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BGBl II 439/2004

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

439. Verordnung: Informations- und Meldeverordnung - Seeschifffahrt
[CELEX-Nr.: 32002L0059, 32002L0006]

439. Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über das Informations- und Meldewesen in der Seeschifffahrt (Informations- und Meldeverordnung - Seeschifffahrt)

Auf Grund des § 7 Abs. 4 des Seeschifffahrts-Erfüllungsgesetzes - SSEG, BGBl. Nr. 387/1996 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2002 wird verordnet:

Geltungsbereich

§ 1. (1) Diese Verordnung gilt für österreichische Seeschiffe (§ 2 Z 1 des Seeschifffahrtsgesetzes, BGBl. Nr. 174/1981, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 32/2002) mit 300 oder mehr BRZ, die Seehäfen eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft anlaufen oder aus ihnen auslaufen.

(2) Diese Verordnung gilt nicht für

  1. 1. Kriegsschiffe, Flottenhilfsschiffe oder sonstige Schiffe, die im Staatsdienst stehen und ausschließlich anderen als Handelszwecken dienen,
  1. 2. Fischereifahrzeuge, historische Schiffe und Jachten (§ 2 Z 5 des Seeschifffahrtsgesetzes) mit einer Länge von mehr als 45 m,
  1. 3. Bunker mit einem Fassungsvermögen von weniger als 5 000 t, Bordvorräte und Schiffsausrüstungen.

Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieser Verordnung gelten als

  1. 1. „gefährliche Güter“: die im IMO-Code für die Beförderung gefährlicher Güter mit Seeschiffen (IMDG-Code), die in Kapitel 17 des IMO-Codes für den Bau und die Aus­rüstung von Schiffen, die ge­fährliche Chemikalien als Massengut befördern (IBC-Code), die in Kapitel 19 des IMO-Codes für den Bau und die Aus­rüstung von Schiffen, die Flüssiggas als Massengut befördern (IGC-Code), und die in Anhang B der Richtlinien der IMO für die sichere Behandlung von Schüttladungen bei der Beförderung mit Seeschiffen (BC-Code) angeführten ­Güter. Dieser Begriff schließt auch Güter ein, für deren Beförderung die Voraussetzungen gemäß Z 1.1.3. des IBC-Codes oder Z 1.1.6 des IGC-Codes vorgeschrieben sind;
  1. 2. „umweltschädliche Güter“: Rohöl und Mineralölerzeugnisse gemäß Anlage 1 Regel 1 Z 1 des MARPOL-Übereinkommens (§ 1 Z 2 SSEG), flüssige Schadstoffe gemäß Anlage II Regel 1 Z 6 des MARPOL-Übereinkommens und Schadstoffe gemäß Anlage III Regel 1 Z 1.1 des MARPOL-Übereinkommens;
  1. 3. „FAL-Übereinkommen“: Übereinkommen zur Erleichterung des internationalen Seeverkehrs samt Anlage, BGBl. Nr. 592/1975, zuletzt geändert mit BGBl. Nr. 165/1990.

Anmeldung vor dem Einlaufen in den Hafen eines Mitgliedstaates

§ 3. (1) Der Kapitän eines österreichischen Seeschiffes, dessen Bestimmungshafen ein Hafen eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft ist, hat der Hafenbehörde die Informationen gemäß Anhang 1 Z 1 der Richtlinie 2002/59/EG über die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 93/75/EWG des Rates, ABl. Nr. L 208 vom 5.8.2002, S 10, zu übermitteln.

(2) Diese Meldung hat zu erfolgen

  1. 1. mindestens 24 Stunden im Voraus,
  1. 2. spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem das Schiff aus dem vorigen Hafen ausläuft, sofern die Reisezeit weniger als 24 Stunden beträgt oder
  1. 3. wenn der Anlaufhafen nicht bekannt ist oder sich während der Fahrt ändert, sobald diese Information vorliegt.

Schiffsmeldesysteme

§ 4. Der Kapitän eines österreichischen Seeschiffes ist verpflichtet, bei der Einfahrt in das Gebiet eines verbindlichen Schiffsmeldesystems gemäß Kapitel V Regel 11 des SOLAS-Übereinkommens (§ 1 Z 1 SSEG), welches von einem oder mehreren Staaten, von denen mindestens einer ein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist, betrieben wird, dieses System gemäß den IMO-Regelungen bei der Meldung der von ihm zu übermittelnden Informationen gemäß Anlage I Z 4 der Richtlinie 2002/59/EG zu nutzen.

Schiffswegeführung

§ 5. Der Kapitän eines österreichischen Seeschiffes ist verpflichtet, bei der Einfahrt in das Gebiet eines verbindlichen Systems der Schiffswegeführung gemäß Kapitel V Regel 10 des SOLAS-Übereinkommens, welches von einem oder mehreren Staaten, von denen mindestens einer ein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist, betrieben wird, dieses System gemäß den IMO-Regelungen zu nutzen.

Schiffsverkehrsdienste (Vessel Traffic Services - VTS)

§ 6. Der Kapitän eines österreichischen Seeschiffes ist verpflichtet, bei der Einfahrt in das Anwendungsgebiet eines VTS-Dienstes gemäß Kapitel V Regel 12 des SOLAS-Übereinkommens, welcher von einem oder mehreren Staaten, von denen mindestens einer ein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist, betrieben wird, diesen Dienst gemäß den IMO-Regelungen zu nutzen.

Automatisches Schiffsidentifizierungssystem (Automatic Identification System - AIS)

§ 7. (1) Österreichische Seeschiffe müssen nach Maßgabe der in Anhang II Abschnitt I der Richtlinie 2002/59/EG enthaltenen Bestimmungen mit einem AIS-System gemäß Kapitel V Regel 19 Z 2.4 des SOLAS-Übereinkommens ausgerüstet sein, welches den von der IMO entwickelten Leistungsnormen zu entsprechen hat.

(2) Der Kapitän eines österreichischen Seeschiffes, welches mit einem AIS-System ausgerüstet ist, hat dieses fortwährend in Betrieb zu halten.

Schiffsdatenschreiber (Voyage Data Recorder - VDR)

§ 8. (1) Österreichische Seeschiffe müssen nach Maßgabe der in Anhang II Abschnitt II der Richtlinie 2002/59/EG enthaltenen Bestimmungen mit einem Schiffsdatenschreiber gemäß Kapitel V Regel 20 des SOLAS-Übereinkommens ausgerüstet sein, welcher den in Anhang II Abschnitt II der Richtlinie 2002/59/EG angeführten Normen zu entsprechen hat.

(2) Die mit einem Schiffsdatenschreiber aufgezeichneten Daten sind im Falle einer Untersuchung nach einem Unfall in Hoheitsgewässern eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft diesem zur Verfügung zu stellen.

Meldung von gefährlichen und umweltschädlichen Gütern

§ 9. (1) Der Kapitän eines österreichischen Seeschiffes, welches gefährliche oder umweltschädliche Güter befördert, hat spätestens beim Auslaufen aus dem Hafen eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaates die in Anhang I Z 3 der Richtlinie 2002/59/EG angeführten Informationen zu übermitteln.

(2) Der Kapitän eines österreichischen Seeschiffes, welches gefährliche oder umweltschädliche Güter befördert und - kommend von einem außerhalb der Europäischen Gemeinschaft gelegenen Hafen - einen Hafen eines Mitgliedstaates anläuft oder in den Hoheitsgewässern eines Mitgliedstaates ankern muss, hat der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaates die in Anhang III Z 3 der Richtlinie 2002/59/EG angeführten Informationen zu übermitteln. Die Meldung hat spätestens beim Verlassen des Verladehafens zu erfolgen oder, wenn der Anlaufhafen oder der Ankerplatz nicht bekannt ist oder sich während der Fahrt ändert, sobald diese Information vorliegt.

Meldung von Vorkommnissen und Unfällen auf See

§ 10. (1) Der Kapitän eines österreichischen Seeschiffes hat innerhalb der Such- und Rettungszone, der ausschließlichen Wirtschaftszone oder eines gleichartigen Gebietes eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft der zuständigen Küstenstation und dem Reeder des Schiffes folgende Vorfälle umgehend zu melden:

  1. 1. Alle Vorkommnisse oder Unfälle, die die Sicherheit des Schiffes gefährden, wie Kollision, Auflaufen, Havarie, Ausfälle oder Pannen, Überflutung oder Verrutschen der Ladung, alle Defekte des Rumpfes oder das Versagen von Verbänden;
  1. 2. alle Vorkommnisse oder Unfälle, die die Sicherheit der Schifffahrt beeinträchtigen können, wie Ausfälle der Manövrierfähigkeit oder Fahrtüchtigkeit des Schiffes, alle Mängel an den Antriebssystemen oder den Steueranlagen, den Stromerzeugungsanlagen, den Navigations- und den Kommunikationsgeräten;
  1. 3. jede Situation, die zu einer Verschmutzung der Gewässer oder der Küstenzone eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft führen könnte, wie das Einleiten oder die Gefahr des Einleitens von umweltschädlichen Erzeugnissen in die See;
  1. 4. alle auf See treibende Schlämme von umweltschädlichen Stoffen, Container oder Stückgüter.

(2) Die Meldung gemäß Abs. 1 hat zumindest die Identität des Schiffes, seine Position, den Abfahrtshafen, den Bestimmungshafen und die Adresse zu enthalten, unter der Informationen über an Bord befindliche gefährliche oder umweltschädliche Güter erhältlich sind, wie auch die Anzahl der Personen an Bord, Einzelheiten des Ereignisses sowie alle in der IMO-Entschließung A.851(20) „Allgemeine Grundsätze und Anforderungen für Schiffsmeldesysteme einschließlich Richtlinien über die Meldung von Ereignissen mit gefährlichen Gütern, Schadstoffen oder meeresverunreinigenden Stoffen“ genannten Informationen.

Maßnahmen bei Vorkommnissen und Unfällen auf See

§ 11. Der Reeder und der Kapitän eines österreichischen Seeschiffes sowie der Eigentümer an Bord befindlicher gefährlicher oder umweltschädlicher Güter sind im Falle eines Vorfalles gemäß § 10 Abs. 1 verpflichtet, mit den zuständigen Behörden uneingeschränkt zusammenzuarbeiten und diesen insbesondere alle sachdienlichen Informationen zur Verfügung zu stellen.

Maßnahmen bei außergewöhnlich schlechten Wetterbedingungen

§ 12. (1) Der Kapitän eines österreichischen Seeschiffes hat den Reeder des Schiffes über alle Anordnungen und Empfehlungen zu informieren, die von der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft aufgrund außergewöhnlich schlechter Wetterbedingungen getroffen wurden.

(2) Entspricht die Entscheidung des Kapitäns nicht der gemäß Abs. 1 getroffenen Anordnung oder Empfehlung, so hat er dies gegenüber der zuständigen Behörde zu begründen.

Meldeformalitäten gemäß FAL-Übereinkommen

§ 13. Die Meldeformalitäten gemäß FAL-Übereinkommen für ein österreichisches Seeschiff, welches einen Hafen eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft anläuft oder aus einem solchen ausläuft, für dessen Besatzung und deren persönliche Habe, für dessen Besatzungsliste und - bei Schiffen, die für die Beförderung von höchstens 12 Fahrgästen zugelassen sind - für dessen Fahrgäste haben den in Anhang I Teil A der Richtlinie 2002/6/EG über Meldeformalitäten für Schiffe beim Einlaufen in und/oder Auslaufen aus Häfen der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft, ABl. Nr. L 67 vom 9.3.2002, S 31, zu entsprechen; sie haben weiters den in Anhang I Teil B und C der Richtlinie 2002/6/EG angeführten Spezifikationen zu entsprechen und sind mittels der in Anhang II der Richtlinie 2002/6/EG wiedergegebenen Musterformulare vorzunehmen.

Außer-Kraft-Treten bestehender Rechtsvorschriften

§ 14. Mit In-Kraft-Treten dieser Verordnung tritt die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über das Meldewesen in der Seeschifffahrt (Melde-Verordnung), BGBl. II Nr. 253/1998, außer Kraft.

Gorbach

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