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BGBl II 192/2005

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

192. Bekanntmachung: Lehrplan für den evangelischen Religionsunterricht an der Oberstufe der
allgemein bildenden höheren Schulen

192. Bekanntmachung der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend den Lehrplan für den evangelischen Religionsunterricht an der Oberstufe der allgemein bildenden höheren Schulen

Auf Grund des § 2 Abs. 2 des Religionsunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 190/1949, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 256/1993, wird bekannt gemacht:

§ 1. Der in der Anlage wiedergegebene Lehrplan für den evangelischen Religionsunterricht an der Oberstufe der allgemein bildenden höheren Schulen wurde vom Evangelischen Oberkirchenrat A. und H.B. erlassen und wird mit 1. September 2005 klassenweise aufsteigend in Kraft gesetzt.

§ 2. In Anlage A (Lehrplan der allgemein bildenden höheren Schule) zur Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst über die Lehrpläne der allgemein bildenden höheren Schulen; Bekanntmachung der Lehrpläne für den Religionsunterricht an diesen Schulen, BGBl. Nr. 88/1985, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 277/2004, lautet im fünften Teil (Lehrpläne für den Religionsunterricht des Gymnasiums, des Realgymnasiums und des Wirtschaftskundlichen Realgymnasiums) lit. b (Evangelischer Religionsunterricht) sublit. aa (Pflichtgegenstand Evangelischer Religionsunterricht) der die Oberstufe betreffende Teil:

„Oberstufe

Siehe die Bekanntmachung BGBl. II Nr. 192/2005.“

§ 3. In Anlage B/m2 (Lehrplan des Oberstufenrealgymnasiums unter besonderer Berücksichtigung der musischen Ausbildung für Studierende der Musik) zur Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst über die Lehrpläne der allgemein bildenden höheren Schulen; Bekanntmachung der Lehrpläne für den Religionsunterricht an diesen Schulen, BGBl. Nr. 88/1985, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 277/2004, lautet der fünfte Teil:

„FÜNFTER TEIL

LEHRPLÄNE FÜR DEN RELIGIONSUNTERRICHT

Wie Anlage A.“

Anlage

Lehrplan für den evangelischen Religionsunterricht an der Oberstufe der allgemein bildenden höheren Schulen

Bildungs- und Lehraufgabe:

Der evangelische Religionsunterricht an der Schule ist doppelt begründet: Einerseits im Verkündigungs- und Bildungsauftrag der Kirche, andererseits im Erziehungs- und Bildungsauftrag der öffentlichen Schule. Der Pflichtgegenstand Evangelische Religion versteht sich als Angebot für Schülerinnen und Schüler. Durch die offene Auseinandersetzung mit religiösen und ethischen Themen lernen sie Möglichkeiten der persönlichen Orientierung und Sinnfindung, erproben ihre Fähigkeit zu Verständigung und Toleranz und üben sich in Solidarität. Der evangelische Religionsunterricht ist eine Chance für die Schule, denn er nimmt als eigenes Fach die religiöse und ethische Dimension des umfassenden Bildungsauftrages der Schule wahr. Der evangelische Religionsunterricht übernimmt die Aufgabe, eine Begegnung mit der biblischen Verkündigung, wie sie in der Heiligen Schrift und in den Bekenntnissen bezeugt wird, und eine Begegnung mit dem Bildungsauftrag der Gesellschaft in einem gegenseitigen Dialog herbeizuführen.

Für den evangelischen Religionsunterricht in der Sekundarstufe II ergeben sich daraus, anknüpfend an die Sekundarstufe I, als Ziele, dass die Schülerinnen und Schüler:

  1. a. sich selbst mit Stärken und Schwächen als wertvoll annehmen können und mit dem Anderen und am Anderen reifen;
  1. b. ihre Lebenswelten entdecken, erschließen und zu einem mündigen Selbst- und Weltverständnis finden;
  1. c. in der Auseinandersetzung mit Erfahrungen, Lebensgestaltung und Lebensentwürfen Anderer zu Dialogfähigkeit und interreligiösem Handeln bereit werden;
  1. d. sich existenziellen Fragen stellen, sich mit Antworten aus der religiösen und philosophischen Tradition auseinandersetzen und zu begründeten Stellungnahmen finden;
  1. e. sich der Herausforderungen und Anforderungen unserer Welt in Vergangenheit und Gegenwart bewusst werden, sie auf ihre Auswirkungen hin befragen und Orientierung finden;
  1. f. erkennen, wo und wie, besonders in der Bibel, von Gott gesprochen wird und warum und mit welchen Konsequenzen Gottes Existenz bezweifelt wurde und wird;
  1. g. religiöse Ausdrucksformen entdecken, sie in ihren historischen, soziologischen, psychologischen und religiösen Wurzeln verstehen und authentische Gestaltungsformen finden;
  1. h. die Bedeutung der Kirchen und ihre Aufgaben in der Welt erkennen, ihre historischen Bedingungen verstehen und eigene Standpunkte dazu finden.

    Beitrag zum Aufgabenbereich der Schule:

    Beiträge des Unterrichtsgegenstandes „Evangelische Religion“ zu den Bildungsbereichen:

    Sprache und Kommunikation

    1. Die heilende und schädliche Wirkung von Sprache wahrnehmen und reflektieren
    1. Schöpferische Möglichkeiten und Ausdrucksformen von Sprache erproben
    1. Eigene Standpunkte und deren Begründung entwickeln
    1. In der Beschäftigung mit religiösen Kommunikationsformen dialogfähig werden
    1. Eigene religiöse Sprachfähigkeit weiterentwickeln und anwenden
    1. Literarische Texte aus der Bibel und aus Zeugnissen anderer Religionen erschließen und interpretieren
    1. Literarische Texte in ihrer religiösen Dimension erschließen
    1. Die ethischen Implikationen moderner Medien beleuchten

      Mensch und Gesellschaft

    1. Gesellschaftliche Gestaltungskraft christlicher Traditionen erschließen und die Beiträge anderer Religionen bedenken
    1. Mitverantwortung zum Gelingen zwischenmenschlicher Beziehungen übernehmen
    1. Sich mit Wertesystemen, Weltanschauungen und Ideologien auseinandersetzen
    1. Im Umgang mit verschiedenen Wahrheiten zur Toleranz fähig werden
    1. Konfliktfähigkeit einüben, Modelle der Versöhnung vermitteln und Mediation an der Schule mittragen
    1. Sich mit Frieden und Gerechtigkeit als christlichem Auftrag auseinandersetzen und Möglichkeiten der Umsetzung finden
    1. Wirtschaft und Arbeitswelt unter sozialethischem Gesichtspunkt betrachten
    1. Werte von Minderheiten und aus der Gesellschaft Ausgestoßenen kennen und schätzen lernen

      Natur und Technik

    1. Modelle des Verhältnisses von Glauben und Vernunft auf ihre Auswirkungen auf die Gestaltung von Natur und Technik beziehen
    1. Wissenschaftliche Erkenntnisse mit Argumenten christlicher Ethik in Beziehung setzen
    1. Technologien und Ressourcen verantwortungsvoll nutzen
    1. Eigene Möglichkeiten finden, die Schöpfung als Gabe und Aufgabe zu sehen

      Kreativität und Gestaltung

    1. Freude an den eigenen kreativen und musischen Fähigkeiten erleben
    1. Feste und Feiern gestalten
    1. Ausdrucksformen persönlicher und gemeinschaftlicher Religiosität weiterentwickeln
    1. Bildende Kunst, Architektur und Populärkultur (Musik, Film, Mode usw.) in ihrer religiösen Dimension erschließen

      Gesundheit und Bewegung

    1. Zu einer positiven Grundeinstellung zum eigenen Körper und dessen Gesunderhaltung finden
    1. Den eigenen Beitrag zum Umgang mit Krankheit und Leid in unserer Gesellschaft erkennen
    1. Die Dominanz des Schönen, Jugendlichen und der körperlichen Leistungsfähigkeit hinterfragen
    1. Sport auf seine ethische Dimension hin befragen
    1. Sucht und Sehnsucht in ihrer Spannung verstehen

    Didaktische Grundsätze:

Der evangelische Religionsunterricht leistet einen grundlegenden Beitrag zur religiös-ethisch-philosophischen Bildungsdimension der Schule, indem er die Schülerinnen und Schüler in ihrer Suche nach Sinn unterstützt. Neben der Entwicklung von Selbst- und Sozialkompetenz, emotionaler und methodischer Kompetenz, sowie dem Erwerb von Kenntnissen, kann der Religionsunterricht insbesondere Orientierungen zur Lebensgestaltung und Hilfen zur Bewältigung von Alltags- und Grenzsituationen im privaten und schulischen Leben anbieten.

Für den Lernort „Evangelischer Religionsunterricht“ in der Sekundarstufe II werden die didaktischen Grundsätze des Lehrplans für die Sekundarstufe I aufgegriffen und im Folgenden weiterentwickelt:

  1. 1. Die Lebenswelten der Schülerinnen und Schüler und der Lehrerinnen und Lehrer stehen mit ihrer Weite, Vielfalt und Differenziertheit im Mittelpunkt. In ihnen kommt es zu einer Begegnung mit den Grundfragen des Menschseins, mit Themen der Gegenwart und Zukunft und mit Angeboten von Lebens- und Weltdeutungen.
  1. 2. Der Religionsunterricht ermöglicht allen am Lernprozess Beteiligten Rückblicke auf Erfahrungen in ihrem Leben und weckt ihre Neugier auf die Zukunft. Ausgangspunkt ist das Erste und Zweite Testament (AT und NT) in Auseinandersetzung mit anderen Religionen und Weltanschauungen, philosophischen Entwürfen und neueren religiösen Strömungen.
  1. 3. Der Religionsunterricht führt die Schülerinnen und Schüler zur Begegnung und Auseinandersetzung mit Ideologien, Weltanschauungen und Wertesystemen und verhilft ihnen dazu, mündige und dialogfähige Menschen zu werden.

    Methodische Anmerkung:

    Fachspezifische Besonderheiten:

    Weiters sind zu berücksichtigen:

Im Hinblick auf die Matura leistet der Religionsunterricht einen Beitrag zu Grundfragen des Verstehens, zu wissenschaftspropädeutischen methodischen Fragen und zur Fähigkeit der Schülerinnen und Schüler, Inhalte zu präsentieren.

Der vorliegende Lehrplan berücksichtigt die fachspezifischen Besonderheiten (Groß- bzw. Kleingruppen, Anzahl der Wochenstunden, oftmals jahrgangs- und schulübergreifend, Stadt bzw. Land, Diasporasituation, regionale Besonderheiten). Der Lehrplan bietet einen Vorschlag, wie der Lehrstoff auf die Klassen aufgeteilt werden kann, ermöglicht jedoch den Lehrerinnen und Lehrern, eine eigenverantwortliche Aufteilung des Lehrstoffes vorzunehmen.

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  1. - Vielfalt der Methoden und Lernformen (zB narrative Kultur, Gespräch, Stille, offene Lernphasen, Projekte, Lehrausgänge, Feste. .

    Lehrstoff:

    a) sich selbst mit Stärken und Schwächen als wertvoll annehmen können und mit dem Anderen und am Anderen reifen

    5. Klasse:

    6. Klasse:

    7. Klasse:

    8. Klasse:

    b) ihre Lebenswelten entdecken, erschließen und zu einem mündigen Selbst- und Weltverständnis finden

    5. Klasse:

    6. Klasse:

    7. Klasse:

    8. Klasse:

    c) in der Auseinandersetzung mit Erfahrungen, Lebensgestaltung und Lebensentwürfen Anderer zu Dialogfähigkeit und interreligiösem Handeln bereit werden

    5. Klasse:

    6. Klasse:

    7. Klasse:

    8. Klasse:

    d) sich existenziellen Fragen stellen, sich mit Antworten aus der religiösen und philosophischen Tradition auseinandersetzen und zu begründeten Stellungnahmen finden

    5. Klasse:

    6. Klasse:

    7. Klasse:

    8. Klasse:

    e) sich der Herausforderungen und Anforderungen unserer Welt in Vergangenheit und Gegenwart bewusst werden, sie auf ihre Auswirkungen hin befragen und Orientierung finden

    5. Klasse:

    6. Klasse:

    7. Klasse:

    8. Klasse:

    f) erkennen, wo und wie, besonders in der Bibel, von Gott gesprochen wird und warum und mit welchen Konsequenzen Gottes Existenz bezweifelt wurde und wird

    5. Klasse:

    6. Klasse:

    7. Klasse:

    8. Klasse:

    g) Religiöse Ausdrucksformen entdecken, sie in ihren historischen, soziologischen, psychologischen und religiösen Wurzeln verstehen und authentische Gestaltungsformen finden

    5. Klasse:

    6. Klasse:

    7. Klasse:

    8. Klasse:

    h) die Bedeutung der Kirchen und ihre Aufgaben in der Welt erkennen, ihre historischen Bedingungen verstehen und eigene Standpunkte dazu finden

    5. Klasse:

    6. Klasse:

    7. Klasse:

    8. Klasse:

Bei der Umsetzung des Lehrplans ist in pädagogischer Eigenverantwortung zu berücksichtigen, ob der Evangelische Religionsunterricht mit einer oder zwei Wochenstunden eingerichtet ist.

Ziele, dass die Schülerinnen und Schüler:

Die Schülerinnen und Schüler erleben die Suche nach Orientierung in ihren eigenen Identitäten:

Sie setzen sich mit den Veränderungen ihres eigenen Körpers auseinander und finden sich in ihrem unterschiedlichen Sosein als von Gott geschaffen.

Die Schülerinnen und Schüler erfahren Bestärkung und Verunsicherung im Umgang mit Anderen:

Sie begreifen die grundlegende Bedeutung von Kommunikation für die eigene Identitätsentwicklung und üben Kommunikationsprozesse ein.

Die Schülerinnen und Schüler haben je eigene sexuelle Wunschvorstellungen:

Sie begreifen die Unterschiedlichkeit der Bedürfnisse und lernen, Verantwortung für sich und Andere zu übernehmen.

Die Schülerinnen und Schüler kommen aus einer Vielfalt an Formen familiären Zusammenlebens:

Sie akzeptieren die Gleichwertigkeit dieser Lebensformen und suchen nach eigenen Lebensentwürfen.

Die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler wird durch eine Vielzahl an Einflüssen bestimmt und komplex gemacht:

Sie setzen sich mit diesen Einflüssen auseinander und nehmen deren unterschiedliche Bedeutung für ihr eigenes Leben wahr.

Die Schülerinnen und Schüler finden sich selbst als fragende Menschen wieder:

Sie stellen sich den Grundfragen des Lebens und beziehen mögliche Antworten auf ihr eigenes Leben.

Die Schülerinnen und Schüler begegnen verschiedenen Entwürfen von Lebensglück und Sinn:

Sie entwickeln aus den Traditionen des Christentums, anderen Religionen, philosophischen Entwürfen und gesellschaftlichen Entwicklungen Kriterien für ein sinnvolles Leben und finden zu einer persönlichen Definition von Lebensglück.

Die Schülerinnen und Schüler sind mit Gefährdungen der Würde des Lebens konfrontiert:

Sie begreifen, welche Herausforderung Christsein im persönlichen Alltag und in den globalen Zusammenhängen darstellt und werden ermutigt, an der Umsetzung von Gerechtigkeit und Frieden mitzuwirken.

Die Schülerinnen und Schüler erleben eine zunehmend multikulturelle und religiös-plurale Gesellschaft:

Sie erkennen in den Lebensentwürfen der Religionsstifter bzw. in den Lehren der Weltreligionen deren Leitbilder und religiöse Motivation und bejahen Toleranz als Voraussetzung für gesellschaftliches Zusammenleben.

Die Schülerinnen und Schüler nehmen Angst vor dem Fremden wahr (fremde Menschen, fremde Situationen, ...):

Sie begreifen an Beispielen aus der Bibel die theologische und anthropologische Herausforderung, die in der Begegnung mit dem Fremden liegt, und sind in der Lage, sich auf das Fremde einzulassen.

Die Schülerinnen und Schüler erfahren Leid durch Gewalt im persönlichen Umfeld und in der Welt:

Sie setzen sich mit den Traditionen der Gewalt und Gewaltfreiheit in den Religionen auseinander und lernen, mit Konflikten im eigenen Umfeld und in der Gesellschaft umzugehen.

Die Schülerinnen und Schüler finden sich in der Spannung einer Welt, die einerseits vom Machbarkeitswahn beherrscht und andererseits in ihrer Zukunft bedroht ist (Klimakatastrophe, ...):

Sie verstehen, was die Religionen im Dialog mit den Naturwissenschaften zu einem ganzheitlichen Weltbild beitragen und werden ermutigt, sich für die Bewahrung der Schöpfung einzusetzen.

Den Schülerinnen und Schülern begegnet in Werken der Jugendkultur und in der Berührung mit religiösen Sondergemeinschaften und destruktiven Kulten das Thema Weltuntergang und Endzeiterwartung:

Sie verstehen die dargestellten Motive auf dem Hintergrund der biblischen Tradition und lernen, apokalyptische Hoffnungsaussagen von Angst machenden Bildern zu unterscheiden.

Die Schülerinnen und Schüler erleben in ihrer näheren Umgebung die Konfrontation mit dem Tod:

Sie entwickeln eigene Vorstellungen von einem Leben nach dem Tod, setzen diese in Beziehung zur christlichen Botschaft von der Auferstehung und verstehen den Sinn von Begräbnisritualen für die Bewältigung der Absolutheit des Todes.

Die Schülerinnen und Schüler kommen in ihrem Umfeld in Berührung mit Phänomenen des Bösen und verarbeiten diese Erlebnisse unterschiedlich (Angst, Verdrängung, Faszination, ...):

Sie erfassen die Willensfreiheit des Menschen als Ermöglichung seiner Entscheidung zum Bösen und erkennen die Notwendigkeit, die eigenen Schattenseiten zu integrieren.

Die Schülerinnen und Schüler sind betroffen von leidvollen Erfahrungen:

Sie setzen sich mit der Frage nach dem Sinn des Leidens auf dem Hintergrund biblischer Beispiele und moderner Glaubenszeugnisse auseinander und erfahren dadurch Hilfestellungen bei der Bewältigung eigenen Leidens.

Die Schülerinnen und Schüler erfahren das Fehlen von Gerechtigkeit im persönlichen wie im sozialen und globalen Zusammenhang:

Sie lernen Initiativen kennen, die zum Ziel haben, Ungerechtigkeit zu überwinden, setzen sich mit deren Motivation auseinander und entwickeln eigene Visionen eines gerechten Zusammenlebens.

Die Schülerinnen und Schüler sind Teil einer Gesellschaft, die ihre nationalsozialistische Vergangenheit aufzuarbeiten begonnen hat:

Sie setzen sich mit den christlichen Wurzeln des Antijudaismus, sowie den Auswirkungen von alten und neuen Sündenbockmechanismen und Rassismus auseinander und können begründen, warum die Kirche sich heute als Anwältin von Demokratie und Menschenrechten versteht.

Die Schülerinnen und Schüler leben als junge Männer und Frauen in der Spannung zwischen ihrem biologischen Geschlecht und den gesellschaftlichen Erwartungen:

Sie können die verschiedenen Faktoren, die die Entstehung solcher Erwartungen beeinflussen, unterscheiden und erschließen die emanzipatorische Dimension der biblischen Überlieferung.

Die Schülerinnen und Schüler stehen vor der Herausforderung, ihre eigene berufliche Zukunft zu planen:

Sie setzen sich mit Fragen der Berufsethik auseinander und überlegen, welche Bedeutung ihre religiöse Biografie für ihren beruflichen Lebensweg haben kann.

Die Schülerinnen und Schüler treffen in ihren Lebenswelten auf verschiedene Idealbilder, nach denen sich Menschen ausrichten - Idole, technischer Fortschritt, Konsum, ...:

Sie erkennen auf dem Hintergrund des 1. Gebots Versuchung und Gefahr solcher Idealbilder und lernen einen reifen Umgang jenseits.

Die Schülerinnen und Schüler sind durch ihre Persönlichkeitsentwicklung betroffen von der Entmythologisierung ihres Kinderglaubens:

Sie erkennen durch die Beschäftigung mit den Überlieferungsschichten der Bibel, dass Entwicklung ein Grundmotiv im Verhältnis Gott - Mensch darstellt, und lassen sich ein auf die Vielfalt der Zugänge zu religiösen Erfahrungen.

Den Schülerinnen und Schülern begegnet die Sehnsucht nach Erlösung und Neubeginn in ihrem persönlichen Umfeld; sie suchen Antworten in verschiedensten Erlösungsangeboten der Jugendkultur:

Sie begreifen das Leben und Wirken Jesu als eine mögliche Antwort auf der Suche nach gelingendem Leben, setzen ihre Hoffnung auf Entgrenzung in Beziehung zur Botschaft von der Auferstehung Jesu und können zu modernen Interpretationen der Person Jesu begründet Stellung nehmen.

Die Schülerinnen und Schüler befinden sich mehrheitlich in einer Phase der kritischen Distanz zum christlichen Gottesbild:

Sie erleben den Zweifel als eine akzeptierte Form der Beziehung des Menschen zu Gott, können zu Argumenten der Religionskritik Stellung nehmen und bleiben offen für mögliche Veränderungen ihrer Gottesvorstellungen.

Die Schülerinnen und Schüler erleben eine Feierkultur, die sich weder am Kirchenjahr noch an den Jahreszeiten orientiert:

Sie verstehen das Feiern als Ausdruck der Freude über das Geschenk des Lebens (zB Geburtstag), der Freiheit (zB Schulschluss), werden in ihrer Fähigkeit zu feiern bestärkt und bekommen so einen neuen Zugang zu religiösen Festen.

Die Schülerinnen und Schüler bilden eine Patch-Work-Identity aus, in der häufig funktionalisierte Formen der Religiosität eine Rolle spielen (die eigenen Wünsche von Gott verwirklichen lassen wollen, Amulette und Glücksbringer, Kreuze als Modeschmuck, ...):

Modelle der christlichen Dogmatik können in diesem konstruktiven Prozess eine neue Bedeutung erfahren und die Schülerinnen und Schüler werden sich der Relevanz einer persönlichen religiösen Biografie bewusst.

Die Schülerinnen und Schüler werden mit einer Vielzahl von religiösen Angeboten konfrontiert:

Sie können religiöse Sondergemeinschaften, Freikirchen und Kirchen am Maßstab christlicher Gewissensfreiheit messen, sie verstehen, was an den religiösen Angeboten attraktiv erscheint und unterscheiden zwischen lebensfördernden und einengenden religiösen Wegen.

Die Schülerinnen und Schüler haben in ihrer Biographie Erfahrungen mit religiösen Ausdrucksformen gesammelt:

Sie lernen, diese Erfahrungen auf dem Hintergrund der Entwicklungspsychologie zu deuten, können Gebrauch und Missbrauch religiöser Ausdrucksformen unterscheiden und finden zu Gestaltungsformen, die ihrer Lebenssituation entsprechen.

Die Schülerinnen und Schüler haben unterschiedlich intensive Erfahrungen mit Angehörigen anderer christlicher Konfessionen; sie erleben einerseits gelungene ökumenische Schulveranstaltungen, andererseits fehlt ihnen weithin das Verständnis für konfessionelle Unterschiede:

Auf dem Hintergrund möglicher konfessionsübergreifender Begegnungen können sie Gemeinsames und Besonderheiten der christlichen Konfessionen benennen und entwickeln ein wachsendes Verständnis für das ökumenische Ziel einer versöhnten Verschiedenheit.

Die Schülerinnen und Schüler kennen von schulischen Projekten und aus Spendenaufrufen in den Medien die Arbeit der Diakonie und der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit:

Sie lernen kirchliche Einrichtungen kennen, verstehen die Motivation des christlichen Engagements aus biblischen Leitbildern bzw. historischen Vorbildern und sind bereit, über die Möglichkeiten eines eigenen Beitrags nachzudenken.

Die Schülerinnen und Schüler erleben als Evangelische Chancen und Schwierigkeiten einer Minderheit:

Sie setzen sich mit ausgewählten Etappen der Geschichte der Evangelischen in Österreich auseinander, erkennen die zentrale Bedeutung der Rechtfertigungslehre für die Reformation und entwickeln eine bewusste Wertschätzung ihres Evangelisch-Seins.

Die Schülerinnen und Schüler sind Teil einer von christlichen Traditionen geprägten Kultur, begegnen bildender Kunst, Architektur und Musik, aber meist unreflektiert:

Sie lernen die spirituelle Dimension in der Kunst zu erfassen, lernen den Beitrag der Kirche zur abendländischen Kultur kennen und werden neugierig auf Gegenwart und Zukunft dieses Beitrags.

Gehrer

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