Artikel 6
Anwendung des Vorsorgeprinzips
1. Die Staaten wenden bei der Erhaltung, Bewirtschaftung und Nutzung der gebietsübergreifenden Fischbestände und weit wandernden Fischbestände zum Schutz der lebenden Meeresschätze und zur Erhaltung der Meeresumwelt weitestgehend das Vorsorgeprinzip an.
2. Die Staaten üben im Falle unsicherer, unzuverlässiger und unzureichender Informationen größere Vorsicht. Das Fehlen angemessener wissenschaftlicher Daten darf nicht als Grund herangezogen werden, Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen zu verschieben oder gar nicht zu ergreifen.
3. Die Staaten achten bei der Anwendung des Vorsorgeprinzips auf Folgendes:
- a) Sie verbessern die Entscheidungsfindung im Rahmen der Bestandserhaltung oder -bewirtschaftung, indem sie die besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten einholen und anderen zur Verfügung stellen und bessere Methoden zur Einschätzung von Risiken und Unsicherheiten anwenden;
- b) sie befolgen die in Anlage II entwickelten Leitlinien und bestimmen auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten bestandsspezifische Bezugswerte sowie die Maßnahmen, die bei Überschreiten dieser Werte zu ergreifen sind;
- c) sie berücksichtigen unter anderem Unsicherheiten im Hinblick auf die Bestandsgröße und -produktivität, die Bezugswerte, die Bestandssituation in Bezug auf diese Bezugswerte, das Ausmaß und die Verteilung der fischereilichen Sterblichkeit und die Folgen der Fangtätigkeiten für Nichtzielarten und vergesellschaftete oder abhängige Arten sowie die bestehenden und erwartete Meeres-, Umwelt- und sozioökonomische Bedingungen; und
- d) sie entwickeln Datensammlungen und Forschungsprogramme zur Einschätzung der Folgen der Fischerei für Nichtzielarten und vergesellschaftete oder abhängige Arten und ihre Umwelt und verabschieden Pläne, die erforderlich sind, um die Erhaltung derartiger Arten zu sichern und wichtige Lebensräume zu schützen.
4. Die Staaten tragen durch entsprechende Maßnahmen dafür Sorge, dass bei Erreichen der Bezugswerte diese nicht überschritten werden. Sollten sich die Werte dennoch verschlechtern, so führen die Staaten unverzüglich die nach Absatz 3 Buchstabe b festgesetzten Maßnahmen durch, um die Bestände wiederaufzufüllen.
5. Gibt der Zustand von Zielbeständen oder nicht gezielt befischten, vergesellschafteten oder abhängigen Arten Anlass zur Sorge, so unterstellen die Staaten diese Bestände und Arten einer verstärkten Überwachung, um ihren Zustand und die Wirksamkeit von Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen zu kontrollieren. Besagte Maßnahmen werden regelmäßig im Lichte neuer Informationen überprüft.
6. Für neue Fischereien oder Versuchsfischereien verabschieden die Staaten so rasch wie möglich umsichtige Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen, unter anderem Fang- und Aufwandsbeschränkungen. Diese Maßnamen bleiben in Kraft, bis genügend Daten vorliegen, um die Folgen der Fischerei für die nachhaltige Entwicklung der Bestände einschätzen zu können, woraufhin Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen auf der Grundlage dieser Einschätzung erlassen werden. Die zuletzt erlassenen Maßnahmen sollten, sofern angezeigt, einen allmählichen Ausbau der betreffenden Fischereien ermöglichen.
7. Wirkt sich ein Naturereignis stark nachteilig auf den Zustand von gebietsübergreifenden Fischbeständen oder weit wandernden Fischbeständen aus, so erlassen die Staaten sofortige Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass die Fischereitätigkeit diese negativen Folgen nicht noch verschärft. Die Staaten erlassen derartige Sofortmaßnahmen auch, wenn die Fischereitätigkeit den Fortbestand derartiger Bestände ernsthaft bedroht. Sofortmaßnahmen sind zeitlich befristet und stützen sich auf die besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten.
Schlagworte
Erhaltungsmaßnahme, Bestandsbewirtschaftung, Bestandsproduktivität, Meeresbedingung, Umweltbedingung, Fangbeschränkung
Zuletzt aktualisiert am
15.11.2017
Gesetzesnummer
20003940
Dokumentnummer
NOR40062382
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