181. Verordnung des Bundesministers für Gesundheit zur Bekämpfung der Tuberkulose in Rotwildbeständen (Rotwild-Tbc-Verordnung)
Auf Grund des § 1 Abs. 5 sowie des § 2c des Tierseuchengesetzes (TSG), RGBl. Nr. 177/1909, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 36/2008 und die Novelle des Bundesministeriengesetzes BGBl. I Nr. 3/2009, wird verordnet:
Anwendungsbereich
§ 1. (1) Dieser Verordnung unterliegt Rotwild, das nicht in der in § 1 Abs. 1 TSG beschriebenen Weise gehalten wird (Wildtiere) und sich in einem gemäß § 2 Abs. 1 kundgemachten Seuchengebiet aufhält.
(2) Auf Rotwild gemäß Abs. 1 sind die §§ 2, 2b, 13, 14, 15, 16, 17, 19, 22 Abs. 2 und 3, 23, 24 Abs. 4, 25, 28, 30, 46, 59, 61 Abs. 1 lit. c, d und g TSG nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen anzuwenden. Dabei ist als Tierhalter jene Person, die zur Ausübung des Jagdschutzes berufen ist, als Eigentümer der Tiere und Tierbesitzer die bzw. der Jagdausübungsberechtigte oder - wenn es solche im jeweiligen Fall nicht gibt - die Grundeigentümerin bzw. der Grundeigentümer anzusehen. Als Gehöft gilt das Seuchengebiet.
Seuchengebiet
§ 2. (1) Gebiete, in welchen beim Rotwildbestand auf Grundlage aktueller, statistisch aussagekräftiger wissenschaftlicher oder amtlicher Untersuchungen
- 1. der Erreger der Tuberkulose im Sinne der Rindertuberkuloseverordnung, BGBl. II Nr. 322/2008 in der jeweils geltenden Fassung, (Mykobakterien des Mycobacterium tuberculosis-Komplex) nachgewiesen und im Nationalen Referenzlabor für Tuberkulose gemäß § 2 Z 8 der Rindertuberkuloseverordnung bestätigt wurde,
- 2. eine Prävalenz dieses Erregers zumindest in einzelnen Teilen (Habitaten oder epidemiologischen Einheiten) des Gebietes von zumindest 35% anzunehmen ist,
- 3. das Vorkommen des identen Erregers im lokalen Haustierbestand durch das Nationale Referenzlabor für Tuberkulose nachgewiesen wurde, und
- 4. aufgrund der epidemiologischen Gegebenheiten eine Übertragung dieses Erregers auf Rinder oder auf gemeinsam mit Rindern gehaltene Ziegen anzunehmen ist,
werden von der Bundesministerin oder dem Bundesminister für Gesundheit in den „Amtlichen Veterinärnachrichten“ als Seuchengebiet im Sinne dieser Verordnung kundgemacht.
(2) Der Landeshauptmann hat, wenn er von einem Seuchengeschehen im Sinne dieser Verordnung sowie von Untersuchungen gemäß Abs. 1 Kenntnis erlangt, dem Bundesministerium für Gesundheit ein Seuchenverdachtsgebiet unter Angabe der betroffenen Jagdreviere und Sprengel von Bezirksverwaltungsbehörden sowie unter Vorlage aller Daten gemäß Abs. 1 zu melden. Grenzt das Seuchenverdachtsgebiet an ein anderes Bundesland, so ist auch der Landeshauptmann dieses Bundesland zu informieren. Bei einem bundesländerübergreifenden Seuchenverdachtsgebiet hat die Meldung durch den Landeshauptmann jenes Bundeslandes zu erfolgen, in dessen Teil das Seuchenverdachtsgebiet die größte Fläche umfasst, wobei diesem von den Landeshauptmännern der zusätzlich betroffenen Länder die Daten gemäß Abs. 1 sowie die Daten bezüglich der dort betroffenen Jagdreviere und Bezirksverwaltungsbehörden zur Verfügung zu stellen sind.
Bekämpfungsplan
§ 3. (1) Wird ein Seuchengebiet kundgemacht, hat der jeweilige Landeshauptmann unverzüglich unter Berücksichtigung des aktuellen Standes der Wissenschaft sowie unter Zuziehung von Amtstierärztinnen bzw. Amtstierärzten und nach Anhörung von Vertreterinnen bzw. Vertretern der Jägerschaft eine Bekämpfungszone und eine Überwachungszone im Seuchengebiet festzulegen und ehestmöglich einen Bekämpfungsplan zur Hintanhaltung der Weiterverbreitung der Seuche und zu deren raschen Tilgung nach Maßgabe dieser Verordnung zu erstellen. Dem Bekämpfungsplan ist auch ein Kosten- und Finanzierungsplan für die durchzuführenden Bekämpfungs- und Überwachungsmaßnahmen anzuschließen. Betrifft der Seuchenausbruch mehr als ein Bundesland, so ist bei der Zonenfestlegung und der Erstellung des Bekämpfungsplans einvernehmlich vorzugehen.
(2) Der Bekämpfungsplan sowie der Kosten- und Finanzierungsplan sind unverzüglich nach Fertigstellung dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorzulegen. Sofern binnen sechs Wochen nach Vorlage der Pläne kein Einspruch erfolgt, ist der Bekämpfungsplan vom Landeshauptmann durch Verordnung zu erlassen. Im Fall eines bundesländerübergreifenden Seuchengebietes ist der Bekämpfungsplan von jedem betroffenen Landeshauptmann für jenen Teil des Seuchengebietes, der im jeweiligen Bundesland liegt, durch Verordnung zu erlassen.
Maßnahmen im Seuchengebiet
§ 4. Der Bekämpfungsplan hat jedenfalls die Anordnung zu beinhalten, dass
- 1. die Jagdausübungsberechtigten Auflagen zur Vermeidung der Ausbreitung der Seuche erfüllen müssen;
- 2. der Zuzug des Rotwilds zur Bekämpfungszone durch geeignete Maßnahmen (z.B. Lenkung, Kirrung, Stilllegung der Fütterungen in den angrenzenden Gebieten) sicherzustellen ist;
- 3. die Tötung möglichst vieler seuchen- und ansteckungsverdächtiger Rotwildstücke in der Bekämpfungszone innerhalb eines bestimmten Zeitraums - gegebenenfalls unter Nutzung vorhandener Reviereinrichtungen - durch geeignete Maßnahmen ermöglicht wird;
- 4. die Tötung der in der Bekämpfungszone befindlichen Rotwildstücke, die durch herkömmliche Methoden nicht entnommen werden konnten, durch Personen mit entsprechender Erfahrung unter Beiziehung einer bzw. eines Jagdsachverständigen und Verwendung der geeigneten Ausrüstung zu erfolgen hat, wobei möglichst tierschutzgerecht sowie möglichst ohne Störung der Bevölkerung vorzugehen ist;
- 5. die Tötung des Wildes im Seuchengebiet so durchzuführen ist, dass keine unnötige Beunruhigung des Wildes, die zu einer Vertreibung des Rotwilds in andere Gebiete führen könnte, erfolgt;
- 6. die getöteten Rotwildstücke durch die Veterinärbehörde auf Anzeichen, die auf Tuberkulose schließen lassen, zu untersuchen sind, wobei insbesondere auf offene Formen der Tbc zu achten ist und von allen Tieren entsprechendes Material (jedenfalls die retropharyngealen Lymphknoten) an das Nationale Referenzlabor für Tuberkulose zur Laboruntersuchung weiterzuleiten ist, wobei die Untersuchungsergebnisse von der Veterinärbehörde und vom Referenzlabor entsprechend zu dokumentieren sind;
- 7. der Abtransport und die Entsorgung der getöteten Tiere, welche nach den Regelungen des Tiermaterialiengesetzes zu erfolgen hat, von der Veterinärbehörde entsprechend zu überwachen und nachvollziehbar zu dokumentieren ist;
- 8. nach Abschluss der Tötungsmaßnahmen und der Entsorgung der Tierkörper die Bekämpfungszone - sofern eine entsprechende Reduktion des Rotwildbestands erreicht wurde - Teil der Überwachungszone wird, oder - falls die erforderliche Reduktion nicht erreicht wurde - die Bekämpfungsmaßnahmen so rasch wie möglich zu wiederholen sind;
- 9. in der Überwachungszone aus epidemiologischen Gründen eine adäquate Reduktion des Rotwildbestands durch Umgestaltung der Abschussanordnungen nach veterinärfachlichen Gesichtspunkten und eine Restriktion der Winterfütterungspraxis vorzunehmen ist;
- 10. die Veterinärbehörde die Erfüllung der Abschussanordnungen durch Personen mit entsprechender Erfahrung auf Kosten der Jagdausübungsberechtigten anzuordnen hat, falls mit herkömmlichen Methoden nicht das Auslangen gefunden wird und die Abschussanordnung nicht entsprechend erfüllt wurde;
- 11. in der Überwachungszone Einrichtungen zur Wildfütterung nach Abschluss der Fütterungsperiode nach veterinärbehördlicher Anleitung und unter veterinärbehördlicher Aufsicht zu reinigen und desinfizieren sind;
- 12. die in Weidegebieten betriebenen Salzlecken von den Tierhaltern vor Beginn des Almauftriebs zu reinigen und zu desinfizieren sind und ein Anbieten von Salzlecken auf Weidegebieten während der Sommerweideperiode nicht stattfinden darf;
- 13. die Überwachung der weiteren Entwicklung in der Überwachungszone durch veterinärbehördliche Kontrollen der ganzen Wildtierkörper aller erlegten Rotwildstücke und pathomorphologischen Untersuchungen der Köpfe, einschließlich der tiefen Halslymphknoten (Ln. retropharyngeales) sowie der Lunge samt anhaftenden Lymphknoten (nach entsprechender Kennzeichnung zur Sicherstellung der Zuordenbarkeit zum jeweiligen Tierkörper) zu erfolgen hat, wobei die Jagdausübungsberechtigten sowie die Personen, die zur Ausübung des Jagdschutzes berufen sind, für die ordnungsgemäße Vorlage zu sorgen haben;
- 14. bei Vorliegen von Veränderungen in Organen, welche bei den Untersuchungen gemäß Z 13 gefunden werden und die für das Vorliegen von Tuberkulose sprechen, die veränderten Organteile sowie zugehörige Lymphknoten von der Veterinärbehörde an das Nationale Referenzlabor für Tuberkulose einzusenden sind;
- 15. die Amtstierärztin bzw. der Amtstierarzt in die Erstellung und Kontrolle der Abschusspläne einzubeziehen ist, solange Sonderuntersuchungs- oder Sonderüberwachungsgebiete gemäß Rindertuberkuloseverordnung in der Rinderpopulation der betreffenden Region erforderlich sind.
Erlöschen der Seuche
§ 5. (1) Sind die Bekämpfungs- und Überwachungsmaßnahmen gemäß Bekämpfungsplan erfolgreich abgeschlossen, gilt die Seuche als erloschen.
(2) Der Landeshauptmann hat das Erlöschen der Seuche dem Bundesministerium für Gesundheit unter Anschluss eines Berichtes über den Bekämpfungserfolg mitzuteilen. Im Falle eines bundesländerübergreifenden Seuchengebietes ist diese Mitteilung von jenem Landeshauptmann zu erstatten, in dessen Bundesland die größte Fläche des Seuchengebiets liegt. Zuvor hat der Landeshauptmann zur Mitteilung das Einvernehmen mit dem bzw. den sonst betroffenen Landeshauptmann bzw. Landeshauptmännern herzustellen.
(3) Die Aufhebung des Seuchengebiets wird von der Bundesministerin oder dem Bundesminister für Gesundheit in den „Amtlichen Veterinärnachrichten“ kundgemacht
Stöger
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