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Anlage 1 BRPCV

Aktuelle FassungIn Kraft seit 30.11.2012

Anlage 1

Kompetenzbasiertes Curriculum Deutsch

Das kompetenzbasierte Curriculum für „Deutsch“ ist in die Bereiche „Zuhören – Sprechen – Lesen – Schreiben – integratives Sprachbewusstsein – Reflexion und kreative Ausdrucksformen“ eingeteilt. Innerhalb dieser Einteilungen erfolgt eine Zuordnung der Kompetenzen zu den Bereichen Rezeption, Interaktion und Produktion.

Die Prüfungswerberinnen und Prüfungswerber sollen folgende Kompetenzen entwickeln:

1. Kompetenzbereich Zuhören

1. Mündlichen Darstellungen folgen und sie verstehen (Rezeption)

1.1. Aktiv zuhören (einer Präsentation folgen und Zwischenfragen stellen; kontrollierter Dialog)

1.2. Gestaltungsmittel gesprochener Sprache verstehen (Rhetorische Figuren)

1.3. Verbale und nonverbale Äußerungen wahrnehmen (Stimmführung, Körpersprache)

1.4. Redeabsichten erkennen (Information, Manipulation, Appell, Diskriminierung)

1.5. Kerninformationen entnehmen

2. Kompetenzbereich Sprechen

2. Sprache situationsange­messen, partnergerecht, sozial verantwortlich gebrauchen (Interaktion)

2.1. Stil- und Sprachebenen unterscheiden und situationsangemessen einsetzen (Standardsprache, Umgangssprache, Dialekt)

2.2. Sprachsensibel formulieren (geschlechter- und minderheitengerechte Formulierungen)

2.3. Sachgerecht argumentieren und zielgerichtet appellieren (Zielgruppenorientierung, Kundenorientierung)

2.4. Äußerungen durch nonverbale Ausdrucksmittel unterstützen (Satzmelodie, Körpersprache)

2.5. Feedback geben (Regeln vereinbaren und einhalten)

3. Gespräche führen (Interaktion)

3.1. Sich konstruktiv an Gesprächen und Diskussionen beteiligen (Gesprächsregeln, eigene Position sachlich vorbringen)

3.2. Auf Gesprächsbeiträge angemessen reagieren (Strategien zur Reaktion auf der Sach- und Beziehungsebene beherrschen)

3.3. Passende Gesprächsformen in privaten, beruflichen und öffentlichen Sprechsituationen anwenden (Bewerbung, Beratung, Beschwerde)

3.4. Diskussionen leiten und Gespräche moderieren (Gruppenarbeiten, Teambesprechungen)

3.5. Berufsbezogene Informationen einholen und geben (Gespräche, Telefonate, Interviews)

4. Öffentlich sprechen (Interaktion, Produktion)

4.1. Anliegen von Interessengruppen sprachlich differenziert vorbringen (Statements abgeben, Argumente vertreten)

4.2. Wirkungsvoll rezitieren (kreativer Umgang mit Lauten, Wörtern und Texten)

4.3. Komplexe Inhalte mit Medienunterstützung präsentieren (Informationen graphisch aufbereiten, Fachvokabular einsetzen)

3. Kompetenzbereich Lesen

5. Unterschiedliche Lesetechniken anwenden (Rezeption, Interaktion)

5.1. Still sinnerfassend lesen (Rezeption; z.B. Querlesen, Parallellesen)

5.2. Laut gestaltend lesen (Interaktion; deutliche Aussprache, adressatenbezogen und situationsadäquat)

6. Texte formal und inhaltlich erschließen (Rezeption)

6.1. Texten Informationen entnehmen (Texte unterschiedlicher Medien)

6.2. Relevante von irrelevanten Informationen unterscheiden (Auswahl treffen, Kernaussagen suchen)

6.3. Verschiedene Techniken der Texterfassung und Textanalyse einsetzen (Bild-Text-Kombinationen, Diagramme, Tabellen; Stilmittel erkennen, Kerninformationen aufspüren)

6.4. Textsorten und ihre strukturellen Merkmale unterscheiden (Textvergleiche nach Form und Gliederung)

6.5. Texte hinsichtlich ihrer Inhalte und Gedankenführung analysieren (in Sinneinheiten gliedern, inhaltlich verknüpfen, Textintention verstehen)

6.6. Korrelation der formalen Aspekte mit dem Textinhalt erkennen (Gattung, Stilfiguren, mit dem Inhalt in Beziehung setzen.)

7. Sich in der Medienlandschaft orientieren (Rezeption, Interaktion)

7.1. Medienangebote nutzen und eine bedürfnisgerechte Auswahl treffen (Medien nach Effizienz, Thema, Intention und Aufgabenstellung auswählen, Recherchen)

7.2. Information aus unterschiedlichen Texten prüfen, vergleichen und verbinden (Quellen kritisch bearbeiten)

8. Sich mit Texten kritisch auseinandersetzen (Rezeption)

8.1. Texte interpretieren (mögliche Intentionen, Aussagen)

8.2. Texte bewerten (die zugrunde liegenden Interessen erkennen, inhaltliche und ästhetische Qualität beurteilen)

9. Texte in Kontexten verstehen (Rezeption)

9.1. Bezüge zu anderen Texten herstellen (Textvergleiche)

9.2. Bezüge zum eigenen Wissens- und Erfahrungssystem herstellen (verschiedene Lebenswelten)

9.3. Unterschiedliche Weltansichten und Denkmodelle erkennen (Werthaltungen, Lebensentwürfe, Ideologien)

4. Kompetenzbereich Schreiben

10. Texte verfassen (Produktion)

10.1. Texte mit unterschiedlicher Intention verfassen und die jeweils spezifischen Textmerkmale gezielt einsetzen (Erzählen, Berichten, Zusammenfassen)

10.2. Texte adressatenadäquat produzieren (Leserbrief, Informationsblatt, Rundschreiben)

10.3. Texte themengerecht und ästhetischen Kriterien entsprechend gestalten (Texte mediengerecht gestalten, Schreibhaltungen beherrschen)

10.4. Texte geschlechtergerecht verfassen

10.5. Texte verfassen anhand nicht sprachlicher Gestaltungsmittel (Informationsgraphiken verbalisieren und interpretieren)

11. Texte redigieren (Produktion)

11.1. Eigene bzw. fremde Texte formal und inhaltlich über- und bearbeiten (Textüberarbeitung kennen und bewusst anwenden, Portfolioarbeit)

11.2. Texte unter Einbeziehung von informationstechnologischen Mitteln gestalten (elektronische Textverarbeitung und Präsentationssoftware einsetzen)

12. Schreiben als Hilfsmittel einsetzen (Produktion)

12.1. Mitschriften verfassen (bei Vorträgen, Filmen, Sendungen)

12.2. Informationen strukturiert schriftlich wiedergeben (Stichwortzettel, Protokoll, Handout, Exzerpt, Mindmap)

12.3. Relevante Informationen markieren und kommentieren (nach Sachrichtigkeit, Brauchbarkeit und Relevanz)

13. Einfache wissenschaftliche Techniken anwenden (Produktion)

13.1. Bibliographieren (Quellenangabe, Literaturverzeichnis)

13.2. Zitieren (Zitierregeln, wörtliche Zitate, Paraphrasieren)

5. Kompetenzbereich integratives Sprachbewusstsein

14. Sprachnormen kennen und anwenden

14.1. Fundierte Kenntnisse und Fertigkeiten in der Textgrammatik haben (Satzverknüpfungen, Textzusammenhang, Absätze)

14.2. Fundierte Kenntnisse und Fertigkeiten in der Satzgrammatik und Formenlehre haben (Satzanalyse, -arten, -strukturen, Kongruenz, Aktiv und Passiv)

14.3. Wortarten und Wortbildungsmuster erkennen und anwenden (Deklination, Konjugation, Modus, Tempus, Kasus)

14.4. Orthographische Regeln beherrschen und anwenden (Prozessorientiertes Schreiben)

14.5. Mit der Zeichensetzung sicher umgehen (prozessorientiertes Schreiben)

15. Über einen umfassenden Wortschatz einschließlich der relevanten Fachsprachen verfügen

15.1. Begriffe definieren und erläutern (Wortschatzgebrauch, Wortfamilien; zB Erläuterungen von fünf Fachbegriffen aus dem beruflichen Umfeld)

15.2. Begriffe text- und situationsangemessen anwenden (Synonyme, Fachtermini, Fremdwörter)

15.3. Wörterbücher und andere Hilfsmittel verwenden (Etymologie, Bedeutung, Synonyme)

16. Mit Fehlern konstruktiv umgehen

16.1. Häufige Fehlerquellen erkennen (falsche Verwendung des Superlativs, Fallfehler)

16.2. Strategien zur Fehlervermeidung beherrschen (kritische Textarbeit, Wörterbucheinsatz, Rechtschreibsoftware)

17. Bedeutung innerer und äußerer Mehrsprachigkeit erfassen

17.1. Varietäten des Deutschen einordnen (Akzente, Dialekte, regionale Umgangssprache)

17.2. Die deutsche Sprache in ihrem Verhältnis zu anderen Sprachen betrachten (Sprachenportfolio, Sprachbiographie, Deutsch als Zweitsprache, Deutsch als Fremdsprache)

18. Erkennen, dass Sprachnormen und Wortschatz Veränderungen unterliegen

18.1. Sprachgeschichte in Beziehung zu gesellschaftlichen Entwicklungen setzen (Texte aus verschiedenen Epochen, Fachsprachen)

18.2. Durch Institutionen gesteuerte sprachliche Entwicklungen erkennen (Amtssprache, Vorschriften, Rechtschreibreform, Vorschriften zur geschlechtsneutralen Formulierung)

6. Kompetenzbereich Reflexion und kreative Ausdrucksformen

19. Über den Informations-, Bildungs- und Unterhaltungswert von Medien, Kunst- und Literaturbetrieb als Mittel der öffentlichen Meinungsbildung reflektieren (öffentlich-rechtliche Medien, Meinungsbildung, Medienkonzentration)

20. Darstellungs- und Vermittlungsmöglichkeiten unterschiedlicher Medien bewerten (Möglichkeiten und Grenzen unterschiedlicher Medien wie Printmedien, Radio, Fernsehen, Film, Internet analysieren)

21. Zu Problemen aus dem Spannungsfeld von Individuum, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft Stellung nehmen (Zeitgeschichte, aktuelle politische Ereignisse, kulturelle Ausdrucksformen)

22. Über Aspekte der Berufs- und Arbeitswelt reflektieren (Arbeitswelt, Arbeitsmarkt, Auswirkungen der Globalisierung)

23. Populärkulturelle Phänomene wahrnehmen, kommentieren und bewerten (Fernsehserien, populäre Musik, Ausdrucksformen gesellschaftlicher Gruppierungen, Computerspiele)

7. Didaktische Richtlinien für unterschiedliche Zielgruppen

Die Zielgruppen der Berufsreifeprüfung sind einerseits jugendliche (noch nicht volljährige) und andererseits erwachsene Bildungswerberinnen und Bildungswerber mit einer vollständigen oder abgebrochenen schulischen oder beruflichen Ausbildung (zB einer berufsbildenden mittleren Schule oder einer Berufsschule). Zur Erreichung des fachlichen Bildungszieles ist an ein Mindestmaß an Vorkenntnissen der Bildungswerberinnen und Bildungswerber bei den Sprachnormen und beim Wortschatz anzuknüpfen.

Während die Jugendlichen naturgemäß näher am Schulprozess sind, weisen die Erwachsenen ein höheres Ausmaß an beruflicher Erfahrung auf, wobei bei diesen das in der Schulzeit erworbene Wissen in der Regel stärker verblasst ist. In der Didaktik der Lehrgänge ist auf diese Zielgruppen in entsprechender Weise einzugehen.

7.1. Bei jugendlichen Bildungswerberinnen und Bildungswerbern ist das Abholen auf dem vorgefundenen Sprachniveau didaktisch von besonderer Bedeutung. Dies kann einerseits durch persönlichkeitsbildende Elemente (zB Arbeit an eigener Bildungsbiographie, Training von Metakompetenzen wie Dialogfähigkeit, Rhetorik, Gesprächstechnik und soziales Lernen) und andererseits durch vorgeschaltete Kurselemente in vertrauten Lernumgebungen erfolgen.

7.2. Bei erwachsenen Bildungswerberinnen und Bildungswerbern sollen verblasste systematische Kenntnisse der deutschen Sprache im Bereich der Grammatik oder beim interaktiven und öffentlichen Sprechen aufgefrischt und schließlich auf Reifeprüfungsniveau gebracht werden.

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