum und Zeit zu bestätigen.

§ 7. (1) Verschlussakten dürfen nur unter Verwendung eines geeigneten, verschließbaren Transportbehältnisses (Umschlag, Karton, Kiste, etc.) weitergegeben oder befördert werden, wobei stets auf geeignete Ver- und Entsiegelung zu achten ist. Bei Beförderung innerhalb desselben Hauses oder im Verkehr zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht kann bei Einhaltung entsprechender anderer Schutzmaßnahmen auf eine Versiegelung verzichtet werden.

(2) An Stellen außerhalb des Hauses sind Verschlussakten oder Verschlussstücke (Ausfertigungen) grundsätzlich unter ,,Doppelverschluss“ zu befördern oder zuzustellen, wobei sich das Verschlussbehältnis in diesem Fall in einem neutral adressierten größeren Behältnis (Umschlag, Karton, Kiste, etc.) zu befinden hat. Mit der Zustellung sind grundsätzlich Justizbedienstete oder gemäß § 82 Abs. 3 StPO Organe der fallführenden kriminalpolizeilichen Einheit, in Fällen des § 136 Abs. 1 Z 3 StPO Organe der zuständigen Sondereinheit nach § 6 Abs. 3 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) zu beauftragen.

(3) Sofern einem Umschlag entnommen werden kann, dass es sich bei einem Einlaufstück um eine Verschlusssache handelt, darf der Umschlag weder von der Einlaufstelle noch von der Geschäftsabteilung geöffnet werden. Das Einlaufstück ist vielmehr unverzüglich dem zuständigen Referat der Staatsanwaltschaft zuzuleiten. Falls dieses aus der Anschrift nicht erkennbar ist, ist das Einlaufstück der Leitung der Staatsanwaltschaft zu übergeben.

(4) Stellt die Staatsanwaltschaft in einem unter Verschluss geführten Ermittlungsakt erstmalig einen schriftlichen Antrag bei Gericht (§ 101 Abs. 2 StPO), so ist dieser gemeinsam mit dem Akt in einem versiegelten und mit der Kennzeichnung „Verschluss“ versehenen Kuvert unter Anschluss eines lediglich das staatsanwaltschaftliche Aktenzeichen, die den Verdacht begründenden Delikte, das Vorliegen einer Jugendstrafsache oder einer Strafsache junger Erwachsener, die begehrten Maßnahmen und den Umstand der Verschlussführung beinhaltenden Ersuchens um geschäftsverteilungsgemäße Zuweisung des Strafverfahrens sowie unverzügliche Bekanntgabe des Aktenzeichens dem Gericht zu übermitteln. Die Entsiegelung hat erst durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter zu erfolgen.

(5) Bei Erstantragstellungen, die im Rahmen des gerichtlichen Rufbereitschafts- und Journaldienstes ergehen, gelten die Regelungen des Abs. 4 sinngemäß.

§ 8. (1) Reinschriften sind innerhalb des Hauses in verschlossenen Briefumschlägen zu befördern, die rechts oben den Vermerk „Verschluss“ zu tragen haben und mit dem Vermerk „zur eigenhändigen Öffnung durch den Leiter der Gerichtsabteilung/Referatsleiter/Gruppenleiter/Leiter der Staatsanwaltschaft“ zu versehen sind. Nach Fertigstellung der Reinschriften sind ADV-unterstützt hergestellte Dokumente unverzüglich zu löschen, sofern nicht eine elektronische Aktenführung vorliegt oder Fallbearbeitungssoftware unterstützend eingesetzt wird.

(2) Die Weitergabe von Informationen aus Verschlussakten im Wege von Kommunikationsdiensten wie Telefon oder elektronischer Post (E-Mail) ist nur zulässig, wenn die Erledigung der Angelegenheit dringlich, eine rechtzeitige Beförderung der Information auf anderem Weg nicht möglich und alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen zur Sicherstellung, dass ausschließlich der dazu berechtigte Empfänger die Information erhält, getroffen wurden. Vor der Informationsübermittlung sind übermittelte Dokumente (Scans) als Verschlussstücke zu kennzeichnen und es ist sicherzustellen, dass beim Empfänger, so auch bei der Kriminalpolizei, Kenntnis über die Führung als Verschlusssache besteht. Die Kommunikation ist durch adäquate Schutzmechanismen abzusichern, die dem technischen Standard entsprechen (Verschlüsselung), oder so zu führen, dass der Sachverhalt Dritten nicht verständlich wird. Sämtliche eingegangenen und versendeten E-Mails in Bezug auf einen unter Verschluss geführten Akt sind auszudrucken, zum Verschlussakt zu nehmen, unter Angabe des Empfängers/Versenders sowie des Datums auf dem Anordnungsbogen (§ 3 Abs. 2) zu vermerken und anschließend zu löschen, so allfällige Anhänge durch sonstige geeignete Maßnahmen gesichert dem Akt angeschlossen werden konnten.

(3) Für vom Zugriffsberechtigten (§ 5 Abs. 1) oder über dessen Anordnung als bloßer Arbeitsbehelf hergestellte Kopien, Ausdrucke und sonstige (elektronische) Dokumente, die Verschlusssachen betreffen, gelten die Vorschriften über die Aufbewahrung und Übergabe von Verschlussakten (§§ 6 bis 8 Abs. 2) sinngemäß. Werden sie für die Fallbearbeitung nicht mehr benötigt, sind sie mittels geeigneter Verfahren unverzüglich und dauerhaft zu vernichten.

Vervielfältigung und Akteneinsicht

§ 9. (1) Ablichtungen und sonstige Vervielfältigungen von Verschlusssachen, die noch nicht der Akteneinsicht unterliegen, dürfen nur durch besonders verlässliche Bedienstete und nur aufgrund einer Genehmigung des Leiters der Gerichtsabteilung oder des Referatsleiters der Staatsanwaltschaft hergestellt werden. Auf Kopiergeräten, auf welchen Verschlusssachen verarbeitet werden, ist die unbefugte Reproduktion durch geeignete Maßnahmen zu verhindern. Dabei ist auch auf den Umgang mit den im Kopiergerät verwendeten Speichermedien zu achten.

(2) Ablichtungen und sonstige Vervielfältigungen eines noch nicht zur Akteneinsicht frei gegebenen Verschlussstückes dürfen nur in der dienstlich erforderlichen Anzahl hergestellt werden. Auf jeder Ausfertigung oder Ablichtung eines solchen Verschlussstückes ist unter dem Verschlussvermerk rechts oben anzuführen

  1. 1. wie viele Ausfertigungen oder Ablichtungen hergestellt wurden;
  2. 2. um die wievielte Ausfertigung oder Ablichtung es sich handelt.

(3) Die Namen jener Personen, die Akteneinsicht genommen haben, sowie die Anzahl und die Verwendung der hergestellten Ablichtungen eines Verschlussstückes sind unter Beifügung des Datums im Anordnungsbogen (§ 3 Abs. 2) zu vermerken. Werden Ablichtungen nach Anweisung des im Ermittlungsverfahren zuständigen Gerichts hergestellt, so ist der zuständigen Geschäftsabteilung der Staatsanwaltschaft bei der Rückstellung des Aktes die Anzahl und die Verwendung der hergestellten Ablichtungen schriftlich mitzuteilen.

Ungewöhnliche Vorfälle und Verletzung von Geheimhaltungsvorschriften

§ 10. Ungewöhnliche Vorfälle, wie der Verlust, das Nichtauffinden und die Verfälschung von Verschlusssachen sind unverzüglich dem Verschlusssachenbeauftragten (§ 11) zu melden. Dieser hat alle erforderlichen Maßnahmen zur Auffindung der Information, zur Vermeidung allfälliger weiterer Nachteile und zur Aufklärung des Vorfalls zu treffen. Diese Maßnahmen sind in geeigneter Weise im Ermittlungsakt zu dokumentieren. Vom Verlust ist auch die behördliche Stelle zu verständigen, von der diese Information ursprünglich übermittelt wurde. Darüber hinaus hat jeder Zugriffsberechtigte einen Verdacht der Verletzung von Geheimhaltungsvorschriften oder sonst erkennbare Risiken für die Geheimhaltung des Inhalts von Verschlussakten unverzüglich dem Verschlusssachenbeauftragten zu melden.

Verschlusssachenbeauftragter

§ 11. Für jede Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwaltschaft und die Generalprokuratur ist vom jeweiligen Leiter, für jedes in Strafsachen tätige Landesgericht, jedes Oberlandesgericht sowie den Obersten Gerichtshof vom jeweiligen Präsidenten ein geeigneter Bediensteter zum Verschlusssachenbeauftragten sowie ein weiterer Bediensteter zu dessen Stellvertreter zu bestellen. Bei der Auswahl der Personen ist auf Erfahrung, Verlässlichkeit und höchste Integrität zu achten. Dem Verschlusssachenbeauftragten obliegen folgende Aufgaben:

  1. 1. die nachweisliche Belehrung jener Personen, die gemäß § 5 Zugriff auf Verschlusssachen erhalten sollen, über die Verpflichtung zur Geheimhaltung des Inhalts von Verschlussakten und die Bestimmungen dieser Verordnung,
  2. 2. die Entgegennahme von Meldungen über die Verletzung dieser Verordnung oder damit zusammenhängende Sicherheitsrisiken und ungewöhnliche Vorfälle sowie die Setzung erforderlicher Maßnahmen (§ 10),
  3. 3. die stichprobenweise Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung.

Aufhebung des Verschlussvermerkes

§ 12. (1) Sobald ein nach § 1 Abs. 1 Z 1 geführter gesonderter Verschlussakt nach § 145 Abs. 2 StPO zum Akt zu nehmen ist, ist der Vermerk „Verschluss“ zu streichen und der Verschlussakt in den Ermittlungsakt als eigene Ordnungsnummer einzureihen.

(2) Wird der gesamte Akt als Verschlussakt geführt (§ 1 Abs. 1 Z 2), ist die Verschlussführung mit der Beendigung des Ermittlungsverfahrens nach dem 10. bis 12. Hauptstück der StPO oder mit der Gewährung unbeschränkter Akteneinsicht an die Verfahrensbeteiligten zu beenden. Wird die Verschlussführung eines gesamten Ermittlungsaktes aufgehoben, so ist der Vermerk „Verschluss“ zu streichen und der Akt nach den allgemeinen Grundsätzen weiterzuführen.

Sprachliche Gleichbehandlung

§ 13. Personenbezogene Ausdrücke in dieser Verordnung umfassen Frauen und Männer gleichermaßen. Bei der Anwendung der Bezeichnung auf bestimmte natürliche Personen ist die jeweils geschlechtsspezifische Form zu verwenden.

Inkrafttreten

§ 14. (1) Diese Verordnung tritt mit 1. Jänner 2015 in Kraft.

(2) Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Verschlusssachenordnung für die Durchführung einer optischen oder akustischen Überwachung, BGBl. II Nr. 256/1998, außer Kraft.

Brandstetter

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