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§ 28 ElWOG 2010

Aktuelle FassungIn Kraft seit 27.7.2017

3. Abschnitt

Unabhängiger Übertragungsnetzbetreiber (Independent Transmission Operator – ITO) Vermögenswerte, Unabhängigkeit, Dienstleistungen, Verwechslungsgefahr

§ 28.

(1) In den Fällen, in denen das Übertragungsnetz am 3. September 2009 im Eigentum eines vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmens gestanden hat, besteht die Möglichkeit, die eigentumsrechtliche Entflechtung nach § 24 nicht anzuwenden und stattdessen einen unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber zu benennen.

(2) Der unabhängige Übertragungsnetzbetreiber muss über alle personellen, technischen, materiellen und finanziellen Ressourcen verfügen, die zur Erfüllung seiner Pflichten und für die Geschäftstätigkeit des Übertragungsnetzes erforderlich sind. Unbeschadet der Entscheidungen des Aufsichtsorgans sind dem unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber angemessene finanzielle Ressourcen für künftige Investitionsprojekte und für den Ersatz vorhandener Vermögenswerte nach entsprechender Anforderung durch den unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber rechtzeitig vom vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmen bereitzustellen. Für den Geschäftsbetrieb des Übertragungsnetzes ist insbesondere Folgendes erforderlich:

  1. 1. Der unabhängige Übertragungsnetzbetreiber muss Eigentümer des Übertragungsnetzes sowie der Vermögenswerte sein. Der Betrieb fremder Kraftwerksleitungen ist zulässig.
  2. 2. Das Personal muss beim unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber angestellt sein. Der unabhängige Übertragungsnetzbetreiber muss insbesondere über eine eigene Rechtsabteilung, Buchhaltung und über eigene IT-Dienste verfügen.
  3. 3. Die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Personalleasing, durch das vertikal integrierte Elektrizitätsunternehmen für den unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber ist untersagt. Ein unabhängiger Übertragungsnetzbetreiber darf für das vertikal integrierte Elektrizitätsunternehmen Dienstleistungen, einschließlich Personalleasing, erbringen, sofern dabei nicht zwischen Nutzern diskriminiert wird, die Dienstleistungen allen Nutzern unter den gleichen Vertragsbedingungen zugänglich sind und der Wettbewerb bei der Erzeugung und Versorgung nicht eingeschränkt, verzerrt oder unterbunden wird.

(3) Tochterunternehmen des vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmens, die die Funktionen Erzeugung oder Versorgung wahrnehmen, dürfen weder direkt noch indirekt Anteile am Unternehmen des unabhängigen Übertragungsnetzbetreibers halten. Der unabhängige Übertragungsnetzbetreiber darf weder direkt noch indirekt Anteile an Tochterunternehmen des vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmens, die die Funktionen Erzeugung oder Versorgung wahrnehmen, halten und darf keine Dividenden oder andere finanzielle Zuwendungen von diesen Tochterunternehmen erhalten. Die gesamte Verwaltungsstruktur und die Unternehmenssatzung des unabhängigen Übertragungsnetzbetreibers gewährleisten seine tatsächliche Unabhängigkeit. Das vertikal integrierte Elektrizitätsunternehmen darf das Wettbewerbsverhalten des unabhängigen Übertragungsnetzbetreibers in Bezug auf dessen laufende Geschäfte und die Netzverwaltung oder in Bezug auf die notwendigen Tätigkeiten zur Aufstellung des Netzentwicklungsplans gemäß § 37 weder direkt noch indirekt beeinflussen.

(4) Der unabhängige Übertragungsnetzbetreiber muss in seinem gesamten Außenauftritt und seinen Kommunikationsaktivitäten sowie in seiner Markenpolitik dafür Sorge tragen, dass eine Verwechslung mit der eigenen Identität des vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmens oder irgendeines Teils davon ausgeschlossen ist. Der unabhängige Übertragungsnetzbetreiber darf daher nur Zeichen, Abbildungen, Namen, Buchstaben, Zahlen, Formen und Aufmachungen verwenden, die geeignet sind, die Tätigkeit oder Dienstleistung des Übertragungsnetzbetreibers von denjenigen des vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmens zu unterscheiden, und die keine Verweise auf die Zugehörigkeit zum vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmen enthalten.

(5) Der unabhängige Übertragungsnetzbetreiber unterlässt die gemeinsame Nutzung von IT-Systemen oder‑ausrüstung, Büroräumlichkeiten und Zugangskontrollsystemen mit jeglichem Unternehmensteil des vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmens.

(6) Der unabhängige Übertragungsnetzbetreiber gewährleistet, dass er in Bezug auf IT-Systeme oder‑ausrüstung und Zugangskontrollsysteme nicht mit denselben Beratern und externen Auftragnehmern wie das vertikal integrierte Elektrizitätsunternehmen zusammenarbeitet.

(7) Die Rechnungslegung von unabhängigen Übertragungsnetzbetreibern ist von anderen Wirtschaftsprüfern als denen, die die Rechnungsprüfung beim vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmen oder bei dessen Unternehmensteilen vornehmen, zu prüfen. Soweit zur Erteilung des Konzernbestätigungsvermerks im Rahmen der Vollkonsolidierung des vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmens oder sonstigen wichtigen Gründen erforderlich, kann der Wirtschaftsprüfer des vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmens Einsicht in Teile der Bücher des unabhängigen Übertragungsnetzbetreibers nehmen, sofern die Regulierungsbehörde keine Einwände aus Gründen der Wahrung der Unabhängigkeit mit Bescheid dagegen erhebt. Die wichtigen Gründe sind vorab schriftlich der Regulierungsbehörde mitzuteilen. Der Wirtschaftsprüfer hat diesbezüglich die Verpflichtung, wirtschaftlich sensible Informationen vertraulich zu behandeln und insbesondere nicht dem vertikal integriertes Elektrizitätsunternehmen mitzuteilen.

(8) Die Geschäftstätigkeit des unabhängigen Übertragungsnetzbetreibers beinhaltet neben den in § 40 aufgeführten Aufgaben mindestens die folgenden Tätigkeiten:

  1. 1. die Vertretung des unabhängigen Übertragungsnetzbetreibers und die Funktion des Ansprechpartners für Dritte und für die Regulierungsbehörden;
  2. 2. die Vertretung des unabhängigen Übertragungsnetzbetreibers innerhalb des ENTSO (Strom);
  3. 3. die Gewährung und Regelung des Zugangs Dritter nach dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung zwischen Netzbenutzern oder Kategorien von Netzbenutzern;
  4. 4. die Erhebung aller übertragungsnetzbezogenen Gebühren, einschließlich Zugangsentgelten, Ausgleichsentgelten für Hilfsdienste wie zB Erwerb von Leistungen (Ausgleichskosten, Energieverbrauch für Verluste);
  5. 5. den Betrieb, die Wartung und den Ausbau eines sicheren, effizienten und wirtschaftlichen Übertragungsnetzes;
  6. 6. die Investitionsplanung zur Gewährleistung der langfristigen Fähigkeit des Netzes, eine angemessene Nachfrage zu decken, und der Versorgungssicherheit;
  7. 7. die Gründung geeigneter Gemeinschaftsunternehmen, auch mit einem oder mehreren Übertragungsnetzbetreibern, von Strombörsen und anderen relevanten Akteuren, mit dem Ziel, die Schaffung von Regionalmärkten zu fördern oder den Prozess der Liberalisierung zu erleichtern.

(9) Für den unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber gelten die in Art. 1 der Richtlinie 68/151/EWG in der Fassung der Richtlinie 2006/99/EG genannten Rechtsformen.

Zuletzt aktualisiert am

25.11.2021

Gesetzesnummer

20007045

Dokumentnummer

NOR40194929