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BGBl II 280/2005

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

280. Verordnung: Holzblasinstrumentenerzeugung-Ausbildungsordnung

280. Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Berufsausbildung im Lehrberuf Holzblasinstrumentenerzeugung (Holzblasinstrumentenerzeugung-Ausbildungsordnung)

Auf Grund der §§ 8 und 24 des Berufsausbildungsgesetzes, BGBl. Nr. 142/1969, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 79/2003, wird verordnet:

Lehrberuf Holzblasinstrumentenerzeugung

§ 1. (1) Der Lehrberuf Holzblasinstrumentenerzeugung ist mit einer Lehrzeit von drei Jahren eingerichtet.

(2) In den Lehrverträgen, Lehrzeugnissen, Lehrabschlussprüfungszeugnissen und Lehrbriefen ist der Lehrberuf in der dem Geschlecht des Lehrlings entsprechenden Form (Holzblasinstrumentenerzeuger oder Holzblasinstrumentenerzeugerin) zu bezeichnen.

Berufsprofil

§ 2. Durch die Berufsausbildung im Lehrbetrieb und in der Berufsschule soll der ausgebildete Lehrling befähigt werden, die nachfolgenden Tätigkeiten fachgerecht, selbständig und eigenverantwortlich ausführen zu können:

  1. 1. Technische Unterlagen, Pläne und Werkzeichnungen lesen und anwenden,
  1. 2. Arbeitsschritte, Arbeitsmittel und Arbeitsmethoden festlegen,
  1. 3. Arbeitsabläufe planen und steuern, Arbeitsergebnisse beurteilen,
  1. 4. Werkstoffe und Hilfsstoffe fachgerecht auswählen, überprüfen und entsorgen,
  1. 5. Werkstoffe (Metall, Holz, Kunststoff, Filz und Leder) unter Berücksichtigung der einschlägigen Sicherheitsvorschriften, Normen und Sicherheitsstandards bearbeiten,
  1. 6. Holzblasinstrumente und Holzblasinstrumententeile anfertigen und einbauen,
  1. 7. Holzblasinstrumente warten, reparieren und restaurieren,
  1. 8. Funktionsprüfung und Qualitätskontrolle fachgerecht durchführen,
  1. 9. Behandeln von Oberflächen,
  1. 10. Erstellen von Dokumentationen über Arbeitsabläufe,
  1. 11. Kundenorientiertes Verhalten und Kundenberatung.

Berufsbild

§ 3. (1) Für die Ausbildung wird folgendes Berufsbild festgelegt. Die angeführten Fertigkeiten und Kenntnisse sind spätestens in dem jeweils angeführten Lehrjahr beginnend derart zu vermitteln, dass der Lehrling zur Ausübung qualifizierter Tätigkeiten im Sinne des Berufsprofils befähigt wird, die insbesondere selbstständiges Planen, Durchführen, Kontrollieren und Optimieren einschließt.

Pos.

1. Lehrjahr

2. Lehrjahr

3. Lehrjahr

1.

Handhaben und Instandhalten der zu verwendenden Werkzeuge, Maschinen, Geräte, Vorrichtungen, Einrichtungen und Arbeitsbehelfe

2.

Kenntnis der Werkstoffe und Hilfsstoffe, ihrer Eigenschaften sowie ihrer Be- und Verarbeitungsmöglichkeiten

3.

Kenntnis über die ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes

4.

Kenntnis der Betriebs- und Rechtsform des Lehrbetriebes

  

5.

Kenntnis des organisatorischen Aufbaus und der Aufgaben und Zuständigkeiten der einzelnen Betriebsbereiche

 

6.

Einführung in die Aufgaben, die Branchenstellung und das Angebot des Lehrbetriebes

Kenntnis der Marktposition und des Kundenkreises des Lehrbetriebes

7.

Kenntnis des fachgerechten Verhaltens gegenüber Auftraggebern, Kunden oder Lieferanten

8.

Kenntnis der Arbeitsplanung

Durchführen der Arbeitsplanung; Festlegen von Arbeitsschritten, Arbeitsmitteln und Arbeitsmethoden

9.

Grundkenntnisse der Lagerung der Werk- und Hilfsstoffe

  

10.

 

Kenntnis über die Auswahl der Werk- und Hilfsstoffe

11.

 

Grundkenntnisse über die Neusilberlegierung

 

12.

Messen, Anreißen, Feilen, Bohren, Stanzen, Schneiden

13.

 

Drechseln

14.

 

Harzen

 

15.

 

Schmieden von einfachen Klappen

 

16.

 

Weich- und Hartlöten

17.

 

Einfaches Drehen

 

18.

 

Stanzen und Abdrehen von Klappentellern

19.

Schleifen und Polieren von Holz und Metall

20.

 

Beledern

21.

 

Kenntnis der Klappenfunktion

22.

 

Lesen von Werkzeichnungen

23.

Zerlegen und Reinigen

  

24.

  

Zusammenbau

25.

  

Grundkenntnisse der Ausstimmung

26.

  

Anblasen

27.

Kenntnis über das Anlegen von Dokumentationen sowie über das Arbeiten mit Formularen zur Unterstützung bei Reparaturen und Restaurierungen auch unter Verwendung von im Betrieb vorhandenen, rechnergestützten Anlagen

28.

Kenntnis der Qualitätskontrolle

Durchführen von Funktionsprüfungen und von Qualitätskontrollen

29.

Kenntnisse der Qualitätssicherung einschließlich der Reklamationsbearbeitung und Durchführung von betriebsspezifischen, qualitätssichernden Maßnahmen

30.

Kenntnis über den betriebsspezifischen Umweltschutz, die Möglichkeit der Wiederverwertung und die wesentlichen Vorschriften der fachgerechten Entsorgung der im Betrieb verwendeten Materialien

31.

Kenntnis der sich aus dem Lehrvertrag ergebenden Verpflichtungen (§§ 9 und 10 Berufsausbildungsgesetz)

32.

Kenntnis über die Erstversorgung bei betriebsspezifischen Arbeitsunfällen

33.

Kenntnis der einschlägigen Sicherheitsvorschriften insbesondere über den Brandschutz sowie der sonstigen in Betracht kommenden Vorschriften zum Schutze des Lebens und der Gesundheit insbesondere Erste-Hilfe-Maßnahmen

34.

Grundkenntnisse der aushangpflichtigen arbeitsrechtlichen Vorschriften

(2) Bei der Ausbildung in den fachlichen Kenntnissen und Fertigkeiten ist − unter besonderer Beachtung der betrieblichen Erfordernisse und Vorgaben − auf die Persönlichkeitsbildung des Lehrlings zu achten, um ihm die für eine Fachkraft erforderlichen Schlüsselqualifikationen bezüglich Sozialkompetenz (wie Offenheit, Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit), Selbstkompetenz (wie Selbsteinschätzung, Selbstvertrauen, Eigenständigkeit, Belastbarkeit), Methodenkompetenz (wie Präsentationsfähigkeit, Rhetorik in deutscher Sprache, Verständigungsfähigkeit in den Grundzügen der englischen Sprache) und Kompetenz für das selbstgesteuerte Lernen (wie Bereitschaft, Kenntnis über Methoden, Fähigkeit zur Auswahl geeigneter Medien und Materialien) zu vermitteln.

Lehrabschlussprüfung

Gliederung

§ 4. (1) Die Lehrabschlussprüfung gliedert sich in eine praktische und in eine theoretische Prüfung.

(2) Die praktische Prüfung umfasst die Gegenstände Prüfarbeit und Fachgespräch.

(3) Die theoretische Prüfung umfasst die Gegenstände Technologie und Musiklehre, Angewandte Mathematik und Fachzeichnen.

(4) Die theoretische Prüfung entfällt, wenn der Prüfungskandidat das Erreichen des Lehrziels der letzten Klasse der fachlichen Berufsschule oder den erfolgreichen Abschluss einer die Lehrzeit ersetzenden berufsbildenden mittleren oder höheren Schule nachgewiesen hat.

Praktische Prüfung

Prüfarbeit

§ 5. (1) Die Prüfung hat nach Angabe der Prüfungskommission nachstehend genannte Fertigkeiten zu umfassen:

  1. 1. Messen, Stanzen, Feilen, Bohren, Drechseln,
  1. 2. Schleifen,
  1. 3. Schmieden einfacher Klappen,
  1. 4. Weich- und Hartlöten,
  1. 5. Stanzen und Abdrehen eines Klappentellers,
  1. 6. Beledern.

Die Durchführung der Aufgabe soll projektartig in der Form durchgeführt werden, dass der Prüfling zuerst die Aufgabenstellung, die Begründung der gewählten Formgebung und Gestaltung, der Konstruktion, des eingesetzten Materials und der Arbeitsmittel (Maschinen, Geräte, Werkzeuge usw.) erläutert und anschließend die Prüfarbeit durchführt. Die einzelnen Schritte bei der Ausführung der Aufgabe sind händisch oder rechnergestützt zu dokumentieren. Die Prüfungskommission kann dem Prüfling anlässlich der Aufgabenstellung entsprechende Unterlagen zur Verfügung stellen.

(2) Die Prüfungskommission hat unter Bedachtnahme auf den Zweck der Lehrabschlussprüfung, die Anforderungen der Berufspraxis und das Tätigkeitsgebiet des Lehrbetriebs eine Prüfarbeit zu stellen, die in der Regel in sechs Stunden durchgeführt werden kann.

(3) Die Prüfung ist nach sieben Arbeitsstunden zu beenden.

(4) Für die Bewertung der Prüfarbeit sind folgende Kriterien maßgebend:

  1. 1. Maßhaltigkeit und Sauberkeit,
  1. 2. fachgerechte Ausführung,
  1. 3. fachgerechtes Verwenden der Werkzeuge.

Fachgespräch

§ 6. (1) Das Fachgespräch ist vor der gesamten Prüfungskommission abzulegen.

(2) Das Fachgespräch hat sich aus der praktischen Tätigkeit heraus zu entwickeln. Hierbei ist unter Verwendung von Fachausdrücken das praktische Wissen des Prüflings festzustellen. Im Fachgespräch soll der Prüfling zeigen, dass er fachbezogene Probleme und deren Lösungen darstellen, die für einen Auftrag relevanten fachlichen Hintergründe aufzeigen und die Vorgehensweise bei der Ausführung dieses Auftrags begründen kann.

(3) Die Themenstellung hat dem Zweck der Lehrabschlussprüfung und den Anforderungen der Berufspraxis zu entsprechen. Hierbei sind Unterlagen über Maschinen, Geräte, Werkzeuge und Werkstoffe (zB Sicherheitsdaten- und Verarbeitungsblätter) heranzuziehen. Fragen über einschlägige Sicherheitsvorschriften, Schutzmaßnahmen und Unfallverhütung sowie über einschlägige Umweltschutzmaßnahmen und Entsorgungsmaßnahmen sind mit einzubeziehen. Die Prüfung ist in Form eines möglichst lebendigen Gesprächs mit Gesprächsvorgabe durch Schilderung von Situationen oder Problemen zu führen.

(4) Das Fachgespräch soll für jeden Prüfling zumindest 15 Minuten dauern. Es ist nach 20 Minuten zu beenden. Eine Verlängerung um höchstens zehn Minuten hat im Einzelfall zu erfolgen, wenn der Prüfungskommission ansonsten eine zweifelsfreie Bewertung der Leistung des Prüflings nicht möglich ist.

Theoretische Prüfung

Allgemeine Bestimmungen

§ 7. (1) Die theoretische Prüfung hat schriftlich zu erfolgen. Sie kann für eine größere Anzahl von Prüflingen gemeinsam durchgeführt werden, wenn dies ohne Beeinträchtigung des Prüfungsablaufs möglich ist. Die theoretische Prüfung kann auch in rechnergestützter Form erfolgen, wobei jedoch alle wesentlichen Schritte für die Prüfungskommission nachvollziehbar sein müssen.

(2) Die theoretische Prüfung ist grundsätzlich vor der praktischen Prüfung abzuhalten.

(3) Die Aufgaben haben nach Umfang und Niveau dem Zweck der Lehrabschlussprüfung und den Anforderungen der Berufspraxis zu entsprechen. Sie sind den Prüflingen anlässlich der Aufgabenstellung getrennt zu erläutern.

(4) Die schriftlichen Arbeiten des Prüflings sind entsprechend zu kennzeichnen.

Technologie und Musiklehre

§ 8. (1) Die Prüfung hat die stichwortartige Beantwortung je einer Frage aus sämtlichen nachstehenden Bereichen zu umfassen:

  1. 1. Werk- und Hilfsstoffe,
  1. 2. Arbeitsverfahren,
  1. 3. Akustik,
  1. 4. Werkzeuge und Maschinen.

(2) Die Prüfung kann auch in programmierter Form mit Fragebögen erfolgen. In diesem Fall sind aus jedem Bereich je drei Fragen zu stellen.

(3) Die Aufgaben sind so zu stellen, dass sie in der Regel in 90 Minuten durchgeführt werden können.

(4) Die Prüfung ist nach 105 Minuten zu beenden.

Angewandte Mathematik

§ 9. (1) Die Prüfung hat sich auf folgende Gebiete zu erstrecken:

  1. 1. Einfache Kalkulation mit Flächen- und Längenberechnung, Volums-, Gewichts- und Materialbedarfsberechnung,
  1. 2. Akustikberechnung.

(2) Die Verwendung von Rechenbehelfen, Formeln und Tabellen ist zulässig.

(3) Die Aufgaben sind so zu stellen, dass sie in der Regel in 60 Minuten durchgeführt werden können.

(4) Die Prüfung ist nach 80 Minuten zu beenden.

Fachzeichnen

§ 10. (1) Die Prüfung hat das Anfertigen einer einfachen Werkzeichnung eines Instrumententeiles zu umfassen.

(2) Die Aufgaben sind so zu stellen, dass sie in der Regel in 90 Minuten durchgeführt werden können.

(3) Die Prüfung ist nach 105 Minuten zu beenden.

Wiederholungsprüfung

§ 11. (1) Die Lehrabschlussprüfung kann wiederholt werden.

(2) Wenn bis zu drei Gegenstände mit „Nicht genügend“ bewertet wurden, ist die Wiederholungsprüfung auf die mit „Nicht genügend“ bewerteten Gegenstände zu beschränken.

(3) Wenn mehr als drei Gegenstände mit „Nicht genügend“ bewertet wurden, ist die gesamte Prüfung zu wiederholen.

In-Kraft-Treten

§ 12. Diese Verordnung tritt mit 1. Juli 2005 in Kraft.

Schlussbestimmungen

§ 13. (1) Die Ausbildungsvorschriften für den Lehrberuf Holzblasinstrumentenerzeuger, enthalten in der Verordnung vom 10. August 1973, mit der Ausbildungsvorschriften für weitere Lehrberufe erlassen werden, BGBl. Nr. 492/1973, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 177/2005, treten unbeschadet Abs. 3 mit Ablauf des 30. Juni 2005 außer Kraft.

(2) Die Prüfungsordnung für den Lehrberuf Holzblasinstrumentenerzeuger, BGBl. Nr. 260/1977, tritt unbeschadet Abs. 3 mit Ablauf des 30. Juni 2006 außer Kraft.

(3) Lehrlinge, die am 30. Juni 2005 im Lehrberuf Holzblasinstrumentenerzeuger ausgebildet werden, können gemäß den in Abs. 1 angeführten Ausbildungsvorschriften bis zum Ende der vereinbarten Lehrzeit weiter ausgebildet werden und können bis ein Jahr nach Ablauf der vereinbarten Lehrzeit zur Lehrabschlussprüfung gemäß der in Abs. 2 angeführten Prüfungsordnung antreten.

(4) Die Lehrzeiten, die im Lehrberuf Holzblasinstrumentenerzeuger gemäß der in Abs. 1 angeführten Ausbildungsvorschrift zurückgelegt wurden, sind auf die Lehrzeit im Lehrberuf Holzblasinstrumentenerzeugung voll anzurechnen.

Bartenstein

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