vorheriges Dokument
nächstes Dokument

BGBl II 143/2004

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

143. Verordnung: VwGH-Grundausbildungsverordnung

143. Verordnung des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes über die Grundausbildung für Bedienstete des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH-Grundausbildungsverordnung)

Gemäß § 26 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 130/2003, wird verordnet:

Anwendungsbereich

§ 1. Diese Verordnung regelt die Grundausbildung für die Bediensteten des Verwaltungsgerichtshofes, die auf Grund gesetzlicher Bestimmungen oder dienstvertraglicher Vereinbarung zur Absolvierung einer Grundausbildung verpflichtet sind oder für die gemäß dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 der erfolgreiche Abschluss einer Grundausbildung als Ernennungs- oder Definitivstellungserfordernis vorgesehen ist.

Ziele der Grundausbildung

§ 2. Mit der Grundausbildung sollen den Bediensteten

  1. 1. Kenntnisse und Fähigkeiten, die für bestimmte Verwendungs- bzw. Entlohnungsgruppen generell erforderlich sind,
  1. 2. spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten, die für die Erfüllung der Aufgaben jenes Arbeitsplatzes erforderlich sind, den der Bedienstete zu Beginn der Grundausbildung innehat oder anstrebt, unter Einschluss der sozialen und technischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für diesen Arbeitsbereich erforderlich sind,
  1. 3. rechtliche, organisatorische und praktische Besonderheiten des Dienstes im Verwaltungsgerichtshof und
  1. 4. Kenntnisse der öffentlich-rechtlichen Institutionen Österreichs und der Europäischen Union vermittelt werden.

Organisation der Grundausbildung und Ausbildungsplan

§ 3. (1) Die Organisation der Grundausbildung obliegt der mit Personalangelegenheiten befassten Präsidialabteilung des Verwaltungsgerichtshofes.

(2) Für jede/n auszubildenden Dienstnehmer/in ist unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse ein Ausbildungsplan zu erstellen.

(3) Der Ausbildungsplan hat zu enthalten:

  1. 1. die zu absolvierenden Ausbildungsabschnitte (Module) und dafür vorgesehenen Ausbildungsformen, deren Dauer und die Art der darüber abzulegenden Prüfungen,
  1. 2. die Kurzbeschreibung des Arbeitsplatzes, auf dem die praktische Verwendung erfolgt,
  1. 3. die Kurzbeschreibung allenfalls vorgesehener Rotationsarbeitsplätze, einschließlich des Beginns und Endzeitpunktes der Verwendung auf diesem,
  1. 4. das Thema allenfalls vorgesehener Haus- oder Projektarbeiten unter Angabe des spätesten Abgabetermins, und
  1. 5. die Anrechnung außerhalb der Grundausbildung absolvierter Tätigkeiten oder Ausbildungen unter Angabe der Begründung (§ 30 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979).

(4) Der Ausbildungsplan ist nach Maßgabe dienstlicher Erfordernisse so zu gestalten, dass der Abschluss der Grundausbildung innerhalb der Ausbildungsphase gemäß § 138 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 bzw. § 66 Vertragsbedienstetengesetz 1948 möglich ist.

(5) Die Teilnahme an den im Ausbildungsplan vorgesehenen Lehrveranstaltungen jeder Art gilt als Dienst.

(6) Bei Wechsel des Arbeitsplatzes, Dienstzuteilung in einen anderen Ressortbereich oder sonstiger gerechtfertigter Abwesenheit vom Dienst (z.B. Karenzurlaub, längere Krankenstände) ist eine entsprechende Anpassung des Ausbildungsplanes vorzunehmen.

(7) Die Zustellung des Ausbildungsplanes bildet die Zuweisung zur Grundausbildung.

Aufbau der Grundausbildung

§ 4. (1) Die Grundausbildung besteht aus

  1. 1. der theoretischen Ausbildung und
  1. 2. der praktischen Verwendung.

(2) Für die Bediensteten der folgenden Verwendungs- bzw. Entlohnungsgruppen sind jeweils einheitliche Ausbildungen durchzuführen:

  1. 1. Verwendungs-/Entlohnungsgruppen A, A1, v1;
  1. 2. Verwendungs-/Entlohnungsgruppen B, A2, v2;
  1. 3. Verwendungs-/Entlohnungsgruppen C, A3, v3;
  1. 4. Verwendungs-/Entlohnungsgruppen D, A4, A5, v4.

Theoretische Ausbildung

§ 5. (1) Die theoretische Ausbildung umfasst folgende Fachbereiche:

  1. 1. Recht;
  1. 2. Verwaltungsorganisation und Verwaltungsökonomie;
  1. 3. Ressortfach.

(2) Die Fachbereiche sind in einzelne Ausbildungsabschnitte (Module) zu gliedern. Die Ausbildung in den einzelnen Modulen kann als Seminar, Einzelunterricht, elektronischer Fernunterricht (e-learning), Projektarbeit, Hausarbeit oder Selbststudium gestaltet sein oder aus einer Kombination dieser Ausbildungsformen bestehen, die vom Verwaltungsgerichtshof, anderen Bundesdienststellen oder von Einrichtungen außerhalb des Bundes durchgeführt werden können.

(3) Inhalte, Ziele und Mindeststundenanzahl der Module der theoretischen Ausbildung sind in der Anlage geregelt.

(4) Mit der Leitung innerhalb des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführender Ausbildungsformen sind vom Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes Mitglieder des richterlichen Gremiums oder qualifizierte nichtrichterliche Bedienstete zu betrauen.

(5) Die Zweckmäßigkeit und Effizienz der Ausbildungsformen ist von der mit Personalangelegenheiten befassten Präsidialabteilung laufend zu überprüfen. Die Ergebnisse dieser Bewertung sind bei späteren Zuweisungen zur Grundausbildung zu berücksichtigen.

Praktische Verwendung

§ 6. (1) Die Dauer der praktischen Verwendung beträgt in den Verwendungs- bzw. Entlohnungsgruppen A, A1 und v1 mindestens 9 Monate, in allen anderen Verwendungs- bzw. Entlohnungsgruppen mindestens 4 Monate. Eine allfällige Rotationsausbildung zählt zur praktischen Verwendung.

(2) Die praktische Ausbildung besteht in der Vermittlung aufgabenspezifischer Fähigkeiten, die am (Stamm-)Arbeitsplatz der Auszubildenden erforderlich sind; dazu zählt auch die Beherrschung aller am Arbeitsplatz erforderlichen EDV-Anwendungen.

(3) Mit der Durchführung der praktischen Ausbildung ist die/der Dienstvorgesetzte, hinsichtlich der EDV-Anwendungen der/die Leiter/in der mit IT-Angelegenheiten befassten Präsidialabteilung betraut. Diese haben dem/der Vorsitzenden der Dienstprüfungskommission spätestens 14 Tage vor dem Termin des abschließenden Fachgespräches einen Bericht über den Inhalt der praktischen Verwendung zu übermitteln.

(4) Die Absolvierung der praktischen Verwendung ist eine Voraussetzung für die Zulassung zum abschließenden Fachgespräch (§ 31 Abs. 2 Z 3 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979).

Dienstprüfungskommission und Prüfungssenate

§ 7. (1) Der/die Vorsitzende und die erforderlichen weiteren Mitglieder der Dienstprüfungskommission sowie deren Stellvertreter/innen sind vom Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes unter Bedachtnahme auf die unterschiedlichen Ausbildungsgruppen (§ 4 Abs. 2) auf die Dauer von 5 Jahren zu bestellen (§ 29 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979). Mit der Bestellung ist zugleich auszusprechen, für welche Ausbildungsabschnitte das Kommissionsmitglied als Prüfer zu fungieren hat.

(2) Scheidet ein Mitglied der Dienstprüfungskommission aus dem Amt, so ist für den Rest der Funktionsperiode ein neues Mitglied zu bestellen.

(3) Der/die Vorsitzende der Dienstprüfungskommission hat für die Dauer der Funktionsperiode der Kommission jeweils einen Prüfungssenat für jede Ausbildungsgruppe (§ 4 Abs. 2) zu bilden. Jeder Prüfungssenat hat aus mindestens drei Mitgliedern zu bestehen; für jedes Mitglied ist ein/e Stellvertreter/in zu bestellen, der/die im Verhinderungsfall ohne weiteres in den Prüfungssenat eintritt. Den Vorsitz in allen Prüfungssenaten führt der/die Vorsitzende der Dienstprüfungskommission.

Dienstprüfung

§ 8. (1) Über die in der theoretischen Grundausbildung erworbenen Kenntnisse ist eine Dienstprüfung abzulegen.

(2) Die Dienstprüfung besteht aus Teilprüfungen vor Einzelprüfern, die über jedes Ausbildungsmodul abzulegen sind, sowie aus einem abschließenden Fachgespräch über das Ressortfach. Eine gesonderte Zulassung zu den einzelnen Teilprüfungen ist nicht erforderlich. Allenfalls können Teilprüfungen auch zusammengefasst werden.

(3) Im Rahmen des Fachgespräches sind die Kenntnisse des Ressortfachs zu prüfen. Ist für dieses die Ablegung einer schriftlichen Prüfung oder die Verfassung einer Hausarbeit vorgesehen, so hat die schriftliche Prüfung bzw. Aufgabenstellung der Hausarbeit so rechtzeitig zu erfolgen, dass die Abgabe der Arbeit spätestens 14 Tage vor dem abschließenden Fachgespräch erfolgen kann. Allenfalls vorgeschriebene schriftliche Arbeiten können auch einer weiteren Erörterung im Rahmen des Fachgesprächs unterzogen werden.

(4) Ist für die Angehörigen der Verwendungs- bzw. Entlohnungsgruppe A, A1 oder v1 eine schriftliche Prüfung oder die Verfassung einer Hausarbeit im Ressortfach vorgesehen, so ist für diese jedenfalls ein richterliches Mitglied des Verwaltungsgerichtshofes zum Prüfer zu bestellen.

(5) Über den Verlauf und das Ergebnis jeder Teilprüfung ist ein vom Prüfer unterfertigtes Protokoll zu erstellen, dass dem Vorsitzenden des Prüfungssenats zu übermitteln ist. Im Prüfungsprotokoll sind die dem Prüfenden gestellten Fragen und Aufgaben in Kurzform festzuhalten sowie die Bewertung mit den Kalkülen „bestanden“, „mit Auszeichnung bestanden“ oder „nicht bestanden“ anzuführen.

(6) Eine nicht bestandene Teilprüfung kann zwei Mal wiederholt werden. Die Reprobationsfrist beträgt 2 Monate. Die zweite Wiederholung jeder Prüfung hat jedenfalls vor der Dienstprüfungskommission stattzufinden. Das gleiche gilt im Fall der Zuweisung zu einem externen Ausbildungsmodul (§ 9 Abs. 2).

Anerkennung externer Prüfungen

§ 9. (1) Die Aufnahme von Ausbildungsformen in den Ausbildungsplan, die von anderen Bundesdienststellen oder Einrichtungen außerhalb des Bundes durchgeführt werden (§ 3 Abs. 3 Z 1), darf nur bei Gleichwertigkeit und Zweckmäßigkeit dieser Ausbildungsform bzw. Maßnahme im Sinne des § 30 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 erfolgen.

(2) Die Anerkennung extern abgelegter Prüfungen hat durch den Vorsitzenden des Prüfungssenates zu erfolgen und ist im Zeugnis unter Anführung des Bewertungskalküls festzuhalten.

Zeugnis

§ 10. (1) Über die Dienstprüfung ist vom Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes unter Gegenzeichnung der Mitglieder des Prüfungssenates ein Zeugnis auszustellen. In diesem Zeugnis sind allenfalls von der Dienstbehörde vorgenommene Anrechnungen außerhalb der Grundausbildung absolvierter Tätigkeiten oder Ausbildungen (§ 3 Abs. 3 Z 5), der Inhalt der praktischen Verwendung sowie die einzelnen Teilprüfungen unter Angabe der in § 8 Abs. 5 angeführten Leistungskalküle anzuführen.

(2) Mit der erfolgreichen Ablegung der Dienstprüfung ist die Grundausbildung abgeschlossen.

In-Kraft-Treten

§ 11. Die Grundausbildungsverordnung des Verwaltungsgerichtshofes tritt mit 1. April 2004 in Kraft.

Anlage

Inhalte und Mindeststunden der theoretischen Ausbildung (§ 5)

I. Verwendungs- bzw. Entlohnungsgruppen A, A1 und v1

 

Mindeststunden

1. Recht

130

Verfassungsrechtliche Grundlagen

  1. .

20

Europarecht

  1. .
  1. .
  1. .
  1. .

20

Verwaltungsrecht und Verwaltungsorganisation

  1. .
  1. .
  1. .

30

Rechtserzeugungsprozesse in Österreich

  1. .
  1. - Rechtssetzungstechnik (Legistik.

20

Führung von Verfahren vor den österreichischen und europäischen Höchstgerichten und den unabhängigen Verwaltungssenaten

  1. - Rechtliche Grundlagen, Organisation und Verfahren der österreichischen Höchstgerichte (Erarbeitung mit Fallbeispielen.
  1. - Rechtliche Grundlagen, Organisation und Verfahren der europäischen Rechtsschutzinstanzen (EGMR, EuGH. ;
  1. .

20

Dienst- und Besoldungsrecht

  1. .

20

2. Verwaltungshandeln und Verwaltungsökonomie

50

  1. .

20

  1. .

20

  1. .
  1. .
  1. .

10

3. Ressortfach

40

  1. .
  1. .
  1. .

40

Mindeststunden gesamt

220

II. Verwendungs- bzw. Entlohnungsgruppen B, A2 und v2

 

Mindeststunden

1. Recht

80

Verfassungsrechtliche Grundlagen

  1. .

20

Europarecht

  1. .
  1. .
  1. .
  1. .

20

Verwaltungsrecht und Verwaltungsorganisation

  1. .

20

Dienst- und Besoldungsrecht

  1. .

20

2. Verwaltungshandeln und Verwaltungsökonomie

30

  1. .

20

  1. .
  1. .
  1. .

10

3. Ressortfach

20

  1. .
  1. .

20

Mindeststunden gesamt

130

III. Verwendungs- bzw. Entlohnungsgruppen C, A3 und v3

 

Mindeststunden

1. Recht

60

Verfassungsrechtliche Grundlagen

  1. .

20

Verwaltungsrecht und Verwaltungsorganisation

  1. .

20

Dienst- und Besoldungsrecht

  1. .

20

2. Verwaltungshandeln und Verwaltungsökonomie

10

  1. .

10

3. Ressortfach

20

  1. .
  1. .

20

Mindeststunden gesamt

90

IV. Verwendungs- bzw. Entlohnungsgruppen D, A4, A5 und v4

 

Mindeststunden

1. Recht

30

Verfassungsrechtliche Grundlagen

  1. .

10

Verwaltungsrecht und Verwaltungsorganisation

  1. .

10

Dienst- und Besoldungsrecht

  1. .

10

2. Verwaltungshandeln und Verwaltungsökonomie

10

  1. .

10

3.Ressortfach

20

  1. .
  1. .

20

Mindeststunden gesamt

60

Jabloner

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)