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Rückzahlungsanspruch des AN bei Überhängen in einem per unzulässiger BV geregelten Steuertopfmodell bei Auslandstätigkeiten

EntscheidungsbesprechungAufsatzGert-Peter ReissnerJAS 2018, 269 - 283 Heft 3 v. 5.9.2018

1. Bei der auf Basis einer unzulässigen BV in die Einzelarbeitsverträge übergegangenen Steuertopfvereinbarung handelt es sich um eine die ursprüngliche Bruttolohnvereinbarung der ins Ausland entsandten AN ändernde Entgeltregelung. Danach wurde die Bruttolohnvereinbarung für die Dauer der Auslandsentsendung dahin modifiziert, dass von den Löhnen der betroffenen AN die fiktive österreichische Lohnsteuer einbehalten wurde. Die aus diesem Titel einbehaltenen Beträge dienten der Abdeckung der ausländischen Lohnsteuerforderungen gegenüber sämtlichen betroffenen AN, die eine Solidargemeinschaft bildeten. Demnach trugen jene Mitarbeiter, die in einem Land mit niedrigen Lohnsteuersätzen tätig waren, zur Begleichung der Steuerschulden jener Mitarbeiter bei, deren Auslandseinsätze in Ländern mit höheren Steuersätzen stattfanden. Aus diesem Grund erfolgte keine Zuordnung der einbehaltenen Entgeltbestandteile zu den konkret betroffenen AN. Die Steuertopfvereinbarung bewirkte daher ihrem Charakter nach eine besondere Nettolohnvereinbarung.2. Die Besonderheit dieser Nettolohnvereinbarung besteht darin, dass der Überhang im Steuertopf nicht endgültig im Vermögen des AG verbleiben soll. Vielmehr soll dieser unter bestimmten Voraussetzungen an die betroffenen AN ausgezahlt werden.3. Die AN müssen auch für sie ungünstige aus der unzulässigen BV übernommene Vertragsbedingungen gegen sich gelten lassen. So bleiben in dieser enthaltene Regelungen zur Änderung oder Beendigung der BV, also Änderungs- oder Widerrufsvorbehalte des AG, sowie Gestaltungsvorbehalte im Fall der Einbeziehung in den Einzelarbeitsvertrag grundsätzlich bestehen. Der AG muss für die Ausübung derartiger Gestaltungsrechte die allgemeinen arbeitsvertraglichen Schranken, insb die Ausübungsschranke des billigen Ermessens, beachten.4. Eine in der unzulässigen BV enthaltene Ausschüttungsregelung, die eine "Beratung" zwischen dem AG und dem BR vorsieht, stellt eine unzulässige Erweiterung der Mitwirkungsbefugnisse des BR in Bezug auf einzelvertragliche Ansprüche der betroffenen AN dar. In einem solchen Fall ist eine Umdeutung in einen Gestaltungsvorbehalt allein des AG vorzunehmen, den dieser aber nur nach billigem Ermessen ausüben darf.5. Eine billige Ermessensausübung kann im gegebenen Zusammenhang nur darin gesehen werden, dass die betroffenen AN nach Ablauf der dreijährigen Nachlauffrist einen individuellen Rückzahlungsanspruch derart haben, dass ein Überhang im Lohnsteuertopf für die jeweils maßgebende Zeitperiode, das ist das Kalenderjahr, im Verhältnis der Einzahlungen der betroffenen AN zurückzuerstatten ist. Die Nachlauffrist knüpft am Ende des Kalenderjahrs des letzten Auslandseinsatzes an.

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